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Schiffspfandrecht


Begriff und rechtliche Einordnung des Schiffspfandrechts

Das Schiffspfandrecht bezeichnet ein dingliches Sicherungsrecht an einem Schiff oder einem Schiffsbauwerk. Es dient dazu, die Erfüllung bestimmter Forderungen, insbesondere aus dem Betrieb des Schiffes, abzusichern. In rechtlicher Hinsicht ist das Schiffspfandrecht eng an das Sachenrecht angelehnt, weist jedoch aufgrund der besonderen Rolle und Bedeutung von Schiffen in Handel und Transport sowie internationaler Regelungen eigenständige Merkmale auf. Die einschlägigen gesetzlichen Grundlagen finden sich im deutschen Recht insbesondere im Vierten Buch des Handelsgesetzbuchs (HGB), §§ 596 ff. und § 647 HGB sowie im Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (Schiffsregisterrecht, SchRG). Ergänzend existieren internationale Abkommen wie das Internationale Übereinkommen über Schiffsgläubigerrechte und Schiffshypotheken (Brüsseler Übereinkommen von 1926/1993).


Rechtsgrundlagen des Schiffspfandrechts

Nationales Recht

Das deutsche Recht kennt verschiedene Formen des Pfandrechts an Schiffen:

  • Das gesetzliche Schiffsgläubigerrecht (Schiffsgläubigerpfandrecht) gemäß §§ 596 ff. HGB
  • Die Schiffshypothek nach dem Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (SchRG), insbesondere §§ 24 ff. SchRG

Das Schiffsregisterrecht ordnet das Schiffspfandrecht der Hypothek oder Grundschuld am Grundstück im deutschen Sachenrecht gleich, soweit nicht durch besondere Vorschriften Abweichendes bestimmt ist.

Internationales Recht

Neben dem deutschen Recht gelten international bedeutsame Abkommen wie das Internationale Übereinkommen über Schiffsgläubigerrechte und Schiffshypotheken (1993). Ziel ist eine Harmonisierung nationaler Vorschriften und die Vereinfachung der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung und Verwertung von Schiffen.


Arten des Schiffspfandrechts

Gesetzliches Schiffsgläubigerrecht

Das gesetzliche Schiffsgläubigerrecht entsteht kraft Gesetzes und dient der Sicherung bestimmter Forderungen, die in § 596 HGB abschließend aufgezählt sind. Zu diesen Forderungen zählen insbesondere:

  • Hafen-, Lotsen- und sonstige Abgaben
  • Ansprüche aus Bergung und Hilfeleistung
  • Schadensersatzforderungen aus Kollisionen und anderen unmittelbaren Schäden am Schiff
  • Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der an Bord beschäftigten Personen

Das gesetzliche Pfandrecht besteht unabhängig von einer Eintragung im Schiffsregister und wirkt gegenüber jedem Erwerber des Schiffes, solange es nicht erloschen ist.

Vertraglich begründete Schiffshypothek

Die Schiffshypothek ist ein durch Vertrag und Eintragung im Schiffsregister begründetes Pfandrecht. Sie wird analog zur Immobiliarhypothek bestellt, indem sie im Schiffsregister eingetragen wird. Die Vorschriften über Hypotheken an Grundstücken werden – soweit möglich – sinngemäß angewandt (§ 24 SchRG). Die Schiffshypothek sichert in der Regel Darlehensforderungen, z. B. aus der Finanzierung des Schiffskaufs oder Umbaus.


Umfang und Wirkung des Schiffspfandrechts

Gegenstand

Das Schiffspfandrecht bezieht sich stets auf das gesamte, im Schiffsregister eingetragene Schiff oder ein registriertes Schiffsbauwerk. Unerheblich ist, ob das Schiff sich im Inland oder Ausland befindet. Das Pfandrecht erstreckt sich regelmäßig auch auf Zubehör und Ausrüstungsgegenstände, die dem Schiff dauerhaft zugeordnet sind.

Rangfolge

Bei mehreren konkurrierenden Schiffspfandrechten ergibt sich die Rangfolge nach dem Zeitpunkt der Entstehung (gesetzlich) bzw. der Eintragung (vertraglich). Das gesetzliche Schiffsgläubigerrecht genießt in der Regel Vorrang vor der Schiffshypothek, außer es entstehen ausnahmsweise gleichrangige Rechte.

Dauer und Erlöschen

Das gesetzliche Schiffsgläubigerrecht besteht so lange, wie die zu sichernde Forderung besteht. Es erlischt automatisch mit deren Erfüllung, spätestens jedoch ein Jahr nach Entstehung der gesicherten Forderung (§ 601 HGB), sofern es nicht durch Eintragung oder Registrierung verlängert wurde. Die Schiffshypothek bleibt solange bestehen, bis die gesicherte Forderung beglichen und eine Löschung im Schiffsregister beantragt wird.

Rechtsfolgen

Das Schiffspfandrecht erlaubt im Sicherungsfall die zwangsweise Verwertung des Schiffes im Wege der Zwangsvollstreckung. Die gerichtliche Durchsetzung erfolgt unter Beachtung spezifischer Vorschriften des Seehandelsrechts und der Zivilprozessordnung. Der aus dem Verkaufserlös erhaltene Betrag dient zur Befriedigung der Pfandgläubiger, nach der nachstehenden Rangfolge.


Schiffspfandrecht im internationalen Kontext

Die zunehmende Internationalisierung der See- und Binnenschifffahrt erfordert die Beachtung unterschiedlicher Schifffahrtsregister, Flaggenstaaten sowie internationaler Abkommen. Wesentliche Bedeutung kommt hierbei dem Brüsseler Übereinkommen von 1926/1993 zu, das die Anerkennung und Durchsetzung von Schiffshypotheken und -pfandrechten zwischen Vertragsstaaten regelt. Der internationale Wettbewerb wirkt sich sowohl auf die Praxis der Eintragung, als auch auf die vollstreckungsrechtliche Durchsetzbarkeit aus.


Abgrenzungen und Sonderfälle

Schiffspfandrecht an Binnenschiffen

Das Binnenschiffsrecht weist Besonderheiten auf, insbesondere hinsichtlich des Registers und der betroffenen Forderungen. Für Binnenschiffe gilt das Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken entsprechend. Die Unterschiede liegen vor allem im Bereich der einschlägigen Forderungen und Zuständigkeiten der Registergerichte.

Schiffspfandrecht und Insolvenz

Im Falle der Insolvenz des Schiffseigentümers ist das Schiffspfandrecht ein absonderungsberechtigtes Recht, das einen Vorzug vor den übrigen Gläubigern gewährleistet. Nachrangige Gläubiger können nur nach vollständiger Befriedigung des Pfandgläubigers Ansprüche auf den Verwertungserlös erheben.


Überblick: Zusammenfassung und Bedeutung

Das Schiffspfandrecht stellt ein zentrales Sicherungsinstrument für Gläubiger in der maritimen Wirtschaft dar. Es schafft einen Ausgleich zwischen den Interessen der Gläubiger an einer bevorzugten Befriedigung aus dem Schiff und dem freien Handel mit Schiffen. Die genaue Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen, Eintragungsverfahren, Rangfolgeregelungen sowie der internationalen Rechtslage ist für die Nutzung des Schiffspfandrechts als Sicherungsmittel unabdingbar. Durch seine Bindung an internationale Übereinkommen gewinnt das Schiffspfandrecht auch im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr stetig an Bedeutung.


Quellenangabe: Handelsgesetzbuch (HGB), Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (SchRG), Brüsseler Übereinkommen von 1926/1993, einschlägige Kommentarliteratur zum Seerecht.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Eintragung eines Schiffspfandrechts?

Die Eintragung eines Schiffspfandrechts erfolgt gemäß den Vorschriften des deutschen Binnenschifffahrtsrechts und des Schiffsregisterrechts. Voraussetzung ist zunächst das Bestehen einer gesetzlichen oder vertraglichen Pfandrechtsbestellung für das betreffende Schiff oder Schiffsbauwerk. Die Eintragung wird beim zuständigen Schiffsregister beantragt, das gewöhnlich beim Amtsgericht geführt wird. Der Antrag muss alle relevanten Angaben zum Schiff enthalten, darunter die Schiffsnummer, Name, Baujahr und Eigentümerdaten, sowie den konkreten Gläubiger und den zu sichernden Anspruch. Ferner müssen die zugrundeliegenden Verträge oder gesetzlichen Titel als Nachweis dem Registergericht vorgelegt werden. Nach Prüfung der Antragsunterlagen nimmt das Schiffsregistergericht die Eintragung vor und veröffentlicht das Pfandrecht im Schiffsregister. Die so erfolgte Eintragung begründet die Rechtseinräumung und ist konstitutiv für das Entstehen des Schiffspfandrechts. Ohne die Eintragung ist das Schiffspfandrecht in der Regel gegenüber Dritten nicht wirksam. Eine nachträgliche Rangänderung bedarf ebenfalls der schiffsregisterlichen Eintragung.

Welche Ansprüche können durch ein Schiffspfandrecht gesichert werden?

Das Schiffspfandrecht dient grundsätzlich der Sicherung sowohl vertraglicher als auch gesetzlicher Forderungen. Häufig werden dabei Forderungen aus Darlehensverträgen, Hypothekendarlehen zur Anschaffung oder Ausrüstung von Schiffen sowie offene Werklohnforderungen aus Reparatur- oder Ausrüstungsarbeiten durch ein vertragliches Schiffspfandrecht abgesichert. Darüber hinaus erlaubt das Gesetz, insbesondere nach § 596 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und begleitenden spezialgesetzlichen Vorschriften, die Sicherung von bestimmten privilegierten Forderungen, wie etwa Hafen-, Lotsen-, Schlepp- und Liegegebühren sowie Schadensersatzansprüche bei durch das Schiff verursachten Unfällen. Auch arbeitsrechtliche Ansprüche von Schiffsbesatzungen auf Heuer und Unterhalt genießen Pfandrechtsschutz. Es ist zu beachten, dass die Privilegierung und die Sicherungsfähigkeit im Einzelfall vom Rang und der gesetzlichen Ausgestaltung des Schiffspfandrechts abhängen.

Wie gestaltet sich die Rangfolge konkurrierender Schiffspfandrechte?

Die Rangfolge von Schiffspfandrechten wird nach den gesetzlichen Bestimmungen und der Reihenfolge der Eintragung im Schiffsregister bestimmt (§ 19 Schiffsregisterordnung, § 596 HGB). Grundsätzlich gilt das Prioritätsprinzip: Das zuerst eingetragene Schiffspfandrecht hat Vorrang vor später eingetragenen Rechten. Gesetzliche Schiffsgläubiger, zum Beispiel wegen Heuerforderungen und bestimmten Abgaben, nehmen jedoch häufig kraft Gesetzes einen Vorrang gegenüber anderen vertraglichen Schiffspfandrechten ein. Innerhalb der Gruppe der gesetzlichen Pfandrechte besteht untereinander wiederum eine gesetzlich geregelte Rangordnung. Etwaige Löschungen, Rangrücktritte oder Abtretungen müssen ebenfalls im Schiffsregister eingetragen werden, um wirksam zu sein. Die präzise Bestimmung der Rangfolge ist besonders im Insolvenzfall oder bei der Zwangsvollstreckung relevant und bestimmt maßgeblich die Befriedigungschancen der einzelnen Gläubiger.

Wie erfolgt die Zwangsvollstreckung in ein Schiffspfandrecht?

Im Rahmen der Zwangsvollstreckung eines Schiffspfandrechts richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie nach § 32 ff. Schiffssicherheitsgesetz (SchiffSG). Nach Fälligkeit und Nichtzahlung der gesicherten Forderung kann der Pfandgläubiger beim Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung des Schiffes beantragen. Voraussetzung hierfür ist ein vollstreckbarer Titel über die gesicherte Forderung sowie die Vorlage eines aktuellen Registerauszugs, der das Pfandrecht dokumentiert. Das ausführende Gericht setzt daraufhin die Zwangsversteigerung an, wobei die Gläubiger im Rang der Pfandrechte aus dem Versteigerungserlös befriedigt werden. Bestehende privilegierte Ansprüche und ihnen vorrangige Rechte werden bei der Verteilung der Erlöse berücksichtigt. Die Einzelheiten des Ablaufs und die Fristen richten sich nach den einschlägigen gesetzlichen und gerichtlichen Vorschriften zum Schiffsversteigerungsverfahren.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Schiffspfandrecht erlöschen?

Das Erlöschen eines Schiffspfandrechts kann auf verschiedene Weise erfolgen. Zunächst führt die vollständige Tilgung der gesicherten Forderung oder ein Erlass der Schuld zur Beendigung des Pfandrechts, sodass nach Antragstellung beim Schiffsregister die Löschung vorgenommen werden kann. Weiterhin erlischt das Pfandrecht bei der Vernichtung, dem vollständigen Untergang oder der amtlichen Ausmusterung des Schiffes. Auch ein Verzicht des Pfandgläubigers, der notariell beurkundet und im Schiffsregister eingetragen werden muss, kann zum Erlöschen führen. In bestimmten Fällen erlischt das Pfandrecht auch durch den Ablauf gesetzlich vorgeschriebener Fristen (Verjährung) oder durch gerichtliche Entscheidung, etwa nach Anfechtung oder in einem Insolvenzverfahren. Notwendige Voraussetzung für jede rechtswirksame Beendigung mit dinglicher Wirkung bleibt die schiffsregisterliche Löschung.

Welche internationalen Besonderheiten sind beim Schiffspfandrecht zu beachten?

Das Schiffspfandrecht unterliegt zunehmend auch internationalen Regelungen, vor allem wenn Schiffe im internationalen Verkehr eingesetzt werden oder im Ausland registriert sind. Maßgeblich ist im Regelfall das Registerstatut, also das Recht des Staates, in dessen Schiffregister das Schiff eingetragen ist. Die International Convention on Maritime Liens and Mortgages 1993 (sog. Genfer Schiffshypothekenübereinkommen) sowie weitere bilaterale und multilaterale Abkommen bestimmen teilweise Inhalt, Rang und Durchsetzbarkeit von Schiffspfandrechten über Grenzen hinweg und regeln die Anerkennung und Vollstreckung fremder Schiffspfandrechte in anderen Vertragsstaaten. Bei internationalen Registerwechseln, Arrestierungen oder Insolvenzen ist zudem regelmäßig zu prüfen, welches nationale Recht anwendbar ist, welche Formvorschriften gelten und ob das jeweilige Schiffspfandrecht international durchsetzbar bleibt. Besondere Sorgfalt ist geboten, wenn Gläubiger in mehreren Staaten konkurrieren.