Begriff und Bedeutung der Schiedsvereinbarung
Die Schiedsvereinbarung ist eine vertragliche Übereinkunft zwischen zwei oder mehreren Parteien, durch die diese bestimmte oder alle Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein konkretes Rechtsverhältnis entstanden sind oder entstehen können, der Entscheidung eines Schiedsgerichts unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs unterstellen. Die Schiedsvereinbarung stellt damit das Fundament eines jeden Schiedsverfahrens dar und bildet die rechtliche Grundlage für dessen Durchführung.
Rechtliche Einordnung
Grundlegende rechtliche Funktionen
Mit einer Schiedsvereinbarung verzichten die Parteien auf die staatliche Gerichtsbarkeit für die vereinbarten Streitigkeiten und erlauben stattdessen die verbindliche Streitbeilegung durch ein privates Schiedsgericht. Die Schiedsvereinbarung genießt in Deutschland sowie international eine umfassende rechtliche Anerkennung und ist durch verschiedene Gesetze und völkerrechtliche Übereinkommen normiert.
Gesetzliche Grundlagen in Deutschland
Die rechtliche Grundlage für Schiedsvereinbarungen in Deutschland findet sich in den §§ 1029 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO). Diese Vorschriften regeln sowohl das Zustandekommen als auch die Wirkungen und die formalen Anforderungen an eine Schiedsvereinbarung.
Form und Inhalt der Schiedsvereinbarung
Formerfordernis
Nach § 1031 ZPO muss eine Schiedsvereinbarung schriftlich abgeschlossen werden. Diese Formerfordernis dient der Klarheit und Nachweisbarkeit, da damit festgelegt wird, welche Streitigkeiten dem Schiedsverfahren unterliegen. Die Schriftform ist auch durch einen Briefwechsel oder sonstigen schriftlichen Austausch, einschließlich elektronischer Kommunikationsmittel, gewahrt.
Mindestinhalte
Eine Schiedsvereinbarung sollte die folgenden Inhalte umfassen:
- Bestimmung des Schiedsorts (z. B. Stadt, Land)
- Regelung des Schiedsspruchs (Endgültigkeit und Bindungswirkung)
- Verfahrensordnung (z. B. nach den Regeln einer Schiedsinstitution oder ad hoc)
- Gegenstand der Schiedsvereinbarung (konkrete oder künftige Streitigkeiten aus einem bestimmten Rechtsverhältnis)
- Benennung der Schiedsrichter oder Regelung zu deren Bestellung
Arten der Schiedsvereinbarung
Es wird zwischen zwei Typen einer Schiedsvereinbarung unterschieden:
- Schiedsklausel: Die Schiedsvereinbarung ist als Klausel integraler Bestandteil eines Hauptvertrags und regelt die Beilegung etwaiger künftiger Streitigkeiten aus diesem Vertrag.
- Schiedsvertrag: Eine eigenständige Vereinbarung, meist nach Entstehen eines konkreten Streits zur Schaffung eines Schiedsverfahrens.
Anwendungsbereich
Schiedsfähige Streitigkeiten
Nicht alle Streitigkeiten können einer Schiedsvereinbarung unterworfen werden. Die Schiedsfähigkeit richtet sich nach § 1030 ZPO. Wichtige Ausnahmen bestehen u. a. für Streitigkeiten über Mietverhältnisse über Wohnraum oder familienrechtliche Angelegenheiten.
Geltungsbereich
Die Schiedsvereinbarung kann für nationale, grenzüberschreitende, kommerzielle oder private Rechtsverhältnisse vereinbart werden. Sie findet ihre Anwendung regelmäßig im internationalen Wirtschaftsverkehr, insbesondere im Handels- und Gesellschaftsrecht.
Wirkungen einer Schiedsvereinbarung
Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit
Mit einer wirksamen Schiedsvereinbarung ist die Anrufung staatlicher Gerichte für die erfassten Streitigkeiten grundsätzlich ausgeschlossen. Wird dennoch Klage bei einem staatlichen Gericht erhoben, so hat dieses nach § 1032 ZPO die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu prüfen und das Verfahren auf Antrag auszusetzen.
Bindungswirkung
Die Schiedsvereinbarung entfaltet Bindungswirkung zwischen den Parteien. Ein Schiedsspruch, der auf Grundlage einer wirksamen Schiedsvereinbarung erlassen wurde, ist grundsätzlich ebenso verbindlich wie ein staatliches Urteil und kann – unter bestimmten Voraussetzungen – für vollstreckbar erklärt werden.
Anfechtung und Unwirksamkeit
Mögliche Unwirksamkeitsgründe
Eine Schiedsvereinbarung kann nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts, insbesondere aufgrund von Willensmängeln (z. B. Drohung, Täuschung, Irrtum) oder Verstoß gegen gesetzliche Verbote bzw. die guten Sitten, unwirksam sein. Zudem ist sie unwirksam, wenn die Streitigkeit nicht schiedsfähig ist.
Kontrolle durch staatliche Gerichte
Staatliche Gerichte überprüfen im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs oder bei der Einrede der Schiedsvereinbarung die inhaltliche und formelle Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung.
Internationale Dimensionen
New Yorker Übereinkommen
Das New Yorker Übereinkommen von 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche stellt die wichtigste völkerrechtliche Grundlage für die internationale Durchsetzung von Schiedsvereinbarungen und Schiedssprüchen dar. Es verpflichtet die Vertragsstaaten zur Anerkennung und Durchsetzung von Schiedsvereinbarungen sowie ausländischen Schiedssprüchen, sofern keine Ausnahmetatbestände vorliegen.
UNCITRAL-Modellgesetz
Das UNCITRAL-Modellgesetz dient als Vorbild für zahlreiche nationale Regelungen zum Schiedsverfahrensrecht und fördert die Vereinheitlichung des Schiedsrechts auf internationaler Ebene.
Typische Anwendungsbereiche
Handelsrechtliche Verträge
Schiedsvereinbarungen kommen besonders häufig in internationalen Verträgen – etwa im Warenhandel, Anlagenbau, Joint Ventures und Lizenzvereinbarungen – zur Anwendung, um eine schnelle, vertrauliche und fachkundige Streitbeilegung zu gewährleisten.
Gesellschaftsrecht und M&A
Auch im Gesellschaftsrecht, insbesondere bei Gesellschaftervereinbarungen oder Unternehmenskäufen, werden vielfach Schiedsvereinbarungen genutzt, um den Parteien verlässliche und diskrete Mechanismen zur Streitlösung zu bieten.
Vor- und Nachteile
Vorteile
- Schnelligkeit und Flexibilität: Schiedsverfahren können schneller und flexibler abgewickelt werden als staatliche Verfahren.
- Fachkundige Entscheidungsträger: Die Schiedsrichter werden in der Regel von den Parteien ausgewählt und verfügen über spezielle Fachkenntnisse.
- Internationale Vollstreckbarkeit: Schiedssprüche sind international besser durchsetzbar als staatliche Urteile.
- Vertraulichkeit: Schiedsverfahren unterliegen meist einer strikten Geheimhaltung.
Nachteile
- Kosten: Schiedsverfahren können insbesondere bei komplexen Verfahren kostenintensiv sein, da Schiedsrichterhonorare und Verwaltungskosten anfallen können.
- Begrenzte Rechtsmittel: Die Anfechtbarkeit eines Schiedsspruchs ist stark eingeschränkt, es steht nicht der gesamte Instanzenzug zur Verfügung.
Zusammenfassung
Die Schiedsvereinbarung stellt ein bedeutendes Instrument der privaten Streitbeilegung dar. Sie bietet Parteien die Möglichkeit, Streitigkeiten effizient und diskret außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit beizulegen. Das Schiedsrecht ist durch zahlreiche nationale und internationale Regelungen geprägt, wobei auf die Einhaltung formeller und inhaltlicher Voraussetzungen besonderen Wert gelegt werden muss. Im globalen Geschäftsverkehr hat die Schiedsvereinbarung eine zentrale Stellung als verlässliche und international anerkannte Grundlage für die effiziente Konfliktlösung.
Häufig gestellte Fragen
Welche Formerfordernisse sind an eine Schiedsvereinbarung nach deutschem Recht gestellt?
Nach deutschem Recht unterliegt die Schiedsvereinbarung strengen Formerfordernissen, die im § 1031 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt sind. Sie muss schriftlich abgefasst sein. Dabei genügt es, wenn sie entweder von den Parteien eigenhändig unterschrieben ist oder der Austausch von Briefen, Faxen oder anderen Formen der Kommunikation, die einen Nachweis über Inhalte und Absender ermöglichen, erfolgt. Die elektronische Form ist ebenso zulässig, wenn die Vereinbarung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Für Schiedsvereinbarungen, die in Bezug auf bestehende Verträge abgeschlossen werden, ist auch ein Verweis auf eine Schiedsordnung ausreichend, sofern dieser eindeutig ist. Bei internationalen Sachverhalten kann insoweit das UNCITRAL-Modellgesetz Anwendung finden, das vergleichbare Anforderungen stellt. Formmängel führen in der Regel zur Nichtigkeit der Schiedsvereinbarung, sodass eine präzise Beachtung der Formerfordernisse aus rechtlicher Sicht essenziell ist, um die Wirksamkeit der Vereinbarung sicherzustellen.
Welche Streitigkeiten können Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein?
Gegenstand einer Schiedsvereinbarung können grundsätzlich alle vermögensrechtlichen Ansprüche sein, über die die Parteien nach deutschem Recht verfügen können (§ 1030 Abs. 1 ZPO). Das umfasst insbesondere vertragliche sowie deliktische Ansprüche, falls diese dispositiv sind, also einer privaten Regelung zugänglich sind. Nicht schiedsfähig sind jedoch Streitigkeiten, die zwingend vor staatlichen Gerichten zu verhandeln sind, zum Beispiel viele familien- oder erbrechtliche Streitigkeiten, das Namensrecht oder gewisse arbeitsrechtliche Angelegenheiten. Ebenso ausgeschlossen sind Verfahren, bei denen ein öffentliches Interesse besteht oder gesetzliche Schutzvorschriften zugunsten Dritter vorliegen. Schließlich darf die Schiedsvereinbarung auch nicht dazu dienen, zwingende gesetzliche Vorschriften zu umgehen. In grenzüberschreitenden Sachverhalten sind zusätzlich die jeweiligen nationalen Regelungen zur Schiedsfähigkeit der Streitigkeit zu prüfen.
Wer ist an die Schiedsvereinbarung gebunden und wie wirkt diese gegenüber Dritten?
Die Schiedsvereinbarung entfaltet grundsätzlich Bindungswirkung allein zwischen den Parteien, die sie abgeschlossen haben. Das bedeutet, sie wirkt inter partes. Dritte Personen, die nicht Vertragspartei sind, sind an die Schiedsvereinbarung nicht gebunden, es sei denn, eine Einbeziehung erfolgt ausdrücklich und wirksam, zum Beispiel durch eine sogenannte Schiedsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die auch auf Dritte ausgedehnt wird, oder durch Rechtsnachfolge (z.B. bei Erbfolge, Gesamtrechtsnachfolge oder Unternehmenstransaktionen). In Fällen der Abtretung von Forderungen kann die Schiedsvereinbarung auf den neuen Gläubiger übergehen. Allerdings kann eine Verpflichtung Dritter zur Schiedsgerichtsbarkeit nicht einseitig begründet werden. Bei Schuldverhältnissen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist die Reichweite der Schiedsvereinbarung umstritten und bedarf einer gesonderten rechtlichen Prüfung.
Wie verhält sich eine Schiedsvereinbarung zu staatlichen Gerichten?
Eine wirksame Schiedsvereinbarung bewirkt die sogenannte negative Prozessvoraussetzung, das heißt, staatliche Gerichte dürfen über den in der Vereinbarung genannten Streitgegenstand keine Entscheidung treffen, solange kein endgültiger Schiedsspruch ergangen ist oder die Schiedsvereinbarung unwirksam oder nicht anwendbar ist (§ 1032 ZPO). Wird trotz Schiedsvereinbarung Klage bei einem staatlichen Gericht erhoben, muss das Gericht die Schiedsvereinbarung von Amts wegen (bei Einwendungen einer Partei) prüfen und den Rechtsstreit als unzulässig abweisen, sofern kein Ausnahmetatbestand greift. Schiedsgerichte genießen insoweit eine originäre Zuständigkeit, der Vorrang vor den staatlichen Gerichten eingeräumt wird, solange die Parteien durch rechtswirksame Schiedsvereinbarung gebunden sind.
Können Schiedsvereinbarungen widerrufen oder gekündigt werden?
Anders als bei gewöhnlichen zivilrechtlichen Verträgen ist die Widerrufs- oder Kündigungsmöglichkeit einer Schiedsvereinbarung stark eingeschränkt. Eine einseitige Kündigung oder ein Widerruf ist nur möglich, wenn dies ausdrücklich in der Schiedsvereinbarung vorgesehen ist. Ansonsten kann die Schiedsvereinbarung nur aus wichtigen Gründen angefochten werden, beispielsweise wegen arglistiger Täuschung, Drohung oder wenn sie von Anfang an nichtig oder unwirksam war (z.B. wegen Formmangels oder fehlender Schiedsfähigkeit des Streitgegenstands). Grundsätzlich gilt die Schiedsvereinbarung bis zum Abschluss des Schiedsverfahrens, es sei denn, die Parteien einigen sich einvernehmlich auf ihre Aufhebung.
Welche Rolle spielt die Rechtswahl bei Schiedsvereinbarungen?
In Schiedsvereinbarungen kann und sollte häufig eine Rechtswahl getroffen werden, um Sicherheit über das anwendbare materielle Recht im Streitfall zu schaffen. Die Parteien sind hierbei grundsätzlich frei, jede nationale Rechtsordnung zu wählen. Fehlt eine ausdrückliche Rechtswahl, ermittelt das Schiedsgericht das anwendbare Recht entweder anhand der einschlägigen nationalen oder internationalen Kollisionsnormen oder nach den jeweiligen Vorgaben der gewählten Schiedsordnung. Die Rechtswahl umfasst in der Regel das materielle Recht, nicht jedoch zwingend die Regeln des Schiedsverfahrens, es sei denn, es wird ausdrücklich etwas anderes vereinbart. Im Übrigen bleibt die Frage des Schiedsorts und der Verfahrenssprache von der Rechtswahl unberührt und muss gesondert geregelt werden.
Was geschieht, wenn eine Schiedsvereinbarung unklar oder mehrdeutig formuliert ist?
Ist eine Schiedsvereinbarung unklar oder mehrdeutig gefasst, besteht die Gefahr, dass das Schiedsgericht oder ein staatliches Gericht die Unwirksamkeit feststellt, weil wesentliche Verfahrensmodalitäten nicht eindeutig bestimmt sind. Nach deutschem Recht ist jedoch der Grundsatz der Auslegung nach dem Parteiwillen maßgeblich. Gerichte und Schiedsgerichte versuchen, den Sinn und Zweck der Vereinbarung im Wege der Auslegung zu ermitteln und den Willen der Vertragsparteien bestmöglich zu berücksichtigen. Gelingt eine Klarstellung nicht, führt eine unzureichende Bestimmtheit insbesondere im Hinblick auf die Schiedsgerichtsbarkeit oder den Streitgegenstand meist zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel, sodass dann die staatlichen Gerichte zuständig bleiben. Eine präzise und eindeutige Formulierung von Schiedsvereinbarungen ist daher aus rechtlicher Sicht von höchster Bedeutung.