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Scheidungsfolgesachen


Begriff und rechtlicher Rahmen der Scheidungsfolgesachen

Scheidungsfolgesachen bezeichnen im deutschen Familienrecht alle rechtlichen Angelegenheiten, die im Zusammenhang mit einer Ehescheidung zwischen den Ehegatten, gegebenenfalls unter Einbeziehung gemeinsamer Kinder, geregelt werden – abgesehen von der eigentlichen Auflösung der Ehe. Die Scheidungsfolgesachen werden regelmäßig im sogenannten Verbundverfahren gemeinsam mit dem Ehescheidungsantrag von den Familiengerichten behandelt. Die gesetzliche Grundlage findet sich insbesondere in den §§ 133 ff., 137 ff. sowie den §§ 621 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) und dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Einordnung und Zweck der Scheidungsfolgesachen

Der Zweck der Scheidungsfolgesachen liegt darin, sämtliche wesentlichen, mit der Trennung der Ehegatten unmittelbar zusammenhängenden Angelegenheiten zeitnah, umfassend und möglichst abschließend zu regeln. Das Verfahren soll verhindern, dass nach der Scheidung noch zahlreiche weitere gerichtliche Auseinandersetzungen folgen, die für das familiäre Verhältnis belastend und kostenintensiv sein können.

Die einzelnen Scheidungsfolgesachen im Überblick

Scheidungsfolgesachen im engeren Sinne setzen einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe voraus. Gesetzlich sind folgende typische Folgesachen geregelt:

1. Versorgungsausgleich (§§ 140-150 FamFG)

Gegenstand des Versorgungsausgleichs

Der Versorgungsausgleich betrifft den Ausgleich von während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften und Versorgungsrechten der Ehegatten. Ziel ist eine gerechte Teilung der Alters- und Invaliditätsvorsorge. Der Versorgungsausgleich ist in der Regel von Amts wegen durchzuführen, sobald beide Ehegatten gesetzlich rentenversicherungspflichtig sind.

Durchführung und Ausnahmen

Die Durchführung des Versorgungsausgleichs ist obligatorisch, kann jedoch in Ausnahmefällen ausgeschlossen werden, beispielsweise bei kurzer Ehedauer (unter drei Jahren) oder durch notariellen Ehevertrag.

2. Ehelicher Unterhalt (§ 1360, §§ 1569 ff. BGB)

Trennungsunterhalt

Mit der Trennung der Eheleute entsteht Anspruch auf Trennungsunterhalt. Dieser umfasst den Zeitraum zwischen Trennung und Rechtskraft der Scheidung und soll den bisherigen ehelichen Lebensstandard sichern.

Nachehelicher Unterhalt

Ab Rechtskraft der Scheidung besteht unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Die einzelnen Unterhaltstatbestände (Betreuungsunterhalt, Unterhalt wegen Alters, Krankheit, Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt) sind abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt.

3. Regelung des Sorgerechts (§§ 1671 ff. BGB; §§ 151 Nr. 1 FamFG)

Geht aus der Ehe eine gemeinsame elterliche Sorge hervor, können Streitigkeiten über das Sorgerecht auf Antrag im Scheidungsverbund geregelt werden. Das Gericht prüft dabei das Kindeswohl als oberstes Gebot. In Betracht kommen alleinige oder gemeinsame Sorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie Teilbereiche des Sorgerechts.

4. Regelung des Umgangsrechts (§ 1684 BGB; § 151 Nr. 2 FamFG)

Umgangsrechtsstreitigkeiten über den Kontakt des Kindes zu dem getrennt lebenden Elternteil sind ebenfalls als Folgesache möglich. Auch hier gilt das Wohl des Kindes als Maßstab für gerichtliche Entscheidungen.

5. Zugewinnausgleich (§ 1372 BGB; § 137 FamFG)

Im Rahmen des geschiedenen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft kann der finanzielle Ausgleich für während der Ehe erworbenes Vermögen verlangt werden. Ziel ist die hälftige Teilung des während der Ehe erworbenen Vermögenszuwachses.

Durchführung des Zugewinnausgleichs

Das Zugewinnverfahren ist auf Antrag eines Ehegatten möglich. Zur Berechnung wird das Anfangsvermögen mit dem Endvermögen beider Ehegatten verglichen.

6. Ehewohnungs- und Haushaltssachen (§§ 1568 a, 1568 b BGB; §§ 200 ff. FamFG)

Ehewohnung

Im Rahmen der Scheidung kann das Gericht entscheiden, wem die bisherige Ehewohnung zuzuweisen ist. Maßgeblich sind die Belange gemeinsamer Kinder oder der besondere Schutzbedürftigkeit eines Ehegatten.

Haushaltsgegenstände

Ebenso erfolgt auf Antrag die Verteilung oder der Ausgleich der während der Ehe gemeinsam genutzten Haushaltsgegenstände.

Das Verfahren im Scheidungsverbund

1. Das Verbundverfahren (§ 137 FamFG)

Das sogenannte Verbundverfahren stellt sicher, dass sämtliche Folgesachen nach Möglichkeit gemeinsam mit dem Scheidungsausspruch entschieden werden. Die Scheidung kann erst erfolgen, sobald über alle anhängigen Folgesachen abschließend entschieden ist.

2. Antragstellung und Fristen

Folgesachen werden durch Antrag eines oder beider Ehegatten eingeleitet. Anträge müssen spätestens zwei Wochen vor dem Haupttermin zur Scheidung gestellt werden, ansonsten ist ein gesondertes Verfahren notwendig.

3. Abtrennung und Nachverfahren

Das Gericht kann einzelne Folgesachen vom Verbundverfahren abtrennen, wenn dies der Verfahrensbeschleunigung dient. Nicht im Verbund behandelte Angelegenheiten sind im isolierten Verfahren zu entscheiden.

Bedeutung und Abgrenzung der Scheidungsfolgesachen

Scheidungsfolgesachen unterscheiden sich von sogenannten Scheidungsverbund- und Scheidungsnebenverfahren. Folgesachen sind notwendigerweise mit dem Scheidungshauptsacheverfahren verknüpft. Isolierte Verfahren werden dagegen unabhängig von der Scheidung geführt (zum Beispiel der Realsplitting-Ausgleich).

Weiterhin sind Scheidungsfolgesachen vom sogenannten Aufhebungsverfahren einer eingetragenen Lebenspartnerschaft abzugrenzen, das vergleichbare Regelungen enthält.

Kosten und Verfahrensdauer bei Scheidungsfolgesachen

Die Einbindung von Scheidungsfolgesachen beeinflusst sowohl die Gerichtskosten als auch die Verfahrensdauer einer Ehescheidung. Je mehr Folgesachen anhängig gemacht werden, desto komplexer und damit langwieriger gestalten sich die Verfahren. Die Kosten richten sich nach dem Streitwert der jeweiligen Folgesache und werden gesondert erhoben.

Zusammenfassung

Scheidungsfolgesachen sind ein zentraler Bestandteil des deutschen Familienrechts. Sie umfassen alle rechtlichen Angelegenheiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Ehescheidung geregelt werden müssen oder können. Das Verbundverfahren garantiert eine einheitliche Klärung der wesentlichen Fragen wie Versorgungsausgleich, Unterhalt, Sorgerecht, Umgangsrecht, Zugewinnausgleich und die Regelung betreffend Ehewohnung sowie Hausrat. Ziel ist, einen transparenten und gerechten Abschluss der finanziellen, persönlichen und rechtlichen Verflechtungen der Ehegatten und gegebenenfalls der gemeinsamen Kinder zu ermöglichen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Scheidungsfolgesachen können im Rahmen eines Scheidungsverfahrens geregelt werden?

Im rechtlichen Kontext bezeichnet der Begriff „Scheidungsfolgesachen“ alle die Rechtsverhältnisse zwischen den Ehegatten betreffenden Angelegenheiten, die entweder zwangsweise im Zusammenhang mit der Ehescheidung oder auf Antrag eines Ehegatten durch das Familiengericht mitentschieden werden. Dazu zählen insbesondere der Versorgungsausgleich (Ausgleich von Rentenanwartschaften), der nacheheliche sowie der Trennungsunterhalt, Fragen des Sorgerechts und Umgangsrechts für gemeinsame Kinder, der Zugewinnausgleich sowie die Aufteilung des ehelichen Hausrats und der Ehewohnung. Jede dieser Folgesachen unterliegt jeweils eigenen rechtlichen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, die im deutschen Recht, insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) und in der Zivilprozessordnung (FamFG), geregelt sind. Ein Antrag auf Regelung einer Folgesache kann bereits im Scheidungsantrag oder spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zur Scheidung gestellt werden, sofern das Gericht darüber im Verbund (d. h. gemeinsam mit der Ehescheidung) entscheiden soll.

Wann gilt eine Folgesache als rechtshängig und welche Bedeutung hat dies für das Verfahren?

Eine Folgesache gilt als rechtshängig, wenn sie zusammen mit dem Scheidungsantrag geltend gemacht oder nach diesem spätestens bis zum Ende der mündlichen Verhandlung zum Scheidungsausspruch beantragt wurde. Die Rechtshängigkeit hat zur Folge, dass das Familiengericht verpflichtet ist, über diese Folgesache gemeinsam mit der Scheidung im sogenannten Verbundverfahren (§ 137 Abs. 2 FamFG) zu entscheiden, sofern nicht ausnahmsweise eine Abtrennung gerechtfertigt oder erforderlich ist, etwa bei besonderer Eilbedürftigkeit oder wenn dadurch eine nicht unerhebliche Verzögerung des Scheidungsverfahrens vermieden werden kann. Die Rechtshängigkeit dient zudem dem Schutz der Parteien, da während eines rechtshängigen Verfahrens gesetzliche Veräußerungs- und Belastungsverbote zum Schutz der Ehegattenrechte greifen können.

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung über eine Folgesache auf das rechtskräftige Scheidungsurteil?

Das Scheidungsurteil wird nur dann rechtskräftig, wenn sämtliche zwingend zu regelnden Folgesachen, insbesondere der Versorgungsausgleich, abschließend entschieden sind (§ 148 FamFG). Wurde der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt, weil beispielsweise ein Antrag auf Ausschluss nicht wirksam gestellt wurde oder die Voraussetzungen für einen Ausschluss vorliegen, kann das Gericht die Scheidung bereits ohne Entscheidung dieser Folgesache aussprechen. Andere Folgesachen, wie Unterhalt oder der Zugewinnausgleich, müssen nur dann im Verbundverfahren entschieden werden, wenn sie rechtzeitig und ordnungsgemäß anhängig gemacht wurden. Werden Folgesachen hingegen erst nach Rechtskraft der Scheidung beantragt, sind sie in isolierten Verfahren zu klären.

Kann eine Folgesache im Scheidungsverbund auch noch nachträglich geregelt werden?

Grundsätzlich bestimmt das Gesetz, dass Folgesachen spätestens bis zum Termin der letzten mündlichen Verhandlung zum Scheidungsausspruch beim Familiengericht geltend gemacht werden müssen, um noch im Verbundverfahren berücksichtigt zu werden. Nach Rechtskraft der Scheidung ist eine nachträgliche Aufnahme einer Folgesache in das Verbundverfahren nicht mehr möglich. Die betroffene Partei muss dann ein eigenständiges Verfahren zur Klärung der jeweiligen Angelegenheit anstrengen, das nicht mehr von den prozessualen Besonderheiten des Scheidungsverbunds profitiert (z.B. Verfahrensintegration, Kostenvorteile, Entscheidungskompetenz des bereits befassten Gerichts).

Welche Rolle spielen Eheverträge bei der Beurteilung und Entscheidung von Scheidungsfolgesachen?

Eheverträge sowie Scheidungsfolgenvereinbarungen haben im Rahmen von Scheidungsfolgesachen eine erhebliche rechtliche Bedeutung. Sie bestimmen, ob und wie bestimmte Ansprüche – wie der Versorgungsausgleich, der Zugewinnausgleich oder Unterhaltsansprüche – im Streitfall zu behandeln sind. Soweit solche Verträge wirksam geschlossen wurden und keinen gesetzlichen Verbotsvorschriften oder einer Sittenwidrigkeit unterliegen, sind sie für das Familiengericht bindend und müssen beachtet werden. Allerdings unterliegen bestimmte Vereinbarungen, wie der Ausschluss des Versorgungsausgleichs oder Verzichtserklärungen auf nachehelichen Unterhalt, einer richterlichen Inhalts- und Ausübungskontrolle. Das Gericht prüft, ob durch die vertraglichen Regelungen eine der Parteien unzumutbar benachteiligt wird oder ob sie gegen elementare Grundsätze der Gerechtigkeit verstoßen.

Inwieweit können dritte Personen oder Institutionen durch die Entscheidung über eine Folgesache betroffen sein?

Bestimmte Folgesachen entfalten nicht nur Wirkungen zwischen den Ehegatten, sondern betreffen auch Dritte oder Institutionen. So ist beispielsweise der Versorgungsausgleich unmittelbar für die Versorgungsträger (Rentenversicherung, Pensionskassen etc.) bindend, da eine interne oder externe Teilung von Anwartschaften die Leistungspflicht dieser Träger unmittelbar betrifft. Auch im Bereich des Sorge- und Umgangsrechts können Jugendämter oder andere öffentliche Stellen beteiligt werden, die als Verfahrensbeistand oder zur Wahrnehmung der Kindesinteressen eingesetzt werden. Im Zugewinnausgleich sind grundsätzlich keine Dritten rechtsverbindlich eingebunden, es sei denn, dingliche Rechte an Immobilien oder sonstigem Vermögen werden berührt (z.B. Grundbuchberichtigung).

Welche besonderen Verfahrensvorschriften gelten im Zusammenhang mit Scheidungsfolgesachen?

Im Rahmen des FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) gelten für Scheidungsfolgesachen spezifische prozessuale Bestimmungen. So ist für bestimmte Folgesachen, wie den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich, die sogenannte Auskunftspflicht der Parteien vorgesehen, wonach beide Ehegatten vollständige Informationen über Vermögensverhältnisse bzw. erworbene Versorgungsanrechte vorlegen müssen. Das Gericht kann hierzu von Amts wegen Ermittlungen anstellen und ist nicht lediglich an den Parteivortrag gebunden (sog. Amtsermittlungsgrundsatz). Zudem besteht für Folgesachen in der Regel Anwaltszwang; jede Partei muss sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, ausgenommen davon ist in bestimmten Fällen nur der Antrag auf Scheidung selbst. Überdies gelten besondere Regelungen zu Verfahrenskosten, möglichen Verfahrensabtrennungen und zum einstweiligen Rechtsschutz.