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Sanierungsbeauftragter


Begriff und rechtliche Einordnung des Sanierungsbeauftragten

Der Sanierungsbeauftragte ist eine zentrale, in verschiedenen rechtlichen Kontexten vorgesehene Person, die in Unternehmen oder in Institutionen bei drohender oder bestehender wirtschaftlicher Schieflage eingesetzt wird. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Sanierungsmaßnahmen zu entwickeln, deren Umsetzung zu koordinieren sowie die Unternehmensleitung, Gesellschafter und ggf. Gläubiger bei der erfolgreichen Stabilisierung und Fortführung des Unternehmens zu unterstützen. Die Rolle des Sanierungsbeauftragten findet insbesondere im Rahmen von außergerichtlichen und gerichtlichen Restrukturierungsverfahren (§§ 84 ff., § 129 StaRUG, § 270b InsO) sowie in Zusammenhang mit besonderen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen Anwendung.

Historische Entwicklung und gesetzliche Grundlagen

Gesetzliche Verankerung im deutschen Recht

Im deutschen Recht entstand die Funktion des Sanierungsbeauftragten insbesondere im Zusammenhang mit Einführung des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) und im Kontext der Insolvenzordnung (InsO). Das StaRUG, welches zum 1. Januar 2021 in Kraft trat, enthält eigenständige Regelungen über das gerichtliche Restrukturierungsverfahren, die bei drohender Zahlungsunfähigkeit greifen. Hierbei können das Restrukturierungsgericht und die Beteiligten die Bestellung eines Sanierungsbeauftragten bei bestimmten Voraussetzungen beantragen bzw. anordnen. Zudem existieren Überschneidungen zum sogenannten Sachwalter im Eigenverwaltungsverfahren nach der Insolvenzordnung, wobei der Sanierungsbeauftragte jedoch spezifische Aufgaben im Rahmen der vorinsolvenzlichen Restrukturierung wahrnimmt.

Abgrenzungen

Der Sanierungsbeauftragte ist abzugrenzen vom Insolvenzverwalter und vom Sachwalter: Während diese im Insolvenzverfahren für die Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse verantwortlich sind, liegt der Fokus des Sanierungsbeauftragten strikt auf der Erhaltung und Fortführung des Unternehmens außerhalb oder am Rand eines Insolvenzverfahrens.

Aufgaben und Pflichten des Sanierungsbeauftragten

Bestellung und Mandatserteilung

Die Bestellung eines Sanierungsbeauftragten erfolgt in der Regel durch gerichtliche Anordnung oder auf Antrag von Beteiligten (z.B. Schuldner, Gläubiger oder Restrukturierungsplanbeteiligte). Voraussetzung ist häufig, dass ein Restrukturierungsverfahren eingeleitet oder ein entsprechender Antrag gestellt wird. Nach § 84 StaRUG kann das Gericht einen Sanierungsbeauftragten bestellen, wenn dies zur Wahrung der Interessen der Beteiligten oder zur Sicherstellung einer geordneten Durchführung des Verfahrens erforderlich erscheint.

Zentrale Aufgabenbereiche

Zu den Aufgaben des Sanierungsbeauftragten zählen insbesondere folgende Pflichten:

  • Überwachung und Kontrolle: Kontrolle der Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen und Überwachung der Unternehmensleitung hinsichtlich der Einhaltung gesetzlicher sowie vertraglicher Vorgaben.
  • Beratung und Unterstützung: Beratung der Unternehmensführung und der beteiligten Parteien bei der Entwicklung und Umsetzung des Restrukturierungsplans.
  • Berichtspflichten: Regelmäßige Erstellung von Berichten an das Restrukturierungsgericht oder das Aufsichtsorgan, insbesondere bei Abweichungen von geplanten Maßnahmen oder bei Gefahr für die Fortführung des Unternehmens.
  • Vermittlungsfunktion: Vermittlung zwischen Unternehmensleitung, Gläubigern sowie weiteren Stakeholdern mit dem Ziel, den Konsens für Restrukturierungsmaßnahmen herzustellen und deren Umsetzung zu sichern.
  • Anzeigepflichten: Anzeige erheblicher Verfahrenshindernisse oder Rechtsverstöße gegenüber dem bestellenden Gericht oder weiteren aufsichtsführenden Stellen.

Besondere Kompetenzen und Anforderungen

Der Sanierungsbeauftragte muss bestimmte persönliche und fachliche Eignungskriterien erfüllen (§ 84 StaRUG i.V.m. § 56 InsO). Dazu zählen Zuverlässigkeit, Erfahrung in der Durchführung von Unternehmenssanierungen sowie die Unabhängigkeit vom Schuldner und den Gläubigern, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Auswahlkriterien und der Umfang der Aufgaben werden durch das Restrukturierungsgericht präzisiert.

Haftung, Vergütung und Beendigung des Mandats

Haftung des Sanierungsbeauftragten

Der Sanierungsbeauftragte haftet gegenüber den Beteiligten und dem Unternehmen auf Grundlage der für das Mandat maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften. Insbesondere haftet er für Schäden, die aus einer Pflichtverletzung oder aus einer Verletzung seiner Überwachungspflichten resultieren. Die Haftung ist dem Umfang nach vergleichbar mit der Haftung eines Sachwalters im Eigenverwaltungsverfahren nach Insolvenzordnung (§ 60 InsO).

Vergütung und Kostenerstattung

Die Vergütung des Sanierungsbeauftragten wird grundsätzlich durch das Gericht oder vertraglich festgelegt. Dabei gelten die Vorschriften zur Vergütung von Sachwaltern (§§ 63, 64 InsO entsprechend), wobei eine angemessene Berücksichtigung der Komplexität des Verfahrens, des Arbeitsaufwands und der wirtschaftlichen Bedeutung geboten ist. Die Kosten der Bestellung zählen grundsätzlich zu den Verfahrenskosten und sind vom Schuldner zu tragen.

Beendigung des Mandats

Das Mandat des Sanierungsbeauftragten endet regelmäßig mit Abschluss des Restrukturierungsverfahrens, bei gerichtlicher Aufhebung der Bestellung oder bei Eintritt bestimmter gesetzlicher Beendigungsgründe (z.B. Wechsel in ein Insolvenzverfahren).

Rechtsfolgen und Bedeutung für die Unternehmenspraxis

Die Bestellung eines Sanierungsbeauftragten stellt für Unternehmen in der Krise oft einen entscheidenden Wendepunkt dar. Durch die Einbeziehung einer neutralen, zur Überwachung und Vermittlung befugten Person kann das Vertrauen der Gläubiger und sonstigen Beteiligten gestärkt und ein geordneter Restrukturierungsprozess sichergestellt werden. Die gesetzliche Verankerung des Sanierungsbeauftragten im StaRUG und in der Insolvenzordnung soll dazu beitragen, Insolvenzen zu vermeiden und Unternehmen eine zweite Chance zur Fortführung zu eröffnen.

Auswirkungen auf Gesellschaftsorgane und Gläubiger

Mit der Bestellung eines Sanierungsbeauftragten wird die Geschäftsführung des Unternehmens nicht entmachtet, sondern vielmehr verstärkt beaufsichtigt. Die Organe der Gesellschaft bleiben handlungs- und vertretungsbefugt, müssen ihre Maßnahmen jedoch mit dem Sanierungsbeauftragten abstimmen und dessen Vorgaben sowie Berichte an das Gericht beachten. Gläubiger erhalten im Restrukturierungsverfahren zusätzliche Schutzmechanismen und können über den Sanierungsbeauftragten ihre Interessen besser wahrnehmen.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG)
  • Insolvenzordnung (InsO)
  • Bundesministerium der Justiz, Informationen zum Restrukturierungsrahmen
  • Kommentierung zu § 84 StaRUG im Münchener Kommentar zum StaRUG
  • BeckOK StaRUG, Online-Kommentar

Dieser Artikel bietet eine umfassende, rechtlich fundierte Darstellung des Begriffs Sanierungsbeauftragter und beleuchtet alle wesentlichen Aspekte, die Unternehmen, Gläubiger und andere Beteiligte im Rahmen eines Sanierungs- oder Restrukturierungsverfahrens beachten müssen.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen für die Bestellung eines Sanierungsbeauftragten erfüllt sein?

Die Bestellung eines Sanierungsbeauftragten findet ihre rechtliche Grundlage insbesondere in den Vorschriften des Insolvenzrechts, genauer im Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG), aber auch im Rahmen insolvenzrechtlicher Schutzschirmverfahren gemäß § 270b InsO. Eine Bestellung setzt zunächst voraus, dass ein Unternehmen sich in einer wirtschaftlichen Krise befindet, jedoch noch die Voraussetzungen für eine Insolvenz – wie Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – nicht zwingend vorliegen müssen. Der Antrag auf Bestellung erfolgt regelmäßig auf Initiative des Schuldners, mitunter aber auch auf Anregung des Gerichts. Das Gericht prüft im Rahmen seines Ermessens insbesondere das Vorliegen eines Sanierungskonzepts und die Aussicht auf eine nachhaltige Beseitigung der Krise. Die zur Bestellung als Sanierungsbeauftragter fähige Person muss in der Regel die persönliche und fachliche Eignung nachweisen, d.h., sie verfügt über ausreichende Kenntnisse des Insolvenzrechts, der Bilanzierung und Unternehmensführung. Zudem sind Unabhängigkeit und Unbefangenheit zwingend, weshalb Personen mit Interessenskonflikten – z. B. Gläubiger oder enge Geschäftspartner – ausgeschlossen sind. Die Bestellung erfolgt dann durch gerichtlichen Beschluss.

Welche Aufgaben und Befugnisse hat ein Sanierungsbeauftragter nach geltendem Recht?

Der Sanierungsbeauftragte übernimmt eine Rolle als Mittler zwischen Schuldner und Gläubigern zur Förderung, Überwachung und Unterstützung von Sanierungsmaßnahmen. Dabei ist sein Aufgabenkreis gesetzlich nicht abschließend festgelegt und kann vom Gericht im Einzelfall näher bestimmt werden. Grundsätzlich umfasst er die Überwachung der Einhaltung des Restrukturierungsplans, die Begleitung der Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubigern und häufig auch die Kontrolle der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens während des Restrukturierungsverfahrens. In seiner Funktion berichtet der Sanierungsbeauftragte regelmäßig an das Gericht und kann mit Untersuchungs- und Informationsrechten gegenüber dem Schuldner ausgestattet sein, um eine effektive Aufgabenerfüllung sicherzustellen. Allerdings besitzt er grundsätzlich keine Verfügungsgewalt über das Vermögen des Unternehmens, sondern agiert als unabhängige Überwachungsinstanz.

Welche rechtlichen Auswirkungen hat die Mitwirkung eines Sanierungsbeauftragten auf laufende Vertragsverhältnisse?

Die Einsetzung eines Sanierungsbeauftragten wirkt sich nicht automatisch auf bestehende Vertragsverhältnisse des Unternehmens aus, da keine gesetzlich vorgesehene Generalvollmacht zur Vertragsänderung oder -beendigung besteht. Allerdings kann die Mitwirkung zu erhöhter Vertragsdisziplin führen, da Gläubiger einerseits zusätzliche Sicherheit durch die Überwachung erhalten und sich andererseits im Umgang mit dem Schuldner auf die Expertise und Objektivität des Sanierungsbeauftragten verlassen können. Werden im Zuge eines Restrukturierungsplans vertragliche Anpassungen notwendig, geschieht dies regelmäßig im Einvernehmen aller Parteien unter Mitwirkung des Sanierungsbeauftragten, der beratend oder moderierend tätig wird. Zwingende Anpassungen von Verträgen können nur im Rahmen der gesetzlichen Restrukturierungsinstrumente oder durch Zustimmung aller Beteiligten erfolgen.

Wie ist die Haftung des Sanierungsbeauftragten rechtlich geregelt?

Der Sanierungsbeauftragte haftet grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für Schäden, die er durch schuldhafte Pflichtverletzung verursacht. Dazu zählt sowohl fahrlässiges als auch vorsätzliches Fehlverhalten. Die Pflichtverletzung kann insbesondere in der fehlerhaften Überwachung, unzureichenden Berichterstattung oder im Missbrauch der dem Beauftragten zustehenden Befugnisse liegen. Eine weitergehende, spezielle Haftungsregelung findet sich im StaRUG (§ 84), wonach der Sanierungsbeauftragte für Schäden haftet, die aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der ihm übertragenen Pflichten resultieren. Es ist daher maßgeblich, dass der Sanierungsbeauftragte seine Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt und Neutralität ausführt.

Wie erfolgt die Vergütung des Sanierungsbeauftragten und wie ist deren rechtliche Grundlage?

Die Vergütung des Sanierungsbeauftragten ist grundsätzlich durch das Gericht festzusetzen und richtet sich nicht selten nach dem tatsächlichen Umfang und Schwierigkeitsgrad der Tätigkeit. Rechtsgrundlage für die Vergütung kann § 39 StaRUG sein, der die Festlegung einer angemessenen, an den Umständen des Einzelfalls orientierten Vergütung vorsieht. Im Vergleich zu den festen Tabellenwerten der Insolvenzordnung (InsVV) besteht beim Sanierungsbeauftragten ein weiter Ermessensspielraum, der sowohl den komplexen Tätigkeiten als auch dem individuellen Aufwand Rechnung trägt. Die Vergütung ist regelmäßig als Masseverbindlichkeit aus dem Vermögen des schuldnerischen Unternehmens zu zahlen. Im Ausnahmefall kann eine abweichende Kostenverteilung vereinbart werden, wenn beispielsweise einzelne Gläubiger die Bestellung beantragt haben.

Unterliegt der Sanierungsbeauftragte einer gerichtlichen Kontrolle und wie sieht diese konkret aus?

Ja, der Sanierungsbeauftragte unterliegt einer ständigen gerichtlichen Kontrolle. Das bestellende Restrukturierungsgericht überprüft regelmäßig, ob der Beauftragte seinen Aufgaben ordnungsgemäß nachkommt. Zu diesem Zweck ist der Sanierungsbeauftragte verpflichtet, in festgelegten Intervallen Berichte über die Entwicklung des Sanierungsverfahrens, die Umsetzung des Restrukturierungsplans und etwaige Schwierigkeiten zu erstatten. Im Falle von Beanstandungen – etwa ausbleibender Berichte, unzutreffender Angaben oder offensichtlicher Pflichtverletzungen – kann das Gericht Maßnahmen bis hin zur Enthebung oder dem Austausch des Beauftragten anordnen. Die gerichtliche Kontrolle sichert die Einhaltung aller gesetzlichen Anforderungen und den Schutz der beteiligten Parteien ab.

Kann ein Sanierungsbeauftragter abberufen werden und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen ist dies möglich?

Die vorzeitige Abberufung eines Sanierungsbeauftragten ist zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund kann sich z.B. aus der Verletzung gesetzlicher Pflichten, Interessenkonflikten, mangelnder Unabhängigkeit, aber auch aus nachträglich bekannt gewordener fehlender Eignung ergeben. Die Abberufung erfolgt grundsätzlich durch das bestellende Gericht, entweder auf Antrag einer am Verfahren beteiligten Partei – insbesondere des Schuldners oder bedeutender Gläubiger – oder von Amts wegen. Die rechtlichen Maßstäbe sind hoch, da eine Abberufung regelmäßig den Ablauf des Restrukturierungsverfahrens beeinträchtigen würde. Daher prüft das Gericht genau, ob die Voraussetzungen vorliegen. Im Falle der Abberufung ist das Gericht verpflichtet, unverzüglich einen neuen, geeigneten Sanierungsbeauftragten zu bestellen, um die gesetzlich geforderte lückenlose Begleitung im laufenden Verfahren sicherzustellen.