Legal Lexikon

Saarland


Grundlegende rechtliche Stellung des Saarlandes

Das Saarland ist eines der 16 Länder der Bundesrepublik Deutschland und besitzt dementsprechend einen eigenen verfassungsrechtlichen Status. Die verfassungsrechtliche Struktur, die gesetzgeberische Kompetenz, die Organisation der Landesverwaltung sowie die historische Entwicklung des Saarlandes sind eng mit vielfältigen rechtlichen Bestimmungen auf Landes-, Bundes- und völkerrechtlicher Ebene verknüpft.

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Das Saarland ist gemäß Artikel 20 und Artikel 28 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) ein Gliedstaat der föderalen Ordnung. Seine rechtliche Grundlage findet es im Grundgesetz sowie in der Landesverfassung des Saarlandes.

Landesverfassung des Saarlandes

Am 15. Dezember 1947 wurde die Verfassung des Saarlandes (VerfSaarl) erlassen. Sie definiert Grundrechte, Staatsorgane und die Ausgestaltung der Gewaltenteilung im Saarland. Zu den obersten Verfassungsorganen zählen der Landtag, die Landesregierung und das Landesverfassungsgericht. Die Verfassung des Saarlandes ist dem Bundesrecht nachgeordnet, enthält jedoch spezifische landesrechtliche Regelungen zur Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung.

Aufnahme in die Bundesrepublik Deutschland

Das Saarland trat am 1. Januar 1957 der Bundesrepublik Deutschland als eigenständiges Land bei, auf Grundlage des Saarstatuts und des sogenannten „Saarvertrags“ (Pariser Verträge von 1954, Inkrafttreten 1957). Die rechtliche Integration wurde durch das Saarländische Beitrittsgesetz (Bundesgesetzblatt 1956 I S. 1587) umgesetzt.

Gesetzgebungskompetenzen und Rechtsordnung

Ländereigene Gesetzgebung

Gemäß Art. 70 ff. GG steht den Ländern die Gesetzgebungskompetenz überall dort zu, wo das Grundgesetz keine ausschließliche oder konkurrierende Gesetzgebung des Bundes vorsieht. Das Saarland ist damit berechtigt, in zahlreichen Bereichen, beispielsweise dem Polizei- und Ordnungsrecht, dem Schulwesen oder dem Kommunalverfassungsrecht, eigene Gesetze zu erlassen.

Umsetzung und Anwendung von Bundesgesetzen

Das Saarland ist verpflichtet, Bundesgesetze umzusetzen und anzuwenden. Die Landesbehörden führen Bundesrecht als eigene Angelegenheit aus, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt (Art. 83 GG). Hierbei gelten bundesrechtliche Vorgaben zur Organisation, Durchführung und Kontrolle der entsprechenden Verfahren.

Anwendung europäischen Rechts

Das Saarland ist als Teil des Bundes auch an das Unionsrecht der Europäischen Union gebunden. Die Durchsetzung europäischen Rechts erfolgt regelmäßig durch Mitwirkung der Landesbehörden, sofern sie mit der Verwaltung beauftragt wurden.

Verwaltung und Gerichtsbarkeit im Saarland

Aufbau der Landesverwaltung

Die Verwaltung des Saarlandes erfolgt auf Grundlage der Landesverfassung und spezifischer Landesgesetze. Die Landesregierung ist das oberste Exekutivorgan, deren Mitglieder durch den Landtag gewählt werden. Die Verwaltungen der Landkreise, Städte und Gemeinden handeln im Rahmen der ihnen durch die Verfassung und Gesetz zugewiesenen Aufgaben.

Verwaltungsgliederung

Das Saarland ist in sechs Landkreise und eine kreisfreie Stadt (Saarbrücken) gegliedert. Die Kommunalordnung des Saarlandes regelt die kommunale Selbstverwaltung und die rechtliche Organisation der Gemeinden und Landkreise.

Gerichtsbarkeit

Die Rechtsprechung im Saarland wird durch Landesgerichte ausgeübt. Neben dem Amtsgericht und Landgericht Saarbrücken gibt es ein Oberlandesgericht sowie weitere Fachgerichte. Die Gerichtsbarkeiten unterscheiden sich nach ordentlicher, verwaltungs-, arbeits-, finanz-, und sozialgerichtlicher Zuständigkeit. Oberstes Verfassungsorgan der Rechtsprechung ist das Verfassungsgerichtshof des Saarlandes.

Sonderregelungen und Staatsverträge

Finanzausgleich

Das Saarland ist Teilnehmer am Länderfinanzausgleich. Dieser regelt die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund und Ländern, um unterschiedliche Finanzkraft auszugleichen (Art. 107 GG). Aufgrund seiner besonderen Struktur als ehemaliges Montanland hat das Saarland in der Geschichte mehrfach besondere Unterstützungsleistungen erhalten.

Rundfunkstaatsverträge

Im Bereich des Medienrechts ist das Saarland an den Rundfunkstaatsverträgen der Länder beteiligt. Der Saarländische Rundfunk (SR) ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt und unterliegt spezifischen landes- und bundesrechtlichen Vorgaben.

Internationale Beziehungen

Bis zum Beitritt zur Bundesrepublik unterstand das Saarland teilweise internationalem Regime (Völkerbundsmandat, französische Besatzung). Heute steht Außenpolitik allein dem Bund zu. Dennoch wirkt das Saarland als Grenzregion zu Frankreich in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (z. B. Großregion Saar-Lor-Lux) auf Grundlage internationaler und europäischer Vereinbarungen mit.

Historische Entwicklung und rechtliche Besonderheiten

Souveränitätsübergänge

Vom Versailler Vertrag (1919), der das Saargebiet unter die Verwaltung des Völkerbundes stellte, über die Angliederung an das Deutsche Reich 1935 bis zur französischen Verwaltung nach 1945 machte das Gebiet zahlreiche völker- und verfassungsrechtliche Veränderungen durch. Der Saarstatut 1954/55 leitete schließlich die Rückkehr zur Bundesrepublik mit besonderem rechtlichen Status ein.

Saarländisches Sonderrecht

Nach dem Anschluss an die Bundesrepublik behielt das Saarland in bestimmten Bereichen Besonderheiten, sogenannte „Saarländisches Sonderrecht“. Dies betraf etwa das Zivilrecht, das zum Teil abweichende Regelungen enthielt, welche mittlerweile weitgehend an das Bundesrecht angeglichen wurden.

Währung und Wirtschaftsrecht

Das Saarland verfügte bis 1959 über eine eigene Landeswährung (Saar-Franken) mit rechtlicher Sonderregelung. Die Einführung der D-Mark schloss diesen Sonderweg ab.

Zuständigkeiten und Beteiligungsmöglichkeiten

Bürgerbeteiligung und Volksgesetzgebung

Die saarländische Verfassung sieht Instrumente unmittelbarer Demokratie vor, insbesondere Volksbegehren und Volksentscheide, wobei deren rechtliche Ausgestaltung und Durchführung durch Landesgesetz geregelt wird.

Mitgliedschaften und Mitwirkung im Bundesrat

Das Saarland ist im Bundesrat vertreten und nimmt an der Bundesgesetzgebung im Rahmen seiner Stimmenanzahl teil. Landesregierungen wirken so direkt an der Rechtsetzung des Bundes mit.

Zusammenfassung

Das Saarland zeichnet sich durch eine komplexe rechtliche Entwicklung und eine besondere Stellung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland aus. Neben der Einbindung in die föderale und europäische Rechtsordnung bestehen länderspezifische Regelungen im Bereich der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung. Die historische Entwicklung und der Souveränitätswechsel prägen bis heute zahlreiche rechtliche Besonderheiten und machen das Saarland zu einem bedeutenden rechtsstaatlichen Akteur im deutschen und europäischen Kontext.

Häufig gestellte Fragen

Welche besonderen rechtlichen Regelungen gelten im Saarland hinsichtlich Feiertagen?

Im Saarland gelten für Feiertage spezifische rechtliche Regelungen, die teilweise von denen der übrigen Bundesländer abweichen. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Regelung zu Mariä Himmelfahrt, der am 15. August als gesetzlicher Feiertag gemäß § 2 Abs. 2 des Saarländischen Feiertagsgesetzes (SFTG) in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung begangen wird. Die Bestimmung, ob eine Gemeinde als „überwiegend katholisch“ gilt, erfolgt auf Basis des örtlich gültigen konfessionellen Einwohnerverhältnisses. An gesetzlichen Feiertagen gelten nach dem Saarländischen Feiertagsgesetz strenge Arbeitsverbote, die unter anderem das Verbot gewerblicher Arbeit, das Öffnen von Verkaufsstellen sowie öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen betreffen. Ausnahmen sind im Gesetz abschließend geregelt; so dürfen beispielsweise Apotheken, Tankstellen und bestimmte gastronomische Betriebe unter bestimmten Voraussetzungen geöffnet haben. Bei Verstößen gegen das Arbeitsverbot an Feiertagen kann dies als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden, wobei Bußgelder drohen.

Wie ist die rechtliche Stellung der französischen Sprache im Saarland geregelt?

Die französische Sprache hat im Saarland eine besondere rechtliche und kulturelle Bedeutung, da das Land an Frankreich grenzt und eine enge historische Verbindung besteht. Rechtlich ist Französisch jedoch keine Amtssprache. Eine Ausnahme bildet der Bereich des bilingualen Unterrichts an Schulen: Gemäß dem Saarländischen Schulgesetz (§ 6 SSchulG) und der Strategie „FranceStratégie“, fördert das Saarland den Ausbau der französischen Sprache im Bildungssystem. In der Verwaltung hingegen existieren keine gesetzlichen Verpflichtungen zur Verwendung des Französischen, allerdings gibt es in bestimmten Bereichen, wie dem grenzüberschreitenden Verwaltungsverkehr oder in öffentlichen Bekanntmachungen, praktische Erleichterungen. Darüber hinaus bestehen Kooperationen mit französischen Behörden und Einrichtungen, welche die Verwendung der französischen Sprache begünstigen, jedoch nicht rechtsverbindlich vorschreiben.

Gibt es im Saarland landesspezifische Regelungen im Mietrecht?

Das Mietrecht in Deutschland ist grundsätzlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) bundesweit einheitlich geregelt. Im Saarland gelten insofern keine abweichenden landesspezifischen Vorschriften. Allerdings besitzt das Saarland auf Grundlage des § 556d BGB das Recht, sogenannte Mietpreisbremsen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt per Rechtsverordnung festzulegen. Hierzu wurde nach den Vorgaben des Bundesgesetzes die „Saarländische Mietpreisbegrenzungsverordnung“ erlassen, die in bestimmten Kommunen eine Obergrenze für Mieterhöhungen bei Neuvermietungen vorsieht. Darüber hinaus können die Städte und Gemeinden wohnungsspezifische Satzungen erlassen, beispielsweise über die Zweckentfremdung von Wohnraum, sofern sich eine entsprechende Rechtsgrundlage ergibt.

Wie ist das Saarland im Kontext der Justizbehörden organisiert?

Das Saarland verfügt über eine eigenständige Justizstruktur, die sich in ihrer Organisation nach Landesrecht richtet, dabei aber die Vorgaben des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) des Bundes einhält. Es existieren im Saarland ein Oberlandesgericht (OLG) mit Sitz in Saarbrücken, mehrere Landgerichte sowie Amtsgerichte, deren örtliche Zuständigkeiten durch besondere saarländische Regelungen festgelegt sind. Die Staatsanwaltschaften sowie die Verwaltungs-, Sozial- und Arbeitsgerichte sind ebenfalls landesspezifisch organisiert. Das Justizministerium des Saarlandes ist oberste Dienstbehörde der saarländischen Justiz und für die Verwaltung, Organisation und Überwachung der Gerichte zuständig. Entscheidungen des Saarländischen Verfassungsgerichts hinsichtlich der Landesverfassung haben besondere Bedeutung, da sie grundlegende Auskünfte über die Auslegung des Landesrechts geben.

Unter welchen Voraussetzungen kann im Saarland kommunales Wahlrecht ausgeübt werden?

Das kommunale Wahlrecht im Saarland wird durch die Landeswahlgesetze und die Kommunalwahlordnung geregelt. Wahlberechtigt sind alle Deutschen sowie Bürgerinnen und Bürger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, sofern sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens drei Monaten im Saarland ihren Wohnsitz haben und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind (§ 7 SWahlG). Zudem besteht die Möglichkeit, bei Vorliegen besonderer Gründe eine Briefwahl zu beantragen, was gelegentlich landesspezifischen Regelungen unterliegt, etwa in Bezug auf die Fristen und die Handhabung der Wahlscheine. Für Kommunalwahlen gelten zudem besondere Bestimmungen hinsichtlich der Kandidatenaufstellung und Wahlvorschläge, welche durch das saarländische Kommunalwahlgesetz (KWG SL) näher ausgestaltet werden. Die Durchführung der Wahl und die Feststellung des Ergebnisses unterliegt den saarländischen Kommunalbehörden und ist in entsprechenden Verwaltungsvorschriften geregelt.

Welche besonderen Jugend- und Kinderrechte gelten im Saarland?

Im Saarland gelten die bundesrechtlichen Regelungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) in vollem Umfang. Darüber hinaus hat das Saarland eigene Ausführungsgesetze und Richtlinien erlassen, die die Organisation und Förderung von Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen steuern. Besondere Beachtung findet dabei das Saarländische Ausführungsgesetz zum SGB VIII, das Details zur Zuständigkeit der Jugendämter und Verfahrensabläufe bei der Erbringung von Jugendhilfeleistungen regelt. Im Bereich des Kinderschutzes existieren spezielle Kooperationsvereinbarungen zwischen den Behörden, Gerichten und Freien Trägern, um schnelle und effiziente Hilfsangebote zu sichern. Die Beteiligung und das Beschwerderecht von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Jugendhilfe sind durch zusätzliche landesrechtliche Vorschriften gestärkt worden.

Gibt es im Saarland besondere Bestimmungen beim Polizeirecht?

Das Polizeirecht im Saarland ist in erster Linie im Saarländischen Polizeigesetz (SPolG) geregelt. Es enthält besondere Vorschriften, etwa zur Videoüberwachung öffentlicher Plätze, zur Anwendung technischer Mittel bei der Gefahrenabwehr sowie zu Regelungen rund um den Einsatz von Bodycams. Im Ländervergleich wählt das Saarland teils restriktivere Formen der Datenspeicherung, etwa beim Zugriff auf Telekommunikationsdaten, was im Rahmen landesrechtlicher Datenschutzvorschriften geregelt wird. Das SPolG regelt zudem dezidiert die Zuständigkeiten von Landes- und Ortspolizeibehörden sowie deren Zusammenarbeit mit den Grenzschutzbehörden aufgrund der Lage an Frankreich. Der Polizeivollzug unterliegt landeseigenen Ausbildungs- und Fortbildungsregelungen, welche sich am saarländischen Beamtenrecht orientieren.

Wie ist die rechtliche Regelung zu Denkmalschutz im Saarland?

Der Denkmalschutz im Saarland ist durch das Saarländische Denkmalschutzgesetz (SDenkG) geregelt. Dieses Gesetz ordnet die Erfassung, Erhaltung, Pflege, Nutzung und den Schutz von Kulturdenkmalen im Saarland. Die Untere Denkmalschutzbehörde, meist auf Ebene der Landkreise oder der Landeshauptstadt Saarbrücken angesiedelt, ist für die Durchführung der gesetzlichen Vorgaben verantwortlich. Bau- oder Nutzungsmaßnahmen an einem denkmalgeschützten Objekt bedürfen einer Genehmigung, deren Voraussetzungen im SDenkG klar definiert sind. Eingriffe in den Bestand oder das Erscheinungsbild eines Denkmals können unter bestimmten Umständen als Ordnungswidrigkeit verfolgt und geahndet werden. Zudem sieht das Landesrecht Fördermöglichkeiten zur Erhaltung von Kulturdenkmalen vor, wobei Anträge und Bewilligungen detailliert geregelt sind. Im Einzelfall können zudem rechtliche Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten des Saarlandes ausgetragen werden.