Begriff und Bedeutung der Richterbestechung
Richterbestechung bezeichnet die unzulässige Einflussnahme auf richterliche Entscheidungen durch Zuwendungen. Erfasst ist sowohl das Anbieten, Versprechen oder Gewähren von Vorteilen, um eine bestimmte gerichtliche Handlung zu erlangen, als auch das Fordern, Sich-versprechen-lassen oder Annehmen solcher Vorteile durch Richterinnen und Richter. Geschützt wird die Unabhängigkeit der Gerichte und das Vertrauen der Allgemeinheit in eine unparteiische Rechtspflege.
Voraussetzung ist stets ein Bezug zu einer konkreten richterlichen Tätigkeit, etwa der Entscheidung in einem Verfahren, einer Anordnung oder einer sonstigen verfahrensbezogenen Maßnahme. Maßgeblich ist eine unzulässige Verknüpfung zwischen Vorteil und Amtshandlung. Diese kann ausdrücklich vereinbart oder stillschweigend erwartet werden.
Abgrenzung und Systematik
Aktive und passive Richterbestechung
Aktiv handelt, wer einer Richterin oder einem Richter einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, um eine bestimmte richterliche Handlung zu beeinflussen. Passiv handelt, wer als Richterin oder Richter einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, um im Gegenzug eine Handlung vorzunehmen, zu unterlassen oder pflichtwidrig zu gestalten.
Vorteilsannahme ohne konkrete Gegenleistung
Von der Bestechung ist die Annahme oder Gewährung von Vorteilen ohne Bezug zu einer konkreten Amtshandlung abzugrenzen. Bereits solche Zuwendungen können unzulässig sein, weil sie die Unabhängigkeit und Unbefangenheit gefährden oder den Anschein der Parteilichkeit erwecken. Für die Einstufung als Bestechung ist jedoch der konkrete Zusammenhang mit einer richterlichen Tätigkeit ausschlaggebend.
Direkte und indirekte Einflussnahme
Unzulässige Vorteile können direkt an die Richterperson fließen oder indirekt über Dritte, etwa Familienangehörige, Vermittler oder Unternehmen. Auch künftige Vorteile, wie etwa berufliche Chancen nach Ende des Richteramtes, können erfasst sein, wenn sie mit einer konkreten richterlichen Handlung verknüpft werden.
Tatbestandliche Voraussetzungen
Täter- und Beteiligtenkreis
Betroffen sein können alle Personen, die versuchen, richterliche Entscheidungen zu beeinflussen, sowie Richterinnen und Richter, die sich auf eine unzulässige Verknüpfung von Vorteil und Amtshandlung einlassen. Ebenfalls erfasst sind Mittelsleute, Anstifter und Gehilfen, die Zuwendungen vermitteln oder Einflussnahmen koordinieren.
Vorteile und Gegenleistungen
Als Vorteil gilt jede Zuwendung, auf die kein rechtlich begründeter Anspruch besteht und die die materielle oder immaterielle Lage der begünstigten Person verbessert. Dazu zählen insbesondere Geld, Geschenke, Einladungen, Dienstleistungen, Rabatte, Reiseleistungen, die Übernahme von Kosten, Sachleistungen sowie berufliche oder wirtschaftliche Vergünstigungen. Entscheidend ist, dass der Vorteil in Zusammenhang mit einer konkreten richterlichen Handlung steht.
Unrechtsvereinbarung und Verfahrensbezug
Die unzulässige Verknüpfung zwischen Vorteil und richterlicher Tätigkeit kann ausdrücklich oder konkludent zustande kommen. Es genügt, dass nach den Umständen für beide Seiten erkennbar ist, dass die Zuwendung auf eine bestimmte Entscheidung, eine Verfahrensförderung, eine Verzögerung oder ein Unterlassen zielt.
Versuch und Vorbereitung
Bereits das Angebot oder die Aufforderung, einen Vorteil im Gegenzug für eine richterliche Handlung zu geben oder zu erhalten, kann rechtlich relevant sein. Ein tatsächlicher Einfluss auf die Entscheidung muss nicht eingetreten sein. Auch das Einbinden von Dritten oder das Verschleiern von Zahlungsflüssen ändert nichts an der Bewertung.
Rechtsfolgen
Strafrechtliche Sanktionen
Richterbestechung ist ein besonders schwerwiegender Korruptionssachverhalt. Es drohen empfindliche Freiheitsstrafen oder Geldstrafen. In besonders gravierenden Konstellationen, etwa bei systematischem Vorgehen, erheblichem Vorteil oder nachhaltiger Störung der Rechtspflege, sind deutlich erhöhte Strafen möglich. Eintragungen im Strafregister und berufsbezogene Folgen können sich anschließen.
Vermögensabschöpfung
Vorteile und daraus resultierende Gewinne können eingezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn die Zuwendungen über Dritte geflossen sind oder in Vermögenswerte umgewandelt wurden. Ziel ist es, rechtswidrige Bereicherungen zu neutralisieren.
Dienst- und berufsrechtliche Konsequenzen
Für Richterinnen und Richter kommen neben strafrechtlichen Sanktionen disziplinarische Maßnahmen in Betracht, bis hin zur Entfernung aus dem Dienst und Auswirkungen auf Versorgungsansprüche. Für andere Beteiligte können Tätigkeits- oder Berufsverbote angeordnet werden, wenn die Tat im Zusammenhang mit der beruflichen Ausübung steht.
Auswirkungen auf Gerichtsverfahren
Wird eine unzulässige Einflussnahme festgestellt, kann dies zur Aufhebung, Änderung oder Wiederaufnahme gerichtlicher Entscheidungen führen, sofern die Bestechung auf den konkreten Verfahrensausgang Einfluss hatte oder geeignet war, diesen zu beeinflussen. Bereits der Anschein der Befangenheit kann verfahrensrechtliche Folgen haben.
Beweis und Aufdeckung
Beweismittel und Indizien
Häufig stützen sich Ermittlungen auf Kommunikationsdaten, Zahlungsflüsse, Dokumente, Zeugenaussagen und sonstige Indizien. Ungewöhnliche Kontobewegungen, verschleierte Zuwendungswege oder auffällige Kontakte können Hinweise sein, bedürfen aber stets einer Gesamtwürdigung.
Ermittlungsmaßnahmen
Zur Aufklärung kommen offene und verdeckte Ermittlungsmaßnahmen in Betracht. Bei komplexen Strukturen werden vielfach wirtschaftskriminologische Methoden, Auswertungen von Datenbeständen und internationale Kooperationen eingesetzt. Aussagen Beteiligter können eine besondere Rolle spielen.
Verjährung
Aufgrund der Schwere der Tat gelten lange Verjährungsfristen. Der Fristbeginn und mögliche Unterbrechungen hängen vom konkreten Verlauf der Tat und verfahrensrechtlichen Maßnahmen ab.
Abgrenzungen und verwandte Sachverhalte
Zulässige Kontakte und gesellschaftliche Gepflogenheiten
Neutrale, verfahrensunabhängige Kontakte sind nicht per se unzulässig. Im richterlichen Umfeld gelten jedoch besonders strenge Maßstäbe: Selbst scheinbar geringfügige Zuwendungen können problematisch sein, wenn sie den Anschein mangelnder Neutralität erwecken oder in einer Situation erfolgen, in der eine richterliche Entscheidung betroffen ist.
Einflussnahme auf andere Amtsträger
Auch die Bestechung anderer hoheitlich tätiger Personen ist verboten. Für Richterinnen und Richter gelten wegen der eigenständigen Stellung der Rechtsprechung besonders strenge Anforderungen an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.
Lobbying und zulässige Interessenvertretung
Legitime Interessenvertretung findet gegenüber der Rechtsprechung keine Entsprechung, weil Gerichte nur an Recht und Gesetz gebunden sind. Jede auf den Inhalt einer konkreten richterlichen Entscheidung gerichtete Zuwendung ist unzulässig.
Internationale Bezüge
Die Bekämpfung von Korruption ist international abgestimmt. Grenzüberschreitende Konstellationen, etwa Vorteile aus dem Ausland oder ausländische Beteiligte, erfordern regelmäßige Zusammenarbeit von Behörden. Maßgeblich ist die Bewertung nach dem anwendbaren Recht am Ort der richterlichen Tätigkeit, ergänzt um internationale Standards.
Häufig gestellte Fragen zu Richterbestechung
Was zählt als Vorteil im Zusammenhang mit Richterbestechung?
Als Vorteil gilt jede Zuwendung ohne rechtlichen Anspruch, die die Lage der begünstigten Person verbessert. Dazu zählen Geld, Geschenke, Einladungen, Reisen, Dienstleistungen, Rabatte, die Übernahme von Kosten sowie berufliche oder wirtschaftliche Vergünstigungen. Entscheidend ist der konkrete Bezug zu einer richterlichen Handlung.
Ist schon das bloße Angebot einer Zuwendung strafbar?
Bereits das Anbieten oder Versprechen eines Vorteils, um eine bestimmte richterliche Handlung zu beeinflussen, kann sanktioniert werden. Es ist nicht erforderlich, dass die Zuwendung tatsächlich fließt oder die Entscheidung bereits beeinflusst wurde.
Muss die richterliche Entscheidung tatsächlich beeinflusst worden sein?
Eine tatsächliche Beeinflussung ist nicht zwingend. Ausreichend ist, dass der Vorteil mit dem Ziel oder der Erwartung verknüpft wird, eine konkrete richterliche Handlung zu beeinflussen. Der Versuch kann ausreichen.
Sind auch Prozessbeteiligte oder deren Vertreter betroffen?
Ja. Betroffen sein können alle, die unzulässige Zuwendungen anbieten, vermitteln oder entgegennehmen. Dazu zählen auch Parteien, deren rechtliche Vertreter und sonstige Dritte, die Einfluss nehmen oder als Mittelsleute auftreten.
Welche Folgen hat festgestellte Richterbestechung für ein bereits ergangenes Urteil?
Wird eine unzulässige Einflussnahme festgestellt, kann dies verfahrensrechtliche Konsequenzen haben, etwa die Aufhebung, Änderung oder Wiederaufnahme, sofern der Einfluss geeignet war, den Ausgang zu beeinflussen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.
Gibt es eine Verjährung bei Richterbestechung?
Ja. Für diesen schweren Sachverhalt gelten lange Verjährungsfristen. Beginn und Unterbrechungen richten sich nach dem Verlauf der Tat und den verfahrensrechtlichen Entwicklungen.
Wie wird verdeckte Einflussnahme über Dritte bewertet?
Zuwendungen über Dritte sind rechtlich wie direkte Zuwendungen zu behandeln, wenn sie inhaltlich auf eine konkrete richterliche Handlung zielen. Vermittler, Anstifter und Gehilfen können ebenfalls verantwortlich sein.