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Revisionsantrag, -begründung, -grund


Revisionsantrag, Revisionsbegründung, Revisionsgrund – Begriff, Bedeutung und rechtliche Ausgestaltung

Begriffserklärung

Der Begriff Revisionsantrag, Revisionsbegründung und Revisionsgrund beschreibt zentrale Elemente im Rahmen des Revisionsverfahrens vor deutschen Gerichten, insbesondere im Zivilprozess, Strafprozess und Verwaltungsprozess. Unter einer Revision versteht man die Überprüfung eines Urteils einer Vorinstanz durch ein höheres Gericht auf Rechtsfehler. Die Revision ist damit ein Rechtsmittel, das primär auf die Kontrolle der Rechtsanwendung und nicht auf die Tatsachenfeststellung abzielt.

Die Zulässigkeit und Ausgestaltung der Revision ist in verschiedenen Rechtsgebieten geregelt, insbesondere in der Zivilprozessordnung (ZPO), der Strafprozessordnung (StPO) und der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).


Revisionsantrag

Definition und Funktion

Der Revisionsantrag ist das prozessuale Begehren der Partei im Revisionsverfahren. Er bestimmt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel die angefochtene Gerichtsentscheidung überprüft werden soll. Der Antrag bildet den Rahmen, innerhalb dessen das Revisionsgericht tätig werden kann.

Gesetzliche Grundlage

  • Zivilverfahren: § 551 Abs. 1 ZPO
  • Strafverfahren: § 344 Abs. 1 StPO
  • Verwaltungsverfahren: § 139 Abs. 1 VwGO

Anforderungen an den Revisionsantrag

Der Revisionsantrag muss hinreichend bestimmt sein und klar erkennen lassen, welchen Teil der Entscheidung die antragstellende Partei überprüfen lassen möchte. Regelmäßig wird ein Urteil ganz oder teilweise angefochten und dessen Aufhebung sowie Rückverweisung oder Abänderung beantragt.

Beispiel – Zivilprozess (§ 551 Abs. 1 ZPO):
Der Antrag muss darauf gerichtet sein, das angefochtene Urteil ganz oder zum Teil aufzuheben. Eine bloße Beanstandung der Rechtslage ohne konkretes Begehren reicht nicht aus.


Revisionsbegründung

Begriff und Zweck

Die Revisionsbegründung ist die inhaltliche Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung. Hier werden die Angriffsgründe dargestellt, aus denen sich die behaupteten Rechtsfehler des vorinstanzlichen Urteils ergeben. Die Begründung dient dazu, das Revisionsgericht in die Lage zu versetzen, die geltend gemachten Rechtsverstöße nachvollziehen und überprüfen zu können.

Gesetzliche Anforderungen

  • Zivilprozess: § 551 Abs. 3 ZPO
  • Strafprozess: § 344 Abs. 2 StPO
  • Verwaltungsprozess: § 139 Abs. 3 VwGO

Die Revisionsbegründung muss die Tatsachen und Rechtsfragen, mit denen das Urteil angegriffen wird, bezeichnen und konkret darlegen. Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Begründung führt regelmäßig zur Unzulässigkeit der Revision.

Form und Frist

Die Begründung der Revision muss innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist erfolgen. Im Zivilprozess beträgt die Frist einen Monat ab Zustellung des Urteils (§ 551 Abs. 2 ZPO), im Strafprozess ebenfalls einen Monat nach Ablauf der Revisionsantragsfrist (§ 345 Abs. 1 StPO), im Verwaltungsprozess einen Monat nach Zustellung des Urteils (§ 139 Abs. 1 und 3 VwGO). Die Revisionsbegründung bedarf der Schriftform oder kann in elektronischer Form eingereicht werden.


Revisionsgrund

Definition

Der Revisionsgrund ist der im Rahmen der Begründung vorgetragene Fehler, auf den sich die Revision stützt. Die Revisionsgründe betreffen grundsätzlich Verletzungen von Bundesrecht, Verfahrensrecht oder materiellen Recht.

Arten von Revisionsgründen

Im deutschen Rechtssystem sind die Revisionsgründe abschließend geregelt. Sie lassen sich in folgende Hauptkategorien unterteilen:

1. Sachliche Rechtsverletzungen (materiell-rechtliche Fehler)

Hierbei wird geltend gemacht, dass das erstinstanzliche Urteil auf einer fehlerhaften Anwendung oder Auslegung von Gesetzen beruht. Dies kann etwa die fehlerhafte Bewertung von Normen, die unzutreffende Subsumtion oder das Übersehen einschlägiger Vorschriften sein.

2. Verfahrensfehler (formelle Rechtsverletzungen)

Ein Verfahrensfehler liegt vor, wenn das Gericht gegen Vorschriften des Verfahrensrechts verstoßen hat, die für einen ordnungsgemäßen Prozess erforderlich sind. Dazu zählen unter anderem Verstöße gegen die rechtliche Gehörsgewährung (Art. 103 GG), Besetzungsrügen, fehlerhafte Beweisaufnahme oder unzulässige Entscheidungserwägungen.

3. Sonstige spezifische Revisionsgründe

Das Gesetz sieht darüber hinaus in bestimmten Bereichen Spezialtatbestände vor, etwa in der Strafprozessordnung (§ 337 StPO: Verletzung des Gesetzes durch das Urteil) oder in der Zivilprozessordnung (§ 547 ZPO: Absolute Revisionsgründe, wie etwa das Vorliegen eines nicht vorschriftsmäßigen Gerichts).

Typische Beispiele für Revisionsgründe

  • Fehlende oder fehlerhafte Beweiswürdigung
  • Verstoß gegen Vorschriften zur Rechtsmittelbelehrung
  • Nichtöffentliche Verhandlung ohne gesetzlichen Grund
  • Unzutreffende Normauslegung
  • Nichtbeachtung bindender gerichtlicher Vorgaben

Prozessuale Bedeutung und Ablauf des Revisionsverfahrens

Die Einlegung einer Revision setzt zwingend einen zulässigen Revisionsantrag, eine fristgerecht eingereichte und formell ordnungsgemäße Revisionsbegründung sowie das Bestehen eines (mindestens plausiblen) Revisionsgrundes voraus. Das Revisionsgericht ist an den Rahmen des Antrags und der Begründung gebunden und überprüft ausschließlich die gerügten Rechtsfehler.

Im Unterschied zur Berufung findet im Revisionsverfahren in der Regel keine Tatsachenfeststellung mehr statt. Das Verfahren ist darauf beschränkt, ob das angegriffene Urteil auf einem Rechtsfehler beruht und ob dieser Fehler für die Entscheidung wesentlich war.

Kommt das Revisionsgericht zu dem Schluss, dass ein beachtlicher Revisionsgrund vorliegt, hebt es das Urteil ganz oder teilweise auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Ausgangsgericht zurück oder entscheidet in Ausnahmefällen selbst in der Sache.


Übersicht der wichtigsten Vorschriften

| Verfahren | Gesetzliche Grundlage | Vorschriften |
|————————-|———————-|——————-|
| Zivilverfahren | ZPO | §§ 551, 552, 547 |
| Strafverfahren | StPO | §§ 339, 344, 345, 337 |
| Verwaltungsverfahren | VwGO | §§ 132, 139 |


Bedeutung in der Rechtsordnung

Der Revisionsantrag, die Revisionsbegründung und der Revisionsgrund stellen prozessuale Mindestanforderungen für die Durchführung eines Revisionsverfahrens dar. Sie gewährleisten die gezielte Nachprüfung gerichtlicher Entscheidungen durch die höheren Instanzen und sichern damit die einheitliche Auslegung und Anwendung des Rechts. Das Erfordernis der präzisen Antragstellung und Begründung schützt zudem das Revisionsgericht vor einer umfassenden Überprüfung „ins Blaue hinein“ und konzentriert das Verfahren auf die tatsächlich erheblichen Rechtsfragen.


Literatur und weiterführende Links


Fazit:
Revisionsantrag, Revisionsbegründung und Revisionsgrund sind tragende Säulen des Revisionsverfahrens nach deutschem Verfahrensrecht. Ihre genaue Kenntnis und Beachtung sind wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Wahrnehmung des Rechtsmittels der Revision. Sie dienen der Rechtskontrolle gerichtlicher Entscheidungen und tragen maßgeblich zur Sicherung des Rechtsstaatsprinzips bei.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist berechtigt, einen Revisionsantrag zu stellen?

Einen Revisionsantrag im rechtlichen Sinne kann in erster Linie die Partei stellen, die durch das Urteil eines Gerichts beschwert ist. Im Strafprozess ist dies in der Regel der Angeklagte, die Staatsanwaltschaft oder in bestimmten Fällen auch Nebenkläger. Im Zivilprozess können grundsätzlich die im Rechtszug beteiligten Parteien Revision gegen ein Urteil einlegen, sofern gesetzlich zugelassen. Die Berechtigung zur Revision und der hierfür notwendige Beschwerdewert richten sich nach den jeweiligen verfahrensrechtlichen Vorschriften, wie etwa den §§ 333 ff., 542 ff. ZPO im Zivilverfahren oder §§ 333 ff. StPO im Strafverfahren. Es ist zu beachten, dass die Revision innerhalb einer gesetzlich bestimmten Frist eingelegt werden muss. Häufig ist auch die ausdrückliche Zulassung der Revision durch das Ausgangsgericht Voraussetzung, sofern nicht kraft Gesetzes die Revision unabhängig davon eröffnet ist.

Welche Formerfordernisse bestehen für die Einlegung und Begründung eines Revisionsantrags?

Die Einlegung der Revision erfordert gemäß den maßgeblichen Prozessordnungen die schriftliche Form. Das Revisionsbegehren muss innerhalb einer festgelegten Frist beim zuständigen Revisionsgericht eingereicht werden. Im Strafprozess nach § 341 StPO ist hierfür eine Frist von einer Woche vorgesehen; im Zivilverfahren ergibt sich die Frist aus § 548 ZPO und beträgt grundsätzlich einen Monat. Die Revisionsbegründung hingegen, die die näheren Gründe für die angegriffenen Rechtsfehler enthalten muss, ist ebenfalls schriftlich einzureichen und unterliegt in der Regel einer eigenen Begründungsfrist, die häufig auf zwei Monate ab Urteilszustellung festgelegt ist, etwa nach § 345 I StPO. Beiden Erklärungen muss von einem Rechtsanwalt oder Verteidiger abgefasst und unterzeichnet werden, sofern Anwaltszwang besteht, wie es bei den oberen Gerichten der Fall ist.

Welche typischen Revisionsgründe werden anerkannt?

Im Revisionsverfahren wird grundsätzlich nur die richtige Anwendung des Rechts durch das angegriffene Urteil überprüft. Typische Revisionsgründe sind daher Verfahrensfehler, die das Urteil beeinflusst haben könnten, sowie Rechtsfehler bei der Anwendung materiellen oder formellen Rechts. Dazu zählt beispielsweise die Verletzung rechtlichen Gehörs, fehlerhafte Beweiswürdigung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, Überschreitung oder Unterschreitung des Antragsumfanges durch das Gericht (Ultrapetition oder Subpetition), fehlerhafte Anwendung von Vorschriften zur Beweisaufnahme, Befangenheitsverstöße sowie unzutreffende Auslegung oder Anwendung von Gesetzesnormen. Die Revision stellt dabei kein neues Tatsachenverfahren dar, sondern prüft lediglich, ob das Gericht in rechtlicher Hinsicht korrekt entschieden hat.

Was muss eine Revisionsbegründung enthalten?

Die Revisionsbegründung muss die konkrete Bezeichnung des angefochtenen Urteils, die Darstellung des Entscheidungssachverhalts in den für die Überprüfung relevanten Umfang und die genaue Angabe der gerügten Rechtsverstöße enthalten. Dies bedeutet, dass in der Begründung speziell aufzuschlüsseln ist, in welchem konkreten Punkt und aus welchem rechtlichen Grund der Antragsteller das Urteil für fehlerhaft hält. Es sind insbesondere sämtliche behaupteten Verletzungen von Gesetzesvorschriften und Verfahrensnormen substantiiert darzustellen, da das Revisionsgericht in seiner Prüfung hieran gebunden ist (sog. Bindungswirkung an den Revisionsvortrag). Es reicht nicht aus, pauschale oder allgemein gehaltene Beanstandungen zu formulieren; erforderlich ist vielmehr eine detaillierte, nachvollziehbare Darstellung der angeblichen Rechtsfehler, gegebenenfalls mit Hinweisen auf die Verfahrensakte oder auf die Urteilsgründe selbst.

Wie unterscheiden sich die Revision vom Berufungsverfahren im Hinblick auf Antrags- und Begründungsanforderungen?

Der wesentliche Unterschied liegt im Prüfungsumfang und in den Anforderungen an Antrag und Begründung: Während im Berufungsverfahren sowohl Tatsachen- als auch Rechtsfragen überprüft werden und damit das Verfahren im Rahmen der Berufungsbegründung nochmals grundsätzlich neu aufgerollt werden kann, beschränkt sich die Revision ausschließlich auf die rechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils. Die Revisionsbegründung muss sich daher gezielt auf Rechtsfehler oder Verfahrensfehler beziehen, Wiederholungen von Tatsachenvortrag reichen nicht aus. Die Anforderungen an die Ausgestaltung der Revisionsanträge und die formale Ausarbeitung der Begründung sind damit besonders hoch und dienen der Sicherung einer präzisen rechtlichen Kontrolle durch das Revisionsgericht.

Kann nachträglich ein neuer Revisionsgrund vorgebracht werden?

Nach § 345 II StPO bzw. der analogen Vorschrift in der ZPO dürfen neue Revisionsgründe grundsätzlich nur innerhalb der Revisionsbegründungsfrist vorgebracht werden. Nach Ablauf dieser Frist sind neue Angriffe nicht mehr zulässig, es sei denn, es handelt sich um offenkundige schwerwiegende Rechtsverstöße, die das Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen hat (sog. absolute Revisionsgründe, etwa bei Verletzung des rechtlichen Gehörs, der Öffentlichkeitspflicht, etc.). Die Fristbindung dient der Verfahrensbeschleunigung und Rechtssicherheit und schließt ausgedehnte Nachbesserungen der Revisionsvorträge im laufenden Revisionsverfahren grundsätzlich aus.

Welche Folgen hat ein unzureichend begründeter Revisionsantrag?

Ein unzureichend begründeter Revisionsantrag führt in der Regel zur Verwerfung der Revision als unzulässig durch das Revisionsgericht. Die gesetzlichen Anforderungen an die Revisionsbegründung dienen unter anderem dazu, das Revisionsgericht gezielt auf konkrete Rechtsfragen hinzuweisen und eine effektive, sachgerechte Überprüfung zu ermöglichen. Wird der Begründungsanforderung nicht ausreichend nachgekommen – etwa durch fehlende Angabe von Revisionsgründen oder durch nur pauschale Beanstandungen – kann das Gericht die Revision bereits im Zwischenverfahren ohne weiteres in der Sache ablehnen und damit das angefochtene Urteil rechtskräftig werden lassen. Nur in Ausnahmefällen, z.B. wenn absolute Revisionsgründe von Amts wegen vorliegen, kann das Revisionsgericht dennoch eine inhaltliche Prüfung vornehmen.