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Repressivwirkung der Strafe

Repressivwirkung der Strafe: Bedeutung und Einordnung

Die Repressivwirkung der Strafe bezeichnet den belastenden, spürbar nachteiligen Teil einer staatlichen Sanktion, der als Reaktion auf begangenes Unrecht verhängt wird. Sie ist rückwärtsgewandt: Im Mittelpunkt steht die schuldhafte Tat in der Vergangenheit und die daraus folgende gesellschaftliche Missbilligung. Die Strafe soll ein Übel zufügen, das die Rechtsordnung als gerechte Antwort auf das Unrecht ansieht.

Damit grenzt sich die Repressivwirkung von vorwärtsgerichteten Zwecken ab. Präventive Zwecke zielen darauf, künftige Rechtsverstöße zu verhindern, sei es durch Abschreckung der Allgemeinheit (Generalprävention) oder durch Einfluss auf die einzelne Person (Spezialprävention). In der Praxis wirken repressive und präventive Elemente häufig zusammen, die Repressivwirkung bleibt jedoch der Kern dessen, was eine Strafe ausmacht.

Ziele und Funktionen der Repressivwirkung

Sühne und gesellschaftliche Missbilligung

Die Repressivwirkung konkretisiert die staatliche Missbilligung des Unrechts. Sie bringt zum Ausdruck, dass ein Rechtsbruch nicht folgenlos bleibt. Dieser Sühnegedanke dient der Anerkennung der verletzten Norm und dem Ausgleich des begangenen Unrechts gegenüber der Rechtsgemeinschaft.

Gerechtigkeitsausgleich

Die Strafe soll in einem gerechten Verhältnis zur Schuld stehen. Die Repressivwirkung trägt dazu bei, ein als gerecht empfundenes Gleichgewicht wiederherzustellen. Sie ist damit auch ein Instrument, das Vertrauen der Bevölkerung in die Geltung der Rechtsordnung zu sichern.

Abgrenzung zur Prävention

Während Repression auf Vergeltung beziehungsweise Sühne für vergangenes Unrecht zielt, geht Prävention darüber hinaus und richtet den Blick auf die Zukunft. Beide Zwecke können sich überschneiden. Dennoch bleibt die Repressivwirkung das definierende Merkmal der Strafe, das sie rechtlich von rein präventiven Maßnahmen unterscheidet.

Schuldprinzip und Verhältnismäßigkeit

Die Repressivwirkung ist an die individuelle Schuld gebunden und darf diese nicht übersteigen. Zudem muss sie verhältnismäßig sein: Schwere und Dauer der Strafe müssen im angemessenen Verhältnis zur Tat und zur persönlichen Verantwortlichkeit stehen. Menschenwürde und humane Behandlung setzen äußere Grenzen.

Erscheinungsformen der Repressivwirkung

Freiheitsstrafe

Der Freiheitsentzug wirkt unmittelbar repressiv, indem er die persönliche Freiheit beschränkt. Die Repressivwirkung ergibt sich aus der Trennung von der gewohnten Lebensführung, von sozialen Kontakten und der Auferlegung einer reglementierten Lebensweise.

Geldstrafe

Auch die Geldstrafe hat eine deutliche Repressivwirkung, weil sie wirtschaftlich belastet. Sie trifft regelmäßig die Handlungsfreiheit im Vermögensbereich und dokumentiert zugleich die Missbilligung des Unrechts.

Zusätzliche Rechtsfolgen

Neben der Hauptstrafe können weitere belastende Rechtsfolgen hinzutreten, die ebenfalls repressiv wirken, etwa das zeitweise Verbot bestimmter Tätigkeiten. Nicht jede staatliche Reaktion ist jedoch Strafe: Es gibt eigenständige Maßnahmen mit vorrangig präventiver Ausrichtung, die rechtlich von der Strafe abzugrenzen sind.

Eintragung und soziale Folgen

Strafen können Registereintragungen nach sich ziehen und dadurch Folgewirkungen entfalten, beispielsweise bei Bewerbungen oder Genehmigungen. Diese Folgen liegen zwar außerhalb des eigentlichen Strafzwecks, verstärken aber faktisch die belastende Wirkung der Strafe.

Abgrenzungen und Grenzen

Keine Strafe ohne Schuld

Repression setzt persönliche Verantwortlichkeit voraus. Die Repressivwirkung darf nur gegenüber Personen angeordnet werden, denen das Unrecht individuell zugerechnet werden kann.

Verhältnismäßigkeit und Übermaßverbot

Die Strafe muss in Intensität und Dauer angemessen sein. Eine überzogene Repressivwirkung verletzt grundlegende rechtsstaatliche Maßstäbe.

Schutz vor mehrfacher Sanktionierung

Ein und dieselbe Tat soll grundsätzlich nicht mehrfach repressiv sanktioniert werden. Dieses Prinzip dient Rechtssicherheit und Fairness.

Menschenwürde und humane Behandlung

Die Repressivwirkung darf nicht in unmenschlicher Behandlung oder entwürdigenden Sanktionen bestehen. Der Staat ist an den Schutz der Persönlichkeit und die Achtung der Würde gebunden.

Repressivwirkung im Jugendstrafrecht

Im Jugendbereich steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Dennoch kann auch dort eine repressive Komponente vorkommen, etwa durch spürbare Folgen bei gravierenden Taten. Insgesamt fällt die Gewichtung stärker auf Förderung und Unterstützung, um künftige Rechtsbrüche zu vermeiden; die Repressivwirkung ist begrenzt und auf pädagogische Zielsetzungen abgestimmt.

Repressivwirkung in Abgrenzung zum Ordnungswidrigkeitenrecht

Verstöße, die keine Straftaten sind, werden oft mit Bußgeldern geahndet. Diese besitzen einen pönalen Charakter und wirken belastend, gelten aber nicht als Strafen im engeren strafrechtlichen Sinn. Die Repressivwirkung im weiteren Verständnis ist erkennbar, die rechtliche Einordnung unterscheidet sich jedoch deutlich.

Vollzug und Repressivwirkung

Im Vollzug tritt die Repressivwirkung als konkrete Einschränkung von Freiheit und Lebensgestaltung hervor. Gleichzeitig verfolgt der Vollzug das Ziel der Wiedereingliederung. Lockerungen, Behandlungsangebote und soziale Hilfen mindern nicht den repressiven Charakter der Strafe, ordnen ihn aber in ein Gesamtkonzept ein, das die Rückkehr in ein straffreies Leben ermöglichen soll.

Kritik und kriminalpolitische Diskussion

Über Umfang und Gewicht der Repressivwirkung wird fortlaufend diskutiert. Ein stärker vergeltungsorientiertes Verständnis betont die Notwendigkeit spürbarer Sanktionen, um Gerechtigkeit zu verwirklichen. Präventionsorientierte Ansätze heben die Wirksamkeit alternativer Reaktionen hervor, die weniger auf Strenge als auf Verhaltensänderung setzen. In der Praxis sucht die Rechtsordnung einen Ausgleich, der sowohl Gerechtigkeit als auch Sicherheit und Resozialisierung berücksichtigt.

Internationale Perspektiven

Rechtsordnungen setzen unterschiedliche Akzente. Manche betonen Vergeltung, andere legen mehr Gewicht auf Prävention und Resozialisierung. Gemeinsamer Kern ist, dass Strafen ein gesellschaftlich missbilligtes Verhalten sanktionieren und dabei Grenzen durch Menschenwürde, Schuldprinzip und Angemessenheit beachten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Repressivwirkung der Strafe?

Sie bezeichnet die belastende, spürbar nachteilige Wirkung einer Strafe als Reaktion auf begangenes Unrecht. Im Vordergrund steht die gesellschaftliche Missbilligung und die schuldangemessene Zufügung eines Übels.

Worin unterscheidet sich die Repressivwirkung von der Präventivwirkung?

Repression blickt rückwärts auf die Tat und dient Sühne und Gerechtigkeitsausgleich. Prävention richtet sich in die Zukunft und soll weitere Rechtsverstöße verhindern, etwa durch Abschreckung oder Einflussnahme auf das Verhalten der verurteilten Person.

Welche Sanktionsarten haben eine Repressivwirkung?

Freiheits- und Geldstrafen sind die klassischen Formen. Auch zusätzliche belastende Rechtsfolgen können repressiv wirken. Davon abzugrenzen sind eigenständige präventive Maßnahmen, die rechtlich nicht als Strafe gelten.

Gibt es Grenzen für die Repressivwirkung?

Ja. Maßgeblich sind Schuldprinzip, Verhältnismäßigkeit, Schutz vor mehrfacher repressiver Sanktionierung derselben Tat sowie die Achtung der Menschenwürde und humaner Behandlung.

Wirkt eine Geldstrafe ebenfalls repressiv?

Ja. Sie greift in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit ein und bringt die Missbilligung des Unrechts zum Ausdruck. Ihre Intensität richtet sich nach der Höhe und den persönlichen Umständen.

Welche Rolle spielt die Repressivwirkung im Jugendstrafrecht?

Sie tritt gegenüber dem Erziehungsgedanken zurück. Spürbare Folgen können vorkommen, sind aber auf pädagogische Zielsetzungen und die Entwicklung des jungen Menschen ausgerichtet.

Ist die Repressivwirkung im Vollzug noch relevant, wenn Resozialisierung im Vordergrund steht?

Ja. Der Freiheitsentzug bleibt repressiv. Resozialisierende Maßnahmen begleiten und begrenzen diese Wirkung, ohne den Strafcharakter aufzuheben.

Gibt es eine Repressivwirkung auch bei Ordnungswidrigkeiten?

Bußgelder wirken belastend und pönal, gehören jedoch nicht zum strafrechtlichen Sanktionssystem im engeren Sinn. Die rechtliche Einordnung ist daher eine andere, auch wenn eine spürbare Wirkung besteht.