Begriff und rechtlicher Rahmen des Rentensplittings
Das Rentensplitting ist ein Verfahren in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland, das dem Ausgleich von Rentenanwartschaften zwischen Ehe- oder Lebenspartnern dient. Ziel ist ein Ausgleich ungleich verteilter während der Ehezeit oder eingetragenen Partnerschaft erworbener Rentenansprüche, um soziale Absicherung vor allem für Partner mit geringeren Erwerbseinkünften zu erzielen. Das Rentensplitting stellt eine Alternative zum sogenannten Versorgungsausgleich dar und hat sich vor allem im Kontext sich verändernder Arbeits- und Familienstrukturen sowie gesteigertem gesellschaftlichen Bewusstsein für Gleichberechtigung entwickelt.
Rechtliche Grundlagen
Gesetzliche Verankerung
Die zentrale rechtliche Grundlage für das Rentensplitting bildet das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), insbesondere die §§ 120a bis 120f SGB VI. Weitere relevante Normen ergeben sich aus dem Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) sowie ergänzend aus dem Einkommensteuergesetz (EStG), soweit steuerrechtliche Folgen betroffen sind.
Anwendungsbereich
Das Rentensplitting kann ausschließlich von Ehegatten und Lebenspartnern nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) genutzt werden, die entweder gemeinsam auf das klassische Verfahren des Versorgungsausgleichs verzichten oder für die kein Versorgungsausgleich mehr durchzuführen ist, da die Ehe bzw. Partnerschaft nicht geschieden wurde oder bereits bestandskräftig geschieden ist.
Voraussetzungen und Durchführung des Rentensplittings
Persönliche Voraussetzungen
- Begründete Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft: Die Anspruchsberechtigten müssen während des gesamten relevanten Versicherungszeitraums miteinander verheiratet oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft verbunden gewesen sein.
- Mindestdauer der Partnerschaft: Die Ehe oder Lebenspartnerschaft muss mindestens 25 Jahre bestanden haben (§ 120a Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
- Versicherungszeiten: Beide Partner müssen während der Partnerschaft jeweils mindestens 25 Jahre rentenrechtliche Zeiten (sogenannte Splitting-Zeiten) in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben. Hierzu zählen Beitragszeiten, Kinderberücksichtigungszeiten und Zeiten nicht erwerbsmäßiger Pflege.
Sachliche Voraussetzungen
- Kein anderweitiger Versorgungsausgleich: Das Rentensplitting ist ausgeschlossen, sofern für den relevanten Zeitraum bereits ein Versorgungsausgleich durchgeführt oder ein Ausschluss im Versorgungsausgleichsverfahren rechtskräftig entschieden wurde.
- Gemeinsamer Antrag: Das Rentensplitting erfolgt ausschließlich durch gemeinsamen Antrag beider Partner nach Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze, frühestens mit der Regelaltersgrenze eines Partners (§ 120b SGB VI).
- Unwiderruflichkeit: Mit Durchführung des Rentensplittings ist die Entscheidung unwiderruflich, d.h., ein Wechsel zurück zum Versorgungsausgleich oder eine Rücknahme ist ausgeschlossen.
Ablauf des Rentensplittings
Antragstellung und Verfahren
Der Antrag ist bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen. Nach positiver Prüfung der Voraussetzungen werden die während der Ehezeit/Lebenspartnerschaft erworbenen Rentenanwartschaften beider Partner rechnerisch addiert und zu gleichen Teilen hälftig auf beide verteilt. Die tatsächlichen Rentenansprüche werden dementsprechend angepasst.
Berechnungsgrundlagen
Als Grundlage für das Rentensplitting gelten sämtliche rentenrechtlichen Zeiten und Entgeltpunkte, die während der Ehe- oder Partnerschaftszeit erzielt wurden. Hiervon werden Entgeltpunkte aus eigenständigem Recht, Kindererziehungszeiten, Pflegezeiten sowie sonstige berücksichtigungsfähige Zeiten erfasst. Spezielle Regelungen betreffen Zuschläge und private Altersvorsorgeprodukte, die nicht von der gesetzlichen Regelung erfasst sind.
Auswirkungen auf die Rente
Nach dem Splitting ergibt sich für beide Partner eine jeweils hälftige Rente aus den gemeinsam erworbenen Anwartschaften. Damit erhält der „ausgleichsberechtigte“ Partner tendenziell einen Zuschlag, während der Partner mit den ursprünglich höheren Anwartschaften eine entsprechende Kürzung erfährt.
Abgrenzung zum Versorgungsausgleich
Das Rentensplitting stellt eine Alternative zum Versorgungsausgleich dar. Während der Versorgungsausgleich regelmäßig im Rahmen eines Scheidungsverfahrens durch das Familiengericht durchgeführt wird und sämtliche Versorgungssysteme (gesetzliche, betriebliche und private Altersversorgung) umfasst, ist das Rentensplitting auf die gesetzliche Rentenversicherung und auf bestehende Partnerschaften begrenzt. Der Versorgungsausgleich kann grundsätzlich auch für kürzere Ehen/Partnerschaften und bei Scheidung Anwendung finden.
Rechtsfolgen und steuerliche Aspekte
Auswirkungen auf andere Sozialleistungen
Das erhöhte Renteneinkommen nach Rentensplitting kann Auswirkungen auf weitere Sozialleistungen, wie etwa die Grundsicherung im Alter oder die Hinterbliebenenrente, haben. Besonders relevant ist, dass nach Rentensplitting keine Witwen-, Witwer- oder Erziehungsrente mehr aus den gesplitteten Anwartschaften gezahlt wird (§ 120c Abs. 2 SGB VI).
Steuerliche Behandlung
Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen im Rahmen der nachgelagerten Besteuerung grundsätzlich der Einkommensteuerpflicht (§ 22 EStG). Die Durchführung eines Rentensplittings hat somit keine gesonderten oder abweichenden steuerlichen Folgen, sondern beeinflusst lediglich die Höhe der zu versteuernden Rentenbezüge bei den beteiligten Partnern.
Vorteile und Risiken des Rentensplittings
Vorteile
- Stärkung der Altersversorgung des Partners mit geringerem eigenem Rentenanspruch
- Vereinfachtes Verfahren gegenüber dem Versorgungsausgleich
- Flexibilität durch Antragsmodell bei langjährigen Ehen oder Lebenspartnerschaften
Risiken
- Unwiderruflichkeit des Verfahrens
- Verlust des Anspruchs auf mögliche Hinterbliebenenrenten
- Potentielle steuerliche und sozialrechtliche Nachteile bei Erhöhung des eigenen Renteneinkommens
Besonderheiten und Ausschlussgründe
Das Rentensplitting kann nicht durchgeführt werden, wenn ein Partner bereits Altersrente bezieht und der andere Partner verstirbt, bevor der Antrag auf Rentensplitting gestellt wurde. Eine rückwirkende Durchführung nach dem Tod eines Partners ist ausgeschlossen (§ 120c Abs. 1 SGB VI). Ebenso sind beamtenrechtliche und betriebliche Versorgungen grundsätzlich nicht Gegenstand des Rentensplittings.
Internationales Rentensplitting
In Fällen mit Auslandsbezug sind besondere Regelungen zu beachten, da bestimmte Zeiten, die im Ausland zurückgelegt wurden, im Rahmen bilateraler Abkommen oder nach den EU-Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (insbesondere VO (EG) Nr. 883/2004) behandelt werden können. Ein Rentensplitting ist nur für Zeiten möglich, die der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zugeordnet werden.
Literatur und weiterführende Informationen
- Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), insb. §§ 120a ff.
- Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG)
- Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG)
- Broschüren und Leitfäden der Deutschen Rentenversicherung
- EU-Verordnungen zur sozialen Sicherheit
Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und stellt keine Rechtsberatung dar.
Häufig gestellte Fragen
Wann kann ein Rentensplitting rechtlich durchgeführt werden?
Das Rentensplitting nach deutschem Recht ist gemäß § 120a SGB VI grundsätzlich nach Vollendung der Regelaltersgrenze beider Ehegatten oder Lebenspartner möglich, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Beide Partner müssen entweder mindestens 25 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten – so genannte „Grundzeiten“ – aufweisen, dazu zählen Beitragszeiten, Ersatzzeiten und Anrechnungszeiten. Des Weiteren dürfen sie zum Zeitpunkt des Splittings nicht geschieden sein oder, im Falle eingetragener Lebenspartnerschaften, die Partnerschaft nicht rechtlich aufgehoben worden sein. Ein Rentensplitting ist ferner ausgeschlossen, wenn bereits einer der Partner eine Versorgung aus einem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen bezieht, die rentenrechtlichen Zeiten ausländischer Rechtsvorschriften umfassen oder bereits ein Versorgungsausgleich bei Scheidung stattgefunden hat. Insbesondere dürfen beide Partner nicht bereits eine eigene Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, bevor die Voraussetzungen für ein Rentensplitting erfüllt sind. Insgesamt muss ein Antrag – in der Regel gemeinschaftlich – gestellt werden, der dem zuständigen Rentenversicherungsträger vorliegt.
Welche Fristen müssen beim Antrag auf Rentensplitting beachtet werden?
Das Rentensplitting kann erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze beider Partner beantragt werden. Dabei muss der Antrag spätestens vor Ablauf von zwölf Kalendermonaten nach Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen (Erreichen der Altersgrenze und Vorliegen der rentenrechtlichen Voraussetzungen bei beiden Partnern) gestellt werden. Wird der Antrag später gestellt, werden die Leistungen grundsätzlich erst ab dem Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag gestellt wurde. Hier ist die sogenannte Antragsfiktion des § 99 SGB VI zu beachten: Werden die Voraussetzungen erst nach Rentenbeginn erfüllt, so kann das Splitting binnen zwölf Monaten nach Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen beantragt werden, um Rückwirkung zu erlangen. Versäumt ein Partner diese Frist, ist ein rückwirkendes Splitting ausgeschlossen; die aufgesplitteten Rentenansprüche gelten dann erst ab Antragstellung.
Wie ist das Splittingverfahren rechtlich ausgestaltet?
Das Splittingverfahren ist als sogenanntes Verwaltungsverfahren geregelt. Beide Ehegatten oder Lebenspartner müssen den Antrag gemeinschaftlich stellen, eine abweichende Einzelantragstellung ist nur in Ausnahmefällen – etwa beim Tod eines Partners – möglich. Das Verfahren beginnt mit Antragstellung und umfasst eine umfassende Prüfung durch den Rentenversicherungsträger, der mittels Amtsermittlung alle notwendigen Tatsachen ermittelt und prüft, ob die Voraussetzungen des §§ 120a ff. SGB VI gegeben sind. Die Berechnung erfolgt sodann durch Addition aller rentenrechtlichen Zeiten und Entgeltpunkte beider Partner während der Ehe oder Lebenspartnerschaft, gefolgt von einer hälftigen Teilung. Die Entscheidung zum Splitting ist, sobald sie rechtskräftig geworden ist, unwiderruflich. Ein Widerruf oder eine Änderung ist grundsätzlich ausgeschlossen, auch bei später eintretenden Veränderungen wie Scheidung oder Tod eines Partners.
Welche Auswirkungen hat ein bereits durchgeführtes Rentensplitting auf nachfolgende Versorgungsausgleichsverfahren?
Ein bereits durchgeführtes Rentensplitting nach § 120a SGB VI entfaltet Sperrwirkung gegenüber späteren Versorgungsausgleichsansprüchen im Falle einer Ehescheidung oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft. Mit Durchführung des Splittings sind die während der Ehe oder Lebenspartnerschaft erworbenen Entgeltpunkte bereits abschließend aufgeteilt worden. Daher werden diese Zeiten bei einem etwaigen Versorgungsausgleich nach § 1587 SGB VI oder nach familienrechtlichen Vorschriften nicht mehr berücksichtigt. Dem Gericht und den Versorgungsträgern wird dabei eine Mitteilungslast auferlegt, sodass im Scheidungs- oder Aufhebungsfall das Splittingverfahren bindend bleibt und ein Versorgungsausgleich insoweit ausgeschlossen ist. Dies dient der Rechtssicherheit und dem Schutz vor Doppelbelastung.
Welche Rechtsfolgen ergeben sich, wenn einer der Partner verstirbt?
Verstirbt einer der Ehegatten oder Lebenspartner nach Durchführung des Rentensplittings, so hat der hinterbliebene Partner keinen Anspruch mehr auf eine reguläre Witwen-/Witwerrente oder Erziehungsrente aus der Zeit vor dem Splitting. Durch das Splitting werden die während der Ehe oder Lebenspartnerschaft gemeinsam erworbenen Rentenanwartschaften untereinander aufgeteilt und zu eigenen Rentenansprüchen gemacht. Der Hinterbliebene erhält also nicht mehr – wie üblich – eine Hinterbliebenenrente vom verstorbenen Partner, sondern behält ausschließlich seine durch das Splitting entstandenen eigenen Rentenansprüche. Allerdings kann der Antrag auf Splitting auch nach dem Tod eines Partners gestellt werden, dann jedoch nur durch den Überlebenden. In diesem Fall gelten Sonderregelungen gemäß § 120a Abs. 2 SGB VI.
Welche Rechtsmittel stehen gegen eine Entscheidung über das Rentensplitting zur Verfügung?
Gegen Bescheide der Deutschen Rentenversicherung bezüglich Durchführung und Ablehnung eines Rentensplittings stehen reguläre sozialrechtliche Rechtsmittel zur Verfügung. Zunächst kann binnen eines Monats nach Zugang des Bescheids Widerspruch beim Rentenversicherungsträger eingelegt werden. Erfolgt daraufhin keine Abhilfe, kann Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden (§§ 78 ff. SGG). Die Beteiligten haben Anspruch auf rechtliches Gehör, und die gesetzlichen Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts sind zu beachten. Weitergehende Instanzen sind das Landessozialgericht und letztlich das Bundessozialgericht, sofern eine grundsätzliche Rechtsfrage tangiert ist oder Berufung zugelassen wurde. Jegliche Streitpunkte zur Berechnung, der Anrechnung von Zeiten oder der Fristwahrung können in diesem Rahmen überprüft werden.