Begriff und rechtliche Einordnung: Rechtsreferendar
Ein Rechtsreferendar ist eine Person, die sich nach erfolgreicher Ersten Prüfung (auch erstes Staatsexamen genannt) in der praktischen Ausbildungsphase zur Volljurist/-in befindet. Das Rechtsreferendariat als Vorbereitungsdienst gliedert sich in mehrere Stationen, in denen die Referendarinnen und Referendare praktische Erfahrungen bei Gerichten, bei der Staatsanwaltschaft, in der Verwaltung sowie in der Anwaltschaft sammeln. Das Ziel des Rechtsreferendariats ist die umfassende Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen, die sogenannte Zweite Juristische Prüfung, und somit auf die eigenverantwortliche Tätigkeit im Rechtswesen.
Rechtsgrundlagen des Rechtsreferendariats
Die rechtliche Grundlage für das Rechtsreferendariat ergibt sich je nach Bundesland aus den jeweiligen juristischen Ausbildungsgesetzen (JAG) und den darauf gestützten Referendariatsordnungen der Bundesländer. Bundesrechtliche Vorgaben ergeben sich insbesondere aus dem Deutschen Richtergesetz (DRiG), §§ 5-7 sowie den Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen der Länder.
Zugangsvoraussetzungen
Für die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst ist grundsätzlich das Bestehen der Ersten Juristischen Prüfung erforderlich. Neben dem Nachweis des erfolgreich abgelegten Studiums und des Examens sind in der Regel auch allgemeine Voraussetzungen wie die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Gleichstellung erforderlich. In begründeten Fällen können auch ausländische Absolventen zugelassen werden, wenn Gleichwertigkeit festgestellt wird.
Rechtsstellung
Der Rechtsreferendar steht während der Ausbildung in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zum jeweiligen Bundesland. Er ist weder Beamter noch Arbeitnehmer, unterliegt jedoch besonderen Dienstpflichten, die durch die Ausbildungsordnung, das Deutsche Richtergesetz und das Beamtenrecht geregelt werden. Im Rahmen des Vorbereitungsdienstes wird eine Unterhaltsbeihilfe gezahlt, deren Höhe landesrechtlich geregelt ist und sich häufig an den Anwärterbezügen im öffentlichen Dienst orientiert.
Ablauf und Stationen des Referendariats
Das Rechtsreferendariat erstreckt sich in Deutschland in der Regel über einen Zeitraum von 24 Monaten. Die Ausbildung ist in verschiedene Pflichtstationen und eine Wahlstation gegliedert:
Zivilrechtsstation
In der Regel beginnt die Ausbildung mit der Zivilrechtsstation bei einem Amts- oder Landgericht. Hier lernen die Referendarinnen und Referendare die Arbeit der Justiz im Zivilrecht kennen, nehmen an Sitzungen teil und erstellen Entscheidungsentwürfe.
Strafrechtsstation
Anschließend folgt die Strafrechtsstation. Diese erfolgt üblicherweise bei einer Staatsanwaltschaft oder einem Strafgericht. Der Ausbildungsinhalt umfasst die Ermittlungsführung sowie die Mitwirkung in Hauptverhandlungen.
Verwaltungsstation
In der Verwaltungsstation erfolgt die Ausbildung in einer Behörde, oft bei einer Kreisverwaltung, einem Regierungspräsidium oder einer Kommunalbehörde. Ziel ist das Verständnis verwaltungsrechtlicher Abläufe und Entscheidungsprozesse.
Anwaltsstation
Die längste Station ist die Anwaltsstation, in der die Referendare bei einer zugelassenen Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt tätig sind. Inhalte sind die eigenständige Mandatsbearbeitung sowie das Kennenlernen von Mandantenbetreuung und außergerichtlicher Beratung.
Wahlstation
Abschließend steht die Wahlstation, welche individuell nach Interesse gewählt werden kann. Zulässig sind auch Praktika bei internationalen Organisationen, Unternehmen oder Einrichtungen im Ausland, sofern die jeweilige Ausbildungsordnung dies vorsieht.
Ausbildung, Aufgaben und Pflichten
Rechtsreferendare haben während des Vorbereitungsdienstes verschiedenen Pflichten nachzukommen. Dazu gehören beispielsweise die Teilnahme an Ausbildungsarbeitsgemeinschaften, das Erstellen von Aufgaben und Schriftsätzen, Mandatsbetreuung im Rahmen der Anwaltsstation sowie Kenntnisse im Prozessrecht und in der Verhandlungstechnik.
Referendare sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und unterliegen den standesrechtlichen Vorschriften sowie beamtenrechtlichen Grundsätzen wie Mäßigung und Zurückhaltung im Dienst.
Prüfung und Abschluss
Zweite Juristische Prüfung
Das Rechtsreferendariat schließt mit der Zweiten Juristischen Prüfung ab, die aus Klausuren und einer mündlichen Prüfung besteht. Die Prüfungsinhalte richten sich nach den im Referendariat durchlaufenen Rechtsgebieten. Die bestandene Zweite Staatsprüfung berechtigt zur Ausübung sämtlicher Berufe, für die die „Befähigung zum Richteramt“ erforderlich ist, darunter auch Tätigkeiten in Ministerien, Organisationen oder Unternehmen.
Vergütung und Sozialversicherung
Die Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare ist keine Vergütung im arbeitsrechtlichen Sinn, sondern eine staatliche Unterstützungsleistung während der Ausbildung. Die Höhe variiert je nach Bundesland und beträgt etwa zwischen 1.000 und 1.200 Euro brutto monatlich. Rechtsreferendare sind in der gesetzlichen Krankenversicherung in der Regel pflichtversichert und unterliegen der Sozialversicherungspflicht; Ausnahmen und Details sind landesrechtlich geregelt.
Besondere Regelungen und individuelle Gestaltung
Abhängig vom Bundesland bestehen unterschiedliche Regelungen hinsichtlich Verlängerung, Unterbrechung, Teilzeitmöglichkeiten und Anrechnung von Vorzeiten. Spezielle Regelungen gelten etwa für Elternzeit, Krankheitsfälle oder Behinderungen.
Bedeutung und Perspektiven
Das Rechtsreferendariat ist zwingende Voraussetzung, um die Laufbahn in der deutschen Rechtspflege zu eröffnen. Nach erfolgreichem Abschluss bestehen vielfältige Berufsmöglichkeiten im staatlichen und privaten Sektor. Das Referendariat vermittelt umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die spätere Berufsausübung in verschiedenen Rechtsbereichen essenziell sind.
Weblinks und Literatur
- Deutsches Richtergesetz (DRiG)
- Juristenausbildungsgesetze der Bundesländer
- Literatur: Karl-Friedrich Krieger: Der juristische Vorbereitungsdienst, 10. Auflage
Dieser Artikel stellt eine umfassende und detaillierte Zusammenfassung zum Begriff „Rechtsreferendar“ dar und dient der allgemeinen Information für ein Rechtslexikon.
Häufig gestellte Fragen
Welche Pflichten hat ein Rechtsreferendar während des Vorbereitungsdienstes?
Ein Rechtsreferendar ist während seines Vorbereitungsdienstes zur gewissenhaften Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben verpflichtet. Dazu zählt insbesondere die aktive Mitarbeit bei den verschiedenen Stationen, wie beispielsweise in den Zivil- und Strafkammern, bei der Staatsanwaltschaft, in den Verwaltungsbehörden und bei Rechtsanwälten. Er muss die Pflicht zur Verschwiegenheit über alle dienstlichen Angelegenheiten, die ihm während der Ausbildung zur Kenntnis gelangen, einhalten (§ 5 Abs. 1 DRiG, § 37 JAG NRW und entsprechende Regelungen der Länder). Hinzu kommt die Respektierung dienstlicher Anweisungen von Ausbildern (z. B. Richtern, Staatsanwälten, Anwälten) und die Teilnahme an den vorgeschriebenen Arbeitsgemeinschaften und Klausuren. Der Referendar hat zudem für eine ständige Erreichbarkeit und eine ordnungsgemäße Krankmeldung bei Krankheit zu sorgen. Verstöße gegen diese Dienstpflichten können disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen, wie beispielsweise die Ermahnung oder im Wiederholungsfall die Entfernung aus dem Vorbereitungsdienst.
Welche rechtlichen Bestimmungen regeln die Vergütung von Rechtsreferendaren?
Die Vergütung von Rechtsreferendaren ist im Gesetz über den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungsgesetz, JAG) sowie in den entsprechenden Besoldungsgesetzen der Länder geregelt. In der Regel handelt es sich beim sogenannten Unterhaltsbeitrag (meist analog zum Anwärtergrundbetrag nach dem Bundesbesoldungsgesetz, Anlage VIII), welcher monatlich ausgezahlt wird. Die genaue Höhe ist landesabhängig, beträgt jedoch bundesweit aktuell zwischen etwa 1.100 und 1.400 Euro brutto. Darüber hinaus können weitere finanzielle Zulagen, wie Zuschläge für verheiratete oder kindergeldberechtigte Referendare sowie vermögenswirksame Leistungen, hinzukommen. Besteuerungsrechtlich handelt es sich um steuerpflichtige Einkünfte, von denen Sozialversicherungsbeiträge, mit Ausnahme der Rentenversicherung, in der Regel nicht abgezogen werden. Daher sind Referendare verpflichtet, selbst für ihre Kranken- und Pflegeversicherung Sorge zu tragen.
Welche disziplinarischen Maßnahmen können gegen einen Rechtsreferendar ergriffen werden?
Wird ein Rechtsreferendar während des Vorbereitungsdienstes seinen Pflichten nicht gerecht, kann die ausbildende Justizverwaltung gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Dienstordnungen und Disziplinargesetze verschiedene Sanktionen verhängen. Diese reichen von einer schriftlichen Ermahnung über eine Geldbuße bis zur Entfernung aus dem Vorbereitungsdienst (§ 49 JAG NRW bzw. entsprechende Landesvorschriften). Die Entfernung stellt die schwerste Disziplinarmaßnahme dar und ist dann möglich, wenn ein besonders schwerer Pflichtverstoß vorliegt, etwa das wiederholte Versäumen von Ausbildungsstationen, grobe Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht oder das Begehen einer erheblichen Straftat. Disziplinarische Maßnahmen sind an bestimmte Verfahrensgarantien gebunden: Der Referendar muss vorab angehört werden, und bei schwerwiegenden Maßnahmen besteht ein rechtliches Gehör einschließlich einer Überprüfungs- und ggf. einer gerichtlichen Klagemöglichkeit.
Unter welchen Voraussetzungen kann die Rechtsreferendarausbildung verlängert oder unterbrochen werden?
Die Unterbrechung oder Verlängerung der Rechtsreferendarausbildung ist in wesentlichen Punkten bundes- und landesrechtlich geregelt (z. B. § 16 JAG NRW). Gründe für eine Unterbrechung können längere Erkrankungen, Mutterschutzzeiten, Elternzeit oder andere wichtige persönliche Gründe wie Pflege naher Angehöriger sein. Die Verlängerung erfolgt in der Regel um die Dauer der Unterbrechung zuzüglich einer etwaigen Wiederholungszeit für Prüfungen, jedoch höchstens bis zu einem in den jeweiligen Vorschriften geregelten Höchstzeitraum (meist ein Jahr). Über den Antrag entscheidet die Justizverwaltung oder das ausbildende Oberlandesgericht, wobei ein Nachweis über das Vorliegen eines triftigen Grundes zu erbringen ist (z. B. ärztliches Attest, Geburtsurkunde für das Kind etc.). Die Verlängerung kann auch von Amts wegen erfolgen, wenn Leistungen des Referendars, etwa infolge längerer Fehlzeiten, nicht prüfungsreif erbracht werden konnten.
Welche Nebentätigkeiten dürfen Rechtsreferendare im Vorbereitungsdienst ausüben?
Die Ausübung von Nebentätigkeiten im Rechtsreferendariat ist gemäß den Vorgaben der jeweiligen Länder grundsätzlich nur mit Genehmigung zulässig (§ 10 JAG NRW und jeweils analoge Regelungen der anderen Bundesländer). Die Genehmigung wird in der Regel erteilt, sofern die Nebentätigkeit in Zeit und Art die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt, keine Interessenkollisionen bestehen und das Ansehen des öffentlichen Dienstes nicht beeinträchtigt wird. Untersagt sind insbesondere Tätigkeiten, bei denen der Referendar als Advokat (im Sinne von eigenverantwortlicher Vertretung) auftritt, oder bei denen ein konkreter Bezug zu den laufenden Ausbildungsinhalten besteht. Die zeitlichen Vorgaben liegen je nach Bundesland bei maximal acht bis zehn Stunden pro Woche. Werden diese Vorgaben überschritten oder wird die Nebentätigkeit ohne Erlaubnis aufgenommen, drohen disziplinarische Konsequenzen bis hin zur Entfernung aus dem Vorbereitungsdienst.
Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die Stationswahl und die Ausbildungsorte im Rechtsreferendariat?
Die Reihenfolge der Pflichtstationen und die zulässigen Ausbildungsorte sind durch die Juristenausbildungsgesetze und -verordnungen der einzelnen Bundesländer klar geregelt. Ein Rechtsreferendar hat die einzelnen Stationen (Ordentliche Gerichtsbarkeit, Staatsanwaltschaft, Verwaltungsstation, Anwaltsstation, Wahlstation) grundsätzlich bei den von den OLG oder Landesjustizverwaltungen zugewiesenen Dienststellen zu absolvieren. Die Zuweisung erfolgt unter Berücksichtigung der personalorganisatorischen Möglichkeiten und der Übernahme von Präferenzen, etwa hinsichtlich privater Umstände, soweit dies möglich ist. Für Wahlstationen steht dem Referendar regelmäßig eine größere Auswahl an möglichen Ausbildungsstellen offen, unter bestimmten Bedingungen auch im Ausland. Anträge auf Zuweisung zu bestimmten Ausbildungsorten oder Stellen sind schriftlich und mit entsprechender Begründung zu stellen; ein Anspruch hierauf besteht jedoch nicht. Besondere rechtliche Vorgaben gelten zudem für Auslandsstationen, für die häufig eine zusätzliche (meist detaillierter zu begründende) Genehmigungspflicht besteht.