Rechtsreferendar

Begriff und Einordnung

Ein Rechtsreferendar ist eine Person, die nach dem Ersten Staatsexamen den staatlich organisierten Vorbereitungsdienst absolviert. Dieser dient dem Erwerb der Befähigung zum Richteramt und bildet zugleich die Grundlage für vielfältige Tätigkeiten im Rechtssystem. Der Vorbereitungsdienst wird in der Regel von den Ländern organisiert und findet überwiegend an Gerichten, bei Staatsanwaltschaften, in Verwaltungen sowie in Kanzleien statt.

Die Bezeichnung wird sowohl für Frauen als auch für Männer verwendet. Häufig ist auch die Form Rechtsreferendarin/Rechtsreferendar.

Zugangsvoraussetzungen und Auswahl

Voraussetzungen

Voraussetzung ist ein bestandenes Erstes Staatsexamen in der Rechtswissenschaft. Zudem verlangen die Länder üblicherweise persönliche Eignung, geordnete Lebensverhältnisse und die Fähigkeit, die Aufgaben des Vorbereitungsdienstes zuverlässig wahrzunehmen. Form und Umfang weiterer Kriterien sind landesabhängig.

Bewerbungsverfahren

Die Einstellung erfolgt turnusmäßig über zentrale Stellen der Länder. Es gibt feste Einstellungstermine, festgelegte Bewerbungsfristen und häufig eine Rangfolgeentscheidung anhand der Examensnote und weiterer Eignungsmerkmale. Die Zuweisung zu Ausbildungsorten richtet sich nach Bedarfslage und Kapazitäten.

Rechtlicher Status und Dienstverhältnis

Beamtenrechtliche Einordnung

Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare stehen in der Regel als Beamtinnen oder Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst. Dieses Dienstverhältnis ist befristet auf die Dauer der Ausbildung und dient ausschließlich dem Erwerb beruflicher Befähigungen. Es kann aus wichtigem Grund beendet werden.

Dienstherr und Dienstaufsicht

Dienstherr ist das jeweilige Bundesland. Die Ausbildung unterliegt der Dienstaufsicht der Justiz- beziehungsweise Landesverwaltung. An den Ausbildungsstationen erfolgt die fachliche Anleitung durch ausbildende Personen mit Weisungsbefugnis.

Ausbildungsgang und Stationen

Grundstruktur und Dauer

Die Ausbildung dauert in der Regel zwei Jahre. Sie gliedert sich in Pflicht- und Wahlstationen mit jeweils festgelegter Dauer. Zwischen Praxisphasen finden Arbeitsgemeinschaften statt, in denen die Inhalte vertieft und auf Prüfungen vorbereitet wird.

Typische Pflichtstationen

Zu den Pflichtstationen gehören meist: Zivilgericht (mit Einblick in Verfahrensabläufe, Entwürfe von Entscheidungen), Strafverfolgungsbehörde (Mitwirkung bei Ermittlungen, Entwürfe von Anklagen), Verwaltung (Tätigkeit bei Behörden, Bearbeitung von Verwaltungsangelegenheiten) sowie eine längere Station in einer Kanzlei, in der die Tätigkeit der rechtsberatenden Praxis kennengelernt wird.

Wahlstation

In der Wahlstation kann ein eigener Schwerpunkt gesetzt werden, zum Beispiel in einer spezialisierten Kanzlei, einem Unternehmen, einer Behörde oder bei einer Einrichtung im Ausland. Die Anerkennung und inhaltliche Ausgestaltung richten sich nach den landesrechtlichen Vorgaben.

Ausbildungsinhalte und Leistungsnachweise

Praxisbezogene Ausbildung

Der Schwerpunkt liegt auf der praktischen Anwendung des Rechts: Aktenarbeit, Entwürfe von Entscheidungen und Schriftsätzen, Teilnahme an Terminen, Verhandlungen und Besprechungen. Die Ausbildungsstellen dokumentieren die Mitarbeit und geben Beurteilungen ab.

Arbeitsgemeinschaften

Begleitend werden in Arbeitsgemeinschaften Fallbearbeitungen, Methodik, mündliche Darstellung und Klausurtechnik systematisch trainiert. Ziel ist die Befähigung, Sachverhalte selbstständig rechtlich zu erfassen, zu strukturieren und lösungsorientiert zu bearbeiten.

Leistungsnachweise

Üblich sind stationenbezogene Beurteilungen, Übungsklausuren sowie weitere formative Nachweise, die die Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenzen dokumentieren. Diese fließen unterschiedlich in die Abschlussbewertung ein.

Rechte und Pflichten

Weisungsgebundenheit und Verschwiegenheit

Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare sind an Weisungen der Ausbilderinnen und Ausbilder gebunden. Sie unterliegen strenger Verschwiegenheit über dienstliche Angelegenheiten und haben mit vertraulichen Informationen sorgsam umzugehen.

Nebenpflichten und Verhalten

Erwartet werden pflichtgemäße Mitarbeit, gewissenhafte Aktenführung, Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften und Terminen sowie ein Verhalten, das dem Ansehen des öffentlichen Dienstes gerecht wird. Unentschuldigtes Fernbleiben und Verstöße gegen Pflichten können dienstrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen.

Nebentätigkeiten

Nebentätigkeiten sind grundsätzlich genehmigungsbedürftig. Die Genehmigung hängt von Umfang, Interessenkollisionen und Ausbildungsinteressen ab.

Haftung und Verantwortlichkeit

Für Handlungen im Rahmen der Ausbildung gelten die allgemeinen Grundsätze der dienstlichen Verantwortlichkeit. In der Praxis ist maßgeblich, ob eine Tätigkeit dienstlich veranlasst, angeleitet und kontrolliert wurde.

Vergütung, Sozialleistungen und Arbeitszeit

Unterhaltsbeihilfe

Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare erhalten regelmäßig eine Unterhaltsbeihilfe. Deren Höhe und Ausgestaltung variieren je nach Land. Sie ist typischerweise steuerpflichtig.

Beihilfe und Absicherung

In vielen Ländern besteht Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfall. Die konkrete Ausgestaltung der Absicherung und weiterer Leistungen ist landesabhängig.

Arbeitszeit, Urlaub und Abwesenheit

Es gelten dienstliche Arbeitszeiten, die sich an den Erfordernissen der jeweiligen Station orientieren. Urlaub wird unter Beachtung der Ausbildungsbelange gewährt und mit den Ausbildungsstellen abgestimmt. Fehlzeiten sind in der Regel anrechenbar, soweit sie im Rahmen der landesrechtlichen Vorgaben bleiben.

Prüfung und Abschluss

Zweites Staatsexamen

Der Vorbereitungsdienst endet mit dem Zweiten Staatsexamen. Dieses umfasst in der Regel mehrere schriftliche Klausuren mit Praxisbezug sowie eine mündliche Prüfung, häufig einschließlich eines Aktenvortrags. Die Prüfungen werden von staatlichen Prüfungsämtern organisiert.

Bewertung und Wiederholungsmöglichkeiten

Die Gesamtbewertung berücksichtigt vor allem die Examensleistungen, teilweise ergänzt um Ausbildungsnachweise. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Wiederholung nicht bestandener Prüfungen möglich. Die Einzelheiten regeln die Länder.

Berufsqualifikation

Mit dem bestandenen Zweiten Staatsexamen wird die Befähigung zum Richteramt erlangt. Diese Qualifikation eröffnet Zugang zu verschiedenen Tätigkeitsfeldern im Rechtssystem.

Regionale Unterschiede

Die Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes und der Prüfungen beruht auf Landesrecht. Unterschiede bestehen insbesondere bei Ablaufplänen, Stationsdauer, Vergütung, Zusatzangeboten, Prüfungsmodalitäten und organisatorischen Zuständigkeiten. Die Grundstruktur mit Pflicht- und Wahlstationen sowie dem Abschluss durch das Zweite Staatsexamen ist jedoch bundesweit anerkannt.

Abgrenzungen zu ähnlichen Tätigkeiten

Wissenschaftliche Mitarbeit

Wissenschaftliche Mitarbeitende unterstützen Hochschulen, Gerichte oder Kanzleien bei Recherche und Entwurfstätigkeiten. Diese Tätigkeit ist kein Teil des Vorbereitungsdienstes, kann aber inhaltlich vorbereiten oder begleiten.

Praktikum im Rechtsbereich

Praktika dienen dem Einblick in berufliche Praxis, erfüllen jedoch nicht die systematische, staatlich geregelte Ausbildung des Vorbereitungsdienstes und führen nicht zum Zweiten Staatsexamen.

Assessor

Die Bezeichnung Assessor oder Assessorin führt, wer das Zweite Staatsexamen bestanden hat. Sie kennzeichnet den Abschluss des Vorbereitungsdienstes und ist vom Status der Rechtsreferendarin bzw. des Rechtsreferendars zu unterscheiden.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Rechtsreferendar?

Eine Rechtsreferendarin oder ein Rechtsreferendar ist eine Person im staatlich organisierten Vorbereitungsdienst nach dem Ersten Staatsexamen. Ziel ist der Erwerb der Befähigung zum Richteramt durch praxisnahe Ausbildung an Gerichten, bei Staatsanwaltschaften, in Verwaltungen und in Kanzleien.

Wie lange dauert das Rechtsreferendariat?

Die Dauer beträgt in der Regel zwei Jahre. Sie kann sich durch Fehlzeiten, Unterbrechungen oder landesspezifische Bestimmungen verändern.

Welche Stationen gehören typischerweise dazu?

Üblich sind Stationen bei einem Zivilgericht, bei einer Strafverfolgungsbehörde, in der Verwaltung sowie eine längere Station in einer Kanzlei. Hinzu kommt eine Wahlstation mit individuellem Schwerpunkt, die auch im Ausland möglich sein kann.

Welchen Status hat ein Rechtsreferendar rechtlich?

In der Regel besteht ein Dienstverhältnis als Beamtin oder Beamter auf Widerruf. Das Verhältnis ist auf die Ausbildungszeit befristet und unterliegt den Regeln des öffentlichen Dienstes des jeweiligen Landes.

Gibt es eine Vergütung während des Vorbereitungsdienstes?

Ja. Üblich ist eine Unterhaltsbeihilfe, deren Höhe und Ausgestaltung vom Bundesland abhängen. Sie ist regelmäßig steuerpflichtig.

Welche Pflichten bestehen während der Ausbildung?

Es bestehen Weisungsgebundenheit, Teilnahme- und Mitwirkungspflichten, Verschwiegenheit sowie die Pflicht zu sorgfältiger Aktenbearbeitung. Verstöße können dienstrechtliche Konsequenzen haben.

Womit schließt das Rechtsreferendariat ab?

Der Vorbereitungsdienst schließt mit dem Zweiten Staatsexamen ab. Es umfasst mehrere schriftliche Klausuren und eine mündliche Prüfung. Mit dem Bestehen wird die Befähigung zum Richteramt erlangt.