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Recapitalization


Definition und Grundlagen der Recapitalization

Die Recapitalization (deutsch: Rekapitalisierung) bezeichnet im rechtlichen Kontext einen tiefgreifenden Eingriff in die Kapitalstruktur eines Unternehmens. Dabei wird die Zusammensetzung des Eigen- und Fremdkapitals gezielt verändert, um wirtschaftliche Ziele wie etwa die Stärkung der Eigenkapitalbasis, die Senkung von Verschuldungsgraden oder die Erfüllung regulatorischer Anforderungen zu erreichen. Rekapitalisierungsmaßnahmen stellen häufig einen wichtigen Bestandteil der Restrukturierung von Unternehmen dar, insbesondere im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Sanierung oder einer Neuausrichtung der Finanzierung. Die Recapitalization kann in verschiedenen Wirtschaftsformen und über unterschiedliche Instrumente erfolgen, wobei jeweils spezifische rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten sind.

Rechtliche Grundlagen und Regelungen

Gesellschaftsrechtliche Bestimmungen

Im Gesellschaftsrecht sind Rechtsgrundlagen für die Rekapitalisierung in den jeweiligen nationalen Codes wie dem deutschen Aktiengesetz (AktG), dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) oder auch in europäischen Richtlinien und Verordnungen geregelt. Wesentliche Instrumente der Rekapitalisierung sind etwa Kapitalerhöhungen, Kapitalherabsetzungen, Debt-Equity Swaps sowie hybride Finanzierungsinstrumente. Jede Maßnahme bedarf gesellschaftsrechtlich bestimmter Beschlussfassungen durch die Hauptversammlung oder Gesellschafterversammlung sowie gegebenenfalls Eintragungen in Handelsregister.

Kapitalerhöhung

Eine Kapitalerhöhung wird regelmäßig zur Beschaffung von Eigenkapital durchgeführt. Dabei spielen unterschiedliche Formen wie die ordentliche Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG), genehmigte Kapitalerhöhung (§ 202 AktG) oder bedingte Kapitalerhöhung (§ 192 AktG) eine Rolle. Voraussetzung ist häufig ein Beschluss der Anteilseigner mit qualifizierter Mehrheit sowie die Einhaltung von Bezugsrechten bestehender Aktionäre zum Schutz vor einer Verwässerung ihrer Beteiligungen.

Kapitalherabsetzung

Während bei der Kapitalerhöhung neues Kapital zugeführt wird, dient die Kapitalherabsetzung der Anpassung der Kapitalstruktur durch Reduktion des Grundkapitals (§§ 222 ff. AktG). Sie kann zur Verlustdeckung, zur Einstellung von Rücklagen oder zur Rückzahlung von Eigenkapital an Gesellschafter verwendet werden und bedarf ebenfalls umfassender Gläubigerschutzmechanismen.

Debt-Equity Swap

Hierbei handelt es sich um die Umwandlung von Verbindlichkeiten in Eigenkapital. Die Gläubiger werden zu Anteilseignern, wodurch einerseits die Eigenkapitalbasis erhöht und andererseits das Unternehmen von Schulden entlastet wird. Der Debt-Equity Swap ist mit komplexen Zustimmungs- und Bewertungsfragen verbunden und unterliegt regulatorischen Anforderungen, etwa im Insolvenzrecht.

Insolvenzrechtliche Bedeutung

Im Rahmen von Insolvenzsituationen spielt die Rekapitalisierung eine zentrale Rolle. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) wurde der Debt-Equity Swap ausdrücklich als Instrument der Sanierung aufgenommen (§ 225a InsO). Auch Eigenkapital ersetzende oder vergleichbare Maßnahmen können im Rahmen von Insolvenzplanverfahren eingesetzt werden, um Unternehmen zu erhalten und die Gläubigerinteressen angemessen zu wahren.

Steuerrechtliche Aspekte

Recapitalizations sind regelmäßig auch mit steuerlichen Folgen verbunden. So können Kapitalmaßnahmen Auswirkungen auf die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und gegebenenfalls auf den Beteiligungsertrag nach dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) haben. Insbesondere Kapitalherabsetzungen und Debt-Equity Swaps sind daraufhin zu prüfen, inwiefern stille Reserven aufgedeckt und steuerpflichtige Vorgänge ausgelöst werden. Zusätzlich finden gegebenenfalls die Regeln über verdeckte Gewinnausschüttungen sowie die Missbrauchsvermeidung nach § 42 AO Anwendung.

Regulierungs- und Aufsichtsrecht

Unternehmen aus regulierten Branchen wie Kreditinstituten und Versicherungen unterliegen spezifischen aufsichtsrechtlichen Anforderungen. Die Eigenmittelausstattung, Mindesteigenkapitalquoten oder Verschuldungsgrenzen werden durch das Aufsichtsrecht (z. B. KWG, Solvency II, Basel III) geregelt. Rekapitalisierungen können daher zustimmungspflichtig sein und sind den zuständigen Aufsichtsbehörden regelmäßig anzuzeigen.

Ablauf, Verfahren und praktische Umsetzung

Beschlussverfahren und Formvorschriften

Die Durchführung einer Rekapitalisierung setzt meist einen förmlichen Beschluss der Anteilsinhaber voraus. Hierzu gehört die ordnungsgemäße Einladung, Angabe der Tagesordnung und Wahrung von Fristen. Bei börsennotierten Gesellschaften gelten darüber hinaus Publizitäts- und Meldevorschriften, etwa nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und der Marktmissbrauchsverordnung (MAR).

Registereintragung und Gläubigerschutz

Kapitalmaßnahmen sind regelmäßig zum Handelsregister anzumelden. Insbesondere bei Kapitalherabsetzungen und -erhöhungen sieht das Gesetz zwingende Gläubigerschutzmechanismen vor, wie etwa die Anmeldung von Forderungen durch Gläubiger, Sicherstellung der Bedienbarkeit von Verbindlichkeiten und die Veröffentlichung im Bundesanzeiger.

Prüfung und Gutachten

In bestimmten Fällen ist eine Prüfung durch bestellte Prüfer gemäß § 33 AktG oder ein Bewertungsgutachten zur Angemessenheit eines Umtauschverhältnisses erforderlich. Ziel ist die Sicherstellung des Schutzes von Minderheitsgesellschaftern und die Vermeidung einer unzulässigen Benachteiligung bestehender Anteilseigner.

Internationale Aspekte der Recapitalization

In grenzüberschreitenden Sachverhalten gewinnt das internationale Gesellschaftsrecht, wie die Europäische Umwandlungsrichtlinie oder die einschlägigen Bestimmungen des internationalen Vertragsrechts (Beispiel: Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Judgments), an Bedeutung. Bei multinationalen Konzernen ist darauf zu achten, inwieweit Rekapitalisierungsmaßnahmen den ausländischen rechtlichen Rahmenbedingungen und Meldepflichten unterliegen. Börsennotierte Unternehmen müssen zudem die Kapitalmarktregularien mehrerer Jurisdiktionen beachten.

Rechtsfolgen und Bedeutung der Recapitalization

Die rechtlichen Folgen einer Rekapitalisierung umfassen unter anderem die Veränderung von Stimmrechten, Mitbestimmungsrechten und Gewinnbeteiligungen der Anteilseigner, Veränderungen von Gläubigerpositionen sowie steuerliche und haftungsrechtliche Konsequenzen. Bei missbräuchlicher Gestaltung können Anfechtungen, Nichtigkeit nach § 241 AktG oder zivil- und strafrechtliche Sanktionen drohen.

Rekapitalisierungsmaßnahmen stellen ein wesentliches Instrument der Unternehmensfinanzierung und -sanierung dar. Gewährleistet werden soll insbesondere die nachhaltige Sicherung der Kapitalstruktur unter gleichzeitiger Beachtung des Gläubiger- und Minderheitenschutzes.

Literatur und weiterführende Quellen

  • AktG – Aktiengesetz
  • GmbHG – Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
  • InsO – Insolvenzordnung
  • ESUG – Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen
  • WpHG – Wertpapierhandelsgesetz
  • Solvency II; Basel III

Hinweis: Dieser Lexikonartikel bietet eine umfassende, jedoch nicht abschließende Übersicht. Aufgrund der Komplexität und vielfältigen rechtlichen Konsequenzen empfiehlt sich die sorgfältige Analyse des jeweiligen Einzelfalls unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzeslage.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen bei einer Recapitalization erfüllt sein?

Im Rahmen einer Recapitalization, also einer grundlegenden Veränderung der Kapitalstruktur einer Gesellschaft, sind umfangreiche rechtliche Voraussetzungen zu beachten. Zunächst bedarf es einer sorgfältigen Prüfung der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen, insbesondere der jeweiligen Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags. Änderungen am Eigen- oder Fremdkapital, wie etwa Kapitalherabsetzungen oder -erhöhungen, verlangen in der Regel einen satzungsändernden Beschluss der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung mit qualifizierter Mehrheit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen, beispielsweise dem Aktiengesetz (AktG) oder dem GmbH-Gesetz (GmbHG). Darüber hinaus können aufsichtsrechtliche Anforderungen hinzutreten, etwa bei Banken oder Versicherungen im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) oder Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG). Je nach Art und Umfang der Maßnahme können zusätzlich gesellschaftsrechtliche Eintragungen ins Handelsregister, Veröffentlichungen und gegebenenfalls die Beteiligung von Betriebsrat oder Arbeitnehmern erforderlich sein. Auch die Einhaltung kapitalmarktrechtlicher Vorschriften, etwa bei börsennotierten Unternehmen, ist unerlässlich.

Welche Rolle spielt der Gläubigerschutz bei einer Recapitalization?

Der Gläubigerschutz nimmt bei einer Recapitalization eine zentrale Rolle ein, da Maßnahmen wie Kapitalherabsetzung oder die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital die Sicherheiten der Gläubiger tangieren können. Das Gesetz schreibt insbesondere im Rahmen der Kapitalherabsetzung spezielle Schutzmechanismen vor, wie z. B. das Sperren der Auszahlungen an Gesellschafter (§ 232 AktG) oder das Angebot an Gläubiger, Sicherheiten zu verlangen (§ 225 AktG). Auch bei anderen Kapitalmaßnahmen ist regelmäßig die Publizität zu wahren, damit Gläubiger informiert werden und ihre Rechte wahren können. In Insolvenznahen Situationen oder Restrukturierungsfällen greifen darüber hinaus die Bestimmungen der Insolvenzordnung, des SanInsFoG oder des StaRUG, die unter anderem die Einbindung und gegebenenfalls gerichtliche Zustimmung der betroffenen Gläubiger regeln.

Welche Zustimmungserfordernisse bestehen bei Gesellschaftern oder Dritten?

Die Zustimmungserfordernisse richten sich maßgeblich nach der Art der durchgeführten Recapitalization. Wesentliche Maßnahmen wie Kapitalerhöhungen, -herabsetzungen oder Debt-Equity-Swaps bedürfen in aller Regel der Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit, z. B. gemäß §§ 182, 133 AktG oder § 53 Abs. 2 GmbHG. Darüber hinaus können in der Satzung, in Gesellschaftervereinbarungen oder in Finanzierungsdokumentationen zusätzliche Zustimmungserfordernisse, etwa durch Investoren, strategische Partner oder gar Kreditgeber (Covenants), vorgesehen sein. Bei börsennotierten Gesellschaften können melde- und veröffentlichungspflichtige Tatsachen vorliegen, die auch Dritte wie z. B. die BaFin involvieren.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Nichteinhaltung von Vorschriften bei einer Recapitalization?

Die Nichtbeachtung gesetzlicher und satzungsmäßiger Vorschriften im Rahmen einer Recapitalization kann weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Maßnahmen, die ohne wirksamen Gesellschafterbeschluss oder unter Missachtung von Gläubigerschutzvorschriften durchgeführt werden, sind in der Regel nichtig oder zumindest anfechtbar. Es drohen Schadenersatzforderungen von Gesellschaftern, Gläubigern oder Dritten. In schwerwiegenden Fällen, etwa bei vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung oder Insolvenzverschleppung, kann zusätzlich eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der leitenden Organe bestehen. Zudem können Registergerichte die Eintragung verweigern und Aufsichtsbehörden aufsichtsrechtliche Maßnahmen verhängen.

Welche Veröffentlichungs- und Registrierungspflichten bestehen im Zusammenhang mit einer Recapitalization?

Kapitalmaßnahmen und damit verbundene Änderungen der Unternehmensstruktur unterliegen verschiedenen Veröffentlichungs-, Melde- und Eintragungspflichten. So müssen beispielsweise Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen nach § 19 HGB bzw. § 78 GmbHG oder §§ 182 ff. AktG im Handelsregister eingetragen werden. Öffentliche Bekanntmachungen, unter anderem im Bundesanzeiger, sind zu beachten (§§ 49, 222 AktG). Insbesondere bei börsennotierten Unternehmen bestehen zusätzliche aufsichtsrechtliche Publizitätsanforderungen, etwa Ad-hoc-Mitteilungen nach Art. 17 MAR (Marktmissbrauchsverordnung). Auch Compliance-bezogene Dokumentationspflichten innerhalb des Unternehmens spielen eine wichtige Rolle.

Inwiefern sind arbeitsrechtliche Aspekte im Rahmen einer Recapitalization zu berücksichtigen?

Im Zuge einer Recapitalization können sich nicht nur gesellschafts- und kapitalrechtliche, sondern auch arbeitsrechtliche Fragestellungen ergeben. So besteht in mitbestimmten Gesellschaften häufig eine Beteiligungspflicht des Betriebsrats oder anderer Arbeitnehmervertretungen, etwa im Rahmen des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) oder des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Strukturelle Änderungen, die gegebenenfalls Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG darstellen, lösen Unterrichtungs- und Beratungsrechte aus. Zudem kann bei bestimmten Maßnahmen, wie z. B. Umwandlungen (Verschmelzung, Spaltung), ein Betriebsübergang nach § 613a BGB stattfinden, der Rechte und Pflichten auf neue Rechtsträger überträgt.

Welche Bedeutung hat der Verschuldungsgrad bei der rechtlichen Ausgestaltung einer Recapitalization?

Der Verschuldungsgrad (Leverage Ratio) ist bei der rechtlichen Strukturierung einer Recapitalization von erheblicher Bedeutung, da er sowohl den Anknüpfungspunkt für die Auswahl der Maßnahme als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen beeinflusst. Maßnahmen wie Debt-Equity-Swaps oder Kapitalzuführungen setzen zum einen die vertragliche Regelung mit Gläubigern voraus, etwa durch Verzichtsvereinbarungen oder Umwandlungsrechte, und zum anderen die Einhaltung bilanzieller und regulatorischer Vorgaben im Zusammenhang mit Verschuldungsgrenzen gemäß Banken- oder Bilanzrecht. Dies betrifft auch Covenants in bestehenden Kreditverträgen und, im Fall von Überschuldung oder drohender Zahlungsunfähigkeit, insolvenzrechtliche Eingriffsmöglichkeiten der Geschäftsführung.