Begriff und rechtliche Einordnung der Prozesskosten
Prozesskosten bezeichnen im deutschen Recht die Gesamtheit der finanziellen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Durchführung eines Gerichtsverfahrens entstehen. Sie umfassen alle im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens anfallenden Kosten, die notwendig sind, um die Durchsetzung oder Abwehr zivilrechtlicher, strafrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Ansprüche vor Gericht zu ermöglichen. Die genaue Regelung und Abgrenzung der Prozesskosten erfolgt durch verschiedene Rechtsnormen, insbesondere die Zivilprozessordnung (ZPO), das Gerichtskostengesetz (GKG), das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG), das Strafkostengesetz (GKG) und das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Zusammensetzung der Prozesskosten
Gerichtskosten
Die Gerichtskosten nehmen einen wesentlichen Teil der Prozesskosten ein. Sie umfassen:
- Gerichtsgebühren: Diese werden für die Durchführung des Verfahrens erhoben und sind im Einzelnen in den jeweiligen Gerichtskostengesetzen geregelt. Die Höhe der Gebühren richtet sich zumeist nach dem Streitwert beziehungsweise nach dem Gegenstandswert des Verfahrens.
- Auslagen des Gerichts: Hierzu gehören insbesondere Entschädigungen für Zeugen und Sachverständige, Kosten für Zustellungen von Schriftstücken, Übersetzungen sowie weitere Verwaltungsauslagen.
Kosten der Rechtsvertretung
Ein weiterer zentraler Bestandteil der Prozesskosten sind die Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt. Diese bestimmen sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und beinhalten unter anderem:
- Verfahrensgebühr und Terminsgebühr: Entstehen bei der Bearbeitung und Wahrnehmung von Gerichtsterminen.
- Auslagen und Pauschalen: Etwa für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen sowie Reisekosten.
- Mehrwertsteuer: Auch die auf die anwaltliche Leistung entfallende Mehrwertsteuer zählt zu den Prozesskosten.
Sonstige Verfahrenskosten
Je nach Art des Verfahrens können weitere Kostenpositionen zu den Prozesskosten zählen. Dazu gehören beispielsweise:
- Kosten für Privatgutachten, sofern diese im Verfahren verwendet werden
- Vergütung von Dolmetschern und Übersetzern sowie
- Kosten für die Hinzuziehung sogenannter Beistände und Nebenintervenienten
Prozesskosten im Zivilprozess
Im Zivilverfahren ist die Regelung der Prozesskosten zentraler Bestandteil der Zivilprozessordnung (ZPO). Dort finden sich insbesondere folgende maßgeblichen Vorschriften:
Grundsatz der Kostenlast (§ 91 ZPO)
Nach § 91 ZPO trägt grundsätzlich die unterliegende Partei die Kosten des gerichtlichen Verfahrens (sogenannter Grundsatz des vollständigen Kostenerstattungsanspruchs). Dies erlaubt der obsiegenden Partei, die ihr entstandenen Aufwendungen für das Verfahren von der unterliegenden Partei einzufordern.
Ausnahmen und Besonderheiten
- Quotierung der Kosten: Gemäß § 92 ZPO können die Kosten zwischen den Parteien anteilig verteilt werden, wenn jede Partei nur teilweise obsiegt.
- Kostenaufhebung: Das Gericht kann die Kosten auch gegeneinander aufheben, insbesondere bei Vergleichsschlüssen.
- Verschulden an der Kostenentstehung: Nach § 96 ZPO kann bei schuldhaft verursachten Kosten eine abweichende Entscheidung getroffen werden.
Prozesskosten im Strafverfahren
Im Strafverfahren sind die Prozesskosten in der Strafprozessordnung (StPO) sowie im Gerichtskostengesetz (GKG) und im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) geregelt.
- Kostenpflicht des Verurteilten: Wird der Angeklagte verurteilt, trägt er regelmäßig die Kosten des Verfahrens. Hierzu gehört neben den Gerichtskosten und Auslagen auch gegebenenfalls die Vergütung eines notwendigen Rechtsbeistandes.
- Kostenfreiheit im Fall des Freispruchs: Wird der Angeklagte freigesprochen, fallen ihm im Regelfall keine Kosten zur Last; vielmehr werden etwaige notwendige Verteidigungskosten aus der Staatskasse ersetzt.
Prozesskosten im Verwaltungsverfahren
Im Verwaltungsprozess gelten eigene Kostenregelungen nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), dem Gerichtskostengesetz (GKG) und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG):
- Kostenlast gemäß § 154 VwGO: Die unterliegende Partei ist grundsätzlich kostenpflichtig. Ausnahmen sind etwa in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu beachten.
- Besonderheiten im sozialen Rechtsschutz: Im Sozialgerichtsverfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) gilt eine weitgehende Kostenfreiheit für Kläger; Gerichtskosten entstehen in erster Instanz regelmäßig nicht.
Prozesskostenhilfe
Personen oder Parteien, die nicht in der Lage sind, die eigenen Prozesskosten aufzubringen, können bei Vorliegen der gesetzlich bestimmter Voraussetzungen Prozesskostenhilfe (PKH) beantragen (§§ 114 ff. ZPO). Im öffentlichen Interesse übernimmt hierbei der Staat die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise. Die Gewährung hängt insbesondere von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers sowie von den Erfolgsaussichten des Rechtsstreits ab.
- Bedingungen: Im Einzelnen müssen Bedürftigkeit, Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung sowie keine mutwillige Rechtsverfolgung oder -verteidigung vorliegen.
- Rückzahlung: In bestimmten Fällen ist die gewährte Prozesskostenhilfe zurückzuzahlen, etwa falls sich die wirtschaftlichen Verhältnisse verbessern.
Durchsetzung und Sicherung der Prozesskosten
Vorschuss und Sicherheitsleistung für Prozesskosten
Gerichte können einen Vorschuss für zu erwartende Prozesskosten verlangen (§ 12 GKG). In bestimmten Fällen ist eine Sicherheitsleistung für die zu erwartenden Kosten anzuordnen, insbesondere bei Klägern mit Sitz im Ausland (§ 110 ZPO).
Kostenausgleich und Kostenfestsetzung
- Kostenfestsetzungsverfahren (§ 103 ff. ZPO): Ermittlung und Festsetzung der erstattungsfähigen Prozesskosten nach Abschluss des Verfahrens.
- Erstattungsumfang: Nur gesetzlich geregelte und notwendige Kostenpositionen werden nach erfolgter Kostenfestsetzung ausgeglichen.
Unterscheidung: Prozesskosten und außergerichtliche Kosten
Nicht zu den Prozesskosten zählen Aufwendungen, die außerhalb eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens entstehen. Hierzu gehören insbesondere Kosten für außergerichtliche Vergleiche, Mediation oder vorbereitende Tätigkeiten, sofern diese nicht ausdrücklich gesetzlich als Prozesskosten anerkannt werden.
Steuerliche Behandlung der Prozesskosten
Prozesskosten können unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastungen im Rahmen der Einkommensbesteuerung geltend gemacht werden (§ 33 EStG). Rechtsprechung und Verwaltungspraxis stellen jedoch heute hohe Hürden für die steuerliche Absetzbarkeit, sodass eine genaue Einzelfallprüfung erforderlich ist.
Literatur und Rechtsgrundlagen
Für weiterführende Informationen bieten sich insbesondere folgende Rechtsquellen und Kommentare an:
- Zivilprozessordnung (ZPO)
- Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
- Gerichtskostengesetz (GKG)
- Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG)
- Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
- Sozialgerichtsgesetz (SGG)
- Strafprozessordnung (StPO)
- Einkommensteuergesetz (EStG)
Zusammenfassung:
Prozesskosten umfassen sämtliche Aufwendungen, die mit der gerichtlichen Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen verbunden sind. Gesetzliche Regelungen stellen sicher, dass jede Partei weiß, welche Kosten im Falle eines gerichtlichen Verfahrens auf sie zukommen können. Die Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen ermöglicht eine fundierte Einschätzung des Kostenrisikos und trägt dazu bei, gerichtliche Auseinandersetzungen effektiv und effizient zu führen oder zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen
Wer trägt die Prozesskosten im Zivilverfahren?
Im deutschen Zivilprozess gilt grundsätzlich der sogenannte Grundsatz der unterliegenden Partei gemäß § 91 ZPO (Zivilprozessordnung). Das bedeutet, dass die Partei, die im Prozess unterliegt, die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen muss, also sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten des Gegners, beispielsweise Anwaltskosten. Gewinnt eine Partei den Prozess nur teilweise, werden die Kosten entsprechend dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens aufgeteilt (§ 92 ZPO). In Ausnahmefällen kann das Gericht nach billigem Ermessen eine andere Kostenverteilung anordnen, etwa wenn eine Partei den Prozess ohne ihr Verschulden nicht verhindern konnte. Zu den Prozesskosten zählen nicht nur Anwalts- und Gerichtskosten, sondern gegebenenfalls auch Zeugengebühren, Sachverständigenkosten und weitere notwendige Auslagen. Ein separater Antrag auf Kostenfestsetzung nach Rechtskraft der Entscheidung ist in der Regel erforderlich, damit die obsiegende Partei ihre Aufwendungen erstattet bekommt.
Welche Rolle spielt der Streitwert bei der Berechnung der Prozesskosten?
Der Streitwert, auch Gegenstandswert genannt, bildet die Grundlage für die Berechnung der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren im Zivilprozess. Er wird entweder durch das Gericht festgesetzt oder ergibt sich aus dem eingeklagten Betrag. Die Gerichtskosten richten sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) und steigen mit höherem Streitwert. Ebenso orientieren sich die Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) am Streitwert. Für bestimmte Verfahrensarten gibt es feste oder reduzierte Gebühren. Der Streitwert hat zudem Einfluss auf die anfallenden Kosten für etwaige Sachverständige oder Zeugen, die nach Aufwand und Bedeutung abgerechnet werden. Daher ist die korrekte Feststellung des Streitwerts für die Kostenprognose aller beteiligten Parteien von zentraler Bedeutung.
Was sind Prozesskostenhilfe (PKH) und wie kann man diese beantragen?
Prozesskostenhilfe (PKH) ist eine staatliche Unterstützungsleistung für Personen, die die Kosten eines Gerichtsverfahrens aus eigenen finanziellen Mitteln nicht aufbringen können und denen keine mutwillige oder aussichtslose Rechtsverfolgung zur Last gelegt wird. Die PKH deckt ganz oder teilweise die Gerichtskosten sowie die Gebühren des eigenen Rechtsanwalts. Voraussetzung ist ein Antrag beim zuständigen Gericht mit detaillierten Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sowie zur Sache selbst. Das Gericht prüft sowohl die Erfolgsaussichten der Rechtssache (§ 114 ZPO) als auch die Bedürftigkeit des Antragstellers. Die Prozesskostenhilfe kann als Vollhilfe (keine Rückzahlung) oder Ratenzahlung bewilligt werden; in bestimmten Fällen kann sie auch widerrufen oder nachträglich zurückgefordert werden, sollte sich die finanzielle Lage des Begünstigten verbessern.
Welche Kosten fallen unter den Begriff der Prozesskosten genau?
Unter Prozesskosten im rechtlichen Sinne versteht man sämtliche Aufwendungen, die unmittelbar mit der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens verbunden sind. Hierzu zählen die Gerichtsgebühren gemäß dem Gerichtskostengesetz (GKG), die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren nach dem RVG, Auslagen für Zeugen und Sachverständige, Kosten für Urkunden, Übersetzungen und ggf. Reisekosten. Zu den Prozesskosten gehören nicht etwa außergerichtliche Kosten der Streitschlichtung oder eigenständige Ermittlungen der Parteien außerhalb des Gerichts. Die Kosten müssen im konkreten Zusammenhang mit dem geführten Verfahren stehen und gemäß den prozessrechtlichen Vorschriften abgerechnet werden.
Wie werden Prozesskosten im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht?
Die im Rahmen eines Rechtsstreits entstandenen erstattungsfähigen Kosten müssen von der obsiegenden Partei im sogenannten Kostenfestsetzungsverfahren beim Gericht beantragt werden, damit sie gegenüber dem Kostenschuldner (meist der unterliegenden Partei) vollstreckbar werden. Grundlage hierfür ist ein rechtskräftiger Kostenfestsetzungsbeschluss. Im Kostenfestsetzungsantrag sind die konkreten Auslagen und Gebühren nachzuweisen und aufzuschlüsseln. Das Gericht prüft, ob die geltend gemachten Positionen tatsächlich prozessrechtlich erstattungsfähig sind und in angemessener Höhe angesetzt wurden. Nach Prüfung erlässt das Gericht den Beschluss, der vollstreckbar ist. Unstreitige Kosten können außergerichtlich direkt zwischen den Parteien ausgeglichen werden.
Was ist der Unterschied zwischen Prozesskosten und außergerichtlichen Kosten?
Prozesskosten sind ausschließlich solche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren entstehen und gesetzlich im Rahmen der Verfahrenskostenordnung (insbesondere GKG und RVG) reguliert sind. Außergerichtliche Kosten hingegen fallen im Vorfeld oder außerhalb des gerichtlichen Verfahrens an, beispielsweise bei einer außergerichtlichen Einigung, Mediation oder Schlichtung. Während Prozesskosten im Rahmen einer Kostengrundentscheidung und nach dem Veranlassungsprinzip zwischen den Parteien aufgeteilt werden, trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten in der Regel selbst, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen oder diese nicht ausnahmsweise als Teil des Schadenersatzes geltend gemacht werden können.
Unter welchen Voraussetzungen können Prozesskosten steuerlich geltend gemacht werden?
Prozesskosten können, je nach Einzelfall, als außergewöhnliche Belastung im Rahmen der Einkommenssteuererklärung steuerlich absetzbar sein (§ 33 EStG). Seit einer Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2013 ist die Absetzbarkeit jedoch stark eingeschränkt: Prozesskosten sind grundsätzlich nur noch abzugsfähig, wenn die Führung des Rechtsstreits existenziell notwendige Bedeutung für den Steuerpflichtigen hat und die Lebensgrundlage gefährdet wäre, etwa bei Prozessen um Unterhalt, Schmerzensgeld oder zur Sicherung des Lebensunterhalts. Kosten für Zivilprozesse zur Durchsetzung allgemeiner vermögensrechtlicher Ansprüche sind regelmäßig nicht mehr abziehbar. Es empfiehlt sich, hierzu aktuelle rechtliche Entwicklungen zu beachten und ggf. steuerlichen Rat einzuholen.