Probearbeitsverhältnis: Begriff, Funktion und Abgrenzung
Das Probearbeitsverhältnis ist ein zeitlich begrenztes Arbeitsverhältnis, dessen Hauptzweck darin besteht, die Eignung der beschäftigten Person für eine Tätigkeit zu prüfen. Es handelt sich um ein vollwertiges Arbeitsverhältnis mit allen grundlegenden Rechten und Pflichten, das in der Regel befristet abgeschlossen wird und nach Ablauf automatisch endet, sofern es nicht in ein Anschlussarbeitsverhältnis übergeht.
Was ist ein Probearbeitsverhältnis?
Ein Probearbeitsverhältnis liegt vor, wenn die Parteien einen Arbeitsvertrag ausdrücklich für eine Erprobungsphase vereinbaren. Während dieser Zeit soll festgestellt werden, ob Arbeitsleistung und Anforderungen zueinander passen. Die Beschäftigten erbringen reguläre Arbeit, unterliegen dem Weisungsrecht und haben Anspruch auf Vergütung sowie auf die Einhaltung der gesetzlichen Schutzvorschriften.
Abgrenzung: Probearbeitsverhältnis, Probezeit, Probearbeit und Einfühlungsverhältnis
Die Begriffe werden häufig vermischt, unterscheiden sich jedoch rechtlich:
- Probearbeitsverhältnis (befristet): Eigenständiger, meist befristeter Arbeitsvertrag zur Erprobung. Entgelt- und Schutzrechte gelten vollumfänglich.
- Probezeit (in unbefristetem Vertrag): Abschnitt am Beginn eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, in dem gelockerte Kündigungsfristen gelten können. Es handelt sich nicht um ein eigenes Arbeitsverhältnis, sondern um eine vertraglich definierte Anfangsphase.
- Probearbeit: Umgangssprachlich für ein kurzfristiges Testen im Betrieb. Sobald Arbeitsleistung mit wirtschaftlichem Wert erbracht wird, liegt regelmäßig ein Arbeitsverhältnis vor – mit Vergütungspflicht. Reine Beobachtung ohne Arbeitspflicht (siehe unten) fällt nicht hierunter.
- Einfühlungsverhältnis: Kurzzeitiges Kennenlernen ohne Arbeits- und Vergütungspflicht (z. B. bloßes Zuschauen). Sobald jedoch echte Arbeit verrichtet wird, spricht dies gegen ein bloßes Einfühlungsverhältnis.
Rechtsnatur und Zustandekommen
Vertragsgestaltung und Schriftform
Das Probearbeitsverhältnis beruht auf einem Arbeitsvertrag. Wird es befristet vereinbart, muss die Befristung vor Arbeitsaufnahme schriftlich festgehalten sein. Der Vertrag sollte die Erprobungsabsicht, die Dauer, die Vergütung, die Arbeitszeit, mögliche Kündigungsregelungen und etwaige kollektivrechtliche Bezüge (z. B. Tarifbindung) klar bezeichnen.
Befristung und Dauer
Die Befristung dient der Erprobung und ist nur in dem Umfang zulässig, der zur Feststellung der Eignung erforderlich ist. In der Praxis orientiert sich die Dauer oft an einigen Monaten und kann bis zu einem halben Jahr betragen. Kürzere oder längere Zeiträume können je nach Tätigkeit und betrieblichen Umständen in Betracht kommen, soweit sie dem Erprobungszweck entsprechen.
Arbeitsbeginn und Anrechnung von Zeiten
Beginnt im Anschluss an das Probearbeitsverhältnis ein weiteres Arbeitsverhältnis nahtlos, werden die Zeiten des Probearbeitsverhältnisses häufig auf Betriebszugehörigkeit, Wartezeiten und Stufenläufe angerechnet. Maßgeblich ist, was vertraglich vereinbart ist und was sich aus den allgemeinen Regeln und etwaigen Kollektivvereinbarungen ergibt.
Rechte und Pflichten während des Probearbeitsverhältnisses
Vergütung und Mindeststandards
Beschäftigte haben Anspruch auf die vereinbarte Vergütung mindestens in Höhe der geltenden Untergrenzen. Werden Tätigkeiten erbracht, ist eine Bezahlung grundsätzlich geschuldet. Sachbezüge oder variable Entgeltbestandteile sind nur zulässig, wenn sie klar vereinbart sind und Mindeststandards gewahrt bleiben.
Arbeitszeit, Urlaub und Krankheit
Es gelten die Regeln zu Arbeitszeit, Ruhepausen, Nacht- und Mehrarbeit. Urlaubsansprüche entstehen zeitanteilig ab Beginn des Arbeitsverhältnisses; der volle Jahresurlaub entsteht regelmäßig nach einer sechsmonatigen Wartezeit. Bei Krankheit kommt eine Entgeltfortzahlung grundsätzlich erst nach einem zusammenhängenden Beschäftigungszeitraum von vier Wochen in Betracht. Melde- und Nachweispflichten im Krankheitsfall bestehen von Beginn an.
Sozialversicherung und Meldungen
Das Probearbeitsverhältnis ist in der Regel sozialversicherungspflichtig (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung), soweit nicht eine geringfügige Beschäftigung vorliegt. Übliche Melde- und Nachweisverfahren sind einzuhalten.
Weisungsrecht, Nebenpflichten und Datenschutz
Beschäftigte unterliegen dem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht. Nebenpflichten wie Verschwiegenheit, Loyalität, sorgfältiger Umgang mit Betriebsmitteln sowie Beachtung von Datenschutz- und Geheimnisschutzregeln gelten uneingeschränkt. Bei Tätigkeiten mit erhöhten Sicherheitsanforderungen sind betriebliche Schutz- und Präventionsmaßnahmen zu beachten.
Beendigung und Kündigung
Automatisches Ende bei Befristung
Das Probearbeitsverhältnis endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Ein automatischer Übergang in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis setzt eine entsprechende Vereinbarung oder ein eindeutiges Verhalten der Parteien voraus (z. B. Weiterarbeit mit Wissen und Billigung).
Kündigung während der Erprobung
Ist eine ordentliche Kündigung vereinbart, kann während des Probearbeitsverhältnisses eine verkürzte Kündigungsfrist gelten. Ohne entsprechende Vereinbarung ist eine ordentliche Kündigung während einer Befristung regelmäßig ausgeschlossen. Eine außerordentliche Kündigung setzt einen wichtigen Grund voraus.
Schutzvorschriften und Sonderkündigungsschutz
Unabhängig von der Erprobung gelten Diskriminierungsverbote und sonstige Schutzbestimmungen. Bestimmte Personengruppen genießen besonderen Kündigungsschutz. Der allgemeine Kündigungsschutz greift in der Regel erst nach einer sechsmonatigen Wartezeit und abhängig von der Betriebsgröße.
Zeugnis und Unterlagen
Bei Beendigung besteht Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Zudem sind die üblichen Bescheinigungen und Abrechnungen auszustellen, damit Ansprüche gegenüber Sozialleistungsträgern oder neuen Arbeitgebern nachgewiesen werden können.
Kollektivrechtliche Einflüsse
Tarifverträge
Tarifverträge können Vergütung, Entgeltgruppen, Arbeitszeit, Kündigungsfristen, Stufenläufe und weitere Bedingungen auch für Probearbeitsverhältnisse vorsehen. Eine Tarifbindung kann sich aus beiderseitiger Tarifzugehörigkeit oder aus Bezugnahmeklauseln ergeben.
Betriebsrat und Mitbestimmung
Besteht ein Betriebsrat, sind dessen Beteiligungsrechte zu beachten, etwa bei personellen Einzelmaßnahmen. Zudem können Betriebsvereinbarungen arbeitszeitliche oder organisatorische Rahmenbedingungen während der Erprobung konkretisieren.
Grenzfälle und Risiken
Schein-Probearbeit und unzulässige Umgehungen
Wird unter dem Etikett „Probearbeit“ produktive Arbeit ohne Vergütung erbracht, spricht dies für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses mit entsprechenden Ansprüchen. Eine bloße Hospitation ohne Arbeitspflicht ist hiervon zu unterscheiden.
Wiederholte oder Ketten-Probearbeitsverhältnisse
Mehrfach hintereinander geschaltete befristete Erprobungsphasen können problematisch sein, wenn der Erprobungszweck vorgeschoben erscheint. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere Tätigkeit, Dauer und Zweck der Befristung.
Besonderheiten bei Teilzeit und Minijob
Auch in Teilzeit oder bei geringfügiger Beschäftigung gelten die Grundsätze des Probearbeitsverhältnisses. Vergütung, Urlaub, Kündigungsfristen und Schutzrechte bestehen entsprechend der vereinbarten Arbeitszeit und den allgemeinen Vorgaben.
Häufig gestellte Fragen
Worin liegt der Unterschied zwischen Probearbeitsverhältnis und Probezeit?
Das Probearbeitsverhältnis ist ein eigenständiger, meist befristeter Arbeitsvertrag mit Erprobungszweck. Die Probezeit ist lediglich die Anfangsphase eines bereits unbefristeten Arbeitsverhältnisses, in der häufig erleichterte Kündigungsfristen gelten. Beide dienen der Eignungsprüfung, unterscheiden sich aber in ihrer vertraglichen Struktur.
Muss ein Probearbeitsverhältnis vergütet werden?
Ja. Da reguläre Arbeitsleistung erbracht wird, besteht Anspruch auf Vergütung mindestens in Höhe der geltenden Untergrenzen. Unbezahlte Probearbeit ist nur denkbar, wenn keine Arbeitspflicht besteht und lediglich beobachtet oder hospitiert wird; dann liegt kein Probearbeitsverhältnis vor.
Wie lange darf ein Probearbeitsverhältnis dauern?
Die Dauer muss dem Erprobungszweck entsprechen. In der Praxis sind einige Monate üblich; eine Orientierung bis zu einem halben Jahr ist verbreitet. Ausschlaggebend ist, welcher Zeitraum zur verlässlichen Beurteilung der Eignung erforderlich ist.
Gilt während des Probearbeitsverhältnisses Kündigungsschutz?
Allgemeiner Kündigungsschutz greift regelmäßig erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten und abhängig von der Betriebsgröße. Besondere Schutzvorschriften gelten jedoch von Beginn an und sind auch während der Erprobung zu beachten.
Kann ein befristetes Probearbeitsverhältnis vorzeitig gekündigt werden?
Eine ordentliche Kündigung während der Befristung ist nur möglich, wenn dies vertraglich vereinbart wurde. Unabhängig davon kommt eine außerordentliche Kündigung in Betracht, sofern ein wichtiger Grund vorliegt.
Entsteht Urlaubsanspruch während des Probearbeitsverhältnisses?
Ja. Urlaubsansprüche entstehen zeitanteilig ab Beginn des Arbeitsverhältnisses. Der volle Jahresurlaub entsteht regelmäßig nach einer Wartezeit von sechs Monaten, sofern das Arbeitsverhältnis dann fortbesteht.
Zählt die Zeit des Probearbeitsverhältnisses auf spätere Wartezeiten und Betriebszugehörigkeit?
Häufig ja, insbesondere wenn nahtlos ein Anschlussarbeitsverhältnis folgt. Dadurch können Wartezeiten und Stufenläufe beeinflusst werden. Maßgeblich sind die vertraglichen Regelungen und die allgemeinen Grundsätze.
Was passiert, wenn die schriftliche Befristungsabrede fehlt?
Wird eine Befristung nicht rechtzeitig schriftlich vereinbart, kann das Arbeitsverhältnis als unbefristet gelten. Die Schriftform der Befristung muss vor Arbeitsaufnahme erfüllt sein.