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Personenverkehr


Personenverkehr – Rechtliche Definition und umfassende Erläuterung

Begriff und Abgrenzung des Personenverkehrs

Der Begriff Personenverkehr bezeichnet die Beförderung von natürlichen Personen im Gegensatz zum Güterverkehr, der den Transport von Sachen zum Gegenstand hat. Personenverkehr umfasst alle Verkehrsvorgänge, bei denen Menschen mittels Verkehrsmitteln des öffentlichen oder privaten Verkehrs befördert werden. Dies schließt sowohl den Individualverkehr als auch den öffentlichen Personenverkehr ein.

Im rechtlichen Kontext spielt die Abgrenzung zwischen Personen- und Güterverkehr eine zentrale Rolle, da jeweils unterschiedliche gesetzliche Regelungen greifen. Der Personenverkehr unterliegt einer Vielzahl von rechtlichen Vorgaben auf nationaler und europäischer Ebene.


Gesetzliche Grundlagen des Personenverkehrs

Nationales Recht

Der Personenverkehr ist in Deutschland durch eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen geregelt. Zu den wichtigsten Regelungswerken zählen:

1. Personenbeförderungsgesetz (PBefG):
Das PBefG regelt die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr. Es unterscheidet dabei verschiedene Verkehrsarten, wie Linienverkehr, Gelegenheitsverkehr (z. B. Taxi, Mietwagen, Ausflugsfahrten) und Sonderformen.

2. Straßenverkehrsgesetz (StVG):
Das StVG enthält grundlegende Vorschriften für den Straßenverkehr, die auch für den Personenverkehr gelten, etwa Haftungsfragen, Fahreignung und Zulassung von Fahrzeugen.

3. Eisenbahnrecht (Allgemeines Eisenbahngesetz, AEG):
Für den Personenverkehr auf der Schiene gelten insbesondere das AEG sowie weitere Vorschriften wie Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) und die Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO).

4. Luftverkehrsgesetz (LuftVG):
Das LuftVG regelt die Beförderung von Personen im Luftverkehr, einschließlich Zulassung von Luftfahrtunternehmen, Piloten und Luftfahrzeugen sowie Beförderungsbedingungen.

5. Seerecht und Binnenschifffahrtsrecht:
Die Personenbeförderung im Schiffsverkehr unterliegt dem Binnenschifffahrtsgesetz (BinSchG), dem Schiffsverkehrsrecht und internationalen Übereinkommen.

Europarecht und internationale Vorschriften

1. EU-Verordnungen und Richtlinien:
Der Personenverkehr ist Gegenstand zahlreicher EU-Verordnungen, etwa bzgl. der Fahrgastrechte (z.B. Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 für den Schienenpersonenverkehr, Verordnung (EG) Nr. 261/2004 für den Luftverkehr) sowie der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 über die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers.

2. Internationale Abkommen:
Relevant sind auch bilaterale und multilaterale Abkommen, wie das Übereinkommen von Montreal oder die COTIF für den grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr.


Verkehrsarten und ihre rechtlichen Besonderheiten

Öffentlicher Personenverkehr

Linienverkehr:
Der Linienverkehr umfasst die regelmäßige, nach Fahrplan organisierte Beförderung von Personen, etwa durch Bus, Bahn, Straßenbahn oder U-Bahn. Die Genehmigung und Ausgestaltung richten sich nach dem PBefG und ergänzenden Verordnungen.

Pflichten der Verkehrsunternehmen:
Verkehrsunternehmen sind zur Durchführung genehmigter Verkehrsleistungen verpflichtet. Es bestehen besondere Anforderungen bezüglich Beförderungspflicht, Tarifgestaltung, Betriebspflicht und Fahrgastrechten.

Gelegenheitsverkehr

Hierunter fallen Verkehrsdienste, die nicht nach einem festen Fahrplan oder auf festen Linien erfolgen, etwa durch Taxen, Mietwagen oder Ausflugsfahrten. Die rechtlichen Anforderungen sind im PBefG sowie in lokalen Vorschriften geregelt. Beispiele für Regelungsinhalte sind Konzessionspflicht, Tariferhebung, Betriebspflicht sowie Mitführungs- und Beförderungspflichten.

Individualverkehr

Der private Individualverkehr außerhalb des geschäftsmäßigen Verkehrs (z. B. Beförderung durch Privatpersonen ohne Entgelt) unterliegt nicht dem PBefG, sondern allgemeinen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften.


Pflichten und Rechte im Personenverkehr

Beförderungspflicht und Beförderungsvertrag

Im Rahmen der öffentlichen Verkehrsbedienung besteht für zugelassene Unternehmen häufig eine Beförderungspflicht. Der Beförderungsvertrag kommt in der Regel mit dem Kauf eines Fahrausweises zustande.

Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB) regeln Rechte und Pflichten der Parteien, etwa zu Haftungsfragen, Verhalten der Reisenden, Ausschlussgründen und Vertragsstrafen.

Haftung im Personenverkehr

Verkehrsunfall und Haftungsgrundlagen:
Grundsätzlich gelten die zivilrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bzw. die spezialgesetzlichen Regelungen (etwa StVG, PBefG, AEG, LuftVG) hinsichtlich der Haftung bei Verletzung oder Tod eines Fahrgastes.

Beweislast und Haftungshöchstgrenzen:
Im öffentlichen Personenverkehr greifen oft erleichterte Haftungsregelungen und Höchstgrenzen, insbesondere im Eisenbahn-, Bus- und Luftverkehr.

Fahrgastrechte

Fahrgästen steht bei Verspätung, Ausfall, Überbuchung oder Annulierung von Leistungen ein umfassendes Set an Rechten zu. Hierzu zählen Entschädigungsansprüche, Betreuungsleistungen, Information sowie Unterbringung und Verpflegung in Ausnahmefällen. Die genaue Ausgestaltung ist national wie europarechtlich geregelt und unterscheidet sich je nach Verkehrsträger (Bahn, Bus, Flugzeug, Schiff).


Regulierungsbehörden und Aufsicht

Für die Kontrolle und Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben im Personenverkehr bestehen verschiedenste zuständige Behörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. So ist beispielsweise das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) für den Kraftverkehr zuständig, während das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) im Schienenpersonenverkehr Aufsicht führt. Im Luftverkehr übernimmt das Luftfahrt-Bundesamt diese Aufgabe.


Datenschutz und Personenverkehr

Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen von Buchungen, Abonnements oder elektronischen Tickets unterliegt den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie spezialgesetzlichen Regelungen zum Schutz der Fahrgastdaten.


Grenzüberschreitender Personenverkehr

Im internationalen Personenverkehr gelten teils weitergehende Vorgaben, die den grenzüberschreitenden Verkehr und dessen Abwicklung betreffen. Besondere Bedeutung haben hier internationale Fahrgastrechte, Visabestimmungen, Zoll- und Einreisevorschriften sowie spezifische Regelungen bei internationalen Verkehrsabkommen.


Zusammenfassung

Der Begriff Personenverkehr umfasst sämtliche rechtliche Vorgaben und Rahmenbedingungen für die entgeltliche und unentgeltliche Beförderung von Menschen. Die Regelungen betreffen allgemeine Haftungsfragen, Vertragsbedingungen, Pflichten der Verkehrsunternehmen, Fahrgastrechte und weitergehende Vorschriften je nach Verkehrsträger. Auf europäischer und internationaler Ebene existieren ergänzend harmonisierte Regelungen, die einen einheitlichen Schutz der Fahrgäste zu gewährleisten versuchen. Der Personenverkehr ist einer der am umfassendsten regulierten Bereiche des Verkehrsrechts und befindet sich im fortlaufenden Wandel durch Gesetzgebung und Rechtsprechung.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich verantwortlich für die Sicherheit im Personenverkehr?

Im Bereich des Personenverkehrs liegt die rechtliche Verantwortung für die Sicherheit grundsätzlich beim jeweiligen Verkehrsunternehmen, etwa bei Eisenbahn-, Straßenbahn-, Bus- oder Fluggesellschaften. Diese Unternehmen unterliegen diversen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, z. B. dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) oder der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO). Sie sind verpflichtet, technische und organisatorische Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen, zum Beispiel durch regelmäßige Wartung der Fahrzeuge, Schulung des Personals und Umsetzung von Notfallkonzepten. Hinzu kommen Auflagen gemäß Arbeitsschutzrecht sowie Normen für Barrierefreiheit, Unfallverhütung und Fahrgastinformation. Die Aufsicht führen jeweils zuständige Behörden (z. B. Landesbehörden, das Eisenbahn-Bundesamt oder das Luftfahrt-Bundesamt), die die Einhaltung der Sicherheitspflichten kontrollieren und im Schadensfall Bußgelder oder Betriebseinschränkungen verhängen können. Fahrgäste haben zudem im Haftungsfall zivilrechtliche Ansprüche gegen das Verkehrsunternehmen, etwa auf Schadensersatz aus § 823 BGB oder auf Ersatz wegen Vertragsverletzung.

Welche Rechte haben Fahrgäste bei Verspätungen und Ausfällen?

Fahrgäste genießen im Personenverkehr umfassende gesetzliche Schutzrechte, die sich je nach Verkehrsart und -mittel unterscheiden. Im Eisenbahnverkehr etwa regeln die Fahrgastrechte-Verordnung (EU-VO 1371/2007) und das nationale Eisenbahnrecht die Ansprüche, etwa auf Erstattung, Ersatzbeförderung oder Entschädigung bei erheblichen Verspätungen. Im Linienbusverkehr gelten analoge, aber bundeslandspezifische Regelungen gemäß PBefG und AGB der Betreiber. Im Luftverkehr gibt die Fluggastrechteverordnung (EG 261/2004) bestimmte Entschädigungen, Verpflegungs- und Betreuungsleistungen sowie Rückerstattungsansprüche vor. In allen Fällen müssen Fahrgäste ihre Rechte jedoch geltend machen, häufig unter Einhaltung von Fristen und unter Nachweis der betroffenen Buchung. Die Unternehmen sind zur Information verpflichtet und müssen im Streitfall Schlichtungsverfahren ermöglichen.

Welche Pflichten treffen Betreiber beim barrierefreien Zugang im Personenverkehr?

Betreiber im Personenverkehr sind durch verschiedene nationale und europäische Vorschriften verpflichtet, barrierefreie Zugänglichkeit zu gewährleisten. Maßgeblich ist in Deutschland das Personenbeförderungsgesetz (PBefG), das in § 8 Abs. 3 Satz 3 die umfassende Barrierefreiheit bis spätestens 2022 fordert, sowie das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und einschlägige EU-Rechtsakte (v.a. VO (EU) 1300/2014 für den Eisenbahnverkehr). Dies umfasst bauliche Maßnahmen an Haltestellen und Fahrzeugen (z. B. Niederflurtechnologie, akustische und optische Anzeigen), Schulung des Personals und die Bereitstellung von Informationen in barrierefreien Formaten. Die Umsetzung kann im Einzelfall durch Ausnahmegenehmigungen oder längere Übergangsfristen eingeschränkt sein, muss aber stets nach dem Stand der Technik und unter Berücksichtigung individueller Bedürfnisse erfolgen. Die Aufsicht führen öffentliche Stellen, und Betroffene können Beschwerde einlegen oder ggf. einklagen.

Unter welchen Voraussetzungen dürfen Betreiber Fahrgäste von der Beförderung ausschließen?

Der Ausschluss von Fahrgästen von der Beförderung ist nur unter bestimmten, im Gesetz und in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB) geregelten Voraussetzungen zulässig. Typische Gründe sind die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung des Betriebs, erhebliche Belästigung anderer Fahrgäste, Verstößen gegen Mitwirkungspflichten (z. B. Maskenpflicht, Fahrscheinpflicht) oder bei mutmaßlicher Gefahr für Leib und Leben. Die maßgeblichen Normen finden sich im Personenbeförderungsgesetz (§ 10 PBefG) sowie in Sonderregelungen für Schienen-, Straßenbahn- oder Luftverkehr. Der Ausschluss ist grundsätzlich anzudrohen und zu begründen. Ein willkürlicher oder diskriminierender Ausschluss ist rechtlich unzulässig und kann zu Schadensersatzansprüchen führen.

Wie haften Personenverkehrsunternehmen bei Unfällen oder Schadensfällen?

Im Schadensfall gelten für Personenverkehrsunternehmen strenge zivilrechtliche Haftungsmaßstäbe. Gemäß §§ 1, 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz) und §§ 1, 33 HaftPflG für Eisenbahnen, sowie nach internationalen Übereinkommen (z. B. Montrealer Übereinkommen für die Luftfahrt), haften Betreiber für Personenschäden, Sachschäden und Gepäckverlust fast immer verschuldensunabhängig („Gefährdungshaftung“). Nur bei höherer Gewalt (z. B. Elementarereignissen) oder grobem Fehlverhalten des Fahrgastes kann die Haftung reduziert oder ausgeschlossen sein. Für die Durchsetzung von Ansprüchen gilt zumeist eine dreijährige Verjährungsfrist, und für Bahnen bzw. Fluggesellschaften sind oft spezielle Fristen und Verfahrenswege einzuhalten.

Inwieweit gelten Datenschutzbestimmungen im Personenverkehr?

Im Personenverkehr unterliegen personenbezogene Daten der Fahrgäste (z. B. Buchungsdaten, Standortdaten, Barrierefreiheits-Bedarf) den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und ergänzenden nationalen Regelungen (z. B. BDSG). Betreiber sind verpflichtet, für die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung dieser Daten einen konkreten, legitimen Zweck nachzuweisen (z. B. Abwicklung von Fahrkartenkäufen, Sicherheitspflichten) und müssen technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten treffen. Betroffene haben umfangreiche Informations-, Auskunfts- und Löschungsrechte. Insbesondere bei digitalen Tickets, Videoüberwachung oder personalisierten Kundenkonten ist eine detaillierte Datenschutzerklärung sowie die Gewährleistung von Datensicherheit erforderlich. Datenschutzverstöße können von Aufsichtsbehörden geahndet und mit Bußgeldern belegt werden.

Welche Sonderrechte gibt es für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität?

Für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität bestehen neben den allgemeinen Fahrgastrechten spezifische Schutz- und Förderansprüche. Nach § 2 PBefG sowie einschlägigen EU-Verordnungen haben sie Anspruch auf unentgeltliche Hilfeleistungen beim Ein- und Ausstieg, auf besondere Sitzplatzangebote und auf kostenfreien Transport von Hilfsmitteln (z. B. Rollstühle). Die Unternehmen müssen Anmeldemöglichkeiten für Unterstützung bereitstellen und Mitarbeitende schulen. Verstöße gegen diese Pflichten können zu Schadensersatz führen und sind oftmals Überwachungsgegenstand durch Behindertenbeauftragte der Aufsichtsbehörden. Auch im Hinblick auf die Barrierefreiheit von Informationssystemen bestehen separate rechtliche Anforderungen.