Definition und Bedeutung der Personenstandsfälschung
Personenstandsfälschung ist ein Straftatbestand des deutschen Strafrechts, der das unrechtmäßige Herbeiführen, Verfälschen oder Gebrauchen unrichtiger Angaben zum Personenstand einer Person unter Strafe stellt. Der Begriff „Personenstand“ bezieht sich dabei auf die das Persönlichkeitsrecht betreffenden Tatsachen wie Geburt, Eheschließung, Lebenspartnerschaft, Sterbefall sowie verschiedene Namens- und Abstammungsverhältnisse, die im Personenstandsregister eingetragen werden. Die Personenstandsfälschung schützt das öffentliche Interesse an der Richtigkeit und Zuverlässigkeit dieser Registereintragungen und Urkunden.
Gesetzliche Regelungen zur Personenstandsfälschung
Strafrechtliche Normierung
Die Personenstandsfälschung ist in Deutschland in § 169 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Der Tatbestand lautet wie folgt:
„Wer die Beurkundung des Personenstandes einer Person durch unwahre Angaben oder durch Unterdrücken, Verfälschen oder Vernichten von Beurkundungsgrundlagen oder von Beurkundungen veranlasst oder eine solche Beurkundung gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Geschützte Rechtsgüter
Das Rechtsgut, das durch § 169 StGB geschützt wird, ist primär die Funktionsfähigkeit des Personenstandsregisters und die Gewährleistung der Identität und Rechtsstellung von Personen in der Gesellschaft. Sekundär werden auch die Interessen der unmittelbar betroffenen Person, der Familienangehörigen sowie Dritter, und das öffentliche Vertrauen in Personenstandsurkunden geschützt.
Tatbestandsvoraussetzungen der Personenstandsfälschung
Unwahre Angaben und Handlungen
Der Tatbestand verlangt, dass der Täter durch folgende Handlungen auf den Personenstand Einfluss nimmt:
- Unwahre Angaben: Vorsätzlich falsche Angaben zu den Identitätsdaten, dem Status oder anderen personenstandsrelevanten Tatsachen (z. B. falscher Name, erfundene Abstammung).
- Unterdrücken, Verfälschen oder Vernichten von Beurkundungsgrundlagen oder Beurkundungen: Zerstörung, Veränderung oder Beseitigung von Urkunden oder Eintragungen sowie deren Grundlagen (z. B. Geburtsurkunde, Sterbeurkunde).
- Veranlassen oder Gebrauchen: Der Täter muss entweder die Personstandsbeurkundung in unrichtiger Weise herbeiführen oder eine bereits gefälschte/fehlerhafte Personenstandsurkunde verwenden.
Subjektiver Tatbestand
Personenstandsfälschung ist ein Vorsatzdelikt. Der Täter muss wissentlich und willentlich handeln, also die Unrichtigkeit der Angaben oder der Urkunde erkennen und beabsichtigen, den Personenstand unrichtig beurkunden zu lassen oder unrichtig auszugeben.
Erfolg und Vollendung
Der Straftatbestand ist vollendet, sobald es durch die Handlung zur Eintragung oder Ausstellung einer unrichtigen Personenstandsurkunde kommt oder eine solche Urkunde gebraucht wird, unabhängig davon, ob ein Schaden entsteht.
Formen und Beispiele der Personenstandsfälschung
Personenstandsfälschung kann in unterschiedlichen Konstellationen auftreten. Typische Fälle sind:
- Erschleichen einer falschen Identität durch Vorlage gefälschter Dokumente gegenüber dem Standesamt.
- Vortäuschen einer Geburt oder eines Todesfalls, um finanzielle oder andere Vorteile zu erlangen.
- Falsche Angaben zur Elternschaft oder zum Familienstand bei der Beurkundung im Personenstandsregister.
- Verwendung gefälschter Geburts-, Heirats- oder Sterbeurkunden bei Behörden oder im Rechtsverkehr.
Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Eine Abgrenzung zur Urkundenfälschung ist vorzunehmen, da beide Tatbestände oft in Zusammenhang stehen. Während die Personenstandsfälschung auf die Beurkundung des Personenstandes zielt, umfasst § 267 StGB die allgemeine Herstellung unechter oder verfälschter Urkunden. Die Handlungen können sich überschneiden, insbesondere wenn gefälschte Personenstandsurkunden zur Täuschung verwendet werden.
Falsche eidesstattliche Versicherung und falsche Angabe gegenüber einer Behörde
In manchen Fällen können neben § 169 StGB auch andere Straftatbestände wie falsche eidesstattliche Versicherung (§ 156 StGB), Falsche Versicherung an Eides statt (§ 163 StGB), falsche Angaben gegenüber Behörden (§ 138 OWiG, § 153 StGB) oder Betrug (§ 263 StGB) in Betracht kommen.
Verfahrensrechtliche Besonderheiten
Strafverfolgung und Anzeige
Die Personenstandsfälschung wird grundsätzlich von Amts wegen verfolgt (Offizialdelikt). Sobald Behörden von einer möglichen Tat Kenntnis erlangen, sind sie verpflichtet, Ermittlungen einzuleiten.
Verjährung
Die Verjährungsfrist für den Straftatbestand der Personenstandsfälschung beträgt gemäß § 78 Absatz 3 Nr. 5 StGB fünf Jahre.
Versuch der Personenstandsfälschung
Ein Versuch der Personenstandsfälschung ist nicht ausdrücklich unter Strafe gestellt und somit straflos, sofern nicht bereits andere Delikte verwirklicht sind.
Personenstandsfälschung im internationalen Kontext
In anderen Ländern existieren ebenfalls Straftatbestände, die vergleichbaren Schutz bieten, zum Beispiel bei der Eintragung von Geburt, Eheschließung oder Tod in staatliche Register. Die internationale Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung dieser Delikte ist insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, wie etwa der Urkundenfälschung zugunsten einer Aufenthaltserlaubnis, von Bedeutung.
Sanktionen und Rechtsfolgen
Die Rechtsfolge bei einer Verurteilung wegen Personenstandsfälschung ist eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Bei gleichzeitiger Verwirklichung weiterer Delikte kann auch eine höhere Strafe verhängt werden.
Eine rechtskräftige Verurteilung kann neben strafrechtlichen auch verwaltungsrechtliche Folgen haben, insbesondere die Rücknahme oder Ungültigkeit betroffener Personenstandsurkunden und Registereintragungen.
Bedeutung für Standesämter und Behörden
Die Standesämter sind gemäß Personenstandsgesetz (PStG) verpflichtet, alle Eintragungen in die Personenstandsregister sorgfältig zu überprüfen und Verdachtsmomente auf Fälschungen an die Strafverfolgungsbehörden zu melden. Regelmäßige Schulungen und EDV-gestützte Prüfverfahren sollen die Manipulationen erschweren und aufdecken.
Literaturhinweise
- Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch und Nebengesetze. Kommentar, München 2024.
- Tröndle/Fischer: Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen. Kommentar, München 2024.
- Personenstandsgesetz (PStG). Bundesministerium der Justiz.
Weblinks
- § 169 StGB – Personenstandsfälschung (gesetze-im-internet.de)
- Personenstandsgesetz (PStG) (gesetze-im-internet.de)
Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Personenstandsfälschung, erläutert die rechtlichen Grundlagen, beleuchtet typische Fallkonstellationen und grenzt den Tatbestand zu anderen Straftatbeständen ab.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Vorschriften regeln die Personenstandsfälschung in Deutschland?
Die Personenstandsfälschung ist im Strafgesetzbuch (StGB) ausdrücklich geregelt. Nach § 169 StGB macht sich strafbar, wer den Personenstand einer Person fälschlich als echt beurkundet oder beurkunden lässt. Weiterhin kann auch § 271 StGB (Mittelbare Falschbeurkundung) einschlägig sein, wenn die Täuschung darin besteht, durch falsche Angaben öffentliche Stellen zur Ausstellung unrichtiger Urkunden zu bewegen. Darüber hinaus kommt § 267 StGB (Urkundenfälschung) in Betracht, wenn durch die Manipulation von Angaben auch Urkundendelikte verwirklicht werden. Diese gesetzlichen Vorschriften ergänzen sich gegenseitig und bieten einen umfassenden Schutz der Sicherheit und Rechtsklarheit von Personenstandseinträgen und deren besonderen Bedeutung im Rechtsverkehr.
Was versteht das Gesetz unter „Personenstand“ im Zusammenhang der Fälschung?
Der Begriff „Personenstand“ ist rechtlich klar definiert und bezeichnet grundsätzlich die durch das Gesetz vorgegebenen personenbezogenen Tatsachen wie Geburt, Eheschließung, Begründung einer Lebenspartnerschaft, Scheidung, Tod und ähnliche familien- und personenrechtliche Veränderungen. Die entsprechende Beurkundung erfolgt in sogenannten Personenstandsregistern, die von Standesämtern geführt werden. Manipulationen oder unzutreffende Eintragungen in diesen Registern, gleich ob durch bewusste Falschmeldung oder Täuschung gegenüber dem Standesamt, sind deshalb besonders gravierend, da der Personenstand Schwerpunkt für weitere Rechtsfolgen (etwa im Erbrecht, Familienrecht oder Ausländerrecht) ist.
Welche Handlungen können als Personenstandsfälschung strafbar sein?
Als Personenstandsfälschung kommen insbesondere Handlungen in Betracht, bei denen fehlerhafte oder gefälschte Angaben über Geburts-, Heirats-, Lebenspartnerschafts- oder Sterbeeinträge gemacht oder solche gefälschten Unterlagen benutzt werden. Beispiele sind das Eintragen eines falschen Vaters in die Geburtsurkunde, die Angabe einer falschen Identität bei Eheschließungen oder das Vortäuschen des Todes einer noch lebenden Person durch Vorlage von gefälschten Sterbeurkunden. Auch die Einwirkung auf Amtsträger, um falsche Angaben in den Personenstandsregistern zu erreichen, fällt darunter. Entscheidend ist stets das bewusste und zweckgerichtete Handeln zur Änderung oder Fälschung des amtlich beurkundeten Personenstands.
Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Personenstandsfälschung?
Die Strafandrohung nach § 169 StGB reicht bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Wird die Tat gemeinschaftlich oder gewerbsmäßig begangen, können strafschärfende Erwägungen zu einer höheren Strafe führen. In besonders schweren Fällen, zum Beispiel wenn zusätzlich Urkundenfälschung im Sinne des § 267 StGB oder mittelbare Falschbeurkundung nach § 271 StGB realisiert wurde, können die Strafen kumulativ angewendet werden. Daneben kommen in bestimmten Konstellationen auch Nebenfolgen wie Berufsverbote oder Eintragungen ins Führungszeugnis in Betracht, wenn die Tat von besonderer Bedeutung ist.
In welchen Situationen kommt es in der Praxis besonders häufig zu Personenstandsfälschungen?
Praxisrelevante Situationen sind häufig bei Einwanderungs- und Ausländerangelegenheiten, etwa zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung durch Scheinehen oder Vaterschaftsanerkennungen ohne tatsächliches Kindschaftsverhältnis. Auch im Bereich des Erbrechts, wenn etwa ein falscher Erbe eingetragen werden soll, spielen Personenstandsfälschungen eine Rolle. Weitere relevante Konstellationen ergeben sich bei Versicherungsfällen (beispielsweise Lebensversicherungen), Identitätswechsel zwecks Verschleierung von Vorstrafen oder Schulden, sowie bei Adoptionen und Namensänderungen, bei denen falsche Angaben dem Standesbeamten gegenüber gemacht werden.
Kann eine Personenstandsfälschung auch fahrlässig begangen werden?
Die Strafbarkeit wegen Personenstandsfälschung setzt grundsätzlich vorsätzliches Handeln voraus. Fahrlässigkeit, also das Verursachen einer Fälschung durch Vernachlässigung der erforderlichen Sorgfalt ohne Absicht, ist im Rahmen des § 169 StGB nicht strafbar. Lediglich die vorsätzliche und wissentlich herbeigeführte Falschbeurkundung oder Herbeiführung einer fehlerhaften Eintragung kann strafrechtlich sanktioniert werden. Allerdings können fahrlässige Falscheintragungen dienst- oder standesrechtliche Konsequenzen für involvierte Amtsträger nach sich ziehen.
Welche mitwirkenden Personen können bei einer Personenstandsfälschung belangt werden?
Nicht nur der unmittelbare Täter, der beispielsweise falsche Angaben macht, kann strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Auch andere Beteiligte wie Anstifter, Gehilfen oder Mittäter – beispielsweise Mittler, Zeugen oder Standesbeamte, die sich der Falschbeurkundung bewusst sind und daran mitwirken – sind strafrechtlich verantwortlich. Die Beteiligung und Mitverantwortung bemisst sich dabei nach den allgemeinen Grundsätzen des Strafrechts (§§ 25-27 StGB). Insbesondere für Amtsträger sieht das Strafrecht darüber hinaus spezielle Sanktionen bei Amtsdelikten vor, so etwa nach § 348 StGB (Falschbeurkundung im Amt).