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Persönlichkeitsrecht


Begriffsbestimmung und rechtliche Einordnung des Persönlichkeitsrechts

Das Persönlichkeitsrecht stellt ein umfassendes Schutzrecht dar, das den Einzelnen in seiner individuellen Persönlichkeit gegenüber Eingriffen Dritter absichern soll. Es umfasst den Schutz der Würde, der Ehre, der Identität sowie der persönlichen Entfaltung eines Menschen. Das Persönlichkeitsrecht ist im deutschen Recht als sogenanntes „allgemeines Persönlichkeitsrecht“ verankert und findet sowohl im Verfassungsrecht als auch im Zivilrecht Anwendung. Es bewahrt die Integrität des Einzelnen vor Angriffen auf seine Person, sein Bildnis, seine Ehre, seine persönliche Freiheit sowie auf seine Privatsphäre.


Verfassungsrechtliche Grundlagen

Schutz durch das Grundgesetz

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nicht ausdrücklich formuliert, wird aber in wesentlichen Grundrechten verkörpert. Die maßgeblichen Vorschriften finden sich in:

  • Artikel 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde)
  • Artikel 2 Abs. 1 GG (Freie Entfaltung der Persönlichkeit)

Der Schutzbereich wird hierbei durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkretisiert und umfasst die Wahrung der Menschenwürde und den Schutz der individuellen Persönlichkeit vor staatlichen und privaten Eingriffen.

Persönlichkeitsrecht im internationalen und europäischen Kontext

Neben dem deutschen Grundgesetz sichern auch internationale Abkommen – insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) in Art. 8 („Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens“) – das Persönlichkeitsrecht. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthält vergleichbare Schutzgarantien.


Persönlichkeitsrecht im Zivilrecht

Allgemeines Persönlichkeitsrecht als „sonstiges Recht“

Im Zivilrecht wird das Persönlichkeitsrecht als sogenanntes „sonstiges Recht“ im Sinne von § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anerkannt. Ein unbefugter Eingriff in das Persönlichkeitsrecht kann somit zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung und gegebenenfalls Schadensersatz begründen.

Einzelne Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts

Das Persönlichkeitsrecht beinhaltet zahlreiche Einzelrechte, darunter insbesondere:

Recht am eigenen Bild

Das Recht am eigenen Bild ist im Kunsturhebergesetz (KUG) geregelt. Ohne die Einwilligung der abgebildeten Person dürfen keine Bildnisse verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden, wobei Ausnahmen im § 23 KUG näher definiert sind.

Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wurde durch das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts (1983) geprägt. Es schützt vor der unbegrenzten Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe personenbezogener Daten.

Schutz der Ehre

Der Ehrenschutz ist als Teil des Persönlichkeitsrechts anerkannt und schützt vor ehrverletzenden Äußerungen; einschlägige Vorschriften finden sich insbesondere in den §§ 185 ff. StGB (Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung).

Privatsphäre und Intimsphäre

Das Persönlichkeitsrecht schützt auch die private Lebensführung vor unbefugten Eingriffen. Besonders geschützt ist die Intimsphäre – der Bereich, der der persönlichen Geheimhaltung unterliegt und auch durch Medienberichterstattung nicht verletzt werden darf.


Abwehrrechte und Ansprüche bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen

Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch

Bei Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht steht dem Betroffenen der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 BGB zu. Zusätzlich kann die Beseitigung einer bereits eingetretenen Beeinträchtigung verlangt werden.

Schadensersatz und Geldentschädigung

Neben dem Anspruch auf Ersatz materiellen Schadens ist bei schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen auch ein Anspruch auf Geldentschädigung möglich. Die Zuerkennung erfolgt nach strengen Maßstäben, insbesondere zur Genugtuung und Prävention, und ist seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 26, 349 – „Soraya“-Urteil) anerkannt.

Folgen für den Täter

Verursacht die Verletzung des Persönlichkeitsrechts zugleich einen Straftatbestand – wie z. B. Beleidigung oder Verleumdung – kann gegen den Handelnden auch strafrechtlich vorgegangen werden.


Schutz des Persönlichkeitsrechts im Verhältnis zur Meinungs- und Pressefreiheit

Das Persönlichkeitsrecht steht in einem Spannungsverhältnis zu anderen verfassungsrechtlich geschützten Positionen, insbesondere zur Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), Pressefreiheit und Kunstfreiheit. Die Abwägung erfolgt stets im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände, des geforderten öffentlichen Interesses und des Schutzes der betroffenen Person.


Besonderheiten bei Kindern und Prominenten

Während des Minderjährigenschutzes unterliegt das Persönlichkeitsrecht von Kindern einem besonderen Schutz, der auch die elterliche Sorge und das Schutzinteresse vor öffentlicher Zurschaustellung betrifft. Prominente genießen grundsätzlich denselben Schutz, müssen sich jedoch im öffentlichen Leben eine intensivere Berichterstattung gefallen lassen, solange keine Sphären betroffen sind, die als besonders geschützt gelten (z. B. die Intimsphäre).


Einschränkungen und Schranken des Persönlichkeitsrechts

Das Persönlichkeitsrecht ist nicht absolut und unterliegt gesetzlichen Begrenzungen. Zulässige Eingriffe können sich ergeben aus:

  • Zustimmungen der betroffenen Person
  • Gesetzlichen Rechtfertigungsgründen
  • Überwiegenden öffentlichen Interessen (zum Beispiel bei Berichterstattung über Straftaten mit hoher Relevanz)

Die richterliche Abwägung im Einzelfall ist dabei maßgeblich.


Entwicklung und Wandel des Persönlichkeitsrechts

Das Persönlichkeitsrecht entwickelt sich mit gesellschaftlichen und technischen Veränderungen weiter. Insbesondere die Digitalisierung, soziale Netzwerke und das Internet haben neue Herausforderungen geschaffen, die insbesondere ein erweitertes Datenschutzrecht und neue Regulierungen, wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), erfordern.


Literatur und weiterführende Informationen

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Persönlichkeitsrecht ist vielschichtig. Wesentliche Orientierung bieten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs sowie Kommentare und Fachliteratur zum Bürgerlichen Gesetzbuch, zum Kunsturhebergesetz und zum Datenschutzrecht.


Das Persönlichkeitsrecht bildet eine fundamentale Säule des modernen Rechtsschutzes und begleitet den Einzelnen als unabdingbare Voraussetzung für freie Entfaltung und Schutz persönlicher Integrität – sowohl im privaten Umfeld, als auch im Zeitalter digitaler Kommunikation.

Häufig gestellte Fragen

Wann darf eine Person ohne ihre Zustimmung fotografiert und das Bild veröffentlicht werden?

Das Fotografieren und Veröffentlichen eines Bildes einer Person ohne deren ausdrückliche Zustimmung ist im Rahmen des Persönlichkeitsrechts grundsätzlich unzulässig und durch § 22 KunstUrhG (Kunsturhebergesetz) verboten. Ausnahmen hiervon bestehen nur in engen rechtlichen Grenzen, wie sie etwa in § 23 KunstUrhG geregelt sind. Zu diesen Ausnahmen zählen unter anderem Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, Bilder, auf denen die Person nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint, Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben, sowie Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt wurden und deren Verbreitung einem höheren Interesse der Kunst dient. Trotz dieser Ausnahmen ist stets eine Interessenabwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Recht auf Privatsphäre und Selbstbestimmung der abgebildeten Person vorzunehmen. Besonders sensibel ist die Lage bei Kindern, bei denen ein besonders strenger Maßstab angelegt wird. Die unbefugte Veröffentlichung kann Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung, Schadensersatz sowie in schwerwiegenden Fällen strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Welche Rechte stehen einer Person bei der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts zu?

Bei einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts steht dem Betroffenen typischerweise ein Bündel an Rechtsbehelfen zur Verfügung. Diese umfassen im Zivilrecht insbesondere den Anspruch auf Unterlassung (nach § 1004 BGB analog), Beseitigung und ggf. Widerruf der bereits verbreiteten Äußerungen oder Darstellungen sowie Ansprüche auf Schadensersatz und unter bestimmten Umständen Schmerzensgeld (§ 823 Abs. 1 BGB, ggf. in Verbindung mit § 253 Abs. 2 BGB). Flankierend dazu sind Gegendarstellungsansprüche möglich, beispielsweise im Presserecht. Je nach Ausmaß der Persönlichkeitsrechtsverletzung können zudem einstweilige Verfügungen beantragt werden, um eine weitere Verbreitung zu stoppen. Die Durchsetzung dieser Rechte erfolgt meist vor den Zivilgerichten. Sollte eine strafbare Handlung vorliegen – etwa im Rahmen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB) – steht auch der strafrechtliche Weg offen.

Wie ist das Persönlichkeitsrecht im digitalen Zeitalter geschützt?

Im digitalen Zeitalter gewinnt das Persönlichkeitsrecht eine noch größere Bedeutung. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt Einzelne davor, dass personenbezogene Daten unbefugt erhoben, gespeichert, verarbeitet oder weitergegeben werden. Rechtliche Grundlagen ergeben sich insbesondere aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Hierbei sind Verarbeitungen personenbezogener Daten, die nicht ausdrücklich gesetzlich erlaubt oder durch eine Einwilligung gedeckt sind, grundsätzlich unzulässig. Bei Verstößen stehen Betroffenen Rechte wie Auskunft, Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung sowie das Recht auf Widerspruch zu. Daneben gelten die allgemeinen Persönlichkeitsrechte auch im Internet uneingeschränkt, beispielsweise beim Umgang mit Bildern oder Beiträgen in sozialen Netzwerken. Verstöße können neben zivilrechtlichen Ansprüchen zum Beispiel auch aufsichtsbehördliche Maßnahmen und Bußgelder nach sich ziehen.

Welche Bedeutung hat die Einwilligung beim Schutz des Persönlichkeitsrechts?

Die Einwilligung ist ein zentrales Element beim Schutz des Persönlichkeitsrechts. Sie stellt die maßgebliche rechtfertigende Grundlage dar, um in das Persönlichkeitsrecht eingreifen zu dürfen, etwa bei der Anfertigung und Veröffentlichung von Fotos oder der Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Einwilligung muss grundsätzlich ausdrücklich und informiert erfolgen, d. h. die betroffene Person muss wissen, wozu sie ihre Einwilligung gibt und welche Konsequenzen dies hat. Die Einwilligung kann jederzeit für die Zukunft widerrufen werden. Fehlt eine wirksame Einwilligung, können entsprechende Handlungen unzulässig sein und zivil- wie strafrechtliche Ansprüche auslösen. Besonders streng sind die Anforderungen bei besonders schützenswerten Personengruppen, wie Minderjährigen.

Gibt es besondere Schutzvorschriften für Prominente und Personen der Zeitgeschichte?

Prominente und Personen der Zeitgeschichte unterliegen grundsätzlich denselben Persönlichkeitsrechten wie alle anderen Personen. Allerdings wird das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an ihrem Privatleben aufgrund ihrer gesellschaftlichen Funktion oder Bekanntheit höher gewertet. Hieraus resultiert jedoch kein völliger Verlust ihrer Privatsphäre; vielmehr erfolgt eine differenzierte Interessenabwägung. Nur über solche Umstände, die einen Beitrag zu einer öffentlichen Debatte leisten oder öffentliches Interesse begründen, darf berichtet werden. Intime Lebensbereiche (z. B. die Darstellung von Kindern, privater Rückzugsorte) bleiben geschützt und sind von einer Berichterstattung ausgenommen. Die Rechtsprechung betont insbesondere das „Recht auf Privatheit“ auch für Prominente, sodass auch sie rechtlich gegen grob anstandsverletzende oder sachlich nicht gerechtfertigte Eingriffe vorgehen können.

Welche Rolle spielen Unterlassungsansprüche bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen?

Der Unterlassungsanspruch stellt das zentrale Instrument zur Abwehr von Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar. Wer widerrechtlich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreift, kann nach § 1004 BGB analog dazu verpflichtet werden, künftige Eingriffe zu unterlassen. Voraussetzung ist die Wiederholungsgefahr, die in der Regel bei einer bereits begangenen Verletzung vermutet wird. Der Anspruch kann gerichtlich durchgesetzt werden, gegebenenfalls auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, um kurzfristig einen weiteren drohenden Eingriff zu verhindern. Ein einmaliger oder sogar drohender Verstoß genügt, um Unterlassung beanspruchen zu können. Der Anspruch ist verschuldensunabhängig, das heißt, es kommt nicht darauf an, ob der Verletzer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.