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Persönlich haftender Gesellschafter

Persönlich haftender Gesellschafter: Begriff, Stellung und Bedeutung

Der persönlich haftende Gesellschafter (abgekürzt: PHG) ist eine Person – natürlich oder juristisch -, die für die Verbindlichkeiten einer Personengesellschaft mit ihrem gesamten Vermögen einsteht. Die Haftung ist dabei unbeschränkt (ohne feste Obergrenze), unmittelbar (Gläubiger können direkt auf den PHG zugreifen) und gesamtschuldnerisch (jeder PHG haftet für die ganze Schuld neben den anderen). Dieses Konzept prägt insbesondere die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG), in der der PHG als Komplementär bezeichnet wird.

Einordnung in die Gesellschaftsformen

Das Konstrukt des PHG findet sich vor allem in:

  • OHG: Alle Gesellschafter sind persönlich haftende Gesellschafter.
  • KG: Die Komplementäre sind PHG; Kommanditisten haften demgegenüber grundsätzlich nur bis zu ihrer Einlage.
  • GmbH & Co. KG: PHG ist eine GmbH. Dadurch wird die persönliche Haftung auf die Vermögenssphäre der GmbH verlagert, was faktisch zu einer Haftungsbegrenzung auf Ebene des PHG führt.
  • Partnerschaftsgesellschaften: Je nach Ausgestaltung bestehen persönliche Haftungselemente, die jedoch vom Typus der Partnerschaft abhängen.

Haftungsprinzipien und Reichweite

Kernmerkmale der Haftung

Die Haftung eines PHG weist drei klassische Merkmale auf:

  • Unbeschränkt: Es haftet nicht nur die Einlage, sondern das gesamte Privatvermögen des PHG.
  • Unmittelbar: Gläubiger können ihre Ansprüche direkt gegen den PHG geltend machen, ohne die Gesellschaft zuvor in Anspruch nehmen zu müssen.
  • Gesamtschuldnerisch: Mehrere PHG haften nebeneinander jeweils für die gesamte Verbindlichkeit; im Innenverhältnis findet ein Ausgleich zwischen den PHG statt.

Beginn, Umfang und Besonderheiten

  • Haftungsbeginn: Die Haftung knüpft an die Stellung als PHG und die Teilnahme am Geschäftsverkehr der Gesellschaft an. Sie umfasst regelmäßig auch Verpflichtungen, die im Namen der Gesellschaft begründet werden.
  • Haftung für Altverbindlichkeiten: Tritt jemand als PHG neu ein, erstreckt sich die Haftung regelmäßig auch auf bereits bestehende Verbindlichkeiten der Gesellschaft.
  • Nachhaftung: Beim Ausscheiden bleibt der PHG für einen gesetzlich begrenzten Zeitraum für Altverbindlichkeiten haftbar. Die Dauer ist festgelegt, ohne dass es auf individuelle Abreden mit Gläubigern ankommt. Registereintragungen und Bekanntmachungen beeinflussen die Wirkung gegenüber Dritten.

Insolvenz- und Krisensituationen

In wirtschaftlichen Krisen können Gläubiger neben dem Gesellschaftsvermögen auf das Privatvermögen des PHG zugreifen. Die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Gesellschaft schließt eine Inanspruchnahme des PHG nicht aus. Ebenso ist eine separate Insolvenz des PHG möglich. Zwischen mehreren PHG erfolgt ein interner Ausgleich entsprechend den Gesellschaftsregeln.

Rolle im Innen- und Außenverhältnis

Geschäftsführung und Vertretung

Der PHG prägt das Unternehmen maßgeblich. In der OHG ist er typischerweise zur Geschäftsführung und Vertretung befugt. In der KG liegt die Geschäftsführung grundsätzlich bei den Komplementären, während Kommanditisten hiervon weitgehend ausgeschlossen sind, aber Kontrollrechte besitzen. Abweichungen können gesellschaftsvertraglich vereinbart werden, soweit sie Dritten gegenüber wirksam ausgestaltet sind.

Rechte und Pflichten

  • Rechte: Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, Vertretungsbefugnis, Gewinnbeteiligung, Informations- und Kontrollrechte.
  • Pflichten: Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, Wettbewerbsverbot im Kernbereich der Gesellschaftstätigkeit, Einlageleistung nach Vereinbarung, Verlusttragung, umfassende Haftung nach außen.

Gewinn- und Verlustbeteiligung

Gewinne und Verluste werden nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags verteilt. Ohne besondere Abrede erfolgt eine Verteilung nach festgelegten Grundsätzen, die die Stellung des PHG als unternehmerisch mittragende Person widerspiegeln.

Erscheinungsformen und Abgrenzungen

OHG und KG im Vergleich

  • OHG: Alle Gesellschafter sind PHG, tragen die volle Haftung und führen das Unternehmen.
  • KG: Duale Struktur aus Komplementären (PHG) und Kommanditisten (haftungsbeschränkt). Der Komplementär führt die Geschäfte, der Kommanditist ist im Regelfall von der Geschäftsführung ausgeschlossen.

GmbH & Co. KG

Hier übernimmt eine GmbH die Stellung des PHG. Nach außen haftet die GmbH als PHG, im Ergebnis ist die Haftung damit auf die Vermögenssphäre der GmbH begrenzt. Für natürliche Personen, die an der GmbH beteiligt sind, ergibt sich dadurch eine mittelbare Schutzwirkung; eine persönliche Haftung entsteht ihnen allein dadurch nicht.

Abgrenzung zu anderen Gesellschaftern

  • Kommanditist: Haftet grundsätzlich nur bis zur Höhe seiner Haftsumme und ist typischerweise von der Geschäftsführung ausgeschlossen.
  • Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH-Gesellschafter): Haftet grundsätzlich nicht persönlich für Gesellschaftsschulden; das Risiko beschränkt sich auf die Einlage.

Eintritt, Ausscheiden und Übertragung

Eintritt als PHG

Der Eintritt erfordert eine entsprechende Vereinbarung und die Anpassung des Gesellschaftsvertrags. Dritten gegenüber ist die klare Zuordnung der PHG-Stellung zentral, insbesondere durch Registereintragung und Veröffentlichung.

Ausscheiden als PHG

Das Ausscheiden erfolgt durch Vereinbarung, Kündigung oder sonstige Beendigungstatbestände. Nach außen wirkt das Ausscheiden erst mit Publizität. Altverbindlichkeiten können noch für einen festgelegten Zeitraum nachwirken (Nachhaftung).

Übertragung von Anteilen

Die Übertragung eines Anteils eines PHG ist oft zustimmungspflichtig. Sie hat sowohl interne als auch externe Wirkungserfordernisse. Das Haftungsregime kann mit der Übertragung auf den neuen PHG übergehen, einschließlich der Verantwortung für Altverbindlichkeiten.

Außenauftritt, Firmierung und Register

Firmierung und Auftreten im Rechtsverkehr

Die Firma der Gesellschaft und der Rechtsformzusatz weisen auf die Haftungsstruktur hin (z. B. OHG, KG, GmbH & Co. KG). Dadurch werden Dritte über die Haftungssituation informiert. Die Eintragung im Handelsregister macht die Stellung als PHG nach außen erkennbar und dient dem Schutz des Geschäftsverkehrs.

Rechtliche Einordnung im Überblick

Schutz Dritter und Unternehmerrisiko

Das Institut des PHG balanciert die Freiheit der Personengesellschaft mit dem Schutz der Gläubiger. Die persönliche Haftung stärkt das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft, bindet den PHG jedoch eng an das unternehmerische Risiko.

Innenausgleich und Regress

Zahlt ein PHG eine Gesellschaftsschuld, kann im Innenverhältnis ein Ausgleich gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern erfolgen. Maßgeblich sind die vertraglich vereinbarten Beteiligungs- und Haftungsquoten sowie die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze des Gesamtschuldnerausgleichs.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „unbeschränkte, unmittelbare und gesamtschuldnerische“ Haftung konkret?

Unbeschränkt heißt, dass der PHG mit seinem gesamten Vermögen haftet. Unmittelbar bedeutet, dass Gläubiger ihre Ansprüche direkt gegenüber dem PHG geltend machen können. Gesamtschuldnerisch meint, dass jeder PHG für die volle Forderung haftet, die interne Aufteilung erfolgt erst nachträglich zwischen den Gesellschaftern.

Kann eine GmbH persönlich haftender Gesellschafter sein?

Ja. In der GmbH & Co. KG übernimmt eine GmbH die Stellung des PHG. Nach außen haftet die GmbH als PHG, wodurch die Haftung auf das Vermögen der GmbH begrenzt ist. Natürliche Personen hinter der GmbH haften dadurch nicht automatisch persönlich für Gesellschaftsschulden.

Haftet ein neu eintretender PHG auch für bereits bestehende Schulden der Gesellschaft?

Regelmäßig ja. Die Haftung eines neu eintretenden PHG erstreckt sich typischerweise auch auf zum Eintrittszeitpunkt bestehende Verbindlichkeiten der Gesellschaft, um den Gläubigerschutz zu gewährleisten.

Endet die Haftung eines PHG sofort mit dem Ausscheiden?

Nein. Für Altverbindlichkeiten bleibt die Haftung noch für einen gesetzlich festgelegten Zeitraum bestehen (Nachhaftung). Die Wirkung gegenüber Dritten knüpft zudem an die öffentliche Bekanntmachung und Registereintragung des Ausscheidens an.

Dürfen Gläubiger den PHG direkt in Anspruch nehmen, ohne die Gesellschaft zu verklagen?

Ja. Aufgrund der unmittelbaren und gesamtschuldnerischen Haftung ist es möglich, den PHG direkt in Anspruch zu nehmen. Ein vorheriger Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen ist nicht zwingend erforderlich.

Welche Rolle spielt der PHG in der Geschäftsführung?

In der OHG ist der PHG grundsätzlich zur Geschäftsführung und Vertretung befugt. In der KG liegt die Geschäftsführung bei den Komplementären als PHG, während Kommanditisten meist keine Geschäftsführungsbefugnis besitzen, aber Kontrollrechte haben.

Was unterscheidet den PHG vom Kommanditisten?

Der PHG haftet unbeschränkt, ist regelmäßig geschäftsführungs- und vertretungsbefugt und trägt das volle Unternehmerrisiko. Der Kommanditist haftet grundsätzlich nur bis zur Höhe seiner Haftsumme und ist von der Geschäftsführung meist ausgeschlossen.

Welche Bedeutung hat die Handelsregistereintragung für die Haftung des PHG?

Die Eintragung macht die Stellung als PHG nach außen sichtbar und schafft Publizität. Für das Ausscheiden und die Nachhaftung ist die Eintragung und Bekanntmachung ebenfalls wesentlich, weil sie die Wirkung gegenüber Dritten beeinflusst.