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Passive Bestechung


Begriff und Bedeutung der Passiven Bestechung

Die passive Bestechung ist ein Begriff aus dem Strafrecht und bezeichnet die Annahme oder das Fordern von Vorteilen durch Amtsträger oder bestimmte Berufsträger im Zusammenhang mit deren dienstlicher Tätigkeit. Sie bildet das Gegenstück zur aktiven Bestechung, bei der das Angebot oder die Gewährung eines Vorteils im Mittelpunkt steht. Die passive Bestechung stellt in Deutschland und vielen anderen Staaten einen Straftatbestand dar und dient dem Schutz der Integrität staatlicher und anderer öffentlicher Entscheidungsprozesse.

Gesetzliche Grundlage in Deutschland

Strafgesetzbuch (StGB)

Die passive Bestechung ist im Strafgesetzbuch (StGB) insbesondere in den §§ 331 bis 335 geregelt. Die Vorschriften betreffen Amtsträger, Richter sowie Soldaten der Bundeswehr. Zentral ist hier § 331 StGB (Vorteilsannahme) sowie § 332 StGB (Bestechlichkeit).

§ 331 StGB Vorteilsannahme

Die Vorteilsannahme bezeichnet das Annehmen eines Vorteils für eine pflichtgemäße Dienstausübung. Dabei ist es nicht erforderlich, dass eine unerlaubte Handlung vorgenommen wird; vielmehr reicht bereits das bloße Fordern, sich versprechen lassen oder Annehmen eines Vorteils aus.

§ 332 StGB Bestechlichkeit

Hierbei wird die Annahme eines Vorteils für eine pflichtwidrige Dienstausübung unter Strafe gestellt. Der Unterschied zu § 331 StGB liegt im Unrechtsgehalt der pflichtverletzenden Handlung.

Für wen gilt der Straftatbestand?

Die Regelungen zur passiven Bestechung betreffen:

  • Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB
  • Europäische Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c, b
  • Personen, die für den öffentlichen Dienst besonders bestellt sind
  • Richter, Schöffen und andere mit Rechtsprechungsaufgaben betraute Personen
  • Soldaten der Bundeswehr

Damit ist die passive Bestechung nicht nur im engeren Behördenkontext relevant, sondern betrifft auch andere, im öffentlichen Auftrag Tätige.

Merkmale und Tatbestandsvoraussetzungen der Passiven Bestechung

Annehmen, Fordern, Sich-versprechen-Lassen

Die passive Bestechung umfasst nach den gesetzlichen Formulierungen drei Handlungsformen:

  • Fordern: Das aktive Bitten um einen Vorteil
  • Sich-versprechen-Lassen: Die Annahme der Zusage eines Vorteils
  • Annehmen: Die tatsächliche Entgegennahme des Vorteils

Ein Vorteil kann jede Zuwendung materieller oder immaterieller Art sein, die die Situation des Amtsträgers verbessert.

Bezug zur Diensthandlung

Die Zuwendung muss in Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit des Amtsträgers stehen. Bei § 331 StGB genügt es, wenn der Vorteil für eine rechtmäßige Diensthandlung erfolgt, wohingegen bei § 332 StGB eine pflichtwidrige Handlung gefordert wird.

Unrechtsvereinbarung

Insbesondere bei § 332 StGB muss die Annahme des Vorteils in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zu einer bestimmten Diensthandlung stehen (sog. „Unrechtsvereinbarung“).

Abgrenzung zu Verwandten Straftatbeständen

Aktive Bestechung

Im Gegensatz zur aktiven Bestechung, die das Anbieten oder Gewähren von Vorteilen als Täterhandlung unter Strafe stellt, richtet sich die passive Bestechung gegen den Empfänger der Zuwendung.

Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme

Die Vorteilsannahme (§ 331 StGB) stellt im Gegensatz zur Bestechlichkeit eine strafbare Handlung dar, selbst wenn keine Pflichtverletzung begangen wurde. Schon der bloße Eindruck der Käuflichkeit soll damit verhindert werden.

Strafmaß und Rechtsfolgen

Strafandrohung

Die Strafandrohung bei passiver Bestechung unterscheidet sich je nach Schwere der Handlung und dem Tatbestand:

  • Vorteilsannahme (§ 331 StGB): Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
  • Bestechlichkeit (§ 332 StGB): Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren; in besonders schweren Fällen von einem Jahr bis zu zehn Jahren

Besonders schwere Fälle

Ein besonders schwerer Fall liegt zum Beispiel vor, wenn der Amtsträger sich durch die Tat fortgesetzt Vorteile versprechen lässt oder der Vorteil einen besonders hohen Wert hat.

Weitere Rechtsfolgen

Neben der strafrechtlichen Sanktionierung drohen Disziplinarmaßnahmen, Verlust des Amtes, Pensionsansprüche können entfallen und ein lebenslanges Tätigkeitsverbot im öffentlichen Dienst kann ausgesprochen werden.

Passive Bestechung im internationalen Kontext

Die passiven Bestechungstatbestände finden sich in ähnlicher Weise auch im internationalen Recht und in den Gesetzgebungen anderer Staaten. Die Vereinten Nationen, die OECD sowie die Europäische Union fordern die Bekämpfung von Korruption, einschließlich der passiven Bestechung, durch entsprechende nationale Regelungen.

Völkerrechtliche Vorgaben

Internationale Übereinkommen, wie das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC) und die OECD-Konvention zur Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger, verlangen von den Mitgliedstaaten die effektive Strafverfolgung auch der passiven Bestechung.

Umsetzung in anderen Ländern

Die konkrete Ausgestaltung und das Schutzniveau variieren. Insbesondere in Staaten mit weniger ausgebildetem Rechtsstaatlichkeitsstandard unterscheiden sich Definition, Strafmaß und Verfolgungsintensität der passiven Bestechung zum Teil erheblich.

Besonderheiten der Passiven Bestechung im Dienst- und Arbeitsrecht

Beamtenrechtliche Auswirkungen

Für Beamtinnen und Beamte führt die passive Bestechung auch unabhängig von strafrechtlichen Konsequenzen zu disziplinarrechtlichen Schritten. Bereits das Annehmen von Geschenken ohne Genehmigung stellt regelmäßig einen Verstoß gegen das Beamtenstatusgesetz dar.

Unternehmen und privatwirtschaftlicher Sektor

Im privaten Sektor wird die passive Bestechung durch §§ 299 ff. StGB unter dem Tatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr erfasst. Hier gelten ähnliche Prinzipien, allerdings fehlt die besondere Pflichtbindung wie bei Amtsträgern.

Prävention und Compliance

Zur Bekämpfung der passiven Bestechung sind öffentliche Institutionen und Unternehmen zur Einführung von Compliance-Maßnahmen verpflichtet. Dazu zählen Verhaltenskodizes, Transparenzregeln und Meldepflichten, um korruptes Verhalten zu verhindern, zu erkennen und zu sanktionieren.

Literatur und weiterführende Informationen

  • Strafgesetzbuch (StGB), aktuelle Fassung
  • Bundesministerium der Justiz, Leitfaden zur Korruptionsprävention
  • Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC)
  • OECD-Konvention zur Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger
  • Beschlüsse des Bundesgerichtshofs zu den §§ 331 ff. StGB

Hinweis: Die passive Bestechung ist ein zentraler Straftatbestand im deutschen Antikorruptionsrecht, der die Neutralität, Objektivität und Integrität von Amtsträgern und anderen Funktionsträgern sichern soll. Die konsequente Strafverfolgung und Prävention sind wesentliche Elemente eines funktionierenden Rechtssystems.

Häufig gestellte Fragen

Welche Strafen drohen bei nachgewiesener passiver Bestechung nach deutschem Recht?

Im deutschen Strafrecht wird die passive Bestechung nach § 332 StGB (Strafgesetzbuch) schwer sanktioniert. Wird einem Amtsträger nachgewiesen, dass er einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung für eine Diensthandlung angenommen oder gefordert hat, kann dies mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden. In besonders schweren Fällen, etwa wenn der Täter dauerhaft Vorteile fordert oder annimmt oder ein großer Schaden entsteht, droht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Geldstrafen sind bei diesen Delikten ausdrücklich ausgeschlossen. Zusätzlich kann das Gericht Nebenstrafen wie ein Berufsverbot oder die Einziehung von Tatmitteln verhängen. Besonders relevant ist der Verlust der Beamtenrechte, der nach § 24 BeamtStG oder § 41 BBG ausgesprochen werden kann, wenn es sich bei dem Täter um einen Beamten handelt.

Wann beginnt die Strafbarkeit bei der passiven Bestechung?

Die Strafbarkeit setzt bereits mit dem Fordern, Sich-versprechen-Lassen oder Annehmen eines Vorteils ein, selbst wenn die eigentliche Diensthandlung, für die der Vorteil gewährt wird, noch gar nicht vorgenommen wurde. Dies bedeutet, der Erfolgseintritt – also etwa die konkrete Bevorzugung im Amt – ist keine Tatbestandsvoraussetzung. Schon das bloße Fordern eines Vorteils ist strafbar, unabhängig davon, ob die geforderte Gegenleistung später erbracht wird. Wichtig ist, dass ein funktionaler Zusammenhang zwischen Vorteil und zukünftiger oder vergangener Dienstausübung besteht.

Wer gilt rechtlich als Amtsträger im Sinne der passiven Bestechung?

Das Gesetz definiert den Begriff „Amtsträger“ in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB ausdrücklich. Dazu zählen Beamte, Richter, Personen im öffentlichen Dienst wie Angestellte kommunaler Unternehmen, und sogar Soldaten der Bundeswehr. Auch Personen, die auf sonstige Weise mit öffentlichen Aufgaben betraut sind, etwa Bürgermeister oder Mitglieder öffentlicher Ausschüsse, können Amtsträger im strafrechtlichen Sinne sein. Die Eigenschaft als Amtsträger ist maßgeblich für die Anwendung der einschlägigen Bestechungsvorschriften wie § 331 ff. StGB und für die Schwere der Sanktionen.

Ist der Versuch der passiven Bestechung strafbar?

Der bloße Versuch der passiven Bestechung, also zum Beispiel das erfolglose Fordern eines Vorteils, ist nach deutschem Recht gemäß § 23 StGB in Verbindung mit § 332 StGB strafbar. Das bedeutet, es reicht aus, dass ein Amtsträger einen Vorteil verlangt, auch wenn dieser weder angeboten noch gewährt wird. Die Strafbarkeit des Versuchs ist ausdrücklich normiert, um bereits das Ingangsetzen korruptiver Prozesse zu unterbinden.

Welche Rolle spielt die Kenntnis des Vorteils bei der Bewertung der Tat?

Rechtlich entscheidend ist, dass dem Amtsträger bewusst ist, einen Vorteil als Gegenleistung für eine Diensthandlung zu erhalten oder zu fordern. Eine unwissentliche Vorteilsannahme, etwa bei unaufgeforderten Geschenken ohne Zusammenhang zu einer Amtshandlung, begründet in der Regel keinen Straftatbestand. Sobald der Amtsträger jedoch erkennt, dass ihm ein Vorteil im Zusammenhang mit seiner Dienstausübung angeboten oder gewährt wird, kann die Grenzüberschreitung in Richtung Strafbarkeit erreicht werden – vor allem, wenn die Zuwendung in Erwartung einer rechtswidrigen Diensthandlung erfolgt.

Gibt es Ausnahmen, in denen die Annahme von Geschenken legal ist?

Nach § 331 StGB (Vorteilsannahme) ist die Annahme von Geschenken durch Amtsträger grundsätzlich verboten, wenn sie im Zusammenhang mit der Dienstausübung steht. Allerdings sind geringwertige Aufmerksamkeiten (etwa Werbekugelschreiber, Kalender), die im Rahmen gesellschaftlicher Gepflogenheiten üblich sind und nicht als Gegenleistung für eine konkrete Handlung verstanden werden können, toleriert. In vielen Behörden gelten spezielle Dienstanweisungen, die die Annahme von Geschenken regeln und meldenpflichtig machen. Im Zweifelsfall müssen Amtsträger jegliche Annahme von Vorteilen anzeigen und die Entscheidung der Behörde abwarten.

Können auch Dritte im Rahmen der passiven Bestechung belangt werden?

Ja, das deutsche Strafrecht sieht vor, dass nicht nur der direkte Vorteilsnehmer, sondern auch solche Dritte strafbar sein können, die als Mittäter oder Gehilfen beteiligt sind. Beispielsweise macht sich auch ein Sekretär strafbar, der wissentlich die Zahlung eines Vorteils an einen Amtsträger vermittelt oder organisiert. Ebenso kann eine juristische Person (§ 30 OWiG) verantwortlich gemacht werden, wenn der Gesetzesverstoß durch einen leitenden Angestellten erfolgt und das Unternehmen davon profitiert. Die Beteiligten haften entsprechend ihrer Rolle und ihrem Grad der Mitwirkung an der Tat.