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Parteibeitritt


Parteibeitritt

Der Begriff Parteibeitritt bezeichnet im deutschen Recht die Aufnahme einer weiteren Partei in ein bereits anhängiges Verfahren. Er kann im außergerichtlichen Bereich, vor allem aber im Zivilprozessrecht, Verwaltungsprozessrecht sowie im Strafprozessrecht (insbesondere Adhäsionsverfahren und Nebenklage) Bedeutung erlangen. Ein Parteibeitritt kann sowohl auf Seiten der Klägerin als auch der Beklagten erfolgen und ist stets an bestimmte rechtliche Vorgaben und verfahrensrechtliche Voraussetzungen gebunden.


Begriffliche Einordnung und Abgrenzung

Definition

Ein Parteibeitritt liegt vor, wenn eine bislang nicht am Verfahren beteiligte Person mit Zustimmung des Gerichts oder aufgrund gesetzlicher Anordnung als weitere Partei zum Hauptverfahren hinzutritt. Er ist abzugrenzen vom Parteiwechsel, bei dem eine Partei ausgetauscht wird, und von der einfachen Streitgenossenschaft, bei der mehrere Parteien bereits von Anfang an gemeinsam auftreten.

Abgrenzung zu anderen verfahrensrechtlichen Konstellationen

  • Parteienwechsel: Austausch einer Partei durch eine andere während des Verfahrens.
  • Streitgenossenschaft: Mehrere Parteien treten von Verfahrensbeginn an gemeinsam auf.
  • Streitverkündung: Verfahrensteilige Hinzuziehung Dritter mit potenziellen Regressansprüchen.

Parteibeitritt im Zivilprozessrecht

Gesetzliche Grundlagen

Die Grundlage für den Parteibeitritt im Zivilprozess liefert insbesondere die Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblich sind § 263 ZPO (Parteiwechsel und subjektive Klageänderung) sowie die Vorschriften zur Streitgenossenschaft (§§ 59 ff. ZPO) und zur Nebenintervention (§§ 66 ff. ZPO).

Arten des Parteibeitritts

  1. Beitritt als Hauptpartei:

Die neue Partei wird in vollem Umfang als Klägerin oder Beklagte behandelt, trägt entsprechende Rechte und Pflichten.

  1. Beitritt als Nebenintervenient:

Dritte unterstützen eine der Parteien, ohne unmittelbar Hauptpartei zu werden (siehe Nebenintervention).

Voraussetzungen

Ein Parteibeitritt im Zivilprozess ist grundsätzlich zulässig, wenn:

  • Das Rechtsschutzinteresse an der Aufnahme einer weiteren Partei besteht,
  • die Änderung der Partei die Sachdienlichkeit fördert (vgl. § 263 ZPO),
  • keine Verfahrensverzögerungen aus rechtsmissbräuchlichen Gründen drohen,
  • das Gericht den Beitritt durch Beschluss zulässt.

Rechtsfolgen

Der Beitritt führt dazu, dass die beigetretene Partei sämtliche prozessualen Rechte und Pflichten einer Hauptpartei übernimmt, etwa Teilnahme an mündlichen Verhandlungen, Stellung von Anträgen und Mitwirkung an Beweisaufnahmen.


Parteibeitritt im Verwaltungsprozessrecht

Rechtliche Grundlage

Im Verwaltungsprozess regelt die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), insbesondere §§ 65, 66 VwGO, die Möglichkeiten und Modalitäten des Parteibeitritts.

Beiladung und Beitritt

Die Beiladung (§ 65 VwGO) ist ein spezieller Fall, bei dem Dritte kraft gerichtlicher Entscheidung zu Parteien werden. Der Beitritt erfolgt grundsätzlich auf Antrag der zu beiladenden Person oder der Hauptpartei beziehungsweise von Amts wegen durch das Gericht.

Prozessuale Stellung des Beigetretenen

Beigetretene Personen im Verwaltungsprozessrecht sind selbstständige Verfahrensbeteiligte, was ihnen die umfassende Wahrnehmung ihrer prozessualen Rechte ermöglicht. Sie können Anträge stellen, auf die Sachverhaltsaufklärung hinwirken und Rechtsmittel einlegen.


Parteibeitritt im Strafprozessrecht

Nebenklage und Adhäsionsklage

Im Strafprozess kann ein Parteibeitritt vor allem im Rahmen der Nebenklage (§§ 395 ff. StPO) oder Adhäsionsklage (§ 403 StPO) erfolgen. Hierbei tritt die Verletzte Person dem Strafverfahren als Nebenpartei bei, insbesondere zur Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld.

Bedeutung für das Verfahren

Der Beitritt in diesem Kontext ermöglicht dem Verletzten, Anklagepunkte zu unterstützen, Zeugen zu benennen, Anträge zu stellen sowie Rechtsmittel einzulegen, sofern es um Ansprüche aus der Straftat geht.


Wirkungen und Auswirkungen des Parteibeitritts

Kostentragung

Mit dem Parteibeitritt geht regelmäßig die eigenständige Haftung für Verfahrenskosten einher, sofern die beigetretene Partei unterliegt (vgl. § 91 ZPO, § 154 VwGO).

Rechtskraftwirkungen

Urteile entfalten hinsichtlich des Streitgegenstands Rechtskraft sowohl gegenüber der ursprünglich beteiligten Partei als auch der beigetretenen Partei. Der Beitritt knüpft zudem an bereits getätigte Prozesserklärungen und Verhandlungsstände an.

Wirkung auf den Prozessverlauf

Je nach Zeitpunkt und Zweck des Parteibeitritts kann sich die prozessuale Lage grundlegend verändern, etwa durch Mehrparteiigkeit, weitere Ansprüche oder Verteidigungsmöglichkeiten, sowie durch erleichterte Beweisführung im Rahmen gemeinsamer Interessenlagen.


Form und Verfahren des Parteibeitritts

Antrag und Zulassung

Der Beitritt erfolgt auf schriftlichen oder mündlichen Antrag und ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Über den Antrag entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen; dazu dient die Prüfung der Sachdienlichkeit und der Auswirkungen auf eine zügige Verfahrensführung.

Mitteilungen an die übrigen Beteiligten

Sämtliche Verfahrensbeteiligte sind über den Beitritt umgehend zu informieren. Erst nach Mitteilung treten die prozessualen Rechte und Pflichten der beigetretenen Partei in Kraft.


Literatur und weiterführende Informationen

  • Zivilprozessordnung (ZPO)
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
  • Strafprozessordnung (StPO)
  • Standardwerke zum Prozessrecht

Zusammenfassung

Der Parteibeitritt ist ein komplex geregeltes Institut im deutschen Verfahrensrecht, das sowohl im Zivilprozess-, Verwaltungsprozess- als auch Strafprozessrecht Anwendung findet. Er dient der effektiven Rechtewahrnehmung aller am Rechtsverhältnis beteiligten Personen, setzt bestimmte formelle und materielle Voraussetzungen voraus und hat weitreichende prozessuale und kostenrechtliche Folgen. Der korrekte Umgang mit dem Parteibeitritt ist für eine sachgerechte, rechtsstaatliche Verfahrensführung und die Durchsetzung prozessualer Rechte essenziell.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich zur Aufnahme in eine Partei berechtigt?

Die rechtlichen Voraussetzungen für den Beitritt zu einer politischen Partei in Deutschland sind im Parteiengesetz (PartG) festgelegt. Grundsätzlich steht das Recht, einer Partei beizutreten, jedem deutschen Staatsbürger offen, sofern er das 16. Lebensjahr vollendet hat (§ 10 Abs. 1 PartG). Darüber hinaus können bestimmte Parteien in ihrer Satzung auch die Aufnahme ausländischer Staatsangehöriger vorsehen, soweit diese die politischen Ziele teilen und die Satzung dies zulässt. In jedem Fall ist die Aufnahme freiwillig, es besteht also kein Kontrahierungszwang durch die Partei. Rechtliche Ausschlussgründe können sich aus der jeweiligen Parteisatzung ergeben, beispielsweise wenn eine Person bereits einer anderen Partei angehört oder bereits rechtskräftig aus einer Partei ausgeschlossen wurde. Die Satzung kann zudem weitere Regelungen für die Aufnahme festlegen, wie etwa bestimmte Probezeiten oder die Zustimmung von Gremien.

Wie läuft das Beitrittsverfahren aus rechtlicher Sicht ab?

Das Beitrittsverfahren ist im Parteiengesetz und genauer in den jeweiligen Parteisatzungen geregelt. Rechtlich beginnt das Verfahren üblicherweise mit dem schriftlichen Aufnahmeantrag des Interessenten. Die Partei muss diesen Antrag formal prüfen und innerhalb einer angemessenen Frist über den Beitritt entscheiden. Maßgeblich ist die Satzung der jeweiligen Partei, die neben formalen Mindestanforderungen auch etwaige Ablehnungsgründe wie politische Unvereinbarkeiten oder ethisches Fehlverhalten regeln kann. Die Entscheidung über die Aufnahme trifft in der Regel ein zuständiges Parteigremium, häufig der Vorstand des örtlichen Verbandes. Wird der Antrag abgelehnt, ist dem Antragsteller dies gegenüber zu begründen; ein Rechtsanspruch auf Aufnahme besteht nicht. Etwaige Rechtsmittel gegen die Ablehnung müssen in der Satzung benannt und innerhalb bestimmter Fristen angestrebt werden.

Welche Rechte und Pflichten entstehen mit dem Parteibeitritt?

Mit dem rechtlich wirksamen Parteibeitritt entstehen für das neue Mitglied sowohl Rechte als auch Pflichten. Zu den wichtigsten Mitgliedsrechten zählen das Stimm- und Wahlrecht innerhalb der Mitglieder- und Delegiertenversammlungen (§ 10 Abs. 2 PartG), das Recht auf Information und Beteiligung an den Willensbildungsprozessen sowie gegebenenfalls das passive Wahlrecht für Parteiämter. Die Pflichten ergeben sich primär aus der Satzung und umfassen meist die Zahlung des Mitgliedsbeitrags, die Einhaltung der Parteiziele und -satzung sowie die Beteiligung am Parteileben. Hinzu kommt die Pflicht, parteischädigendes Verhalten zu unterlassen. Die Rechte und Pflichten können in begrenztem Umfang (z. B. Stimmrecht erst nach Ablauf einer Probezeit) beschränkt werden, sofern dies in der Satzung eindeutig geregelt ist.

Unter welchen Bedingungen kann ein Parteibeitritt rechtlich abgelehnt werden?

Rechtlich kann eine Partei den Beitritt eines Antragstellers unter Beachtung des Parteiengesetzes und ihrer eigenen Satzung ablehnen. Typische Ablehnungsgründe sind Doppelmitgliedschaften bei konkurrierenden Parteien, schwerwiegende Verstöße gegen die Parteigrundsätze oder frühere Ausschlüsse wegen parteischädigenden Verhaltens. Eine Ablehnung muss sich stets auf satzungsmäßig festgelegte Ablehnungsgründe stützen; willkürliche oder diskriminierende Ablehnungen sind rechtswidrig. Der/die Betroffene hat einen Anspruch auf eine schriftliche Begründung der Ablehnung und gegebenenfalls das Recht auf Anhörung oder das Einlegen eines parteiinternen Rechtsmittels. Juristisch überprüfbar ist die Entscheidung begrenzt, aber offensichtliche Satzungsverstöße können gegebenenfalls gerichtlich angefochten werden.

Wann beginnt die rechtliche Mitgliedschaft in der Partei?

Die rechtliche Mitgliedschaft entsteht mit der Annahme des Aufnahmeantrags durch die Partei, wobei der genaue Zeitpunkt in der Satzung der Partei geregelt sein kann. In vielen Parteien gilt die Mitgliedschaft mit der Annahmeerklärung als sofort vollzogen; in anderen wird sie erst mit der Beitragszahlung oder nach Ablauf einer Probezeit wirksam. Der Beitritt ist ein zivilrechtlicher Vertrag, sodass sämtliche gesetzlichen Bestimmungen zum Vertragsrecht Anwendung finden. Das Mitglied hat ab diesem Zeitpunkt sämtliche Rechte und Pflichten, sofern die Satzung keine expliziten Einschränkungen mit sich bringt.

Kann die Mitgliedschaft nach Beitritt rechtlich widerrufen oder angefochten werden?

Nachdem ein Aufnahmeantrag angenommen wurde, kann keiner der Vertragsparteien – weder das neue Mitglied noch die Partei – die Mitgliedschaft einseitig widerrufen, außer es liegen ausdrücklich in der Satzung geregelte Widerrufs- oder Anfechtungsgründe vor (z. B. Falschangaben im Antrag, nachträglicher Ausschluss wegen parteischädigenden Verhaltens). Grundsätzlich gelten die allgemeinen Regeln des BGB zur Anfechtung von Willenserklärungen, etwa aufgrund von Täuschung oder Irrtum. Ein Rücktritt vom Parteibeitritt ist möglich, sofern die Satzung dies vorsieht; andernfalls muss die Mitgliedschaft ordentlich durch Kündigung beendet werden, wobei auch dafür satzungsgemäße Frist- und Formerfordernisse eingehalten werden müssen.

Welche gesetzlichen Rechte auf Einsicht und Auskunft bestehen nach Beitritt?

Mitglieder einer Partei haben einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft und Einsicht in die sie betreffenden parteiinternen Unterlagen nach Maßgabe des Parteiengesetzes sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Dazu zählen unter anderem das Recht auf Einsicht in die Mitgliederliste (soweit die Satzung dies vorsieht), auf Information über Beschlüsse und Protokolle sowie auf Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten. Diese Rechte können durch Satzungsregelungen konkretisiert, aber nicht rechtswidrig eingeschränkt werden. Streitige Fälle unterliegen der Überprüfung durch parteiinterne Schiedsgerichte oder ordentliche staatliche Gerichte.