Begriff und Grundbedeutung des „Original“
Der Begriff „Original“ bezeichnet im rechtlichen Kontext die erste, authentische Verkörperung eines Inhalts oder Werkes. Gemeint ist entweder das erstmalig hergestellte körperliche Stück (etwa ein unterschriebenes Dokument oder ein Kunstwerk) oder diejenige elektronische Fassung, die durch ein anerkanntes Signatur- oder Siegelverfahren als unverändert und vom Aussteller stammend gilt. Das Original dient als Referenz für Echtheit, Integrität und Herkunft. Von ihm zu unterscheiden sind Kopien, Abschriften oder Reproduktionen, die den Inhalt wiedergeben, ohne selbst das Original zu sein.
Original im Dokumenten- und Urkundenwesen
Urschrift, Ausfertigung, Abschrift und Kopie
Bei Schriftstücken wird unter dem Original häufig die Urschrift verstanden: das erstmals erstellte, unterzeichnete Dokument. Daneben existieren weitere Begriffe mit unterschiedlicher rechtlicher Bedeutung:
- Urschrift: die erstmalige, eigenhändig unterschriebene Fassung eines Dokuments.
- Ausfertigung: eine von einer zuständigen Stelle erstellte, mit besonderen Merkmalen versehene Fassung, die den Inhalt der Urschrift vollständig und mit gleicher Beweiskraft wiedergibt.
- Abschrift: eine inhaltliche Wiedergabe, die nicht notwendigerweise besondere Echtheitsmerkmale enthält; sie kann einfach oder beglaubigt sein.
- Kopie/Fotokopie/Scan: eine bildliche Vervielfältigung, die das Schriftbild reproduziert, ohne selbst zum Original zu werden.
Beglaubigung und Beweiswert
Eine einfache Kopie beweist in der Regel nur, dass ein entsprechender Inhalt existieren könnte; sie belegt nicht sicher die Herkunft oder Unverfälschtheit. Eine beglaubigte Abschrift bestätigt, dass die Kopie mit dem vorgelegten Dokument übereinstimmt. Sie ersetzt das Original nicht, kann jedoch den Beweiswert einer Kopie erheblich erhöhen. Eine Ausfertigung tritt in bestimmten Konstellationen an die Stelle der Urschrift und wird wie ein Original behandelt.
Elektronisches Original
Elektronische Dokumente können Originale sein, wenn sie mit anerkannten vertrauenswürdigen Verfahren versehen sind, insbesondere mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder einem qualifizierten elektronischen Siegel samt Prüf- und Integritätsnachweisen. Die Beweiskraft ergibt sich aus der gesicherten Zuordnung zum Aussteller und der Unverändertheit. Bei einem Ausdruck eines elektronisch signierten Dokuments geht die elektronische Beweiskraft grundsätzlich verloren; der Ausdruck ist dann eine Kopie. Umgekehrt entsteht durch das Einscannen eines papiergebundenen Originals kein elektronisches Original, sondern eine digitale Kopie, es sei denn, ein geregeltes Verfahren erhebt die elektronische Fassung ausnahmsweise in den Status eines elektronischen Originals.
Übersetzungen
Übersetzungen sind keine Originale der Ausgangssprache. Eine bestätigte Übersetzung kann belegen, dass die Übertragung dem vorgelegten Dokument entspricht; sie ersetzt jedoch nicht das Original des Ursprungstextes. Übersetzungen können eigenständige Originale der Zielsprache sein, wenn sie entsprechend autorisiert und formal erstellt wurden.
Original im Bereich von Sachen, Kunst und Kreativwerken
Originalwerk, Unikat und Auflagen
Bei Kunstwerken bezeichnet „Original“ in der Regel das Unikat oder die autorisierte Erstfassung. In der Druckgrafik und Fotografie können nummerierte Auflagen existieren; jedes Exemplar kann als Original der Edition gelten, wenn es entsprechend autorisiert und nach anerkannten Editionsregeln gefertigt wurde. Echtheitszertifikate und Provenienznachweise dienen der Zuordnung, ersetzen aber nicht das Werk selbst als Original.
Eigentum am Original und Rechte am Inhalt
Zwischen dem Eigentum am körperlichen Original und den Rechten am geistigen Inhalt ist zu unterscheiden. Der Erwerb eines Gemäldes verleiht die Sacheigentumsrechte am einzelnen Stück, nicht automatisch die Rechte zur Vervielfältigung oder öffentlichen Zugänglichmachung des Motivs. Entsprechendes gilt für Fotografien, Tonträger und Software: Die Nutzung und Verwertung richtet sich nach den eingeräumten Nutzungsrechten, die separat zum Sacheigentum bestehen.
Fälschung, Plagiat und Nachbildung
Fälschungen geben vor, ein Original zu sein, ohne vom behaupteten Schöpfer oder Aussteller zu stammen. Plagiate übernehmen wesentliche Inhalte ohne eigene schöpferische Leistung oder ohne Herkunftsangabe. Nachbildungen oder Repliken können zulässig sein, solange sie nicht die Herkunft täuschen oder geschützte Kennzeichen verletzen. Fälschungen und irreführende Nachbildungen können zivil- und strafrechtliche Folgen auslösen.
Original im Warenverkehr und bei Kennzeichen
Originalware und Parallelimporte
„Originalware“ bezeichnet Produkte, die vom Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung hergestellt wurden. Von ihr abzugrenzen sind Fälschungen, die Kennzeichen unbefugt nutzen und Herkunftsvorstellungen täuschen. Parallelimporte sind Originalwaren, die außerhalb vorgesehener Vertriebswege in einen Markt gelangen; ihre Zulässigkeit hängt von Erschöpfungs- und Verteilungsregeln ab. Unterschiede in Verpackung oder Beilage führen nicht automatisch zur Annahme einer Fälschung, können aber kennzeichen- und wettbewerbsrechtlich relevant sein.
Originalteile und Ersatzteile
Im technischen Bereich unterscheidet man zwischen Originalteilen des Markenherstellers und gleichwertigen Teilen anderer Hersteller. Kennzeichen- und Wettbewerbsrecht setzen Grenzen, wie über Herkunft, Kompatibilität und Qualität informiert werden darf. Die Bezeichnung als „Originalteil“ setzt eine eindeutige Zuordnung zum Markenhersteller voraus; irreführende Kennzeichnung kann beanstandet werden.
Original als Beweismittel
Beweisfunktion und Integrität
Originale besitzen regelmäßig einen höheren Beweiswert als Kopien, da sie Authentizität und Unverändertheit näherlegen. Bei Papierurkunden stützt die eigenhändige Unterschrift die Zuordnung zum Aussteller. Bei elektronischen Dokumenten dienen Signaturen, Siegel und Prüfinformationen der Sicherung von Herkunft und Integrität. Sichtbare Änderungen, Brüche in der Überlieferung oder fehlende Prüfnachweise können den Beweiswert mindern.
Vernichtung, Verlust und Beweisersatz
Geht ein Original verloren oder wird es zerstört, kommt Beweisersatz in Betracht, etwa durch Kopien, Registerauszüge, Zeugenaussagen oder elektronische Protokolle. Der Beweiswert ist dann regelmäßig geringer und abhängig von der Plausibilität, Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit der Ersatznachweise. In bestimmten Bereichen bestehen Aufbewahrungspflichten, deren Erfüllung die spätere Beweisführung erleichtern kann.
Formanforderungen und Vorlagepflichten
Für manche Rechtsgeschäfte ist eine besondere Form vorgesehen. Wird eigenhändige Unterschrift verlangt, erfüllt regelmäßig nur das papiergebundene Original mit Unterschrift oder ein elektronisches Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur die Form. Für einfachere Anforderungen genügt häufig die Textform, die auch per E-Mail oder digitalem Text erfüllt werden kann. Behörden, Gerichte oder Vertragspartner können die Vorlage des Originals oder einer Ausfertigung verlangen; in anderen Fällen reichen Abschriften oder Kopien.
Internationaler Rechtsverkehr
Im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr wird die Echtheit eines Originals häufig durch besondere Bestätigungsverfahren nachgewiesen. Üblich sind Legalisierung oder Apostille, mit denen die Echtheit von Unterschrift, Funktion des Unterzeichners und gegebenenfalls das Siegel bestätigt werden. Ergänzend werden vereidigte Übersetzungen genutzt, um Inhalt und Bedeutung in einer anderen Sprache nachvollziehbar zu machen.
Abgrenzungen und verwandte Begriffe
Überblick
- Original/Urschrift: erste, authentische Verkörperung eines Inhalts.
- Ausfertigung: amtlich oder notariell erstellte Fassung mit originärer Beweiskraft.
- Duplikat/Zweitschrift: erneute Ausstellung eines Dokuments mit der Funktion eines Originals.
- Abschrift: schriftliche Wiedergabe, die inhaltlich übernimmt, aber keine eigene originäre Beweiskraft begründet.
- Kopie: bildliche Reproduktion ohne eigenständige Echtheitsmerkmale.
- Beglaubigte Abschrift/Kopie: Kopie mit Bestätigung der Übereinstimmung mit dem vorgelegten Dokument.
- Elektronisches Original: elektronisches Dokument mit verlässlichen Signatur- oder Siegelmerkmalen und Prüfinformationen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Begriff „Original“
Ist eine beglaubigte Kopie dem Original gleichgestellt?
Eine beglaubigte Kopie bestätigt die Übereinstimmung mit dem vorgelegten Dokument und erhöht den Beweiswert einer Kopie. Sie ersetzt das Original jedoch nicht. In einzelnen Verfahren kann sie ausreichen, wenn ausdrücklich vorgesehen oder akzeptiert.
Gilt ein Scan als Original?
Ein Scan ist grundsätzlich eine digitale Kopie. Er wird nicht allein dadurch zum Original, dass der Inhalt mit dem Papierdokument übereinstimmt. Eine elektronische Originalqualität setzt regelmäßig eine qualifizierte elektronische Signatur oder ein vergleichbares Vertrauensmerkmal voraus.
Was ist der Unterschied zwischen Ausfertigung und Abschrift?
Die Ausfertigung ist eine offiziell erstellte Fassung, die inhaltlich der Urschrift entspricht und selbst originäre Beweiskraft besitzt. Eine Abschrift gibt den Inhalt wieder, ohne diese Beweiskraft. Eine beglaubigte Abschrift bestätigt die Übereinstimmung mit dem vorgelegten Dokument, bleibt aber eine Kopie.
Kann es mehrere Originale geben?
Ja. Mehrere Originale sind möglich, etwa wenn identische Urkunden jeweils gesondert unterzeichnet oder autorisierte Editionsstücke hergestellt werden. Auch mehrere elektronisch signierte Fassungen desselben Inhalts können jeweils Originale sein.
Wann ist eine digitale Signatur einem handschriftlich unterschriebenen Original gleichwertig?
Eine qualifizierte elektronische Signatur kann die handschriftliche Unterschrift funktional ersetzen, wenn die geltenden Anforderungen an Identität, Integrität und Prüfbarkeit erfüllt sind. In Bereichen mit strengeren Formvorgaben kann zusätzlich eine besondere elektronische Form verlangt werden.
Darf ein Original vernichtet werden, wenn eine Kopie existiert?
Die Vernichtung eines Originals ist rechtlich sensibel, da Kopien in der Regel einen geringeren Beweiswert haben. Aufbewahrungs- und Nachweispflichten können einer Vernichtung entgegenstehen. Ob eine Kopie ausreicht, hängt vom Zweck, den formellen Anforderungen und der Beweisbedürftigkeit ab.
Welche Bedeutung hat die Originalverpackung („OVP“) für die rechtliche Einordnung von Waren?
Die Originalverpackung kann als Hinweis auf Herkunft und Unversehrtheit dienen, ist für die Einordnung als Originalware aber nicht allein ausschlaggebend. Maßgeblich ist, ob die Ware vom Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung stammt; Verpackungsdetails sind ein Indiz, kein abschließender Nachweis.
Wie wird die Echtheit eines Kunstwerks rechtlich eingeordnet?
Die Echtheit stützt sich auf das Werk selbst in Verbindung mit Nachweisen wie Provenienz, Katalogeinträgen oder autorisierten Erklärungen. Bestätigungen und Gutachten sind Beweismittel; sie können den Wert und die Zuordnung beeinflussen, ersetzen aber nicht die Anforderungen an Herkunfts- und Echtheitsnachweis.