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Organisation der Staatsanwaltschaft


Organisation der Staatsanwaltschaft

Die Organisation der Staatsanwaltschaft bezeichnet im Rechtssystem die interne Gliederung, den Aufbau sowie die Funktionsweise der Staatsanwaltschaft als Behörde. Sie umfasst die rechtlichen Grundlagen, die hierarchische Struktur, die fachliche und sachliche Zuständigkeit, Besetzungsregelungen sowie Besonderheiten zu fachlicher Weisungsgebundenheit und mitwirkenden Organen. Die Organisation der Staatsanwaltschaft ist maßgeblich für die Gewährleistung einer einheitlichen Strafverfolgung und die rechtsstaatliche Kontrolle polizeilicher Ermittlungen innerhalb einer Rechtsordnung.


Gesetzliche Grundlagen der Organisation der Staatsanwaltschaft

Die Organisation der Staatsanwaltschaft ist vor allem im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) geregelt. Ergänzend kommen Verordnungen auf Landes- und Bundesebene sowie spezifische Verwaltungsvorschriften hinzu. Die organisationellen Strukturen ergeben sich in Deutschland maßgeblich aus den §§ 141 ff. GVG.

Unterscheidung: Staatsanwaltschaft und Gerichte

Die Staatsanwaltschaft ist organisatorisch von den Gerichten getrennt, operiert jedoch bei Ermittlungs- und Anklagehandlungen in enger Kooperation mit diesen und den Polizeibehörden. Während Richterinnen und Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind, unterliegt die Staatsanwaltschaft einem hierarchischen Aufbau mit klar geregelter Weisungsstruktur.


Aufbau der Staatsanwaltschaft

Hierarchische Struktur

Die Staatsanwaltschaft ist hierarchisch gegliedert. An der Spitze einer Staatsanwaltschaft steht der Leitende Oberstaatsanwalt beziehungsweise die Leitende Oberstaatsanwältin. Darunter folgen Oberstaatsanwälte, Staatsanwälte und Rechtspfleger sowie die weiteren Bediensteten der Verwaltung.

Staatsanwaltschaften bei Landgerichten: In jedem Landgerichtsbezirk besteht eine Staatsanwaltschaft, die von einem Leitenden Oberstaatsanwalt geführt wird.
Generalstaatsanwaltschaften bei Oberlandesgerichten: Ihnen obliegen Aufsicht und Unterstützung der Staatsanwaltschaften im Bezirk eines Oberlandesgerichts. Die Generalstaatsanwaltschaften sind oft zusätzliche Überwachungs- und Kontrollinstanz.
Bundesanwaltschaft: Spezielle Zuständigkeiten, insbesondere für Staatsschutzdelikte, liegen bei der Bundesanwaltschaft beim Bundesgerichtshof.

Interne Organisation

Die Staatsanwaltschaft teilt sich zumeist in verschiedene Abteilungen auf, denen jeweils unterschiedliche Deliktsbereiche (zum Beispiel Wirtschaftsstrafsachen, Kapitaldelikte, Jugendstrafsachen) zugeordnet sind. Die Aufteilung folgt praktischen und verwaltungstechnischen Erfordernissen.


Weisungsgebundenheit und Aufsicht

Die Staatsanwaltschaft ist in ihrer Tätigkeit an Weisungen gebunden und steht unter der Aufsicht der vorgesetzten Behörde; dies unterscheidet sie maßgeblich von der richterlichen Unabhängigkeit. Weisungen können sowohl abstrakt-generell als auch konkret in Einzelfällen erfolgen.

Weisungsberechtigte Instanzen:
– Die jeweilige Landesjustizverwaltung übt die Dienstaufsicht über die Landesstaatsanwaltschaften aus.
– Die Generalstaatsanwälte bzw. die Bundesanwälte fungieren als zwischengeordnete Behörden, die Weisungen weitergeben oder erteilen können.

Rechtliche Grundlagen der Weisungsgebundenheit

Die Weisungsgebundenheit ergibt sich aus den §§ 147 bis 147b GVG. Die rechtliche Möglichkeit zur Weisung ist umstritten und Gegenstand rechtswissenschaftlicher und politischer Diskussionen, da sie Fragen der Unabhängigkeit und der Einhaltung des Legalitätsprinzips tangiert.


Aufgaben und Funktionen

Die Staatsanwaltschaft ist die zentrale Ermittlungsbehörde im Strafverfahren. Ihre Hauptaufgaben ergeben sich aus der Strafprozessordnung (StPO):

Leitung des Ermittlungsverfahrens
Erhebung der öffentlichen Klage
Vertretung der Anklage vor Gericht
Überwachung der Strafvollstreckung

Kontroll- und Überwachungsfunktionen

Innerhalb der Organisation existieren Kontrollmechanismen, etwa Beschwerdewege oder Dienstaufsichtsbeschwerden, die dazu dienen, Fehler in der Ermittlungsführung zu erkennen und zu korrigieren.


Personalstruktur und Besetzung

Amtsbezeichnungen und Qualifikationen

Staatsanwältinnen und Staatsanwälte werden nach erfolgreichem Abschluss des Zweiten Staatsexamens und teilweise nach weiteren Auswahlverfahren ernannt. Es bestehen folgende Amtstitel:

  • Staatsanwalt/Staatsanwältin
  • Oberstaatsanwalt/Oberstaatsanwältin
  • Leitender Oberstaatsanwalt/Leitende Oberstaatsanwältin
  • Generalstaatsanwalt/Generalstaatsanwältin

Zuständigkeitsverteilung

Die Geschäftsverteilung innerhalb einer Staatsanwaltschaft wird durch den Behördenleiter festgelegt. Sie erfolgt in einer Geschäftsverteilungsordnung, welche Abteilungen und Dezernate regelt.


Staatsanwaltschaft im föderalen System

Staatsanwaltschaften der Länder

Die Bundesländer sind jeweils für Aufbau und Organisation der Staatsanwaltschaften in ihrem Gebiet zuständig. Während die Grundstruktur bundeseinheitlich vorgegeben ist, bestehen länderspezifische Abweichungen in Anzahl, Ausstattung und interner Organisation.

Bundesanwaltschaft

Die Bundesanwaltschaft mit Sitz in Karlsruhe übernimmt spezifische Verfahrensgebiete von besonderer bundesweiter Bedeutung, wie zum Beispiel Staatsschutzverfahren.


Besonderheiten und internationale Aspekte

Organisation der Staatsanwaltschaft im internationalen Vergleich

Die Organisation der Staatsanwaltschaft unterscheidet sich international signifikant. Während in Deutschland die Weisungsgebundenheit hervorsticht, existieren in anderen Staaten stärkere Unabhängigkeitsmerkmale.

Inquisitorisches System: Hier, wie etwa in Frankreich, ist die Staatsanwaltschaft Teil der Judikative.
Common Law: In Ländern wie Großbritannien und den Vereinigten Staaten werden Ermittlungen teils unabhängig durch die Staatsanwaltschaft bzw. das Public Prosecution Office geführt.

Europäische Kooperation

Europäische Staatsanwaltschaftsstrukturen und institutionalisierte Zusammenarbeit, etwa via Europäischer Staatsanwaltschaft (EUStA), sind zunehmend relevant für grenzüberschreitende Strafverfolgung.


Literatur, Weblinks und weiterführende Hinweise

Die Organisation der Staatsanwaltschaft wird in zahlreichen Kommentaren zum Gerichtsverfassungsgesetz sowie Spezialliteratur zum Strafverfahrensrecht umfassend erläutert. Für vertiefende Informationen empfiehlt sich daneben die Konsultation der Seiten der jeweiligen Landesjustizverwaltungen und staatsanwaltschaftlichen Leitfäden.


Siehe auch:

Häufig gestellte Fragen

Wie ist die Staatsanwaltschaft organisatorisch aufgebaut?

Die Staatsanwaltschaft gliedert sich in Deutschland typischerweise in mehrere Dienststellen, sogenannte Staatsanwaltschaften, die bei den Landgerichten und den Oberlandesgerichten eingerichtet sind. Die Leitungsfunktion obliegt dem Leitenden Oberstaatsanwalt bzw. der Leitenden Oberstaatsanwältin. Unterhalb der Leitungsstelle sind weitere Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sowie ggf. Amtsanwälte und sonstige Mitarbeiter tätig. In ihrer Aufbauorganisation bestehen verschiedene Abteilungen (z.B. für Allgemeine Strafsachen, Wirtschaftskriminalität, Kapitaldelikte oder Jugendstrafrecht), zu deren Leitung jeweils eigene Dezernenten bestellt werden können. Die Staatsanwaltschaft ist hierarchisch gegliedert, sodass vorgesetzte Stellen im Einzelfall Weisungen gegenüber nachgeordneten Staatsanwälten erteilen können. Organisatorisch ist außerdem die Zuständigkeit nach sachlichen, örtlichen und persönlichen Kriterien sowie die Verbindung zu übergeordneten Behörden, wie etwa den Generalstaatsanwaltschaften bei den Oberlandesgerichten, festgelegt.

Welche Rolle spielen Generalstaatsanwaltschaft und Bundesanwaltschaft?

Die Generalstaatsanwaltschaft ist bei den Oberlandesgerichten angesiedelt und dient als übergeordnete Instanz für die Staatsanwaltschaften im jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirk. Sie übt die Dienstaufsicht aus, überwacht die einheitliche Rechtsanwendung und kann im Einzelfall Verfahren an sich ziehen oder Weisungen an die nachgeordneten Staatsanwaltschaften erteilen. Die Bundesanwaltschaft, auch bekannt als Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, ist für besonders gravierende Straftaten von bundesweiter Bedeutung, vornehmlich sogenannte Staatsschutzdelikte, zuständig. Sie steht nicht unter der Dienstaufsicht eines Landesministeriums, sondern unterliegt direkt dem Bundesministerium der Justiz.

In welchem Dienstverhältnis stehen die Staatsanwälte und wie ist deren Unabhängigkeit geregelt?

Staatsanwälte stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, meist als Beamte auf Lebenszeit. Während Richter verfassungsrechtlich garantiert unabhängig sind, gelten für die Staatsanwälte verwaltungsrechtliche bzw. organisatorische Bindungen innerhalb der Justiz. Die Staatsanwälte unterliegen dem sogenannten „strikten Hierarchieprinzip“, das bedeutet, sie haben dienstliche Weisungen ihrer Vorgesetzten, insbesondere des Leitenden Oberstaatsanwalts und des zuständigen Justizministeriums, zu befolgen. Dennoch sind sie verpflichtet, bei ihren Ermittlungen und Entscheidungen Objektivität und Rechtstreue zu wahren.

Wie erfolgt die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei?

Die Polizei ist als Ermittlungsbehörde tätig, jedoch im Ermittlungsverfahren grundsätzlich an die Weisungen der zuständigen Staatsanwaltschaft gebunden (§ 161 StPO). Die Staatsanwaltschaft leitet das Ermittlungsverfahren, erteilt der Polizei Ermittlungsaufträge und überwacht die Legalität und Vollständigkeit der Ermittlungshandlungen. Im Sinne des Legalitätsprinzips ist die Polizei verpflichtet, die Staatsanwaltschaft über bekannt gewordene Straftaten unverzüglich zu informieren. Die organisatorische Trennung zwischen den beiden Behörden ist rechtlich zwingend vorgegeben, jedoch besteht eine funktionale Zusammenarbeit.

Nach welchen Kriterien werden die Zuständigkeiten innerhalb der Staatsanwaltschaft verteilt?

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft wird im Wesentlichen durch die Strafprozessordnung (StPO) sowie durch interne Geschäftsverteilungspläne geregelt. Die Zuständigkeit eines Staatsanwaltes für bestimmte Deliktsarten oder Ermittlungsgebiete wird meist in einem jährlich aktualisierten Geschäftsverteilungsplan konkret festgelegt. Dabei werden Dienstposten so organisiert, dass Spezialisierungen und Effizienzaspekte Berücksichtigung finden, etwa durch die Einrichtung von Sonderdezernaten für Wirtschafts-, Umwelt- oder Betäubungsmittelkriminalität. Die Verteilung erfolgt unter Beachtung gesetzlicher Vorschriften zur Geschäftsverteilung und der Sicherung eines effektiven Rechtsschutzes.

Unterliegt die Organisation der Staatsanwaltschaft einer einheitlichen Bundesregelung oder sind die Bundesländer zuständig?

Die Staatsanwaltschaften sind Teil der Landesjustizverwaltungen und werden von den einzelnen Bundesländern organisiert und verwaltet. Die allgemeinen organisatorischen Grundlagen ergeben sich zwar aus dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und der Strafprozessordnung (StPO), die konkrete Ausgestaltung, wie die Einteilung in Abteilungen, der Zuschnitt von Dezernaten und die personelle Ausstattung, obliegt jedoch der jeweiligen Landesregierung bzw. dem zuständigen Landesjustizministerium. Auch die Dienstaufsicht erfolgt auf Landesebene, mit Ausnahme der Bundesanwaltschaft.

Welche Kontrollmechanismen bestehen hinsichtlich der Organisation und Tätigkeit der Staatsanwaltschaft?

Die Arbeit der Staatsanwaltschaften unterliegt der Dienst- und Fachaufsicht der Landesjustizministerien bzw. beim Generalbundesanwalt dem Bundesministerium der Justiz. Neben internen Überprüfungen und Jahresberichten gibt es auch parlamentarische Kontrollen durch Anfragen und Untersuchungen sowie die gerichtliche Kontrolle im Rahmen von Beschwerden oder Dienstaufsichtsbeschwerden. Externe Kontrolle wird zudem mittelbar durch die Gerichte ausgeübt, etwa bei gerichtlichen Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit staatsanwaltschaftlicher Anordnungen oder Maßnahmen.