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Oberbundesanwalt


Definition und rechtliche Einordnung des Oberbundesanwalts

Der Begriff Oberbundesanwalt bezeichnet einen hochrangigen Amtsträger innerhalb der Bundesanwaltschaft der Bundesrepublik Deutschland. Zu den primären Aufgaben des Oberbundesanwalts zählt die Leitung oder stellvertretende Führung von Ermittlungs- und Strafverfahren im Bereich der Bundesgerichtsbarkeit, insbesondere bei Staatsschutzdelikten und anderen bedeutenden Verfolgungsaufgaben auf Bundesebene. Die Amtsbezeichnung ist eine interne Dienstbezeichnung innerhalb der Bundesanwaltschaft und weist auf eine gehobene Position hin.

Historische Entwicklung des Amts Oberbundesanwalt

Die Geschichte des Amts Oberbundesanwalt ist eng mit dem Aufbau des bundesdeutschen Justizwesens nach 1949 verbunden. Mit Gründung der Bundesanwaltschaft beim Bundesgerichtshof wurde eine hierarchische Gliederung im Aufbau der Ermittlungs- und Anklagebehörde geschaffen. In diesem Rahmen wurde die Position des Oberbundesanwalts eingeführt, um eine vertikale Struktur und klare Verantwortlichkeiten zwischen Generalbundesanwalt, Bundesanwalt und Oberbundesanwalt herauszuarbeiten.

Rechtsgrundlagen und dienstrechtlicher Status

Gesetzliche Verankerung

Die Bundesanwaltschaft ist gemäß § 142 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) beim Bundesgerichtshof errichtet. Das Personal besteht aus dem Generalbundesanwalt, dem Bundesanwalt, Oberbundesanwälten, und weiteren Amtsträgern.

Die konkrete Dienstbezeichnung Oberbundesanwalt ergibt sich aus § 142a GVG, aus den jeweiligen Laufbahn-, Besoldungs- und Personalvorschriften des Bundes sowie aus internen Verwaltungsbestimmungen. Oberbundesanwälte sind Beamte des höheren Justizdienstes des Bundes und gehören der unmittelbaren Bundesverwaltung an.

Besoldung und Dienstrecht

Oberbundesanwälte sind in der Regel in der Besoldungsgruppe R3 der Bundesbesoldungsordnung für Richter und Staatsanwälte eingruppiert. Sie unterliegen dem Bundesbeamtengesetz und dem Bundesdisziplinargesetz. Ihre Rechte, Pflichten und Befugnisse werden nach den entsprechenden Vorschriften für die Bundesbeamten gesteuert.

Aufgaben und Zuständigkeiten des Oberbundesanwalts

Ermittlung und Strafverfolgung

Oberbundesanwälte haben die Aufgabe, Strafverfahren bei Straftaten von besonderer Bedeutung im Auftrag und unter der Verantwortung des Generalbundesanwalts zu betreuen. Dazu zählen vor allem:

  • Delikte gegen die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland (z. B. Terrorismus, Spionage, Hochverrat)
  • Völkerrechtsverbrechen (z. B. Kriegsverbrechen)
  • Staatsschutzdelikte gemäß §§ 74a, 120 GVG

Sie führen Ermittlungsverfahren, bereiten Anklagen vor und vertreten die Bundesanwaltschaft in diesen Verfahren vor vergleichbaren Spruchkörpern des Bundesgerichtshofs.

Leitungsfunktion

In der Hierarchie sind Oberbundesanwälte unmittelbar dem Bundesanwalt beziehungsweise Generalbundesanwalt unterstellt. Häufig nehmen sie auch Leitungsaufgaben innerhalb von einzelnen Abteilungen der Bundesanwaltschaft wahr und koordinieren die Arbeit der ihnen unterstellten Beamten.

Mitwirkung an Grundsatzentscheidungen

Oberbundesanwälte werden regelmäßig bei der Beratung und Umsetzung grundlegender rechtspolitischer und verwaltungstechnischer Fragen hinzugezogen, insbesondere bei Erlass oder Änderung interner Dienstvorschriften, Aus- und Fortbildung von Nachwuchskräften sowie in Fragen des europäischen und internationalen Rechtshilfeverkehrs.

Anforderungsprofil und Ernennung

Einstellungsvoraussetzungen

Für die Verwendung als Oberbundesanwalt ist grundsätzlich die Befähigung zum Richteramt erforderlich, die üblicherweise zwei erfolgreich abgeschlossene Staatsexamina voraussetzt. Darüber hinaus ist eine langjährige Erfahrung im staatsanwaltschaftlichen Dienst erforderlich.

Ernennung und Beförderung

Die Ernennung erfolgt auf Vorschlag des Generalbundesanwalts durch den Bundesminister der Justiz in Form einer Ernennungsurkunde. Rechtsgrundlage hierfür ist das Bundesbeamtengesetz in Verbindung mit den Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes. Beförderungen zum Oberbundesanwalt können sich aus herausragenden Leistungen und Dienstzeiten ergeben.

Abgrenzung zu angrenzenden Begriffen

Unterschied zum Generalbundesanwalt und Bundesanwalt

Die Bundesanwaltschaft gliedert sich in mehrere Dienstgrade:

  • Generalbundesanwalt: Oberste Leitung der Behörde, direkt dem Bundesministerium der Justiz unterstellt.
  • Bundesanwalt: Erfahrener Amtsträger, mit Sonderaufgaben oder Leitung bedeutender Verfahren beauftragt.
  • Oberbundesanwalt: Hierarchisch zwischen Bundesanwalt und weiteren Amtsträgern eingeordnet.

Die Funktion des Oberbundesanwalts ist daher als Schnittstelle zwischen gehobener Sachbearbeitung und Leitung unterschiedlicher Ermittlungskomplexe zu verstehen.

Rechte, Pflichten und dienstrechtlicher Schutz

Oberbundesanwälte genießen den besonderen Schutz und die Unabhängigkeit aller Beamten im höheren Justizdienst. Sie haben Anspruch auf eine amtsangemessene Besoldung und besondere Versorgung. Ihnen obliegen auch Verschwiegenheitspflichten und die Pflicht zur unparteiischen Amtsführung.

Bedeutung im deutschen Rechtssystem

Die Funktion des Oberbundesanwalts leistet einen zentralen Beitrag zur Wahrung der Rechtssicherheit auf Bundesebene. Durch die Übernahme komplexer Strafverfahren, insbesondere mit bundesweiter oder internationaler Dimension, und die fachliche Leitung innerhalb der Bundesanwaltschaft ist die Position ein unverzichtbarer Bestandteil der deutschen Strafverfolgungsbehörden. Zudem fördern Oberbundesanwälte die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Strafverfolgungsorganen sowie die Entwicklung neuer Ermittlungsansätze.

Literatur und weiterführende Quellen

  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
  • Bundesbeamtengesetz (BBG)
  • Gesetz über die Bundesanwaltschaft
  • Bundesministerium der Justiz – Informationsseite zur Bundesanwaltschaft
  • Fachpublikationen zum Staats- und Strafverfahrensrecht (Auflistung wissenschaftlicher Zeitschriften und Kommentare)

Hinweis: Der Begriff Oberbundesanwalt ist eine spezifische Dienstbezeichnung und wird ausschließlich im Kontext der Bundesanwaltschaft beim Bundesgerichtshof verwendet. In anderen Bundesjustizbehörden existieren vergleichbare, jedoch anders benannte Funktionen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgaben und Zuständigkeiten hat der Oberbundesanwalt im Strafverfahren?

Der Oberbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ist die oberste staatsanwaltschaftliche Instanz Deutschlands, die insbesondere für bestimmte strafrechtlich besonders bedeutsame Delikte zuständig ist. Die wichtigste Zuständigkeit ist die Verfolgung von Staatsschutzdelikten, also etwa bei Straftaten nach dem Strafgesetzbuch gegen die innere und äußere Sicherheit (z. B. Hochverrat, Landesverrat, Terrorismus), Angriffe auf Verfassungsorgane, Gefährdung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie auf internationalen Ebene Delikte wie Völkermord oder Kriegsverbrechen. Die Verfahren werden hierbei in den meisten Fällen nicht von den regulären Landesstaatsanwaltschaften, sondern ausschließlich vom Bundesanwaltschaftsbüro geführt, wobei der Oberbundesanwalt die Anklagevertretung vor dem Staatsschutzsenat des Bundesgerichtshofs innehat. Darüber hinaus wacht der Oberbundesanwalt über die Einhaltung bundesweiter Strafverfahrensrichtlinien, ist gegenüber anderen Behörden weisungsbefugt und koordiniert oft bundesweite Ermittlungen.

Wie wird der Oberbundesanwalt ernannt und welche rechtlichen Grundlagen gelten hierfür?

Die Ernennung des Oberbundesanwalts erfolgt gemäß § 147 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). Nach dieser gesetzlichen Regelung ernennt der Bundespräsident den Oberbundesanwalt auf Vorschlag der Bundesregierung, wobei regelmäßig eine enge Abstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz erfolgt. Die rechtlichen Voraussetzungen für das Amt umfassen neben einer herausragenden juristischen Qualifikation in der Regel mehrjährige Erfahrungen als Staatsanwalt, Richter oder in vergleichbarer Funktion. Die Amtszeit ist nicht gesetzlich festgelegt, sodass der Oberbundesanwalt sein Amt auf Lebenszeit, maximal jedoch bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze, ausüben kann. Eine Entlassung vorzeitig ist grundsätzlich nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen möglich, beispielsweise bei groben Pflichtverletzungen.

Unterliegt der Oberbundesanwalt einer parlamentarischen oder gerichtlichen Kontrolle?

Der Oberbundesanwalt unterliegt in seiner Tätigkeit der Fachaufsicht des Bundesministeriums der Justiz. Das Ministerium kann dem Oberbundesanwalt Weisungen erteilen, wobei dieses Weisungsrecht nach einer gefestigten Praxis äußerst restriktiv und nur in rechtlich begründeten Ausnahmefällen ausgeübt wird, um die staatsanwaltschaftliche Unabhängigkeit zu wahren. Darüber hinaus besteht keine direkte parlamentarische Kontrolle über die Einzelfallentscheidungen des Oberbundesanwalts. Allerdings unterliegt er der allgemeinen Kontrolle durch das Parlament im Rahmen der Haushalts- und Rechtsaufsicht sowie der Kontrolle durch die unabhängige Gerichtsbarkeit, beispielsweise durch das Bundesverfassungsgericht im Wege der Verfassungsbeschwerde oder im Instanzenzug bei staatsanwaltschaftlichen Maßnahmen.

Welche Mitwirkungsmöglichkeiten hat der Oberbundesanwalt im Ermittlungsverfahren?

Im Ermittlungsverfahren hat der Oberbundesanwalt umfangreiche prozessuale Beteiligungsrechte. Er kann Ermittlungen an sich ziehen, diese steuern, eigene Ermittlungspersonen (sogenannte Ermittlungsbeamte der Bundespolizei oder des Bundeskriminalamts) beauftragen und Ermittlungsmaßnahmen wie Durchsuchungen, Beschlagnahmen oder Telekommunikationsüberwachungen veranlassen, vorausgesetzt, die gesetzlichen Voraussetzungen sind gegeben. Nach Abschluss der Ermittlungen entscheidet der Oberbundesanwalt, ob er Anklage erhebt, das Verfahren einstellt oder im Einzelfall diversionsrechtliche Maßnahmen trifft. Zudem ist der Oberbundesanwalt berechtigt, wichtige Zeugenvernehmungen oder richterliche Vernehmungen zu beantragen und – zentral für das deutsche Recht – im Ermittlungsverfahren gerichtliche Entscheidungen über Zwangsmaßnahmen einzuholen.

Welche Besonderheiten gelten für den Oberbundesanwalt im internationalen Rechtshilfeverkehr?

Im Rahmen des internationalen Rechtshilfeverkehrs nimmt der Oberbundesanwalt eine Schlüsselfunktion ein, insbesondere dann, wenn sich die Rechtshilfe auf Staatsschutz- oder völkerrechtliche Straftaten bezieht. Er ist befugt, in internationalen Ermittlungsverfahren Amts- und Rechtshilfeersuchen an ausländische Justizbehörden zu stellen oder auf solche zu reagieren, wobei er häufig mit dem Bundesministerium der Justiz sowie dem Auswärtigen Amt kooperiert. Bei bestimmten Straftaten, wie Terrorismus oder Kriegsverbrechen, ist er zentraler Ansprechpartner für internationale Strafverfolgungsbehörden (wie Europol, Interpol oder den Internationalen Strafgerichtshof) und koordiniert die deutsche Mitwirkung an supranationalen Ermittlungsmaßnahmen.

Inwieweit ist der Oberbundesanwalt an gesetzgeberische Prozesse beteiligt?

Obwohl der Oberbundesanwalt selbst nicht an der Legislative teilnimmt, wird er im Gesetzgebungsverfahren regelmäßig als Sachverständiger konsultiert, wenn es um Fragestellungen im Bereich des Staatsschutzrechts oder der Strafprozessordnung geht. Seine Praxisexpertise fließt insbesondere bei Entwürfen zu neuen oder geänderten Vorschriften zur Terrorismusbekämpfung, Spionage oder zum Völkerstrafrecht ein. Daneben kann der Oberbundesanwalt in Einzelfällen Hinweise auf gesetzliche Lücken oder praktische Missstände an das Bundesministerium der Justiz weitergeben, das diese im weiteren Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen kann.

Wie unterscheidet sich die Stellung des Oberbundesanwalts von der eines Generalstaatsanwalts der Länder?

Rechtlich ist der Oberbundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Bundesbehörde dem Bund nachgeordnet, während Generalstaatsanwälte in den Ländern den jeweiligen Landesjustizverwaltungen angehören. Inhaltlich besteht die Hauptdifferenz in der Zuständigkeit: Während der Oberbundesanwalt ausschließlich und zwingend für bestimmte, besonders bedeutsame Delikte auf Bundesebene zuständig ist (insbesondere Staatsschutzdelikte), bearbeiten die Generalstaatsanwälte der Länder sämtliche übrigen, insbesondere landesrechtlich oder lokal bedeutsame Strafverfahren. Hinsichtlich der Weisungsbefugnis gilt: Die Generalstaatsanwälte unterstehen den jeweiligen Landesjustizministerien, während der Oberbundesanwalt dem Bundesministerium der Justiz untersteht. Beide Ämter sind jedoch in ihrer Einzelfallarbeit grundsätzlich unabhängig und ausschließlich dem Gesetz unterworfen.