Begriff und Allgemeine Bedeutung der Notwendigen Auslagen
Notwendige Auslagen bezeichnen im deutschen Recht die Aufwendungen, die einer Partei oder einem Verfahrensbeteiligten im Rahmen eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens entstehen und denen zur Durchsetzung oder Verteidigung ihrer Rechte eine sachliche Notwendigkeit zugesprochen wird. Der Begriff kommt insbesondere im Strafprozessrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht, Verwaltungsverfahren und weiteren Verfahrensordnungen zur Anwendung. Notwendige Auslagen werden häufig im Zusammenhang mit der Kostenerstattungspflicht thematisiert, wenn etwa der Staat, ein Verteidigter oder eine Beteiligte Partei daran beteiligt sind.
Rechtliche Grundlagen der Notwendigen Auslagen
Strafprozessordnung (StPO)
In der Strafprozessordnung ist die Erstattung der Notwendigen Auslagen maßgeblich in § 464a Abs. 2 StPO geregelt. Hierzu zählen unter anderem die tatsächlichen Kosten der Verteidigung, Reise- und Aufenthaltskosten, Entgelte für Gutachten und Auslagen für notwendige Übersetzungen.
Im Strafverfahren umfasst die Kostenerstattung durch notwendige Auslagen sowohl die Auslagen des Beschuldigten als auch der Nebenklage, soweit sie zum Zwecke der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung objektiv geboten waren. Grundsätzlich sind darunter solche Aufwendungen zu verstehen, die eine verständige Partei unter Berücksichtigung der Bedeutung der Sache und der Sachlage für erforderlich halten durfte.
Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG)
Gemäß § 46 OWiG, der auf viele Regelungen der Strafprozessordnung verweist, sind im Bußgeldverfahren ebenfalls notwendige Auslagen erstattungsfähig. Zu beachten ist hierbei, dass die Auslagen der Betroffenen oder Verfahrensbeteiligten zumindest im Falle des Obsiegens gegenüber der zuständigen Behörde – beispielsweise bei einer Einstellung nach § 47 OWiG oder einem Freispruch – zu erstatten sind.
Zivilprozessordnung (ZPO)
Im Zivilprozess versteht man unter „notwendigen Auslagen“ insbesondere solche Aufwendungen, die eine Partei im Rahmen der Prozessführung aufwenden musste. Regelungen dazu finden sich in den §§ 91 ff. ZPO sowie im Kostenverzeichnis (KV) zum Gerichtskostengesetz. Zu den notwendigen Auslagen können hier insbesondere Ausgaben für Zeugen, Sachverständige, Übersetzungen, Reisekosten sowie die Kosten einer gesetzlichen Vertretung zählen.
Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozessrecht
Auch im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsprozessrecht gilt der Grundsatz, dass notwendige Auslagen erstattungsfähig sind (§ 162 VwGO). Hierunter fallen etwa auch Aufwendungen für Rechtsbeistände, Fahrt- und Übernachtungskosten, notwendige Kopien und Auslagen für Beweismittel.
Umfang und Abgrenzung der Notwendigen Auslagen
Abgrenzung zu Gerichtskosten
Notwendige Auslagen sind von den Gerichtskosten abzugrenzen. Während Gerichtskosten amtlicherseits erhoben werden (z. B. für Gerichtsgebühren, Zustellungsgebühren), betreffen notwendige Auslagen die individuell entstandenen Kosten einer Partei oder eines Verfahrensbeteiligten.
Abgrenzung zu Unnötigen Aufwendungen
Es werden lediglich solche Auslagen erstattet, die aufgrund einer sachlichen Notwendigkeit aus der Sicht einer vernünftigen Partei im jeweiligen Verfahren aufgewendet wurden. Nicht notwendige oder unverhältnismäßige Ausgaben, wie z. B. luxuriöse Unterkünfte oder willkürlich mehrfach vorgenommene Reisen, werden regelmäßig nicht als notwendige Auslagen anerkannt.
Beispiele für Notwendige Auslagen
- Reisekosten: Fahrtkosten zum Gerichtstermin, Übernachtungskosten, wenn eine Anreise am Tag der Verhandlung nicht möglich ist.
- Kosten für Zeugenladungen: Entschädigungen und Reisekosten von Zeugen, Dolmetschern und Sachverständigen.
- Gebühren für die Rechtsvertretung: Zahlungen für einen Rechtsbeistand im gesetzlich zulässigen Umfang.
- Kosten für Gutachten: Falls ein Gutachten im Rahmen der Verteidigung oder Rechtsverfolgung unverzichtbar ist.
- Kosten für Kopien, Auszüge und Übersetzungen: Soweit zur sachgemäßen Durchführung des Verfahrens erforderlich.
Kostenerstattung und Antragstellung
Anspruchsgrundlagen
Ob und in welchem Umfang notwendige Auslagen zu erstatten sind, richtet sich nach dem jeweiligen Ausgang des Verfahrens sowie den besonderen gesetzlichen Vorschriften. Regelmäßig erfolgt die Erstattung auf Antrag nach Maßgabe des jeweiligen Prozessrechts.
Verfahren der Geltendmachung
Grundsätzlich müssen Auslagen konkret belegt und im Einzelfall beantragt werden. Nach Abschluss des Verfahrens entscheidet das Gericht oder die zuständige Behörde, in welchem Umfang eine Kostenerstattung stattzufinden hat. Die betroffene Person reicht hierzu einen Antrag auf Kostenerstattung unter Angabe und Nachweis der Auslagen ein.
Sonderfälle und Besonderheiten
Notwendige Auslagen bei Freispruch oder Einstellung
Kommt es zu einem Freispruch, einer Einstellung des Verfahrens oder einer ähnlichen Entscheidung zugunsten des Betroffenen, besteht ein Anspruch auf Erstattung der notwendigen Auslagen, die durch das Verfahren verursacht wurden. Hierzu gehören insbesondere Verteidigungskosten und Auslagen für Verfahren, die objektiv zur effizienten Wahrnehmung der Rechte notwendig waren.
Teilerstattung und Quotelung
Wird lediglich ein Teil der Ansprüche anerkannt oder fällt die Entscheidung nur zugunsten eines Teilbereichs aus, kann das Gericht die Kostenerstattung quotal aufteilen, sodass jede Partei anteilig für ihre notwendigen Auslagen haftet.
Besonderheiten bei Nebenklägern und Privatklägern
Nebenkläger, Privatkläger und weitere Verfahrensbeteiligte können im Falle eines erfolgreich abgeschlossenen Verfahrens ebenfalls Erstattung ihrer notwendigen Auslagen verlangen, sofern besondere Vorschriften wie § 472 und § 472a StPO dies vorsehen.
Literatur und Weiterführende Quellen
- C.H. Beck (Hrsg.), Kostenrecht: Gerichtskosten, Anwaltsgebühren, Auslagen, München, aktuelle Auflagen
- Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), Kommentar
- Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung
- Zöller, Zivilprozessordnung
Der Begriff der notwendigen Auslagen ist ein zentraler Bestandteil des Kostenrechts in sämtlichen gerichtlichen und behördlichen Verfahren in Deutschland und gewährleistet einen gerechten finanziellen Ausgleich für die im Verfahren gebotenen Aufwendungen.
Häufig gestellte Fragen
Wer trägt die notwendigen Auslagen in einem Strafverfahren?
Im Strafverfahren umfasst der Begriff „notwendige Auslagen“ insbesondere die Kosten, die einem Beteiligten für seine angemessene rechtliche Verteidigung entstehen. Dazu zählen beispielsweise Anwaltsgebühren, aber auch Aufwendungen für notwendige Gutachten, Fahrtkosten, Entgelte für Übersetzungen oder Kosten für die Anwesenheit bei Sitzungen. Grundsätzlich trägt jeder Beteiligte zunächst seine notwendigen Auslagen selbst. Wird jedoch das Verfahren zu Gunsten des Beschuldigten eingestellt oder erfolgt ein Freispruch, können diese Auslagen nach §§ 467, 473a StPO von der Staatskasse übernommen werden. Eine Ausnahme besteht, wenn das Verfahren wegen Bagatellen gemäß § 153 StPO eingestellt wird; dann können Auslagen ganz oder teilweise beim Beschuldigten bleiben. Auch im Fall eines Wahlanwaltes werden dessen Gebühren in angemessenem Rahmen erstattet; darüber hinausgehende Honorarforderungen muss die Partei selbst tragen.
Wie werden notwendige Auslagen im Zivilverfahren behandelt?
Im Zivilprozessrecht regelt insbesondere § 91 ZPO die Kostentragungspflicht hinsichtlich notwendiger Auslagen. Die unterliegende Partei hat dem Gegner die durch das Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten. Dazu gehören außergerichtliche Rechtsanwaltskosten, Fahrt- und Übernachtungskosten für die Beteiligten sowie Kosten für Sachverständige, wenn diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Maßgebliches Kriterium ist dabei stets die Notwendigkeit der Kosten im Sinne einer wirtschaftlich vernünftigen, sachgerechten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Unnötige Kosten, beispielsweise durch Beauftragung eines nicht erforderlichen Gutachters, werden nicht erstattet.
Unter welchen Voraussetzungen gelten Kosten als „notwendige Auslagen“?
Damit Kosten als notwendige Auslagen im rechtlichen Sinne anerkannt werden, müssen sie objektiv erforderlich sein, um die eigenen rechtlichen Interessen im Verfahren sachgerecht zu wahren. Dazu gehört eine strenge Zweck-Mittel-Relation: Nur solche Kosten, die einer verständigen Partei bei vernünftiger Prozessführung entstanden wären, gelten als notwendig. Es wird stets der Standpunkt eines verständigen Dritten eingenommen, der bei abwägendem Kosten-Nutzen-Verhältnis handelt. Überhöhte Kosten, Luxusaufwendungen oder Aufwendungen, die aus persönlicher Bequemlichkeit entstanden sind, fallen regelmäßig nicht darunter.
Welche Rolle spielen notwendige Auslagen im Bußgeldverfahren?
Im Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäß OWiG (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten) gelten ähnliche Grundsätze wie im Strafverfahren. Nach § 105 OWiG sind die notwendigen Auslagen des Betroffenen von der Staatskasse zu erstatten, wenn das Verfahren eingestellt wird oder der Betroffene im Ergebnis obsiegt. Hierzu zählen insbesondere die Auslagen des Verteidigers, aber auch Übersetzungskosten, Gutachten, Fahrt- oder Übernachtungskosten sowie Entschädigungen für Zeugen, soweit diese zur zweckmäßigen Verteidigung erforderlich sind. Die Festsetzung erfolgt durch das Gericht; strittige Fragen werden im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 464b StPO entschieden.
Wie werden die notwendigen Auslagen festgesetzt und überprüft?
Die Festsetzung der notwendigen Auslagen erfolgt durch einen Kostenfestsetzungsbeschluss, der auf Antrag einer Partei gemäß §§ 464b ff. StPO bzw. § 104 ZPO ergeht. Die Partei muss ihre Auslagen substantiiert darlegen und nachweisen, etwa durch Kostenbelege, Gebührenrechnungen oder Fahrkarten. Die Gegenseite erhält Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Gericht prüft dann, ob die geltend gemachten Kosten zu Recht als notwendig im Sinne der jeweiligen Verfahrensordnung anerkannt werden können. Gegen die Festsetzung kann ein Rechtsbehelf, regelmäßig die sofortige Beschwerde, eingelegt werden.
Können auch Gerichtskosten als notwendige Auslagen erstattet werden?
Gerichtskosten, wie etwa Gerichtsgebühren und Auslagen für den Betrieb des Gerichts, sind begrifflich und systematisch von den notwendigen Auslagen im engeren Sinne zu unterscheiden. Während Gerichtskosten grundsätzlich dem jeweiligen Kostenschuldner „von Amts wegen“ auferlegt werden, beziehen sich die notwendigen Auslagen auf die eigenen, außergerichtlichen Kosten der Parteien. Nur in besonderen Ausnahmefällen, etwa bei Verfahrenshilfebewilligung oder im Rahmen bestimmter Kostenerstattungen, können Gerichtskosten im weiteren Sinne den notwendigen Auslagen gleichgestellt sein.
Was geschieht mit den notwendigen Auslagen bei teilweisem Obsiegen?
Kommt es im Verfahren zu einer Teilobsiegen-Konstellation – das heißt, beide Parteien erhalten teils Recht, teils Unrecht – erfolgt eine anteilige Kostenerstattung gemäß § 92 ZPO oder § 473 StPO. In einem solchen Fall trägt jeder Beteiligte die Auslagen anteilig entsprechend dem Verhältnis seines Obsiegens oder Unterliegens. Das heißt, jede Partei erhält nur einen Teil ihrer notwendigen Auslagen vom Gegner erstattet beziehungsweise muss einen Teil der gegnerischen Auslagen übernehmen. Eine genaue Berechnung und Verteilung erfolgt im Kostenfestsetzungsverfahren – dabei sind insbesondere eventuelle Mitverschulden und Prozesstaktiken zu berücksichtigen.
Welche Rechtsmittel stehen bei Streit um die Kostenerstattung von notwendigen Auslagen zur Verfügung?
Im Falle einer Streitigkeit über die Höhe oder Notwendigkeit von Auslagen können die betroffenen Parteien Rechtsmittel gegen die Kostenfestsetzung einlegen. Im Zivilprozess ist das die sofortige Beschwerde gemäß § 104 Abs. 3 ZPO, im Strafverfahren gemäß § 464b StPO. Diese Beschwerden werden von dem übergeordneten Gericht geprüft, das die Notwendigkeit und Angemessenheit der streitigen Auslagen nochmals überprüft. So wird sichergestellt, dass keine ungerechtfertigten oder überhöhten Auslagen zu Lasten der unterlegenen Partei erstattet werden und der Grundsatz der Kostengerechtigkeit gewahrt bleibt.