Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Notariatsverwalter

Notariatsverwalter

Notariatsverwalter: Bedeutung, Einordnung und Zweck

Ein Notariatsverwalter ist eine von der zuständigen Aufsichtsbehörde bestellte Person, die ein Notariat vorübergehend leitet, wenn die Inhaberin oder der Inhaber des Amtes die Geschäfte nicht führen kann oder das Amt vakant ist. Die Verwaltung dient der lückenlosen Fortführung notarieller Tätigkeiten, der Sicherung laufender Vorgänge und der geordneten Aufbewahrung von Urkunden und Vermögenswerten. Damit wird Kontinuität hergestellt, bis die Amtsausübung durch die ursprüngliche Person wieder möglich ist oder eine Nachfolge geregelt wurde.

Anlässe für die Bestellung

Typische Fälle

Eine Bestellung kommt insbesondere in Betracht bei längerer Erkrankung, Ruhen des Amtes, vorläufiger Amtsenthebung, dauerhafter Amtsniederlegung, Versetzung, Tod der Amtsinhaberin oder des Amtsinhabers oder bei einer sonstigen Vakanz des Amtssitzes. Maßgeblich ist, dass ohne Verwaltung die ordnungsgemäße Amtsausübung nicht gewährleistet wäre.

Zielsetzung

Die Notariatsverwaltung verhindert Unterbrechungen in der Beurkundungs- und Betreuungstätigkeit, sichert Fristen, schützt Verwahrgüter und Treuhandgelder und erhält die Funktionsfähigkeit des Notariats für Beteiligte, Gerichte, Register und Behörden.

Bestellung und Ablauf

Zuständige Aufsicht und Auswahl

Die Bestellung erfolgt durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Diese prüft die persönliche Eignung und Sachkunde der Person, die die Verwaltung übernimmt. Häufig handelt es sich um bereits bestellte Notarinnen oder Notare oder um besonders qualifizierte Nachwuchskräfte. Die Bestellung wird öffentlich bekannt gemacht; die Amtsbezeichnung enthält einen Hinweis auf die Verwaltung.

Dauer und Beendigung

Die Verwaltung ist zeitlich begrenzt und endet, wenn die Hinderungsgründe entfallen, eine Nachfolge geregelt ist oder die Bestellung widerrufen wird. Eine Verlängerung ist möglich, wenn die Gründe fortbestehen. Mit Ende der Verwaltung erfolgt eine geordnete Übergabe an die nachfolgende Amtsinhaberin, den Amtsinhaber oder an die Aufsicht.

Abgrenzung zu Vertretung und Amtsnachfolge

Der Notariatsverwalter führt ein Notariat in eigener Verantwortung übergangsweise. Davon zu unterscheiden ist die Vertretung, die typischerweise kurzfristige Abwesenheiten überbrückt, während die Amtsnachfolge die dauerhafte Übernahme des Amtes durch eine neue Person bezeichnet. Die Verwaltung dient nicht der Vergabe eines Amtssitzes, sondern der Sicherung des laufenden Betriebs.

Aufgaben und Befugnisse

Fortführung der Amtsgeschäfte

Der Notariatsverwalter setzt die notwendigen Amtsgeschäfte fort. Dazu zählen Beurkundungen, Beglaubigungen, die Betreuung laufender Vorgänge, die Einhaltung von Fristen, die Abwicklung bereits eingegangener Verpflichtungen sowie die Kommunikation mit Beteiligten, Gerichten und Registern. Neue Mandate können angenommen werden, soweit dies zur Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebs erforderlich ist.

Akten, Verwahrungen und Treuhand

Die sichere Verwahrung von Urkunden, Nachlassakten, Anderkonten und sonstigen Vermögenswerten gehört zu den Kernaufgaben. Der Verwalter führt die Register und Verzeichnisse ordnungsgemäß fort, dokumentiert Vorgänge nachvollziehbar und sorgt für die Trennung von Fremd- und Eigenvermögen. Treuhandbedingungen sind einzuhalten; Auszahlungen erfolgen nur bei Vorliegen der verabredeten Voraussetzungen.

Organisation und Personal

Innerhalb der Verwaltung organisiert der Verwalter den Dienstbetrieb, koordiniert Abläufe und übt gegenüber dem vorhandenen Personal fachliche Weisungen aus. Arbeitsverhältnisse werden nicht durch die Verwaltung begründet oder aufgehoben; sie werden im Rahmen der bestehenden Rechtsverhältnisse fortgeführt. Die technische und organisatorische Ausstattung des Notariats wird fortgenutzt, soweit erforderlich angepasst und nach Ende der Verwaltung ordnungsgemäß übergeben.

Grenzen der Befugnisse

Die Verwaltung ist auf den Erhalt und die Fortführung des Betriebs gerichtet. Dispositionen, die einer endgültigen Amtsführung oder wirtschaftlichen Umgestaltung gleichkommen, sind nicht Gegenstand der Verwaltung. Standortverlegungen, dauerhafte Strukturentscheidungen oder die Verfügung über Vermögenswerte außerhalb des Verwaltungszwecks sind ausgeschlossen.

Rechte, Pflichten und Verantwortung

Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Verschwiegenheit

Der Notariatsverwalter übt seine Tätigkeit unabhängig aus, wahrt die Unparteilichkeit gegenüber allen Beteiligten und unterliegt der strengen Verschwiegenheit. Er schützt personenbezogene Daten, stellt Informationssicherheit her und dokumentiert Entscheidungen sachgerecht.

Gebühren und Kosten

Notarielle Gebühren sind gesetzlich vorgegeben und werden nach dem einschlägigen Gebührenrecht erhoben. Der Verwalter hat die korrekte Gebührenberechnung, Rechnungsstellung und Abführung sicherzustellen. Abweichende Entgeltabreden sind unzulässig. Vorschüsse, Auslagen und Kostennoten werden entsprechend den gesetzlichen Vorgaben behandelt.

Haftung und Versicherung

Für die während der Verwaltung vorgenommenen Amtshandlungen trägt der Notariatsverwalter die Verantwortung. Er verfügt über eine obligatorische Berufshaftpflichtversicherung, die Schäden aus Amtspflichtverletzungen abdeckt. Für vor der Verwaltung liegende Handlungen bleibt die Verantwortung grundsätzlich bei der bis dahin zuständigen Person; im Rahmen der Verwaltung verantwortet der Verwalter eigene Entscheidungen und Unterlassungen.

Aufsicht und Maßnahmen

Die Tätigkeit unterliegt der staatlichen notariellen Aufsicht. Diese kann Weisungen erteilen, Berichte anfordern, Prüfungen durchführen und bei Pflichtverstößen geeignete Maßnahmen ergreifen. Bei schwerwiegenden Verstößen ist die Abberufung möglich.

Zusammenarbeit und Außenauftritt

Kommunikation mit Beteiligten

Beteiligte werden über die Verwaltungslage informiert. Urkunden enthalten die Amtsbezeichnung mit dem Hinweis auf die Verwaltung. Termine, Fristen und Eintragungen werden in enger Abstimmung mit den Beteiligten und betroffenen Stellen koordiniert, um Rechtssicherheit und Verlässlichkeit zu gewährleisten.

Behörden, Register und Kammern

Der Notariatsverwalter arbeitet mit Grundbuchämtern, Handels-, Vereins- und anderen Registern sowie mit der zuständigen Kammer und der Aufsicht zusammen. Er meldet die Verwaltung, aktualisiert Kontakt- und Siegelangaben und stellt die ordnungsgemäße elektronische und physische Übermittlung von Unterlagen sicher.

Übergabe und Abschluss

Handover an Nachfolge

Mit Ende der Verwaltung übergibt der Verwalter alle Akten, Register, Verwahrgüter, Treuhandkonten sowie elektronische Zugangsdaten geordnet und nachvollziehbar. Er erstellt eine Übergabedokumentation, stimmt offene Fristen ab und informiert Beteiligte über die Nachfolge.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann wird ein Notariatsverwalter bestellt?

Eine Bestellung erfolgt, wenn die ordnungsgemäße Führung eines Notariats vorübergehend nicht gewährleistet ist, etwa bei Krankheit, Ruhen des Amtes, Tod oder Vakanz des Amtssitzes. Ziel ist die lückenlose Fortführung der Amtsgeschäfte.

Welche Befugnisse hat ein Notariatsverwalter?

Er darf notarielle Amtshandlungen vornehmen, laufende Vorgänge fortführen, Fristen wahren, Verwahrungen sichern und notwendige organisatorische Entscheidungen treffen. Die Befugnisse sind auf die geordnete Verwaltung und Betriebssicherung ausgerichtet.

Worin besteht der Unterschied zum Notarvertreter?

Der Vertreter überbrückt regelmäßig kurzfristige Abwesenheiten der Amtsinhaberin oder des Amtsinhabers. Der Notariatsverwalter leitet das Notariat eigenverantwortlich während einer Vakanz oder längerfristigen Verhinderung, bis die Amtsführung wieder möglich ist oder eine Nachfolge feststeht.

Dürfen während der Verwaltung neue Beurkundungen erfolgen?

Ja, soweit dies zur ordnungsgemäßen Fortführung des Notariats erforderlich ist. Der Verwalter handelt mit der entsprechenden Amtsbezeichnung und beachtet die allgemeinen Grundsätze der Amtstätigkeit.

Wer haftet für Fehler während der Verwaltung?

Für Amtshandlungen in der Zeit der Verwaltung haftet grundsätzlich der Notariatsverwalter im Rahmen seiner Verantwortung. Für zuvor liegende Handlungen bleibt die Verantwortlichkeit bei der bis dahin zuständigen Person. Eine Berufshaftpflichtversicherung besteht.

Wie lange dauert eine Notariatsverwaltung?

Die Dauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sie endet mit Wegfall der Hinderungsgründe, der Besetzung des Amtssitzes oder einer Abberufung durch die Aufsicht. Verlängerungen sind möglich, wenn der Anlass fortbesteht.

Was geschieht mit Treuhandgeldern und Verwahrungen?

Treuhandgelder und Verwahrgüter werden unter strenger Beachtung der Treuhand- und Verwahrungsvorschriften gesichert, dokumentiert und nur bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen freigegeben. Die lückenlose Nachvollziehbarkeit ist sicherzustellen.

Wer legt die Vergütung des Notariatsverwalters fest?

Die Vergütung richtet sich nach den Vorgaben der Aufsicht und ist häufig an die Erträge des Notariatsbetriebs gekoppelt. Unabhängig davon sind die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren gegenüber den Beteiligten zu erheben.