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Nebenstrafe


Begriff und Definition der Nebenstrafe

Der Begriff Nebenstrafe beschreibt eine besondere Form der strafrechtlichen Sanktion, die im Zusammenhang mit einer Hauptstrafe verhängt wird. Sie ist ein Rechtsbegriff insbesondere aus dem deutschen Strafrecht und bezeichnet eine Strafe, die nicht als selbständige Sanktion, sondern zusätzlich zu einer Hauptstrafe (wie Freiheitsstrafe oder Geldstrafe) verhängt werden kann. Nebenstrafen erfüllen die Funktion, bestimmte Rechtsgüter besonders zu schützen oder dem Täter durch die Sanktion den Genuss aus einer Straftat zu entziehen.

Laienverständliche und formelle Definition

Im laienverständlichen Sinne ist eine Nebenstrafe eine zusätzliche Strafe, die zu einer bereits verhängten Hauptstrafe hinzukommt. Typischerweise betrifft sie den Entzug eines Rechts, einer Berechtigung oder eines Vorteils, den der Verurteilte bislang innehatte. Die Nebenstrafe zielt darauf ab, bestimmte negative Folgen einer Straftat gezielt zu adressieren, indem dem Täter weitere, oft berufs- oder wirtschaftsrelevante Möglichkeiten entzogen werden.

Formell betrachtet ist die Nebenstrafe nach deutschem Strafgesetzbuch (StGB) ein von Gesetzes wegen vorgesehenes Strafmittel, das in Ergänzung zur Hauptstrafe von einem Gericht ausgesprochen werden kann. Die Nebenstrafe ist nicht mit der Nebenfolge zu verwechseln, die automatisch kraft Gesetzes mit einer Verurteilung eintreten kann, ohne explizit durch das Gericht angeordnet zu werden.

Allgemeiner Kontext und Relevanz

Nebenstrafen spielen eine bedeutende Rolle im Sanktionssystem des Strafrechts. Sie dienen der spezialpräventiven Abschreckung des Täters sowie dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Rechtsverletzungen durch dieselbe Person. Eine Nebenstrafe kann beispielsweise dazu führen, dass eine Person, die im Straßenverkehr alkoholisiert eine Straftat begangen hat, zusätzlich zur Freiheits- oder Geldstrafe ein Fahrverbot erhält.

Die Relevanz von Nebenstrafen ergibt sich aus mehreren Gründen:

  • Sie schließen gefährdende Verhaltensweisen aus, indem sie die Wiederholung bestimmter Delikte erschweren.
  • Sie stellen sicher, dass Straftäter nicht unvermindert an Tätigkeiten teilnehmen, durch die sie erneut Straftaten begehen könnten.
  • Sie signalisieren gesellschaftliche Missbilligung bestimmter Taten.

Nebenstrafen sind daher sowohl im Alltag (insbesondere im Straßenverkehr) als auch in speziellen beruflichen Kontexten (bspw. Tätigkeitsverbote nach ärztlichen Kunstfehlern) von praktischer Bedeutung.

Typische Nebenstrafen im deutschen Recht

Nach dem deutschen Strafgesetzbuch sind bestimmte Nebenstrafen ausdrücklich geregelt. Zu den wichtigsten gehören:

Entziehung der Fahrerlaubnis

Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist eine der bekanntesten Nebenstrafen. Sie wird nach § 69 StGB in der Regel für Straftaten im Straßenverkehr angeordnet, wenn der Täter sich dadurch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis ist regelmäßig eine Sperrfrist verbunden, innerhalb derer keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf.

Fahrverbot

Das Fahrverbot nach § 44 StGB ist eine Nebenstrafe, die im Zusammenhang mit bestimmten Straftaten zusätzlich verhängt werden kann. Das Fahrverbot unterscheidet sich von der Entziehung der Fahrerlaubnis dadurch, dass die Fahrerlaubnis als solche erhalten bleibt, der Betroffene aber für einen bestimmten Zeitraum kein Kraftfahrzeug führen darf.

Berufsverbot

Das Berufsverbot nach § 70 StGB kann als Nebenstrafe ausgesprochen werden, wenn durch die Straftat das weitere Ausüben eines Berufs eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen würde. Es kann dauerhaft oder befristet verhängt werden und betrifft in der Regel Berufe, in denen der Täter seine Straftat begangen hat.

Aufzählung gängiger Nebenstrafen

Die wichtigsten Nebenstrafen im deutschen Strafrecht sind:

  • Fahrverbot (§ 44 StGB)
  • Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB)
  • Berufsverbot (§ 70 StGB)

Daneben existieren in anderen Rechtsbereichen oder nach speziellen Vorschriften weitere Formen von Nebenstrafen.

Rechtliche Regelungen und maßgebliche Vorschriften

Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für Nebenstrafen finden sich im deutschen Strafgesetzbuch (StGB):

  • § 44 StGB: Fahrverbot als Nebenstrafe
  • § 69 StGB: Entziehung der Fahrerlaubnis
  • § 70 StGB: Berufsverbot

Darüber hinaus können in Spezialgesetzen oder im Ordnungswidrigkeitenrecht weitere Nebenstrafen beziehungsweise vergleichbare Maßnahmen geregelt sein.

Voraussetzungen und Besonderheiten

Die Anordnung einer Nebenstrafe setzt regelmäßig voraus, dass bestimmte Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. So muss etwa für ein Berufsverbot nach § 70 StGB eine konkrete Gefahr bestehen, dass der Täter auch weiterhin im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit Straftaten begehen könnte.

Bei der Wahl und Bemessung der Nebenstrafe hat das Gericht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das bedeutet, dass die Nebenstrafe nicht außer Verhältnis zur Schwere der Tat oder den persönlichen Umständen des Täters stehen darf.

Typische Anwendungsbereiche von Nebenstrafen

Nebenstrafen kommen vor allem in folgenden Kontexten zur Anwendung:

Strafrecht

Im Strafrecht dient die Nebenstrafe vor allem dem Zweck, Täter an der Fortsetzung von strafbaren Handlungen zu hindern beziehungsweise der Gesellschaft Schutz zu bieten. Sie kann Personen betreffen, die mit ihrem Verhalten bestimmte Gemeinschaftsgüter gefährden (z. B. Sicherheit im Straßenverkehr oder Integrität sensitiver Berufsgruppen).

Beispiele:

  • Ein Autofahrer verursacht im berauschten Zustand einen Unfall. Neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe kann ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgen.
  • Ein Arzt wird wegen Körperverletzung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit verurteilt. Das Gericht kann zusätzlich ein befristetes oder unbefristetes Berufsverbot verhängen.

Verwaltung und Wirtschaft

Auch außerhalb des Strafrechts können vergleichbare Sanktionen, die im sachlichen Ergebnis als Nebenstrafe einzuordnen sind, Anwendung finden. Beispielsweise im Gewerberecht, wo nach bestimmten Gesetzesverstößen zusätzliche betriebsbezogene Maßnahmen ergehen können. Allerdings handelt es sich dann formal nicht um Nebenstrafen im Sinne des Strafgesetzbuchs, sondern um verwaltungsrechtliche Maßnahmen.

Abgrenzung zur Nebenfolge

Die Nebenstrafe ist strikt von der Nebenfolge zu unterscheiden:

  • Nebenstrafe: Muss vom Gericht ausdrücklich verhängt werden, ist an gesetzliche Voraussetzungen geknüpft und ergänzend zur Hauptstrafe zugesprochen.
  • Nebenfolge: Tritt automatisch kraft Gesetzes mit der Verurteilung ein, z. B. Verlust der Amtsfähigkeit (§ 45 StGB).

Die exakte Unterscheidung ist für die strafgerichtliche Praxis von Bedeutung, da sich daraus unterschiedliche Rechtsfolgen und Verfahrensvorschriften ergeben.

Häufige Problemstellungen und Besonderheiten

Im Zusammenhang mit Nebenstrafen treten in der Praxis verschiedene Fragestellungen und Herausforderungen auf:

  • Verhältnismäßigkeit: Nebenstrafen müssen in Art und Umfang angemessen zur begangenen Tat stehen.
  • Dauer und Umfang: Bei berufsbezogenen Nebenstrafen ist zu prüfen, inwieweit eine dauerhafte oder befristete Maßnahme verhängt wird.
  • Wiedereingliederung: Längere Nebenstrafen, insbesondere Berufsverbote, können die soziale und berufliche Wiedereingliederung des Täters erschweren.
  • Abgrenzung zu anderen Sanktionen: Nicht selten wird in der Praxis die Nebenstrafe mit Nebenfolgen oder mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen verwechselt.

Gerade im Hinblick auf die Grundrechte (zum Beispiel Freiheit der Berufsausübung, Art. 12 Grundgesetz) unterliegen Nebenstrafen einer strikten verfassungsrechtlichen Überprüfung.

Zusammenfassung und Relevanz

Die Nebenstrafe ist ein wesentliches Instrument des Strafrechts, das ergänzend zur Hauptstrafe eingesetzt wird, um spezifische Gefahren abzuwehren und wiederholte strafbare Handlungen zu verhindern. Die bedeutendsten Nebenstrafen im deutschen Recht sind das Fahrverbot, die Entziehung der Fahrerlaubnis und das Berufsverbot.

Wesentliche Aspekte der Nebenstrafe im Überblick

  • Nebenstrafen werden zusätzlich zur Hauptstrafe verhängt, um bestimmte Gefahren gezielt abzustellen.
  • Gesetzliche Regelungen hierzu finden sich vor allem im Strafgesetzbuch, insbesondere in den §§ 44, 69 und 70 StGB.
  • Die Nebenstrafe ist abzugrenzen von Nebenfolgen und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen.
  • Nebenstrafen sind vor allem in Bereichen relevant, in denen spezialpräventive Maßnahmen erforderlich sind, insbesondere im Straßenverkehr und in reglementierten Berufen.
  • Gerichtliche Anordnung und Verhältnismäßigkeit sind zentrale Voraussetzungen für die Verhängung.

Zielgruppen und Hinweise

Kenntnisse über Nebenstrafen sind vor allem für die folgenden Personengruppen von Bedeutung:

  • Personen, denen im Rahmen eines Strafverfahrens entsprechende Sanktionen drohen
  • Unternehmen und Berufsgruppen mit besonderer berufsrechtlicher Verantwortung (zum Beispiel Medizin, Verkehrswesen, öffentliche Verwaltung)
  • Institutionen, die mit Straftaten und deren Ahndung befasst sind, insbesondere Gerichte und Justizbehörden

Die Kenntnis der Rechtslage und der konkreten gesetzlichen Vorgaben bildet die Grundlage für eine sachgerechte Verfahrensweise im Umgang mit Nebenstrafen und deren möglichen Folgen.

Häufig gestellte Fragen

Was versteht man unter einer Nebenstrafe im deutschen Strafrecht?

Im deutschen Strafrecht bezeichnet der Begriff „Nebenstrafe“ eine Strafart, die ergänzend zu einer Hauptstrafe wie einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe verhängt wird. Nebenstrafen sind in § 11 Absatz 1 Nr. 8 des Strafgesetzbuchs (StGB) definiert. Sie dienen dazu, spezielle strafrechtliche Folgen an eine Tat zu knüpfen, ohne dabei im Vordergrund zu stehen. Die gebräuchlichsten Nebenstrafen sind das Fahrverbot nach § 44 StGB und das Berufsverbot nach § 45 StGB. Nebenstrafen können entweder fakultativ (nach Ermessen des Gerichts) oder obligatorisch (durch gesetzliche Anordnung) verhängt werden. Ihr Charakter ist meist repressiv und präventiv zugleich: Einerseits bestrafen sie den Täter zusätzlich, andererseits sollen sie das Wiederholungsrisiko bestimmter Delikte minimieren, indem sie die weitere Tatbegehung in spezifischen Lebensbereichen erschweren.

Wann kann ein Fahrverbot als Nebenstrafe verhängt werden?

Ein Fahrverbot als Nebenstrafe kann gemäß § 44 StGB dann verhängt werden, wenn ein Täter eine Straftat begangen hat, die mit Führen von Kraftfahrzeugen im Zusammenhang steht oder sich aus Sicht des Gerichts als geeignet erweist, zur Einwirkung auf den Täter zu dienen. Das Fahrverbot kann für die Dauer von einem Monat bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Der Täter darf dann keine Kraftfahrzeuge führen, ansonsten macht er sich strafbar (§ 21 StVG). Es muss nicht zwingend eine Verkehrsdelikt vorliegen; das Fahrverbot darf auch bei anderen Straftaten verhängt werden, sofern im konkreten Fall die Sanktion geeignet erscheint. Ziel ist es, den Täter zur Besinnung zu bringen und ihn von weiteren Straftaten abzuhalten.

Was ist der Unterschied zwischen einer Nebenstrafe und einer Maßregel der Besserung und Sicherung?

Nebenstrafen sind im Strafrecht zusätzliche Strafen, die neben der Hauptstrafe verhängt werden, während Maßregeln der Besserung und Sicherung (z. B. Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, Entziehung der Fahrerlaubnis, Sicherungsverwahrung) Maßnahmen sind, die nicht in erster Linie strafen, sondern auf den Schutz der Allgemeinheit und die Wiedereingliederung des Täters ausgerichtet sind. Maßregeln kommen vor allem dann zur Anwendung, wenn eine Gefährlichkeit des Täters weiterhin besteht oder eine besondere Behandlung erforderlich ist. Die Nebenstrafe hingegen wirkt lediglich ergänzend und hat eher einen repressiven Charakter, sie richtet sich direkt als weitere Strafe gegen den Täter.

Gibt es Nebenstrafen auch im Jugendstrafrecht?

Im Jugendstrafrecht existieren keine eigenen Nebenstrafen im klassischen Sinn, jedoch können auch Jugendliche dem Fahrverbot gemäß § 44 StGB unterworfen werden (§ 8 JGG). Ansonsten sind die Sanktionen im Jugendgerichtsgesetz (JGG) wie Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Jugendstrafe geregelt und zielen stärker auf Erziehung und Prävention als auf reine Bestrafung ab. Das Fahrverbot als Nebenstrafe kann somit bei Jugendlichen verhängt werden, wenn dies zur Einwirkung auf den oder die Jugendliche(n) geeignet erscheint.

Welche Rolle spielt das Berufsverbot als Nebenstrafe?

Das Berufsverbot nach § 45 StGB ist eine Nebenstrafe, die verhindert, dass ein Täter weiterhin bestimmte Berufe, Gewerbe oder Tätigkeiten ausüben darf, wenn durch die Straftat ein Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit besteht. Dies soll vor allem verhindern, dass die Straftat erneut im Rahmen dieser beruflichen Tätigkeit begangen wird. Das Berufsverbot kann befristet (von einem bis zu fünf Jahren) oder in besonders schweren Fällen auch unbefristet verhängt werden. Es greift insbesondere bei Delikten, bei denen eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit insbesondere bei Wiederholung besteht, wie etwa bei Missbrauch oder Betrug im beruflichen Kontext.

Können Nebenstrafen auch ohne Hauptstrafe verhängt werden?

Nebenstrafen können nicht isoliert, also ohne Verhängung einer Hauptstrafe, ausgesprochen werden. Sie setzen immer das Vorliegen einer strafbaren Handlung und die Ahndung mit einer Hauptstrafe voraus. Im Falle eines Freispruchs oder der Einstellung des Verfahrens kommt eine Nebenstrafe daher nicht in Betracht. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu Maßregeln der Besserung und Sicherung, die ausnahmsweise auch ohne Hauptstrafe angeordnet werden können, wenn beispielsweise die Schuldunfähigkeit des Täters festgestellt wird.

Ist ein Fahrverbot in jedem Fall als Nebenstrafe zu verhängen, wenn der Angeklagte mit einem Kraftfahrzeug eine Straftat begangen hat?

Nein, ein Fahrverbot als Nebenstrafe ist nicht zwingend in jedem Fall zu verhängen, wenn ein Delikt im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs steht. Das Gericht muss stets eine Ermessensentscheidung treffen und prüfen, ob das Fahrverbot für die Tat und den Täter im konkreten Fall geeignet und notwendig ist. Maßgeblich sind dabei die Umstände der Tat, das Vorleben des Täters und seine persönliche Situation. Besteht etwa kein erzieherischer oder sichernder Zweck oder hätte das Fahrverbot im Verhältnis zu anderen Sanktionen keine zusätzliche Wirkung, kann darauf verzichtet werden.