Definition und rechtliche Einordnung des Nachindossaments
Das Nachindossament ist ein Begriff des Wechselrechts und bezeichnet eine spezielle Form des Indossaments, die nach der Annahme oder nach der Fälligkeit eines Wechsels, eines Schecks oder eines Orderpapiers vorgenommen wird. Das Nachindossament hat eine andere rechtliche Wirkung als das gewöhnliche (reguläre) Indossament, welches vor der Wechselannahme oder Fälligkeit ausgestellt wird. Die maßgeblichen Regelungen finden sich insbesondere im Wechselgesetz (WG) und, in ähnlicher Weise, im Scheckgesetz (SchG).
Allgemeine Charakteristik
Das Indossament ist die schriftliche Übertragungsverfügung eines Berechtigten, mit der die Inhaberschaft an einem Wechsel, Scheck oder Orderpapier auf einen neuen Begünstigten übertragen wird. Ein Nachindossament liegt dann vor, wenn das Indossament nicht mehr die vollständigen Rechte aus dem Papier vermittelt, sondern eine eingeschränkte Wirkung zeigt. Dies ist bei einem Indossament nach Annahme oder Fälligkeit der Fall.
Rechtliche Grundlagen des Nachindossaments
Nachindossament im Wechselrecht
Das Wechselgesetz unterscheidet in § 22 WG das Nachindossament von Indossamenten, die während der Laufzeit des Wechsels erfolgen. Ein reguläres Indossament vor Fälligkeit hat die Wirkung, dass sämtliche sich aus dem Wechsel ergebenden Rechte auf den Indossatar übergehen. Ein Nachindossament hingegen wirkt rechtlich als Abtretung (Zession) der Wechselrechte gemäß § 398 ff. BGB.
Ausschlaggebende Zeitpunkte für die Qualifikation als Nachindossament:
- Das Indossament erfolgt nach Ablauf der Vorlegungsfrist zur Annahme oder
- nach Eintritt der Fälligkeit des Wechsels.
Mit Eintritt der Fälligkeit oder nach Ablauf der Vorlegungsfrist entfaltet das Indossament nur noch die Wirkung einer Forderungsübertragung nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln.
Rechtsfolgen des Nachindossaments im Wechselrecht
Ein Nachindossament bewirkt:
- Das Recht aus dem Wechsel wird nicht mehr kraft Wechselrechts, sondern im Rahmen des Zessionsrechts übertragen.
- Das gutgläubige Erwerbsrecht nach § 16 WG (Schutz des Indossatars) gilt nicht mehr.
- Der Erwerber kann sich nicht auf die dem Wechsel innewohnenden schuldrechtlichen Gestaltungsrechte berufen, sondern tritt in die Rechtsposition des Indossanten ein (keine eigenständigen Einreden des Erwerbers mehr möglich).
- Der Schuldner kann dem Zessionar sämtliche Einwendungen entgegensetzen, die ihm gegen den Zedenten (Indossanten) zustehen.
Nachindossament im Scheckrecht
Im Scheckrecht finden sich vergleichbare Regelungen, insb. in § 14 SchG. Ein Schecknachindossament wirkt ebenfalls als Abtretung der Scheckforderung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, sobald die Einlösung oder Einreichung zur Einlösung nicht fristgerecht erfolgt ist.
Nachindossament bei Orderpapieren
Auch bei anderen Orderpapieren, wie etwa Konnossementen, kann ein Nachindossament vorkommen. Die übertragene Forderung muss ab dem entsprechenden Zeitpunkt als einfache Forderungsübertragung behandelt werden, das besondere Schutzsystem des Wertpapierrechts entfällt.
Unterschied zwischen Indossament und Nachindossament
Das entscheidende Unterscheidungsmerkmal ist der Zeitpunkt der Indossierung und die damit verbundenen Rechtswirkungen.
Rechtswirkungen vor und nach Fälligkeit
- Vor Fälligkeit: Indossament überträgt Eigentum und alle wechselrechtlichen Ansprüche.
- Nach Fälligkeit: Übertragung nur noch kraft Zessionsrechts, keine Schutzwirkungen aus dem Wechselrecht, keine selbständigen Gestaltungsrechte (wie Einredeausschluss) des Erwerbers.
Praktische Bedeutung
Die Unterscheidung spielt in der Praxis vor allem eine Rolle bei der Durchsetzung von Forderungen: Nachindossamente sind im Vergleich zum regulären Indossament für den Erwerber mit erhöhtem Risiko verbunden, da er alle Einwendungen gegen den Indossanten gegen sich gelten lassen muss.
Form und Voraussetzungen eines Nachindossaments
Formvorschriften
Auch das Nachindossament hat schriftlich auf dem Originalpapier (z. B. auf der Rückseite des Wechsels oder Schecks) zu erfolgen und ist durch die Unterschrift des Indossanten zu bestätigen. Die inhaltliche Gestaltung kann wie ein reguläres Indossament erfolgen.
Besondere Hinweise zur Form
- Das Nachindossament muss den unmissverständlichen Willen zur Übertragung erkennen lassen.
- Die Bezeichnung als „Nachindossament“ ist nicht erforderlich, sondern ergibt sich aus dem Zeitpunkt.
- Ein Blankoindossament kann auch als Nachindossament vorgesehen werden.
Zeitpunkt der Vornahme
Der Zeitpunkt, zu dem das Indossament vorgenommen wird, ist maßgebend für die rechtliche Einordnung. Selbst wenn das Indossament rückdatiert wird, zählt der tatsächliche Zeitpunkt der Ausstellung.
Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Schuldner und Erwerber
Geltendmachung von Einwendungen
Der Schuldner (z. B. Bezogener im Wechselrecht) kann dem durch Nachindossament erworbenen Inhaber des Papiers alle Einreden entgegenhalten, die ihm gegenüber dem Indossanten zustehen. Dies betrifft:
- Einreden aus dem Grundverhältnis
- Einwendungen aus Wechsel- oder Scheckrecht
- Sowie etwaige persönliche Einreden
Der Erwerber genießt daher keinen besseren Rechtsschutz als der Indossant selbst.
Haftung des Nachindossanten
Der Nachindossant haftet dem Erwerber nur nach den Vorschriften über die Abtretung (Zession), nicht hingegen wechselrechtlich.
Zusammenfassung und rechtliche Bedeutung des Nachindossaments
Das Nachindossament stellt eine besondere Form der Übertragung von Rechten aus Orderpapieren dar, bei der die wechsel- oder scheckrechtlichen Schutzmechanismen zugunsten des Erwerbers entfallen. Stattdessen findet das allgemeine Zessionsrecht Anwendung, was im Regelfall zu einer Schwächung der Rechtsposition des Erwerbers führt. Aufgrund der erheblichen Auswirkungen auf Haftung, Rechte und Einwendungen kommt der Differenzierung zwischen Indossament und Nachindossament in der rechtlichen Praxis eine wichtige Bedeutung zu.
Literaturhinweise:
- Wechselgesetz (WG)
- Scheckgesetz (SchG)
- Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentierung zu § 398 BGB, Indossament und Nachindossament
- K. Schmidt, Handelsrecht
Kategorie: Wertpapierrecht
Kategorie: Wechselrecht
Kategorie: Scheckrecht
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für ein wirksames Nachindossament erfüllt sein?
Damit ein Nachindossament rechtlich wirksam ist, müssen bestimmte formelle und materielle Voraussetzungen eingehalten werden. Zunächst muss das Nachindossament auf dem Wechsel oder einem sogenannten Allonge (einem an den Wechsel angefügten Blatt) erfolgen. Die Unterschrift des Indossanten ist zwingend erforderlich. Das Nachindossament darf nicht zu Gunsten des Ausstellers, des Bezogenen oder einer der früheren Wechselgläubiger erfolgen; dies würde ansonsten als sogenannte Rückindossament gewertet werden, das besonderer rechtlicher Behandlung unterliegt. Das Nachindossament muss eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Rechte aus dem Wechsel auf eine andere Person übertragen werden sollen. Darüber hinaus darf der Wechsel zum Zeitpunkt des Nachindossaments nicht schon endgültig getilgt oder erloschen sein. Es wird zudem vorausgesetzt, dass der Indossant zum Zeitpunkt der Ausstellung verfügungsbefugt über den Wechsel ist. Auch eventuelle nationale Sondervorschriften, wie etwa Einhaltung bestimmter Formerfordernisse nach dem Wechselgesetz oder nach internationalem Wechselrecht (insbesondere die Wechselrechtskonventionen), sind zu beachten.
Welche rechtlichen Folgen hat ein fehlendes oder fehlerhaftes Nachindossament?
Ein fehlendes oder fehlerhaftes Nachindossament hat die gravierende Folge, dass die Übertragung der Wechselrechte nicht wirksam ist. Das heißt, die im Wechsel verbriefte Forderung bleibt beim bisherigen Gläubiger, und der vermeintlich neue Inhaber kann keine Rechte aus dem Wechsel geltend machen, insbesondere nicht gegen die in der Wechselurkunde verpflichteten Personen. Ein Nachindossament, das z. B. Formfehler aufweist (falscher Wortlaut, fehlende Unterschrift, unklare Indossamentsformel), gilt im schlechtesten Fall als nicht existent. In manchen Fällen wird es – je nach dem jeweiligen nationalen Wechselgesetz – zumindest als Abtretung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts gewertet, wodurch dem neuen Inhaber möglicherweise nicht die vollen Rechte eines Wechselgläubigers zustehen, insbesondere nicht die privilegierten Rechte aus dem Wechselprozess oder die Geltendmachung wechselrechtlicher Einreden. Kommt es darüber hinaus zu Rechtsstreitigkeiten, belastet ein fehlerhaftes Nachindossament regelmäßig die Beweisführung und die Durchsetzbarkeit im Prozess.
Welche rechtlichen Schutzmechanismen bestehen für den gutgläubigen Erwerber beim Nachindossament?
Das Wechselrecht kennt den Schutz des gutgläubigen Erwerbs in Gestalt des sogenannten bona fide Erwerbs. Nach den einschlägigen Vorschriften, insbesondere Art. 16 und 17 Wechselgesetz, genießt ein gutgläubiger Inhaber eines indossierten Wechsels weitgehenden Schutz. Vorausgesetzt, das Nachindossament ist nicht gefälscht und der Erwerber handelt ohne Kenntnis und grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich eines Mangels in der Indossamentkette, erwirbt er alle Rechte aus dem Wechsel, auch wenn in einer Vorstufe ein Mangel in der Berechtigung des Indossanten bestand. Dies entzieht Einwendungen von vorherigen Gläubigern oder Schuldnern oft die Grundlage. Für den Schutz gilt, dass das Nachindossament mindestens formal korrekt sein muss, ansonsten kann kein gutgläubiger Erwerb vorliegen. Bei Verdacht auf Unregelmäßigkeiten erlischt dieser Schutz. Auch gesetzliche Vorschriften betreffend Geldwäscherecht und Betrugsabwehr können individuell zu berücksichtigen sein.
Gibt es aus rechtlicher Sicht Unterschiede zwischen dem Nachindossament und anderen Übertragungsformen (z. B. Abtretung)?
Aus juristischer Sicht unterscheidet sich das Nachindossament deutlich von der gewöhnlichen Abtretung (Zession) nach bürgerlichem Recht. Während bei der Abtretung die Rechte durch einen Vertrag gemäß § 398 BGB (bzw. nach internationalem Privatrecht) übertragen werden, findet beim Nachindossament die Übertragung durch eine formalisierte Erklärung auf dem Wechsel selbst statt. Ein wesentlicher Unterschied ist die Rechtsstellung des Erwerbers: Der durch Nachindossament Berechtigte erhält wechselrechtliche Sonderrechte und ist beispielsweise besser gegen Einwendungen aus früheren Geschäftsbeziehungen geschützt, da das Wechselrecht den Schutz des gutgläubigen Erwerbs betont. Die Abtretung bewirkt hingegen nur eine erfolgsneutrale Rechtsnachfolge; sie genügt regelmäßig nicht, um die besonderen Wechselrechte zu erlangen. Die Unterscheidung ist gerade im Streitfall entscheidend, weil die Durchsetzungsmöglichkeiten und Verteidigungsmöglichkeiten der Parteien abweichen.
Kann das Nachindossament mit Bedingungen oder Beschränkungen versehen werden und welche rechtlichen Konsequenzen hat dies?
Das Wechselrecht erlaubt grundsätzlich, dass ein Nachindossament mit Bedingungen oder Beschränkungen versehen wird, beispielsweise durch Zusätze wie „wert zum Inkasso“ oder „auf bestimmte Zeit“. Jedoch sieht das Gesetz (vgl. Art. 11 Abs. 2 WG) vor, dass Bedingungen als nicht geschrieben gelten, die Rechte des Erwerbers also nicht berühren. Das bedeutet, dass jegliche Bedingungen, die im Nachindossament formuliert sind, für Dritte, insbesondere für spätere Erwerber des Wechsels, keine rechtliche Bindung entfalten. Lediglich im Innenverhältnis zwischen Indossant und Indossatar können sie Bedeutung erlangen. Bei einem Inkassoindossament beispielsweise erhält der Indossatar lediglich eine Einziehungsermächtigung und wird nicht Eigentümer des Wechsels. Gleichwohl kann er die Ansprüche aus dem Wechsel im eigenen Namen geltend machen. Versucht jemand, eine bedingte Übertragung des Wechselrechts gegen die gesetzliche Regelung durchzusetzen, ist dies für außenstehende Dritte, insbesondere Folgeindossatare, unbeachtlich.
Welchen Einfluss hat die zeitliche Abfolge der Indossamente auf die rechtliche Gültigkeit eines Nachindossaments?
Die zeitliche Abfolge der Indossamente ist für die Gültigkeit eines Nachindossaments von erheblicher Bedeutung. Nach dem Grundsatz der Kettenübertragung muss jedes Nachindossament sich auf ein vorheriges, gültiges Indossament stützen. Ein Nachindossament, das vor Ausstellung oder nach Fälligkeit des Wechsels erfolgt, ist nur eingeschränkt oder gar nicht wirksam. Wird ein Nachindossament nach Ablauf der Protestfrist oder nach Verjährung vorgenommen, können daraus keine Rechte mehr gegen die Wechselverpflichteten hergeleitet werden. Wenn Indossamente aufeinander folgen, sichert das Wechselgesetz insbesondere dem letzten Erwerber die Rechtsposition des Inhabers, sofern alle vorherigen Indossamente lückenlos erbracht wurden. Fällt allerdings ein Indossament zeitlich aus der Reihe oder ist einer der Übertragungen unwirksam, reißt die sog. Indossamentenkette – mit der Folge, dass nachfolgende Indossamente keine Rechtswirkung entfalten.
Welche Bedeutung hat das Nachindossament im Rahmen eines gerichtlichen Vorgehens, zum Beispiel bei einer Wechselklage?
Im gerichtlichen Verfahren, insbesondere bei einer Wechselklage, kommt dem Nachindossament wesentliche rechtliche Bedeutung zu, da es im Rahmen der sogenannten Indossamentenkette den Nachweis der Gläubigerstellung des Klägers liefert. Der Kläger, der einen Anspruch aus einem Wechsel einklagt, muss die lückenlose Kette aller aufeinanderfolgenden Indossamente nachweisen, indem er den Originalwechsel mit allen darauf befindlichen Indossamenten vorlegt. Liegen Unregelmäßigkeiten oder Lücken in dieser Kette vor, kann das Gericht die Klage mangels Aktivlegitimation abweisen. Nur ein formal und materiell korrektes Nachindossament berechtigt zur Inanspruchnahme der Schuldner aus dem Wechsel. Das Nachindossament ist daher zentral für den Nachweis der Berechtigung und Durchsetzbarkeit von Forderungen im prozessualen Wechselverfahren.