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Nachindossament

Begriff und Grundprinzip des Nachindossaments

Das Nachindossament ist die Übertragung eines Orderpapiers, insbesondere eines Wechsels oder Schecks, durch Indossament, die erst nach Eintritt bestimmter Zeitpunkte erfolgt, etwa nach Fälligkeit, nach Ablauf der Vorlegungs- oder Protestfristen oder nach einem Protest wegen Nichtannahme oder Nichtzahlung. Kennzeichnend ist, dass ein solches Indossament nicht mehr die vollen, papierrechtlichen Wirkungen eines regulären Indossaments entfaltet. Stattdessen wirkt es rechtlich wie eine gewöhnliche Forderungsabtretung. Der Erwerber tritt damit in die Rechtsposition des bisherigen Berechtigten ein, ohne die weitergehenden Schutzwirkungen zu erhalten, die ein rechtzeitig vorgenommenes Indossament gewährt.

Rechtliche Einordnung und Abgrenzung

Indossament versus Nachindossament

Ein reguläres Indossament überträgt die Rechte aus dem Orderpapier mit den typischen Sonderwirkungen des Wertpapierrechts. Dazu gehören insbesondere die Legitimation des Inhabers durch lückenlose Indossamentenkette und der erweiterte Schutz gutgläubiger Erwerber gegenüber bestimmten Einwänden. Das Nachindossament, also das Indossament nach Fälligkeit, nach Fristablauf oder nach Protest, hat demgegenüber nur die Wirkung einer Abtretung. Der Erwerber erhält die Forderung, wie sie beim Veräußerer bestand, einschließlich der diesem entgegenhaltbaren Einwendungen des Schuldners.

Nachindossament bei Wechsel und Scheck

Bei Wechseln entfaltet ein Indossament nach Fälligkeit oder nach Protest nur Abtretungswirkung. Ähnliches gilt bei Schecks für Indossamente nach Ablauf der Vorlegungsfrist oder nach einem gleichstehenden Ereignis. In beiden Fällen bleibt zwar die äußerliche Form des Indossaments erhalten; die besonderen Schutzwirkungen des Papierverkehrs treten jedoch zurück. Die Einordnung als Nachindossament hängt daher maßgeblich vom Zeitpunkt der Indossierung im Verhältnis zu Fälligkeit, Protest und Fristablauf ab.

Verhältnis zu anderen Übertragungsformen

Das Nachindossament nähert sich rechtlich der einfachen Abtretung an. Eine Übertragung durch Abtretungsvertrag ist bei Orderpapieren zwar möglich, solange nicht die Orderklausel fortbesteht und ein Indossament vorgesehen ist; im Bereich des Nachindossaments werden die Wirkungen jedoch ohnehin auf das Abtretungsniveau reduziert. Ein Rückindossament, also die Übertragung an einen früheren Berechtigten, kann ebenfalls als Nachindossament eingestuft werden, wenn es zeitlich nach den genannten Schwellenereignissen erfolgt.

Form und Inhalt

Formvoraussetzungen

Das Indossament wird schriftlich auf dem Papier selbst oder auf einem angehefteten Blatt vorgenommen und durch Unterschrift des Indossanten abgeschlossen. Es kann namentlich (Vollindossament) oder ohne Benennung eines Erwerbers (Blankoindossament) erfolgen. Zusätze wie ohne Obligo können die Haftung des Indossanten begrenzen. Für die Einordnung als Nachindossament ist nicht die Form, sondern der Zeitpunkt entscheidend. Inhaltlich muss der Wille zur Übertragung der aus dem Papier verkörperten Rechte erkennbar sein.

Datierung und Beweisfragen

Das Datum eines Indossaments kann Aufschluss geben, ob es vor oder nach Fälligkeit oder Fristablauf vorgenommen wurde. Ist das Indossament undatiert, können äußere Umstände und die Abfolge weiterer Vermerke für die zeitliche Einordnung herangezogen werden. Im Streitfall kommt es auf die tatsächlichen Gegebenheiten an, etwa auf die zeitliche Stellung des Protests oder anderer Eintragungen auf dem Papier.

Rechtsfolgen des Nachindossaments

Übertragung der Rechte

Durch Nachindossament erwirbt der Indossatar die aus dem Papier resultierenden Ansprüche in dem Umfang, in dem sie beim Veräußerer bestanden. Bereits eingetretene Rechtsverluste, Fristversäumnisse oder Einschränkungen bleiben bestehen. Die Übertragung wirkt wie eine Abtretung; die sachenrechtliche Legitimation durch die Indossamentenkette tritt in den Hintergrund.

Einwendungen und Einreden

Der Schuldner kann dem Erwerber aus einem Nachindossament alle Einwendungen und Einreden entgegenhalten, die er bereits gegenüber dem bisherigen Berechtigten hatte. Der typische Schutz gutgläubiger Erwerber, der bei rechtzeitigen Indossamenten bestimmte persönliche Einwendungen ausschließt, greift nicht mehr. Unabhängig davon bleiben Einwendungen, die sich aus der Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Papiers selbst ergeben, stets beachtlich.

Haftung des Indossanten

Der Indossant begründet durch ein Nachindossament grundsätzlich keine papierrechtliche Einstandspflicht für Annahme oder Zahlung. Seine Haftung richtet sich stattdessen nach den Grundsätzen der Abtretung, also vor allem auf das Bestehen und die Übertragbarkeit der Forderung, nicht aber auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Durch Zusätze kann die Haftung weiter beschränkt werden.

Legitimation und Besitzschutz

Auch bei einem Nachindossament kann die Indossamentenkette als Legitimation dienen. Der Inhaber hat jedoch keinen erweiterten Besitzschutz, der persönliche Einwendungen des Schuldners ausschließt. Die Stellung des Erwerbers ist damit schwächer als bei einem rechtzeitig indossierten Orderpapier.

Typische Anwendungsfälle

Sicherungs- und Inkassoindossamente nach Fälligkeit

In der Praxis werden Papiere nach Fälligkeit mitunter noch zur Sicherung oder zum Einzug übertragen. Erfolgt dies durch Indossament, liegt rechtlich ein Nachindossament mit Abtretungswirkung vor. Der Erwerber nimmt die Rechtsposition des bisherigen Inhabers samt etwaiger Beschränkungen auf.

Übertragung nach Protest oder Fristablauf

Wird ein Wechsel oder Scheck nach Protest oder nach Ablauf der maßgeblichen Fristen indossiert, hat das Indossament nur Abtretungswirkung. Dies betrifft sowohl Fälle, in denen der Einzug nicht rechtzeitig betrieben wurde, als auch Konstellationen, in denen nach einem Protest noch ein Gläubigerwechsel stattfindet.

Risiken und Besonderheiten

Risiken für den Erwerber

Der Erwerber aus einem Nachindossament trägt das Risiko, dass ihm der Schuldner Einwendungen entgegenhält, die bereits gegen den Veräußerer bestanden. Zudem kann der Schuldner mit Einreden aus dem zugrunde liegenden Verhältnis durchdringen, die bei rechtzeitigem Indossament in bestimmten Konstellationen nicht mehr beachtlich wären.

Besonderheiten beim Blankoindossament

Ein Blankoindossament nach Fälligkeit oder nach Fristablauf wirkt ebenfalls nur wie eine Abtretung. Auch hier entsteht keine erweiterte Schutzwirkung zugunsten des Erwerbers. Das erleichterte Umlaufen des Papiers durch bloße Übergabe ändert an der fehlenden Ausschlusswirkung persönlicher Einwendungen nichts.

Internationale Bezüge

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten können unterschiedliche Regelungen zum Zeitpunkt und zur Wirkung von Indossamenten eine Rolle spielen. Maßgeblich ist regelmäßig das Recht, dem das Papier unterliegt. Abweichende nationale Lösungen können die Einordnung als Nachindossament und dessen Rechtsfolgen beeinflussen.

Begriffsverwandte Institute

Vollindossament

Das Vollindossament benennt den neuen Berechtigten ausdrücklich. Wird es rechtzeitig vorgenommen, überträgt es die Rechte mit den papierrechtlichen Schutzwirkungen. Erfolgt es verspätet, handelt es sich um ein Nachindossament mit Abtretungswirkung.

Blankoindossament

Beim Blankoindossament wird kein bestimmter Erwerber genannt. Das Papier wird dadurch durch bloße Übergabe übertragbar. Nach Fälligkeit oder Fristablauf bleibt es beim Charakter des Nachindossaments: Die Übertragung wirkt wie eine Abtretung.

Ermächtigungsindossament und Inkassoklauseln

Ein Ermächtigungsindossament überträgt keine volle Inhaberschaft, sondern ermächtigt zur Einziehung. Wird es erst nach Fälligkeit oder nach Fristablauf erklärt, entfaltet es ebenfalls lediglich die Wirkung einer Abtretungsermächtigung, ohne die erweiterten Schutzwirkungen des rechtzeitigen Indossaments.

Sperrvermerke

Vermerke wie nicht an Order oder nur zum Inkasso können die Übertragbarkeit und die Rechtsfolgen von Indossamenten beschränken. Sie wirken sich auch darauf aus, ob eine Übertragung künftig nur noch durch Abtretung möglich ist. Ein späteres Indossament bleibt in solchen Fällen wirkungseingeschränkt.

Häufig gestellte Fragen zum Nachindossament

Was ist ein Nachindossament?

Ein Nachindossament ist ein Indossament, das nach Fälligkeit, nach Protest oder nach Ablauf der maßgeblichen Fristen vorgenommen wird und deshalb nur die Wirkung einer Abtretung entfaltet. Der Erwerber erhält die Rechte, wie sie beim bisherigen Inhaber bestanden.

Woran erkennt man ein Nachindossament?

Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Indossierung im Verhältnis zu Fälligkeit, Protest und Fristablauf. Ein spätes Datum oder die Stellung des Indossaments hinter einem Protestvermerk deuten auf ein Nachindossament hin. Ist kein Datum vermerkt, entscheidet der tatsächliche Geschehensablauf.

Welche Wirkungen hat ein Nachindossament im Vergleich zum regulären Indossament?

Es entfällt die erweiterte Schutzwirkung zugunsten gutgläubiger Erwerber. Der Erwerber aus einem Nachindossament muss sich Einwendungen des Schuldners entgegenhalten lassen, die bereits gegenüber dem bisherigen Inhaber bestanden. Die Übertragung wirkt wie eine Abtretung.

Kann der Schuldner dem Erwerber Einwendungen entgegenhalten?

Ja. Bei einem Nachindossament kann der Schuldner alle Einwendungen und Einreden geltend machen, die er bereits gegen den bisherigen Berechtigten hatte. Persönliche Einwendungen werden durch den Erwerb grundsätzlich nicht abgeschnitten.

Wie wirkt sich ein Nachindossament auf die Haftung des Indossanten aus?

Der Indossant übernimmt keine papierrechtliche Einstandspflicht für Annahme oder Zahlung. Seine Verantwortung beschränkt sich auf die Grundsätze der Abtretung, insbesondere auf das Bestehen und die Übertragbarkeit der Forderung.

Gilt das Nachindossament auch bei Schecks?

Ja. Auch beim Scheck hat ein Indossament nach Ablauf der Vorlegungsfrist oder nach gleichstehenden Ereignissen nur die Wirkung einer Abtretung. Der Erwerber erhält keine weitergehenden Schutzwirkungen.

Welche Bedeutung hat das Datum eines Indossaments?

Das Datum hilft bei der Einordnung, ob ein Indossament vor oder nach Fälligkeit beziehungsweise Fristablauf vorgenommen wurde. Ist kein Datum vorhanden, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, etwa auf die Reihenfolge von Vermerken oder den Protest.