Begriff und Definition der Nachfeststellung
Unter dem Begriff Nachfeststellung versteht man im deutschen Recht den Verwaltungsakt, mit dem eine bereits getroffene Feststellung – etwa bezüglich von Grundstückswerten oder Grundstücksverhältnissen – zu einem späteren Zeitpunkt überprüft, geändert oder ergänzt wird. Besonders im Bereich des Grundsteuer- und Bewertungsrechts kommt der Nachfeststellung eine zentrale Bedeutung zu. Ziel einer Nachfeststellung ist es, Veränderungen, die sich nach der ursprünglichen Feststellung ergeben haben, formal korrekt und rechtsverbindlich im Besteuerungs- und Bewertungsverfahren zu berücksichtigen.
Rechtsgrundlagen der Nachfeststellung
Nachfeststellung im Bewertungsgesetz (BewG)
Nachfeststellungen sind insbesondere im Bewertungsgesetz (BewG) geregelt. § 22 BewG stellt klar, dass eine Nachfeststellung dann erforderlich ist, wenn sich nach der erstmaligen Feststellung relevante Änderungen ergeben haben, die den Feststellungswert oder die rechtlichen Verhältnisse betreffen. Diese Änderungen können sich z. B. durch Grundstücksteilungen, Eigentümerwechsel, bauliche Veränderungen oder Veränderungen in der Nutzung oder Bewirtschaftung ergeben.
Anwendungsbereich nach § 22 BewG
Eine Nachfeststellung erfolgt unter anderem in folgenden Fällen:
- Objektive Änderung der Bemessungsgrundlage (etwa Änderung der Grundstücksgröße oder -bebauung)
- Subjektive Änderung der Verhältnisse (z. B. Eigentümerwechsel, Zugewinngemeinschaften)
- Fehlerkorrektur von Erstfeststellungen bei nachträglich erkannten Fehlern
Weitere Rechtsvorschriften und Querverbindungen
Neben dem Bewertungsgesetz ergeben sich Regelungen zur Nachfeststellung auch im Grundsteuergesetz (GrStG), insbesondere in Bezug auf die Feststellung der Grundsteuerwerte als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer. Ferner sind die Abgabenordnung (AO) und die Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Regeln über Verwaltungsakte, deren Bestandskraft sowie deren Überprüfungs- und Änderungsmöglichkeiten bei der Beurteilung einer Nachfeststellung einschlägig.
Ablauf und Verfahren der Nachfeststellung
Feststellungsverfahren
Das Nachfeststellungsverfahren wird von der zuständigen Finanzbehörde durchgeführt. Es beginnt in der Regel von Amts wegen, kann aber auch aufgrund eines Antrags eingeleitet werden, wenn Beteiligte eine relevante Änderung anzeigen oder nachweisen. Die zuständige Stelle prüft dann, ob und in welchem Umfang die Feststellungen zu ändern sind.
Beteiligte am Verfahren
- Finanzämter: führen die Nachfeststellung durch
- Grundbesitzende: müssen Änderungen anzeigen und werden am Verfahren beteiligt
- Gemeinden: soweit es um die Feststellung von Grundlagenbescheiden für Gemeindeabgaben geht
Form, Inhalt und Dauer
Die Nachfeststellung erfolgt als eigenständiger Verwaltungsakt, der mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen ist. Ein solcher Verwaltungsakt ist den betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümern sowie anderen Beteiligten bekannt zu geben.
Die Nachfeststellung wirkt grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Änderung der maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse. Rückwirkende Nachfeststellungen sind möglich, wenn sie auf bisher unbekannten Tatsachen beruhen und innerhalb der gesetzlichen Fristen erfolgen.
Rechtsmittel und Rechtsschutz
Anfechtung der Nachfeststellung
Gegen einen Nachfeststellungsbescheid steht den Betroffenen der Rechtsweg offen. Die Anfechtung erfolgt im Rahmen der Einspruchsmöglichkeiten nach der Abgabenordnung (AO) und gegebenenfalls durch Klageerhebung vor den zuständigen Finanzgerichten nach der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Frist für den Einspruch beträgt in der Regel einen Monat nach Bekanntgabe des Nachfeststellungsbescheids.
Wirkung und Bestandskraft
Eine Nachfeststellung verdrängt die ursprüngliche Feststellung insoweit, als neue oder geänderte Feststellungen getroffen wurden. Sie tritt mit ihrer Bekanntgabe in Rechtskraft, sofern keine fristgerechten Rechtsbehelfe ergriffen werden. Die Nachfeststellung ist Bindungsgrundlage für nachfolgende Steuer- und Abgabenbescheide.
Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen
Fortschreibung und Aufhebung
Zu unterscheiden ist die Nachfeststellung von der Fortschreibung, die regelmäßig und turnusmäßig erfolgt, um geänderte Wertverhältnisse – beispielsweise aufgrund der Hauptfeststellung von Einheitswerten – zu berücksichtigen. Die Nachfeststellung hingegen erfolgt nur anlassbezogen. Eine vollständige Aufhebung kommt in Betracht, wenn der Feststellungsgegenstand (z. B. ein Grundstück) nicht mehr existiert oder steuerlich relevant ist.
Bedeutung und praktische Aspekte der Nachfeststellung
Steuerliche Auswirkungen
Die Nachfeststellung kann unmittelbare Auswirkungen auf die steuerliche Belastung von Grundstücken und auf andere Abgaben haben, da sie als Bewertungsgrundlage für Steuerbescheide dient. Sie ist damit ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung einer rechtmäßigen, an den tatsächlichen Verhältnissen orientierten Besteuerung.
Pflichten für Eigentümer und Nutzungsberechtigte
Eigentümer und andere Berechtigte sind verpflichtet, alle für die Nachfeststellung maßgeblichen Änderungen unverzüglich bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Versäumnisse können zu Steuernachteilen oder im Einzelfall zu ordnungsrechtlichen Konsequenzen führen.
Zusammenfassung
Die Nachfeststellung ist ein zentrales Institut im deutschen Bewertungs- und Steuerrecht, das die korrekte und aktualisierte Feststellung von Grundstückswerten sowie anderen steuerlich relevanten Sachverhalten gewährleistet. Sie dient der Nachholung, Korrektur oder Anpassung von Feststellungen durch Verwaltungsakt, um Änderungen materiellrechtlich und steuerlich zu erfassen. Infolge ihrer Bedeutung für die Steuerbemessung und als Grundlage vielfältiger Verwaltungsentscheidungen kommt der Nachfeststellung eine hohe praktische und rechtliche Relevanz zu.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist eine Nachfeststellung rechtlich erforderlich?
Eine Nachfeststellung ist rechtlich immer dann erforderlich, wenn sich maßgebliche tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse eines Grundstücks oder eines Gebäudes ändern, die für die Feststellung von Bedeutung sind. Nach § 222 Abs. 2 BewG (Bewertungsgesetz) kommt eine Nachfeststellung insbesondere bei Änderungen der Grundstücksgröße, der Grundstücksart, des Gebäudebestands, der Eigentumsverhältnisse oder Nutzung in Betracht. Der Auslöser für eine Nachfeststellung kann beispielsweise die Errichtung oder der Abriss eines Gebäudes, eine Grundstücksteilung, die Änderung der Art der Nutzung (z.B. von Wohnen zu Gewerbe) oder eine Änderung der rechtlichen Eigentumsverhältnisse sein. Die tatsächlichen oder rechtlichen Änderungen müssen dem Finanzamt gemeldet werden, das dann entsprechend eine Nachfeststellung veranlasst, um sicherzustellen, dass die Bewertungsgrundlagen den aktuellen Verhältnissen entsprechen.
Wer ist im Falle der Nachfeststellung zur Anzeige und Mitwirkung verpflichtet?
Nach den Vorschriften der Abgabenordnung (insb. §§ 30 und 93 AO) sowie § 228 BewG sind grundsätzlich die Eigentümerinnen und Eigentümer des betroffenen Grundstücks oder Gebäudes, gegebenenfalls aber auch Erbbauberechtigte oder sonstige Nutzungsberechtigte verpflichtet, dem Finanzamt die für die Nachfeststellung maßgeblichen Änderungen unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, anzuzeigen. Diese Pflicht zur Anzeige trifft auch etwaige Erwerber, wenn die Änderungen im Zusammenhang mit Eigentumsübergängen stehen. Kommen die Betroffenen der Anzeigepflicht nicht eigenständig nach, können sie von der Finanzverwaltung zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert werden und sind dann verpflichtet, umfassend mitzuwirken und alle relevanten Auskünfte sowie Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Welche Fristen gelten für die Durchführung einer Nachfeststellung?
Die rechtliche Grundlage für Fristen im Rahmen der Nachfeststellung ist § 181 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Nachfeststellung erfolgt grundsätzlich zum Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung folgt, soweit das Bewertungsrecht nicht ausdrücklich einen anderen Feststellungszeitpunkt vorsieht (zum Beispiel bei Erbschaft oder Schenkung: Zeitpunkt der Entstehung der Steuer). Allerdings müssen die Änderungen dem Finanzamt regelmäßig binnen eines Monats nach Eintritt der Änderung gemeldet werden (§ 228 Abs. 1 BewG). Die Feststellungsbescheide können auch rückwirkend ergehen, sofern eine Änderung bereits im vergangenen Jahr eingetreten, jedoch verspätet angezeigt oder festgestellt wurde.
Wie wird die Nachfeststellung rechtlich festgestellt und bekanntgegeben?
Das Finanzamt erlässt nach Prüfung der Voraussetzungen einen neuen oder geänderten Feststellungsbescheid über die Grundbesitzwerte oder die Grundstücksart beziehungsweise weitere für das Steuerrecht erhebliche Tatsachen. Dieser Feststellungsbescheid gemäß § 179 Abs. 1 AO wird wie ein Verwaltungsakt dem/der Steuerpflichtigen bekanntgegeben und ist schriftlich oder elektronisch zuzustellen. Er ersetzt hinsichtlich der geänderten Feststellungen den bisherigen Bescheid und wird in der Regel für alle an dem Grundstück beteiligten Personen (z. B. bei Eigentümergemeinschaften) verbindlich. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Einspruch eingelegt werden (§ 355 AO).
Welche Rechtsmittel stehen gegen eine Nachfeststellung zur Verfügung?
Gegen eine Nachfeststellung kann wie gegen jeden anderen Feststellungsbescheid Einspruch gemäß § 347 AO eingelegt werden. Der Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim zuständigen Finanzamt schriftlich einzureichen. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens erfolgt eine nochmalige Überprüfung der Sach- und Rechtslage, ggf. unter Anhörung weiterer Beteiligter. Bleibt der Einspruch erfolglos, besteht die Möglichkeit, Klage beim zuständigen Finanzgericht zu erheben (§ 40 FGO). Aufschiebende Wirkung hat der Einspruch allerdings regelmäßig nicht, d. h. die Nachfeststellung bleibt zunächst wirksam, bis in einem Verwaltungs- oder gerichtlichen Verfahren etwas anderes entschieden wird.
In welchen Fällen ist eine Nachfeststellung zwingend und wann kann darauf verzichtet werden?
Zwingend vorgeschrieben ist die Nachfeststellung immer dann, wenn sich die sogenannten Grundbesitzwerte (Eigenschaft, Art, Nutzung oder Umfang des Grundstücks) für steuerliche Zwecke verändern, wie es § 222 Abs. 2 BewG vorsieht. Dazu gehören beispielsweise die Neubebauung, erhebliche bauliche Veränderungen oder Veränderungen der Nutzungsart. Kein Nachfeststellungsverfahren ist erforderlich, wenn keine steuerlich relevanten Änderungen eintritt oder wenn lediglich geringfügige und steuerlich unerhebliche Änderungen vorliegen. Auch bereits erloschene Besteuerungstatbestände (z. B. durch Grundstücksverkauf und vollständiges Ausscheiden aus dem Eigentum) bedingen keine Nachfeststellung, sondern ggf. nur eine Aufhebung der bisherigen Feststellung.
Wie wirkt sich die Nachfeststellung auf bereits gezahlte oder festgesetzte Steuern aus?
Die Nachfeststellung führt grundsätzlich dazu, dass die daraus resultierenden neuen Werte rückwirkend für die betroffenen Steuerarten (z. B. Grundsteuer, Erbschaft- oder Schenkungsteuer) heranzuziehen sind. Dies kann im Einzelfall bedeuten, dass der Steuerpflichtige entweder eine Nachzahlung leisten muss (bei einer Wertsteigerung) oder Erstattungsansprüche entstehen (bei einer Herabsetzung des Wertes). Die entsprechende steuerliche Auswirkung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Änderung sowie der weiteren steuerrechtlichen Vorschriften, insbesondere der §§ 175-177 AO über die Änderung von Steuerbescheiden aufgrund neuer Grundlagenbescheide (wie Feststellungsbescheide). Dabei ist zu beachten, dass sämtliche Folgebescheide (Grundsteuermessbescheid, Steuerbescheid) entsprechend angepasst werden.
Was ist zu tun, wenn nachträglich festgestellt wird, dass eine Nachfeststellung unterlassen wurde?
Sollte im Nachhinein festgestellt werden, dass eine nach Feststellung erforderliche Änderung nicht angezeigt oder beantragt wurde, besteht eine nachträgliche Pflicht zur Anzeige und ggf. zur Abgabe einer Feststellungserklärung. Das Finanzamt kann in solchen Fällen eine rückwirkende Nachfeststellung veranlassen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Unterlassen der Anzeige eine Ordnungswidrigkeit nach § 379 AO darstellen und zu einem Bußgeld führen kann. Steuerliche Nachteile (z. B. Zinsen oder Verspätungszuschläge) können im Falle verspäteter Nachfeststellung ebenfalls entstehen. Es empfiehlt sich daher, unverzüglich mit dem zuständigen Finanzamt Kontakt aufzunehmen und die Nachmeldung vorzunehmen, um die rechtlichen Versäumnisse zu heilen.