Legal Lexikon

Mundraub

Begriff und heutige Bedeutung von „Mundraub“

„Mundraub“ bezeichnet umgangssprachlich das Wegnehmen von Lebensmitteln oder Getränken zum unmittelbaren Verzehr, ohne dafür zu bezahlen oder um Erlaubnis zu fragen. Der Begriff stammt aus einer historischen Sonderregelung, die das Wegnehmen von geringwertigen Nahrungsmitteln milder bewertete. Diese Sonderregel existiert heute nicht mehr. Rechtlich handelt es sich um eine Form der Wegnahme fremder Sachen gegen den Willen der Berechtigten, die nach heutigem Verständnis im Regelfall unter den allgemeineren Tatbestand des Diebstahls fällt. Der Ausdruck „Mundraub“ wird daher vor allem alltagssprachlich verwendet und hat keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr.

Historische Entwicklung

Ursprung und frühere Sonderbehandlung

In der Vergangenheit wurde das Wegnehmen von Nahrungsmitteln zum sofortigen Verzehr in bestimmten Rechtsordnungen als minderschweres Unrecht eingestuft. Ziel war es, geringfügige Fälle aus dem Kernbereich schwerer Eigentumsdelikte herauszunehmen und milder zu sanktionieren.

Aufhebung der Sonderregel und Folgen

Die frühere Sonderregelung wurde abgeschafft. Seither werden solche Handlungen wie andere Wegnahmen fremder Sachen behandelt. Der Begriff „Mundraub“ hat sich jedoch in der Alltagssprache gehalten und führt bis heute mitunter zu Missverständnissen über die rechtliche Bewertung.

Heutige rechtliche Einordnung

Strafrechtliche Einordnung

Das unbefugte Wegnehmen von Lebensmitteln oder Getränken fällt heute regelmäßig unter den allgemeinen Tatbestand des Diebstahls. Maßgeblich ist, dass eine fremde, bewegliche Sache gegen oder ohne den Willen des Berechtigten in dessen Herrschaftssphäre entzogen und dem eigenen Zugriff zugeführt wird. Bereits der unmittelbare Verzehr innerhalb eines Geschäfts kann als Wegnahme gelten, wenn keine Zustimmung des Berechtigten vorliegt. Auch das Mitnehmen aus Abfallbehältnissen kann tatbestandsmäßig sein, wenn die Sachen rechtlich noch nicht herrenlos sind. In einfach gelagerten Fällen mit geringem Wert kann die Strafverfolgung von einer Anzeige oder einem Strafantrag abhängen; zudem sind Einstellungen bei geringer Schuld und fehlendem öffentlichen Interesse möglich. Der Versuch ist unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls erfasst.

Zivilrechtliche Folgen

Neben einer möglichen strafrechtlichen Bewertung kommen zivilrechtliche Ansprüche in Betracht. Dazu gehören insbesondere Herausgabeansprüche, wenn die Sache noch vorhanden ist, oder Ersatz des entstandenen Schadens, etwa in Höhe des Warenwerts. In Geschäftsräumen kann außerdem ein Hausverbot ausgesprochen werden. Vertragsrechtliche Aspekte, etwa beim Selbstbedienungskauf, knüpfen daran an, dass das Eigentum regelmäßig erst mit dem Bezahlen übergeht.

Polizei- und ordnungsrechtliche Aspekte

Bei entsprechenden Anhaltspunkten können Identitätsfeststellungen, Sicherstellungen von Beweismitteln und Platzverweise in Betracht kommen. In Verkaufsräumen kommen zudem Maßnahmen des Hausrechts hinzu, etwa die Durchsetzung eines wirksam ausgesprochenen Hausverbots.

Abgrenzungen und Sonderkonstellationen

Einverständnis des Berechtigten

Liegt eine wirksame Einwilligung vor, beispielsweise durch ausdrückliche Erlaubnis oder durch klar erkennbare Freigabe von Waren (etwa bei ausdrücklich gekennzeichneten Gratisproben), entfällt die Rechtswidrigkeit der Wegnahme. Ohne eine solche Einwilligung bleibt die Wegnahme regelmäßig rechtswidrig.

Herrenlose Sachen und Abfälle

Sachen sind nur dann herrenlos, wenn sie von niemandem mehr beansprucht werden. Lebensmittel in einem geschlossenen Abfallbehälter sind nicht automatisch herrenlos; häufig verbleibt das Eigentum bis zur Abholung beim ursprünglichen Inhaber. Das Mitnehmen kann daher rechtlich als Wegnahme fremder Sachen eingeordnet werden. Zusätzlich können Hausrecht und Zutrittsbeschränkungen eine Rolle spielen.

Ernte, Fallobst und öffentliche Flächen

Früchte an Bäumen und Sträuchern sowie Fallobst sind grundsätzlich dem Eigentum des Grundstücks- oder Baumeigentümers zugeordnet. Ohne Erlaubnis ist das Mitnehmen in der Regel nicht zulässig. Auf öffentlichen Flächen kann es abweichende Regelungen geben; maßgeblich ist, ob eine Freigabe erkennbar erfolgt ist.

Notlagen

In extremen Ausnahmesituationen kann eine akute Notlage die rechtliche Bewertung beeinflussen. Die Schwelle hierfür liegt hoch und erfordert eine unmittelbare, anders nicht abwendbare Gefahr. Ob eine solche Konstellation vorliegt, ist stets eine Frage des Einzelfalls.

Praktische Beispiele

Probieren im Supermarkt vor dem Bezahlen

Der sofortige Verzehr von Waren aus dem Regal ohne Zustimmung des Geschäfts stellt regelmäßig eine Wegnahme ohne Rechtsgrund dar. Ausnahmen kommen in Betracht, wenn das Geschäft den Verzehr erkennbar erlaubt (zum Beispiel ausdrücklich freigegebene Proben).

Obst von fremden Bäumen pflücken

Das Ernten von Früchten oder das Einsammeln von Fallobst ohne Erlaubnis des Berechtigten wird als Wegnahme fremder Sachen angesehen. Öffentliche Freigaben müssen klar erkennbar sein, um eine abweichende Bewertung zu rechtfertigen.

Verzehr im Restaurant ohne Zahlung

Wer Speisen verzehrt und ohne Bezahlung geht, verwirklicht regelmäßig eine rechtswidrige Vermögensschädigung. Je nach Konstellation kann dies sowohl als Wegnahme fremder Sachen als auch als täuschungsbedingte Erlangung einer Leistung eingeordnet werden.

Mitnahme abgelaufener Lebensmittel aus Abfallbehältern

Auch abgelaufene oder entsorgte Lebensmittel sind nicht automatisch herrenlos. Das Mitnehmen kann als Wegnahme fremder Sachen gewertet werden; zusätzlich können Verstöße gegen Hausrecht oder Zutrittsverbote im Raum stehen.

Terminologie und Missverständnisse

Der Ausdruck „Mundraub“ führt bisweilen zur Annahme, es handle sich um eine Bagatelle ohne rechtliche Relevanz. Das ist unzutreffend. Die Bewertung richtet sich nach den allgemeinen Regeln zum Schutz fremden Eigentums. Zwar kann der geringe Wert in der Praxis Einfluss auf das weitere Verfahren haben, etwa hinsichtlich der Frage, ob ein Strafantrag erforderlich ist oder ob eine Einstellung in Betracht kommt; die grundsätzliche Rechtswidrigkeit einer unbefugten Wegnahme wird dadurch jedoch nicht aufgehoben.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ist „Mundraub“ heute noch eine eigenständige Straftat?

Nein. Der historische Sondertatbestand wurde abgeschafft. Heute werden entsprechende Handlungen nach den allgemeinen Regeln zum Schutz fremden Eigentums bewertet.

Wann spricht man umgangssprachlich von „Mundraub“?

Der Ausdruck wird verwendet, wenn jemand Lebensmittel oder Getränke zum sofortigen Verzehr ohne Erlaubnis an sich nimmt. Rechtlich ist dies keine eigene Kategorie, sondern in der Regel eine Form der Wegnahme fremder Sachen.

Welche Rolle spielt der geringe Wert der Waren?

Der geringe Wert kann sich auf das Verfahren auswirken. In einfachen Fällen kann die Strafverfolgung vom Vorliegen einer Anzeige oder eines Strafantrags abhängen, und Einstellungen wegen Geringfügigkeit sind möglich. An der grundsätzlichen Rechtswidrigkeit ändert der Wert nichts.

Ist das Probieren im Supermarkt ohne zu zahlen erlaubt?

Ohne erkennbare Einwilligung des Geschäfts ist das unentgeltliche Probieren aus dem Sortiment rechtlich eine unbefugte Wegnahme. Ausnahmen bestehen, wenn Waren ausdrücklich als Gratisproben freigegeben sind.

Wie ist das Mitnehmen entsorgter Lebensmittel („Containern“) rechtlich einzuordnen?

Entsorgte Lebensmittel sind nicht automatisch herrenlos. Das Mitnehmen kann als Wegnahme fremder Sachen gewertet werden; zusätzlich kommen Verstöße gegen Hausrecht oder Zutrittsregelungen in Betracht.

Dürfen heruntergefallene Früchte von fremden Bäumen mitgenommen werden?

Grundsätzlich gehören auch herabgefallene Früchte dem Eigentümer des Baumes oder Grundstücks. Ohne Erlaubnis ist das Mitnehmen regelmäßig nicht zulässig, sofern keine klare Freigabe erkennbar ist.

Welche Folgen können bei sogenannten „Mundraub“-Fällen drohen?

Möglich sind strafrechtliche Ermittlungen, zivilrechtliche Ansprüche auf Herausgabe oder Wertersatz sowie Maßnahmen des Hausrechts wie ein Hausverbot. Art und Umfang hängen von den Umständen des Einzelfalls ab.