Begriff und Einordnung von „Most“
„Most“ bezeichnet im deutschsprachigen Raum je nach Kontext unterschiedliche Getränke- und Zwischenprodukte der Fruchtverarbeitung. Im Kern geht es entweder um unvergorenen Fruchtsaft (insbesondere Traubenmost als Vorstufe von Wein) oder um alkoholisch vergorene Erzeugnisse aus Äpfeln oder Birnen (regional auch Apfelmost/Birnenmost, Cider/Perry). Diese Bedeutungsvielfalt hat unmittelbare Auswirkungen auf die rechtliche Einordnung, die Kennzeichnung und die Vermarktung.
Sprachgebrauch im D-A-CH-Raum
In Deutschland bezeichnet „Traubenmost“ den frisch gepressten Saft aus Weintrauben vor der Gärung. In Teilen Süddeutschlands und Österreichs steht „Most“ häufig für vergorene Getränke aus Äpfeln oder Birnen (landläufig „Apfelwein“, „Birnenwein“, „Cider“). In der Schweiz wird „Süssmost“ als alkoholfreier Fruchtsaft verstanden, während „Most“ regional auch ein vergorenes Produkt meinen kann. Für die rechtliche Bewertung kommt es daher auf die tatsächlich vorliegende Produktart an, nicht allein auf die umgangssprachliche Bezeichnung.
Abgrenzung zu Saft, Nektar, Wein und Cider
Rechtlich sind zu unterscheiden: Fruchtsaft (ohne Alkohol, 100 % Frucht), Fruchtnektar (verdünnt, mit Zucker/Süßungsmitteln, ohne Alkohol), Traubenmost (unvergorene Traubenstufe der Weinerzeugung), teilweise vergorene Traubenprodukte (z. B. Federweißer/Neuer Wein) sowie vergorene Obstgetränke aus Äpfeln/Birnen (Cider/Perry). Die jeweils einschlägigen Vorschriften aus dem Lebensmittel- und Weinbereich, dem Alkoholsteuer- und Jugendschutzrecht knüpfen an diese Kategorien an.
Rechtliche Einordnung im Lebensmittelrecht
Weinwirtschaftlicher Bereich: Traubenmost und verwandte Erzeugnisse
Traubenmost ist im Weinsektor ein klar definierter Rohstoff bzw. Zwischenstoff. Er darf als solcher in den Verkehr gebracht werden (z. B. als Traubenmost oder Traubensaft) und dient vor allem der Weinerzeugung. Rechtlich anerkannt sind u. a. frischer Traubenmost, teilweise gegorener Traubenmost (Übergangsprodukt zum Wein), konzentrierter Traubenmost sowie rektifiziert konzentrierter Traubenmost. Diese Kategorien unterscheiden sich durch Herstellungsverfahren, Konzentration und Verwendungszweck.
Verkehrsbezeichnungen und Vermarktungsstufen
Die zulässige Angabe gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern hängt davon ab, ob das Produkt noch unvergoren ist (Traubenmost/Traubensaft), bereits teilweise vergoren (z. B. Federweißer/Neuer Wein) oder technologisch verändert wurde (konzentriert/rektifiziert). Eine zutreffende Verkehrsbezeichnung ist verpflichtend und darf keine Irreführung über Art, Beschaffenheit oder Herstellungsweise verursachen.
Behandlungsverfahren und Süßung/Anreicherung
Für den Weinbereich sind bestimmte önologische Verfahren zugelassen, etwa die Behandlung mit Schwefeldioxid zur Stabilisierung oder die Anreicherung des Zuckergehalts unter streng begrenzten Bedingungen. Unzulässige Verfahren oder überhöhte Zusatzmengen können die Verkehrsfähigkeit beeinträchtigen. Für konzentrierten und rektifiziert konzentrierten Traubenmost bestehen besondere Reinheits- und Beschaffenheitsanforderungen.
Verwendung in der Weinerzeugung
Bestimmte Mostkategorien dienen als Süßungs- oder Ausgleichsprodukte bei der Weinerzeugung. Hierfür gelten ergänzende Vorgaben zu Herkunft, Dokumentation und Rückverfolgbarkeit, damit die Identität des Enderzeugnisses und dessen Qualität gesichert sind.
Obstweinbereich: Apfel- und Birnenmost (Cider/Perry)
Vergorene Getränke aus Äpfeln oder Birnen fallen in die Kategorie der „anderen vergorenen Getränke“ und werden im allgemeinen Lebensmittelrecht geregelt. Je nach Herstellungsweise können prickelnde („spritzige“) Varianten mit zugesetzter oder natürlich entstandener Kohlensäure auftreten. Regionale Bezeichnungen wie „Most“, „Apfelwein“ oder „Cider“ sind zulässig, sofern sie die tatsächliche Art korrekt wiedergeben und nicht mit geschützten weinrechtlichen Bezeichnungen kollidieren.
Mindestanforderungen und Produktausprägungen
Für Cider/Perry existieren branchenübliche Parameter (z. B. Alkoholgehalt, Restzucker, Kohlensäuregehalt). Die Einordnung als alkoholfrei, halbtrocken oder süß erfolgt nach allgemeinen lebensmittelrechtlichen Kriterien und darf keine Irreführung bewirken. Aromatisierte Varianten sind gesondert zu kennzeichnen.
Aromen, Zusatzstoffe und Süßung
Der Einsatz von Aromen, Zusatzstoffen (z. B. Antioxidationsmittel) und Süßungsmitteln ist nur im Rahmen der lebensmittelrechtlich zugelassenen Stoffe und Höchstmengen gestattet. Jede Verwendung muss kennzeichnungsrechtlich korrekt abgebildet werden, insbesondere bei Süßung nach der Gärung oder beim Einsatz von Stabilisatoren.
Kennzeichnung und Werbung
Verkehrsbezeichnung und Irreführungsschutz
Die Verkehrsbezeichnung muss die Produktart eindeutig beschreiben. Der allgemeine Irreführungsschutz untersagt Aussagen, die über Art, Menge, Zusammensetzung, Herstellungsverfahren, Alkoholgehalt oder besondere Eigenschaften täuschen könnten. Bei der Bezeichnung „Most“ ist wegen der regional unterschiedlichen Verständnisse regelmäßig eine Konkretisierung (z. B. „Traubenmost“, „Apfelwein/Cider“) erforderlich.
Pflichtangaben auf dem Etikett
Je nach Produktkategorie sind Pflichtangaben wie Nennfüllmenge, Loskennzeichnung, Hersteller/Abfüller/Herkunftsadresse und gegebenenfalls Alkoholgehalt erforderlich. Für alkoholische Getränke über 1,2 % vol. gelten Grundsätze, nach denen Allergene stets, Zutaten- und Nährwertangaben nur unter bestimmten Bedingungen verpflichtend sind. Für Erzeugnisse des Weinsektors bestehen spezielle Regelungen, die zusätzliche Kennzeichnungselemente vorsehen, einschließlich besonderer Vorgaben zur Allergenkennzeichnung und Energieangabe. Bei Cider/Perry gelten die allgemeinen lebensmittelrechtlichen Kennzeichnungsvorschriften; Allergene sind stets auszuweisen.
Qualitäts- und Herkunftsangaben
Geografische Angaben (geschützte Ursprungsbezeichnungen und geschützte geografische Angaben) sind an strikte Pflichten gebunden. Ihre Verwendung setzt die Einhaltung der jeweiligen Produktspezifikation voraus. Traditionelle Begriffe des Weinsektors dürfen nur für dafür zugelassene Erzeugnisse verwendet werden. Unberechtigte Herkunfts- oder Qualitätsangaben gelten als irreführend.
Werbeaussagen und gesundheitsbezogene Angaben
Werbung unterliegt dem Irreführungsschutz und den speziellen Regeln für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben. Aussagen, die alkoholischen Getränken gesundheitliche Vorteile zuschreiben, sind weitgehend untersagt. Aussagen zur Zucker- oder Kalorienreduktion sind nur in engen Grenzen zulässig und müssen die allgemeinen Anforderungen erfüllen.
Zusatzstoffe, Behandlungsverfahren und Hygiene
Konservierung und Stabilisierung
Zur Haltbarmachung und Stabilisierung dürfen nur zugelassene Verfahren und Stoffe eingesetzt werden, etwa Schwefeldioxid/Metabisulfit oder Sorbate innerhalb zulässiger Höchstmengen. Die Einhaltung der technologischen Vorgaben und etwaiger Wartezeiten ist erforderlich, um die Sicherheit und die Verkehrsfähigkeit des Produkts zu gewährleisten.
Allergene
Allergene wie Sulfite sind ab bestimmten Gehalten verpflichtend zu kennzeichnen. Bei der Verwendung tierischer Klärungsmittel (z. B. aus Ei oder Milch) können Kennzeichnungspflichten bestehen, wenn relevante Rückstände im Enderzeugnis nachweisbar sind.
Hygiene, Eigenkontrolle und Rückverfolgbarkeit
Hersteller und Abfüller müssen die allgemeinen Hygieneanforderungen einhalten, ein Eigenkontrollsystem führen und die Rückverfolgbarkeit sicherstellen. Diese Pflichten gelten unabhängig davon, ob es sich um unvergorenen Traubenmost oder vergorene Obstgetränke handelt.
Steuern, Abgaben und Jugendschutz
Alkoholsteuerliche Einordnung
Alkoholisch vergorene Most-Erzeugnisse (z. B. Cider/Perry, teilweise vergorener Traubenmost) unterliegen in der Regel der Alkoholsteuer. Die Steuer richtet sich nach der Produktkategorie und dem Alkoholgehalt. Unvergorene Erzeugnisse ohne Alkohol (z. B. Traubenmost/Traubensaft, Süssmost) sind nicht alkoholsteuerpflichtig.
Pfand- und Verpackungsrecht
Für Einweg- und Mehrwegverpackungen gelten allgemeine abfall- und verpackungsrechtliche Vorgaben. Ob eine Pfandpflicht besteht, hängt von Produktkategorie, Verpackungsart und nationalen Ausnahmeregelungen ab. Für Erzeugnisse der Weinwirtschaft und bestimmte Fruchtsäfte bestehen teils abweichende Pfandregelungen. Die Kennzeichnung als Einweg/Mehrweg sowie Rücknahme- und Systembeteiligungspflichten sind zu beachten.
Abgabe an Minderjährige und Versand
Die Abgabe alkoholischer Most-Erzeugnisse unterliegt Altersgrenzen. In der Regel ist die Abgabe wein- und bierähnlicher Getränke an Jugendliche erst ab einem bestimmten Alter erlaubt. Beim Versandhandel sind geeignete Altersverifikationsmaßnahmen notwendig. Alkoholfreie Erzeugnisse sind hiervon nicht betroffen.
Verkehrsfähigkeit, Marktüberwachung und Sanktionen
Inverkehrbringen und Registrierung
Das gewerbliche Inverkehrbringen setzt die Registrierung als Lebensmittelunternehmer und die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Basisvorschriften voraus. Bei Erzeugnissen des Weinsektors kommen zusätzliche Dokumentations- und Meldepflichten hinzu.
Kontrolle, Beanstandung und Rückruf
Most-Erzeugnisse unterliegen der amtlichen Lebensmittelüberwachung. Bei Abweichungen (z. B. unzulässige Zusätze, falsche Kennzeichnung, überhöhte Sulfitgehalte) drohen Maßnahmen wie Vertriebsverbote, Rückrufe oder Bußgelder. Unternehmen müssen geeignete Verfahren zur Rückverfolgbarkeit und Risikokommunikation bereithalten.
Internationale Aspekte
EU-Binnenmarkt und Drittlandbezug
Im EU-Binnenmarkt gilt der freie Warenverkehr für rechtmäßig hergestellte und gekennzeichnete Most-Erzeugnisse. Beim Import aus oder Export in Drittländer sind Zoll- und Einfuhrbestimmungen, etwaige Kontingente, Begleitdokumente und abweichende Kennzeichnungsvorgaben des Ziellands zu berücksichtigen. Bei der Bezeichnung „Cider“/„Perry“ können länderspezifische Anforderungen bestehen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu „Most“ – rechtlicher Kontext
Ist „Most“ rechtlich dasselbe wie Saft?
Nein. „Most“ kann unvergorenen Traubenmost (ein weinrechtliches Zwischenprodukt) oder vergorene Obstgetränke (z. B. Cider) bezeichnen. „Saft“ ist ein alkoholfreies Erzeugnis aus 100 % Frucht. Die rechtlichen Vorgaben unterscheiden sich deutlich.
Darf „Most“ als alkoholfrei bezeichnet werden?
Die Bezeichnung „alkoholfrei“ ist nur zulässig, wenn die hierfür geltenden Grenzwerte und Bedingungen eingehalten werden. Bei wein- oder ciderähnlichen Getränken gelten besondere Vorgaben für entalkoholisierte Produkte. Irreführende Angaben sind unzulässig.
Welche Pflichtangaben müssen auf dem Etikett stehen?
Erforderlich sind je nach Produktkategorie u. a. Verkehrsbezeichnung, Nennfüllmenge, Loskennzeichnung, Hersteller/Abfüller/Herkunftsadresse und bei alkoholischen Erzeugnissen der Alkoholgehalt. Allergene sind stets zu kennzeichnen. Für Weinerzeugnisse bestehen zusätzliche spezielle Kennzeichnungspflichten.
Gibt es Altersgrenzen für den Kauf von Most?
Ja, für alkoholische Most-Erzeugnisse gelten Altersgrenzen, die sich an den Regeln für wein- und bierähnliche Getränke orientieren. Alkoholfreie Erzeugnisse unterliegen keinen Abgabebeschränkungen aufgrund des Alters.
Unterliegt Most der Alkoholsteuer?
Alkoholisch vergorene Most-Erzeugnisse sind in der Regel alkoholsteuerpflichtig. Unvergorene Erzeugnisse ohne Alkohol (z. B. Traubenmost/Traubensaft, Süssmost) sind nicht alkoholsteuerpflichtig.
Dürfen Zucker oder Aromen zugesetzt werden?
Ein Zusatz ist nur im Rahmen der jeweils einschlägigen lebensmittel- bzw. weinrechtlichen Vorschriften zulässig. Dazu gehören zugelassene Stoffe, Höchstmengen, Kennzeichnungspflichten und Beschränkungen für Anreicherung oder Süßung.
Ist „Most“ eine geschützte Bezeichnung?
„Most“ als solcher ist kein eigenständiger Schutzbegriff. Geschützt sind jedoch bestimmte geografische Angaben, traditionelle Begriffe und weinrechtliche Bezeichnungen. Sie dürfen nur verwendet werden, wenn die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind.