Begriffsdefinition und Rechtsnatur des Mordes
Mord im rechtlichen Sinne
Mord ist im Strafrecht eine der schwersten Straftaten gegen das Leben. Die rechtswissenschaftliche Definition und die strafrechtlichen Voraussetzungen variieren im Einzelnen von Land zu Land, werden in den meisten Rechtsordnungen jedoch als vorsätzliche und besonders verwerfliche Tötung eines Menschen verstanden. Die Abgrenzung zu anderen Delikten wie Totschlag oder fahrlässiger Tötung erfolgt vor allem anhand der subjektiven und objektiven Tatmerkmale.
Systematische Einordnung im Strafrecht
Mord zählt zu den Verbrechen gegen das Leben und ist regelmäßig Teil des allgemeinen Strafrechts. Er steht in vielen Rechtssystemen im ersten Abschnitt des Strafgesetzbuches und ist mit besonders hohen Strafandrohungen versehen. Aufgrund der besonderen Schwere beinhaltet Mord im Regelfall die Möglichkeit einer lebenslangen Freiheitsstrafe.
Mord nach deutschem Strafrecht
Gesetzliche Grundlage: § 211 Strafgesetzbuch (StGB)
In Deutschland ist Mord in § 211 StGB geregelt. Die Vorschrift definiert Mord durch die Merkmale der Tötung eines Menschen mit sogenannten Mordmerkmalen. Gemäß § 211 Abs. 1 StGB wird der Mörder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. Der Gesetzgeber unterscheidet dabei ausdrücklich zwischen Totschlag (§ 212 StGB) und Mord (§ 211 StGB).
Mordmerkmale
1. Tatbezogene Mordmerkmale
Tatbezogene Merkmale sind solche, die die Ausführung der Tat betreffen. Dazu zählen:
- Heimtücke: Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers
- Grausamkeit: Verursachung besonderer Qualen beim Opfer
- Verwendung gemeingefährlicher Mittel: Einsatz von Mitteln, die eine Vielzahl von Menschen gefährden können (z. B. Feuer, Sprengstoff)
2. Täterbezogene Mordmerkmale
Täterbezogene Merkmale stellen auf die innere Einstellung des Täters ab:
- Mordlust: Töten aus Freude an der Tat
- Befriedigung des Geschlechtstriebs: Töten zur sexuellen Befriedigung
- Habgier: Töten zur Erlangung von Vermögensvorteilen
- Niedrige Beweggründe: Besonders verachtenswerte Motive wie etwa Rachsucht oder Eifersucht
3. Zweckbezogene Mordmerkmale
Diese beziehen sich auf den angestrebten Zweck des Täters:
- Zur Ermöglichung oder Verdeckung einer anderen Straftat
Abgrenzung zu vergleichbaren Delikten
Die Abgrenzung zum Totschlag erfolgt nach deutschem Recht insbesondere anhand der Mordmerkmale. Während beim Totschlag „nur“ vorsätzlich getötet wird, setzt der Mord bestimmte qualifizierende Elemente voraus, die die besondere Verwerflichkeit der Tat begründen.
Strafzumessung und Rechtsfolgen
Für Mord sieht das deutsche Recht zwingend die lebenslange Freiheitsstrafe vor. Die Möglichkeit einer Strafmilderung, wie sie etwa beim Totschlag oder anderen Straftaten besteht, ist bei einem vollendeten Mord in der Regel ausgeschlossen. Ausnahmen sind lediglich in bestimmten Fällen von minder schwerem Fall im Zusammenhang mit den Voraussetzungen des § 49 StGB möglich, wie etwa bei einer erheblichen Einschränkung der Schuldfähigkeit.
Verfassungsrechtliche Diskussionen
Die strikte Unterscheidung und die zwingende Strafandrohung beim Mord haben in der Praxis wiederholt zu Diskussionen hinsichtlich des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der möglichen Verfassungswidrigkeit der lebenslangen Freiheitsstrafe geführt. In mehreren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht die Regelungen grundsätzlich für vereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, allerdings klarstellend auch Anforderungen an das Recht auf Bewährung nach langjähriger Haft formuliert.
Mord in internationalen Rechtsordnungen
Allgemeine Prinzipien
Weltweit wird Mord als eines der schwersten Verbrechen angesehen. Die genaue Definition und strafrechtliche Einordnung unterliegt allerdings unterschiedlichen Systematiken. In einigen Ländern existiert keine besondere Differenzierung nach Mordmerkmalen, sondern eine Abstufung nach Schwere und Motivation (beispielsweise „first degree murder“ und „second degree murder“ im US-amerikanischen Recht).
Schwerpunkt: Unterschiedliche Strafrahmen
Während das deutsche Recht ausschließlich die lebenslange Freiheitsstrafe kennt, unterscheiden andere Staaten zwischen verschiedenen Strafhöhen bis hin zur Anwendung der Todesstrafe. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordert seit seinem Grundsatzurteil 2013, dass auch bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe grundsätzlich die Möglichkeit einer Aussetzung zur Bewährung gegeben sein muss („right to hope“).
Strafprozessuale Besonderheiten im Mordfall
Ermittlungsverfahren
Wird der Verdacht eines Mordes bekannt, setzt regelmäßig ein umfangreiches Ermittlungsverfahren ein. Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, den Sachverhalt lückenlos aufzuklären. Aufgrund der Schwere der Tat kommen regelmäßig besondere Ermittlungsmethoden (wie DNA-Analysen, Telefonüberwachung und forensische Gutachten) zur Anwendung.
Hauptverfahren
Die Verhandlung des Mordes erfolgt in der Regel vor einer großen Strafkammer eines Landgerichts. In besonders schweren Fällen kann das Schwurgericht zuständig sein. Das Verfahren ist durch besondere Förmlichkeiten und einen hohen Ermittlungs- sowie Beweisaufwand gekennzeichnet.
Verjährung und Vollstreckung
Verjährung
Für Mord besteht nach deutschem Recht keine Verjährungsfrist. Dies bedeutet, dass Mordtatbestände zu jedem Zeitpunkt – unabhängig vom zeitlichen Abstand zur Tat – verfolgt und geahndet werden können.
Strafvollstreckung
Nach der Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe kann eine Aussetzung zur Bewährung frühestens nach 15 Jahren erfolgen. Dies setzt eine positive Prognose und das Vorliegen besonderer Umstände voraus, wobei die Opferinteressen und die besondere Schwere der Schuld eine maßgebliche Rolle spielen.
Mord und seine gesellschaftliche Bedeutung
Opferschutz und Prävention
Neben der Ahndung der Tat erfährt auch der Opferschutz zunehmende Bedeutung. Präventionsmaßnahmen, psychosoziale Betreuung und die Verhinderung von Wiederholungstaten stehen weit oben auf der Agenda von Strafverfolgungsbehörden und Gesetzgeber.
Häufigkeit und Kriminalstatistik
Die Zahl der Mordfälle variiert erheblich zwischen verschiedenen Ländern und Regionen. Laut polizeilicher Kriminalstatistik ist die Aufklärungsquote in Deutschland im internationalen Vergleich besonders hoch.
Literatur und weiterführende Informationen:
- Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere §§ 211-212
- Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu lebenslanger Freiheitsstrafe
- Polizeiliche Kriminalstatistik
- Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
Hinweis: Die vorstehenden Ausführungen zeichnen ein umfassendes Bild des Begriffs Mord aus rechtswissenschaftlicher Sicht. Aufgrund stetiger Entwicklungen im Recht kann eine kontinuierliche Überprüfung der aktuellen Gesetzeslage ratsam sein.
Häufig gestellte Fragen
Was unterscheidet Mord von Totschlag im deutschen Strafrecht?
Im deutschen Strafrecht unterscheidet sich Mord (§ 211 StGB) von Totschlag (§ 212 StGB) maßgeblich durch das Vorliegen sogenannter Mordmerkmale. Während beim Totschlag grundsätzlich die vorsätzliche Tötung eines Menschen ohne weitere besondere Voraussetzungen ausreicht, verlangt der Mord zusätzlich das Vorliegen mindestens eines der in § 211 StGB genannten Merkmale. Diese werden unterteilt in die drei Kategorien der niedrigen Beweggründe (z. B. Habgier, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Mordlust oder aus sonstigen niedrigen Beweggründen), der besonders verwerflichen Tatausführung (etwa heimtückisch, grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln) und bestimmter Zwecke (z. B. um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken). Liegt eines oder mehrere dieser Merkmale bei der Tat vor und handelt der Täter mit der entsprechenden Motivation oder auf die jeweilige Art und Weise, so wird die Tat als Mord und damit als besonders schweres Tötungsdelikt eingeordnet. Dies ist mit einer zwingenden lebenslangen Freiheitsstrafe verbunden, während auf Totschlag eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe vorgesehen ist. Die rechtliche Differenzierung ist insbesondere für die Strafzumessung und die Bewertung der Schuldschwere von erheblicher Bedeutung.
Welche Strafe droht bei einer Verurteilung wegen Mordes?
Im deutschen Recht sieht § 211 StGB für Mord zwingend die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe vor. Das bedeutet, dass das Gericht keine mildere Strafe verhängen kann, sollte der Täter eines oder mehrere Mordmerkmale erfüllt haben und somit als Mörder verurteilt werden. Die lebenslange Freiheitsstrafe unterscheidet sich von einer zeitigen Freiheitsstrafe (maximal 15 Jahre) insbesondere dadurch, dass sie zeitlich nicht begrenzt ist. Allerdings besteht nach § 57a StGB die Möglichkeit, dass der Täter nach 15 Jahren Haft auf Antrag zur Bewährung entlassen werden kann, sofern das Gericht keine „besondere Schwere der Schuld“ feststellt. Das Gericht prüft dazu individuell anhand der Tat und der Persönlichkeit des Täters, ob eine Entlassung verantwortbar erscheint oder nicht. Liegt eine besondere Schwere der Schuld vor, verlängert sich die Mindestverbüßungsdauer entsprechend. Daneben können im Zusammenhang mit Mord auch weitere Sanktionen wie Entziehung der Fahrerlaubnis, Berufsverbote oder Sicherungsverwahrung angeordnet werden, je nach Einzelfall und Gefährlichkeit des Täters.
Was bedeutet „besondere Schwere der Schuld“ bei Mord?
Die Feststellung einer „besonderen Schwere der Schuld“ bei Mord hat wesentliche Auswirkungen auf die Möglichkeit vorzeitiger Haftentlassung. Ist das Gericht der Auffassung, dass das individuelle Tatunrecht und die Schuld des Täters erheblich über das Maß hinausgehen, das für einen durchschnittlichen Mordfall bereits vorausgesetzt wird, stellt es die besondere Schwere der Schuld fest. Dies kann sich insbesondere aus der Art der Tatausführung, den Beweggründen, der Planung und Vorbereitung der Tat, dem Ausmaß der Grausamkeit oder weiteren Tatumständen ergeben. Folge einer solchen Feststellung ist nach § 57a StGB, dass der Täter nicht bereits nach 15 Jahren zur Bewährung entlassen werden kann; die Vollzugsdauer verlängert sich und es erfolgt eine erneute, oft sehr strenge Prüfung der Gefährlichkeit sowie weitere Begutachtungen in regelmäßigen Abständen. In extrem gelagerten Fällen verbleibt der Täter möglicherweise bis zu seinem Lebensende in Haft.
Kann ein Mord lediglich durch Unterlassen begangen werden?
Grundsätzlich ist im deutschen Strafrecht auch die Begehung eines Mordes durch Unterlassen möglich (§ 13 StGB). Das bedeutet, wer es unterlässt, einen Tötungserfolg zu verhindern, obwohl ihn eine sogenannte Garantenpflicht dazu verpflichtet hätte, kann sich auch eines Mordes schuldig machen, sofern die Mordmerkmale erfüllt sind. Diese Garantenstellung kann sich aus verschiedenen Rechtsgrundlagen ergeben, etwa aus dem Gesetz (z.B. Eltern gegenüber ihren Kindern), aus Vertrag (z.B. Pfleger, Ärzte) oder aus einer Gefahrenbegründung (z.B. derjenige, der durch sein Verhalten eine Gefahrensituation schafft). Entscheidend ist, dass der Tötungserfolg objektiv eingetreten ist und der Täter zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat sowie eines der Mordmerkmale auf das Unterlassen anwendbar ist, beispielsweise das Unterlassen einer lebensrettenden Handlung aus niedrigen Beweggründen oder aus Grausamkeit.
Wie erfolgt die Abgrenzung zwischen den einzelnen Mordmerkmalen?
Die Mordmerkmale gemäß § 211 StGB werden in drei Gruppen unterteilt: Beweggründe, Tatausführung und Zwecke. Jedes einzelne Merkmal ist objektiv und subjektiv zu prüfen. Beweggründe wie Habgier, Mordlust oder niedrige Beweggründe beziehen sich auf die Motivation des Täters und erfordern eine Bewertung der inneren Haltung sowie eine ethische Abwertung des Motivs. Merkmale der Tatausführung wie Heimtücke, Grausamkeit oder gemeingefährliche Mittel betreffen die Art und Weise der Durchführung und setzen voraus, dass besonders verwerfliche Methoden eingesetzt werden, um das Opfer zu töten. Schließlich gibt es die Zweckmerkmale (beispielsweise zur Ermöglichung oder Verdeckung einer Straftat), bei denen das Ziel oder der Zweck der Tötung maßgeblich ist. Die Gerichte legen die einzelnen Mordmerkmale, insbesondere die Wertung dessen, was als „niedriger Beweggrund“ oder „heimtückisch“ gilt, im Einzelfall häufig anhand der Rechtsprechung und unter Berücksichtigung aktueller gesellschaftlicher Wertvorstellungen aus. Die Abgrenzung kann daher komplex sein und ist häufig Gegenstand ausführlicher juristischer Argumentationen und Gutachten.
Welche Rolle spielen Schuldfähigkeit und Affekt bei einer Anklage wegen Mordes?
Die Schuldfähigkeit nach §§ 20, 21 StGB ist auch beim Tatbestand des Mordes zwingend zu prüfen. Voll schuldunfähige oder erheblich vermindert schuldfähige Täter können nicht oder nur eingeschränkt für eine Tat bestraft werden. Im Rahmen schwerer psychischer Erkrankungen, tiefer Bewusstseinsstörungen oder vergleichbarer Ausnahmezustände kann die Schuldfähigkeit des Täters ganz fehlen oder vermindert sein. Insbesondere Affekttaten, also in heftiger Gemütsbewegung begangene Handlungen, werden im Einzelfall daraufhin überprüft, ob tatsächlich noch die volle Einsichtsfähigkeit vorhanden war. Ist dies nicht der Fall, kann das Gericht statt auf Mord gemäß § 211 StGB beispielsweise lediglich eine Unterbringung nach § 63 StGB (Psychiatrie) oder eine Strafmilderung nach § 49 StGB anordnen. Allerdings schließt auch eine Affekttat das Vorliegen von Mordmerkmalen nicht grundsätzlich aus, wenn der Täter trotz Affekt mit einem verwerflichen Motiv gehandelt oder besonders grausam vorgegangen ist.
Wie wird ein minder schwerer Fall bei Mord behandelt?
Das deutsche Strafrecht kennt grundsätzlich keinen minder schweren Fall bei Mord. Im Gegensatz zum Totschlag, wo § 213 StGB ausdrücklich einen minder schweren Fall mit einer niedrigeren Strafandrohung vorsieht, ermöglicht § 211 StGB keine solche Abstufung für Mord. Dies bedeutet, dass bei Vorliegen der Mordmerkmale und der notwendigen subjektiven Voraussetzungen immer die lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen ist. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn das zur Anklage kommende Verhalten als Totschlag mit besonders strafmildernden Umständen eingestuft werden kann oder eine erhebliche Schuldminderung (z.B. wegen verminderter Schuldfähigkeit) vorliegt. In wenigen Ausnahmefällen entschied die Rechtsprechung, dass bei sogenannten „Grenzfällen“ auch ein Rückgriff auf die Vorschrift des Totschlags möglich ist, dies setzt aber voraus, dass die Mordmerkmale ausnahmsweise doch nicht (vollständig) erfüllt sind oder die Schuld des Täters im Vergleich zum Regelfall so gravierend geringer ist, dass eine Gleichbehandlung als ungerecht empfunden würde.