Mitvermächtnis: Begriff und Einordnung
Ein Mitvermächtnis liegt vor, wenn eine Person durch letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) mehrere Begünstigte gleichzeitig mit demselben Vermächtnis bedenkt. Die Begünstigten heißen Mitvermächtnisnehmer. Sie erhalten keinen Anteil an der gesamten Erbschaft, sondern einen Anspruch auf den vermachten Gegenstand oder das vermachte Recht gegenüber den Erben oder einer anderen verpflichteten Person.
Das Mitvermächtnis ist vom Erbe zu unterscheiden: Erben treten in die Rechtsposition der verstorbenen Person als Gesamtrechtsnachfolger ein, Vermächtnisnehmer erhalten lediglich einen einzelnen Vermögensvorteil. Ebenfalls abzugrenzen ist eine Teilungsanordnung unter Erben; dabei wird nur die Verteilung zwischen Erben geregelt, ohne dass ein eigener Anspruch außerhalb der Erbengemeinschaft entsteht.
Formen des Mitvermächtnisses
Bruchteils-Mitvermächtnis
Beim Bruchteils-Mitvermächtnis werden den Mitvermächtnisnehmern feste Anteile (Quoten) an dem vermachten Gegenstand oder an einer Geldsumme zugewiesen, etwa „zu gleichen Teilen“. Ist der Gegenstand teilbar, erhält jede Person ihren Anteil. Ist er unteilbar, besteht regelmäßig ein Anspruch auf Übertragung von Miteigentumsanteilen.
Gemeinschaftliches Mitvermächtnis
Beim gemeinschaftlichen Mitvermächtnis werden mehrere Personen gemeinsam mit einem Vermächtnis bedacht, das als Einheit gedacht ist. Die Mitvermächtnisnehmer sind in besonderer Weise miteinander verbunden. Fällt einer von ihnen weg (z. B. durch Ausschlagung), kann der Anteil unter Umständen den übrigen anwachsen, wenn die letztwillige Verfügung dies erkennen lässt. Fehlt es an solchen Anhaltspunkten, richtet sich der Wegfall des Anteils nach der allgemeinen Auslegung des Testaments.
Stück- und Gattungsmitvermächtnis
Der Gegenstand kann ein individuell bestimmtes Stück (z. B. ein bestimmtes Gemälde) oder eine Sache nach Gattung (z. B. eine bestimmte Anzahl von Aktien einer Gesellschaft) sein. Bei Gattungsmitvermächtnissen besteht Anspruch auf eine der Beschreibung entsprechende Auswahl, beim Stückmitvermächtnis auf genau den bezeichneten Gegenstand.
Rechte und Pflichten der Beteiligten
Mitvermächtnisnehmer
Mitvermächtnisnehmer haben einen Anspruch auf Erfüllung ihres anteiligen Vermächtnisses. Sind keine Quoten genannt, werden die Anteile im Zweifel zu gleichen Teilen bestimmt. Der Anspruch richtet sich auf Übertragung, Übereignung, Abtretung oder Zahlung – abhängig davon, ob der Gegenstand eine Sache, ein Recht oder Geld ist.
Beschwerte (in der Regel die Erben)
Mit dem Vermächtnis werden in der Regel die Erben belastet. Sie haben das Vermächtnis zu erfüllen, sobald es fällig ist. In Ausnahmefällen kann auch eine andere Person mit der Erfüllung belastet sein (z. B. wenn dies im Testament ausdrücklich so bestimmt ist). Die Erfüllungspflicht besteht grundsätzlich nur, soweit der Nachlass hierfür ausreicht. Reichen die Nachlassmittel nicht, können Vermächtnisse anteilig gekürzt werden.
Ausgleich und Koordination
Mitvermächtnisnehmer, die Miteigentümer an einem unteilbaren Gegenstand werden, verwalten diesen gemeinschaftlich. Entscheidungen richten sich nach den Regeln der Gemeinschaft; jeder kann eine einvernehmliche Lösung oder die Auseinandersetzung anstreben. Die konkrete Ausgestaltung folgt dem Testament und, soweit dieses keine Vorgaben macht, den allgemeinen Regeln zur Verwaltung von Gemeinschaftseigentum.
Gegenstand und Erfüllung des Mitvermächtnisses
Geld, Sachen und Rechte
Gegenstand eines Mitvermächtnisses können Geldbeträge, bewegliche oder unbewegliche Sachen sowie Rechte (z. B. Forderungen, Nutzungsrechte) sein. Die Erfüllung erfolgt durch Zahlung, Übereignung, Abtretung oder Einräumung des Rechts.
Unteilbare Gegenstände
Bei unteilbaren Gegenständen wie Immobilien oder Einzelkunstwerken ist die übliche Erfüllungsform die Übertragung von Miteigentumsanteilen entsprechend den Quoten. Enthält die letztwillige Verfügung Hinweise, dass eine Veräußerung und Verteilung des Erlöses gewollt ist, folgt die Abwicklung dieser Vorgabe.
Fälligkeit und Durchführung
Der Anspruch aus dem Mitvermächtnis entsteht mit dem Erbfall und wird grundsätzlich in angemessener Zeit fällig, sofern der Erblasser keine spätere Fälligkeit oder Bedingungen angeordnet hat. Die tatsächliche Durchführung setzt regelmäßig die Klärung der Erbfolge und die Annahme der Erbschaft voraus.
Sonderfragen im Zusammenhang mit dem Mitvermächtnis
Wegfall eines Mitvermächtnisnehmers
Stirbt ein Mitvermächtnisnehmer vor dem Erbfall, schlägt aus oder entfällt sein Anspruch aus anderen Gründen, kommt es darauf an, wie die letztwillige Verfügung zu verstehen ist. Möglich sind das Anwachsen des Anteils bei den übrigen, das Nachrücken einer ersatzweise benannten Person oder der Rückfall des Anteils in den Nachlass. Ohne ausdrückliche Hinweise ist eine sorgfältige Auslegung maßgeblich.
Bedingungen und Befristungen
Ein Mitvermächtnis kann unter eine Bedingung oder eine Befristung gestellt werden. Nicht erfüllte Bedingungen lassen den Anspruch nicht entstehen. Unterschiedliche Bedingungen für einzelne Mitvermächtnisnehmer sind möglich; die übrigen Anteile bleiben davon unberührt, soweit sich aus der Verfügung nichts anderes ergibt.
Belastungen, Auflagen und Beschränkungen
Der Erblasser kann Auflagen anordnen (z. B. Zweckverwendungen) oder den vermachten Gegenstand mit bestehenden Belastungen übergehen lassen. Ohne gegenteilige Anordnung erhalten Mitvermächtnisnehmer den Gegenstand grundsätzlich in dem Zustand, in dem er sich beim Erbfall befindet, einschließlich bestehender Lasten.
Haftung, Untergang und Mängel
Geht der vermachte Gegenstand vor der Erfüllung ohne Verschulden der Beschwerten unter, kann das Vermächtnis ins Leere gehen. Für Sach- oder Rechtsmängel gelten besondere Haftungsmaßstäbe, die sich vom Kaufrecht unterscheiden. Ersatz oder Ausgleich besteht nur, wenn dies angeordnet oder dem Sinn der letztwilligen Verfügung zu entnehmen ist.
Steuern und Kosten
Mitvermächtnisse können der Erbschaftsteuer unterliegen. Jeder Mitvermächtnisnehmer wird mit seinem Anteil einzeln betrachtet. Maßgeblich sind Wert, steuerliche Zuordnung und persönliche Verhältnisse zum Erblasser. Kosten der Erfüllung können dem Nachlass oder den Begünstigten zugeordnet sein; dies richtet sich nach den Anordnungen der letztwilligen Verfügung und den allgemeinen Regeln.
Abgrenzungen
Mitvermächtnis und Erbeinsetzung
Mitvermächtnisnehmer erwerben einen Einzelanspruch, Erben hingegen die Gesamtrechtsnachfolge. Wer als Erbe eingesetzt ist, ist nicht automatisch Mitvermächtnisnehmer, und umgekehrt.
Mitvermächtnis und Vorausvermächtnis
Erhält ein Erbe zusätzlich einzelne Gegenstände außerhalb der Erbauseinandersetzung, handelt es sich um ein Vorausvermächtnis. Beim Mitvermächtnis stehen hingegen mehrere Begünstigte außerhalb der Erbengemeinschaft nebeneinander, sofern sie nicht zugleich Erben sind.
Mitvermächtnis und Teilungsanordnung
Eine Teilungsanordnung regelt lediglich die Verteilung innerhalb der Erbengemeinschaft. Ein Mitvermächtnis begründet einen eigenständigen Anspruch gegenüber den Beschwerten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Mitvermächtnis
Was bedeutet Mitvermächtnis in einfachen Worten?
Mitvermächtnis bedeutet, dass mehrere Personen gemeinsam aus demselben Vermächtnis bedacht werden. Sie erhalten jeweils einen Anspruch auf einen Anteil am vermachten Gegenstand oder Betrag, ohne dadurch Erben zu werden.
Wie werden die Anteile der Mitvermächtnisnehmer bestimmt?
Sind keine Anteile festgelegt, wird in der Regel von gleichen Teilen ausgegangen. Stehen Quoten im Testament, sind diese maßgeblich. Bei unteilbaren Gegenständen führt dies häufig zu Miteigentum entsprechend den Anteilen.
Wie unterscheidet sich das Mitvermächtnis von der Erbeinsetzung?
Erben erhalten die gesamte Rechtsposition am Nachlass, inklusive Rechten und Pflichten. Mitvermächtnisnehmer bekommen nur den vermachten Vermögensvorteil als Anspruch gegenüber den Beschwerten.
Was passiert, wenn ein Mitvermächtnisnehmer wegfällt?
Fällt ein Mitvermächtnisnehmer weg, kann sein Anteil den übrigen anwachsen, eine ersatzweise benannte Person nachrücken oder der Anteil an den Nachlass zurückfallen. Entscheidend sind Wortlaut und Sinn der letztwilligen Verfügung.
Wie wird ein Mitvermächtnis bei unteilbaren Gegenständen erfüllt?
Üblicherweise durch Übertragung von Miteigentumsanteilen entsprechend den Quoten. Ist erkennbar, dass eine Veräußerung und Verteilung des Erlöses gewollt war, richtet sich die Erfüllung danach.
Wer trägt Steuern und Kosten beim Mitvermächtnis?
Steuern werden für jeden Mitvermächtnisnehmer gesondert beurteilt und richten sich nach Wert und persönlicher Zuordnung. Kosten der Erfüllung treffen den Nachlass oder die Begünstigten, abhängig von den Anordnungen und den allgemeinen Regeln.
Kann ein Mitvermächtnis unter Bedingungen gestellt werden?
Ja, Bedingungen und Befristungen sind möglich. Wird eine Bedingung nicht erfüllt, entsteht der Anspruch nicht. Unterschiedliche Bedingungen für einzelne Mitvermächtnisnehmer sind zulässig.
Wann ist das Mitvermächtnis fällig?
Der Anspruch entsteht mit dem Erbfall und wird grundsätzlich in angemessener Zeit fällig, sofern keine spätere Fälligkeit oder Bedingungen angeordnet sind. Die tatsächliche Abwicklung setzt regelmäßig die Klärung der Erbfolge voraus.