Begriff und Grundlagen des Miteigentums
Miteigentum ist ein zentrales Rechtsinstitut des Sachenrechts und bezeichnet das gemeinschaftliche Eigentum mehrerer Personen an einer Sache. Im Unterschied zum Alleineigentum steht Miteigentum mindestens zwei Rechtsträgern (Miteigentümern) zu. Charakteristisch für das Miteigentum ist, dass jedem Miteigentümer ein bestimmter (ideeller) Anteil an der gesamten Sache zusteht, wobei das Eigentum nicht etwa an einem exakt bestimmten Teil der Sache, sondern an einem rechnerischen Anteil am Ganzen besteht.
Das Miteigentum ist in § 1008 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) umfassend geregelt. Es handelt sich dabei um eine der wichtigsten Formen der Gesamthand (im engeren Sinne) und tritt häufig beispielsweise bei Grundstücken, Eigentumswohnungen und Gemeinschaftserwerben auf.
Formen des Miteigentums
Miteigentum nach Bruchteilen
Miteigentum nach Bruchteilen (§ 1008 BGB) ist die gesetzliche Grundform des Miteigentums in Deutschland. Bei dieser Form ist jeder Miteigentümer zu einem rechnerisch bestimmten Bruchteil an der Sache beteiligt. Die Miteigentumsanteile sind frei zuordenbar, veräußerbar und vererblich.
Rechtliche Ausgestaltung
- Ideelle Anteile: Jeder Miteigentümer besitzt einen „ideellen Anteil“ an der gesamten Sache (z.B. ½, 1/3, 1/10).
- Verfügungsberechtigung: Die Verfügungsbefugnis erstreckt sich jeweils nur auf den eigenen Anteil, nicht jedoch auf das gesamte Miteigentum.
- Belastung und Veräußerung: Ein Miteigentümer kann über seinen Anteil unabhängig von den anderen Miteigentümern verfügen (§ 747 BGB).
Gesamthandseigentum
Das Gesamthandseigentum ist eine besondere Form des Gemeinschaftseigentums und findet sich etwa in der GbR, der Erbengemeinschaft oder der Offenen Handelsgesellschaft (OHG). Hier steht das Eigentum nicht anteilig einer einzelnen Person, sondern der gesamthänderischen Gemeinschaft zu.
Abgrenzung zum Bruchteilseigentum
- Unselbstständigkeit: Im Gesamthandsprinzip sind die Anteile nicht frei übertragbar oder belastbar, sie „haften“ an der Mitgliedschaft der Community.
- Mitgliedschaftsgebundenheit: Alle Maßnahmen über das Gesamthandseigentum bedürfen grundsätzlich der gemeinschaftlichen Verwaltung durch die Gesamthänder.
Erwerb und Übertragung von Miteigentum
Begründung von Miteigentum
Miteigentum kann auf verschiedene Weise entstehen, typischerweise durch
- Kauf einer Sache durch mehrere Personen,
- Erbfolge (z.B. mehrere Erben werden gemeinsam Eigentümer eines Grundstücks),
- Teilung oder Aufhebung einer Gemeinschaft.
Übertragung der Miteigentumsanteile
Im Regelfall ist die Übertragung eines Miteigentumsanteils möglich; insbesondere bei Grundstücken gelten hierfür die besonderen Vorschriften der §§ 873, 925 BGB (Auflassung und Eintragung im Grundbuch).
Belastung mit Rechten Dritter
Jeder Miteigentümer kann seinen Anteil mit Sicherheiten (z. B. Hypothek, Grundschuld) belasten. Die Belastung wirkt jedoch nur hinsichtlich des Anteils, nicht für das ganze Eigentum.
Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Nutzungsrechte
Jeder Miteigentümer ist nach Maßgabe seines Anteils zur Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Sache berechtigt (§ 743 BGB). Die Art und Weise der Nutzung kann einer verbindlichen Regelung unterliegen, z. B. in einer Miteigentumsvereinbarung oder durch gerichtliche Entscheidung.
Verwaltung und Verfügung
Über Angelegenheiten der ordnungsgemäßen Verwaltung der Sache entscheiden die Miteigentümer gemeinschaftlich nach dem Grundsatz der Mehrheit der Anteile (§ 745 Abs. 1 BGB). Abweichende Vereinbarungen sind zulässig.
Über Verfügungen, insbesondere solche, die das Eigentum in seinem Bestand, seiner Nutzung oder Verwertungsmöglichkeiten berühren, bedarf es grundsätzlich der Zustimmung aller Miteigentümer.
Haftung
Die Miteigentümer haften für die gemeinschaftlichen Lasten und Kosten entsprechend ihrem Anteil.
Sonderformen und Besonderheiten
Wohnungseigentum als Sonderfall
Beim Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bildet das Miteigentum am Grundstück und den gemeinschaftlichen Anlagen die Grundlage für die Zuordnung von Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung.
Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft
Jeder Miteigentümer kann grundsätzlich jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen (§ 749 BGB). Die Aufhebung erfolgt regelmäßig durch Teilung der Sache oder durch Verkauf und anschließende Verteilung des Erlöses, es sei denn, eine abweichende Regelung wurde getroffen oder das Gesetz sieht Ausnahmen vor.
Teilungsversteigerung
Kann eine einvernehmliche Einigung zur Aufhebung des Miteigentums nicht erreicht werden, kann jeder Miteigentümer die Teilungsversteigerung beantragen, um eine Verwertung der Sache im Wege der gerichtlichen Zwangsversteigerung herbeizuführen.
Internationaler Bezug
Vergleichbare Regelungen zum Miteigentum existieren in vielen anderen Rechtssystemen. Die Ausgestaltung kann sich je nach Staat und Rechtskreis stark unterscheiden, insbesondere im Hinblick auf die Verwaltung und die Übertragbarkeit der Anteile.
Miteigentum im Rechtsverkehr
Miteigentum kommt häufig in der Praxis vor, etwa beim Erwerb von Immobilien durch mehrere Personen, im Patentrecht oder bei Fahrzeugen. Die konkrete Rechtsbeziehung der Miteigentümer zueinander bestimmt sich nach den gesetzlichen Vorschriften, kann aber auch durch vertragliche Vereinbarungen individuell geregelt werden.
Literatur und weiterführende Vorschriften
- §§ 1008 bis 1011, §§ 741 ff., § 923 BGB (Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch)
- Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG)
- Rechtsprechung zum Miteigentum (Bundesgerichtshof, einschlägige Entscheidungen)
Hinweis: Das Miteigentum wird im deutschen Sachenrecht als essentielles Instrument der Vermögensordnung verstanden und ist geprägt durch zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten anhand gesetzlicher und vertraglicher Regelungen. Die genaue Ausgestaltung sollte den Umständen des Einzelfalles angepasst werden.
Häufig gestellte Fragen
Welche Rechte stehen einem einzelnen Miteigentümer an der gemeinsamen Sache zu?
Ein Miteigentümer besitzt gemäß § 1008 BGB das Recht, die Sache gemeinsam mit den anderen Miteigentümern zu nutzen und, soweit kein abweichender Gebrauch vereinbart ist, zu benutzen. Jeder Miteigentümer kann seinen Anteil eigenständig veräußern oder belasten, muss dabei jedoch die Rechte der anderen Miteigentümer achten. Zu den wichtigsten Rechten zählt auch das Recht auf Teilnahme an wichtigen Entscheidungen zur Verwaltung und Benutzung der Sache. Wiederkehrende Handlungen, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung oder zur Erhaltung der Sache dienen, können von jedem Miteigentümer vorgenommen werden. Über außergewöhnliche Verwaltungsmaßnahmen, besonders solche mit weitreichenden Folgen oder größeren finanziellen Belastungen, müssen alle Miteigentümer gemeinsam entscheiden, wobei in der Regel ein Mehrheitsbeschluss notwenig ist. Ein Miteigentümer kann zudem von den anderen verlangen, dass diese sich an den Kosten notwendiger Instandhaltungs- und Verwaltungsmaßnahmen beteiligen.
In welchem Umfang haftet ein Miteigentümer für Verbindlichkeiten bezüglich der gemeinsamen Sache?
Miteigentümer haften grundsätzlich jeweils nur in Höhe ihres Anteils. Das bedeutet, dass ein Gläubiger, der eine Forderung aus Ansprüchen gegen die Gemeinschaft hat – etwa aus Verwaltung oder Nutzung der gemeinsamen Sache -, nur auf den jeweiligen Miteigentumsanteil eines Schuldners zugreifen kann. Der einzelne Miteigentümer haftet nicht für Verbindlichkeiten, die durch Handlungen anderer Miteigentümer ohne seine Zustimmung eingegangen wurden. Wird beispielsweise ein Vertrag im Namen aller Miteigentümer geschlossen, so haften sie als Gesamtschuldner nur dann, wenn explizit ein gemeinsamer Entschluss getroffen wurde. Andernfalls beschränkt sich die Haftung auf den Anteil des einzelnen Miteigentümers.
Wie erfolgt eine Verfügung über den Miteigentumsanteil?
Ein Miteigentümer kann über seinen Anteil an der gemeinsamen Sache grundsätzlich ohne die Zustimmung der anderen Miteigentümer verfügen, sprich ihn veräußern oder belasten (§ 747 BGB). Die Verfügung betrifft jedoch nur den ideellen Anteil, also kein bestimmtes Stück der Sache, da es sich nicht um Bruchteilseigentum an einem Teil der Sache, sondern um das Eigentum an einem ideellen Anteil an der Gesamtsache handelt. Die Übertragung erfolgt im Regelfall durch notarielle Beurkundung (bei Grundstücken), im Falle beweglicher Sachen durch Einigung und Übergabe. Die Zustimmung der übrigen Miteigentümer ist nur dann erforderlich, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde oder wenn es sich um Maßnahmen handelt, die das Gesamteigentum betreffen.
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Miteigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen?
Nach § 749 BGB kann jeder Miteigentümer jederzeit die Auseinandersetzung der Gemeinschaft verlangen, es sei denn, es ist durch Gesetz oder Vertrag etwas anderes vereinbart worden (etwa ein Ausschluss auf bestimmte Zeit). Die Auseinandersetzung erfolgt regelmäßig durch Teilung der Sache in Natur oder – falls dies nicht möglich oder wirtschaftlich sinnvoll ist, wie beispielsweise bei Grundstücken – durch Verkauf und Verteilung des Erlöses. Das Verlangen auf Aufhebung der Gemeinschaft ist ein Gestaltungsrecht, das auch gegen den Willen der anderen Miteigentümer geltend gemacht werden kann, unabhängig vom Grund der Aufhebungsforderung.
Welche Mehrheit ist für Maßnahmen der Verwaltung der gemeinsamen Sache erforderlich?
Die Verwaltung gemeinschaftlicher Sachen erfolgt, wenn nicht anders vereinbart, nach den Vorschriften der ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 744 BGB). Hierbei genügt in der Regel die Stimmenmehrheit, die sich nach den Anteilen am Miteigentum richtet, bei Entscheidungen zur ordentlichen Verwaltung. Für außerordentliche Verwaltungsmaßnahmen, wie z.B. erhebliche bauliche Veränderungen oder außergewöhnliche Investitionen, ist hingegen die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich (§ 745 BGB). Stimmen der Miteigentümer sind gewichtet nach dem jeweiligen Anteil an der Sache, sodass bei ungleicher Anteile der Mehrheitseigentümer auch die Verwaltungsmehrheit stellt.
Was ist bei der Nutzung und Benutzung der gemeinschaftlichen Sache zu beachten?
Die Nutzung der gemeinschaftlichen Sache steht allen Miteigentümern zu, wobei sie im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen soll, damit sich niemand rechtswidrig benachteiligt fühlt. Sollte kein Konsens herrschen, kann ein Miteigentümer die sogenannte Verwaltung und Benutzung nach billigem Ermessen beim zuständigen Gericht beantragen (§ 745 Abs. 2 BGB). Die konkrete Ausgestaltung einer Benutzungsregelung kann auf Antrag gerichtlich festgelegt werden, wenn eine einvernehmliche Lösung nicht erzielt werden kann. Miteigentümer müssen sich bei Ausübung ihres Benutzungsrechts so verhalten, dass die Rechte der anderen Miteigentümer nicht übermäßig beeinträchtigt werden.
Wie erfolgt die Auseinandersetzung der Gemeinschaft im Streitfall?
Kommt es zur Aufhebung der Gemeinschaft, erfolgt zunächst eine Teilung in Natur, soweit diese möglich und zumutbar ist. Ist eine solche Teilung nicht möglich, wird die Sache meist zwangsversteigert (§ 753 Abs. 1 BGB). Der dabei erzielte Erlös wird nach den Miteigentumsanteilen unter allen Beteiligten aufgeteilt. Soweit im Zuge der Auseinandersetzung bereits Aufwendungen für die Verwaltung oder zur Werterhaltung oder -verbesserung von einzelnen Miteigentümern geleistet wurden, sind diese im Zuge der Auseinandersetzung zu berücksichtigen. Differenzen zwischen Miteigentümern werden nötigenfalls durch gerichtliche Entscheidung (Auseinandersetzungsklage) geregelt.