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Mietvorauszahlung


Mietvorauszahlung

Die Mietvorauszahlung ist ein zentrales Element im Mietrecht und beschreibt die teilweise oder vollständige Vorleistung des Mieters auf die vertraglich geschuldete Mietzahlung, bevor der entsprechende Nutzungszeitraum der Mietsache beginnt. Mietvorauszahlungen finden sowohl im Wohnraummietrecht als auch im gewerblichen Mietrecht Anwendung und sind rechtlich streng geregelt, um die Interessen beider Vertragsparteien – Vermieter und Mieter – auszugleichen.

Begriffsbestimmung und Abgrenzung

Die Mietvorauszahlung ist von verwandten Begriffen wie Kaution, Mietsicherheit oder Mietvorausleistung abzugrenzen. Während die Kaution regelmäßig als Sicherungsleistung für eventuelle Forderungen des Vermieters dient, stellt die Mietvorauszahlung eine vorausgehende Tilgung der laufenden oder künftigen Mietzinsforderungen dar. Die Zahlung erfolgt hierbei nicht nachträglich (wie vielfach üblich zum Monatsende), sondern für zukünftige Zeiträume.

Gesetzliche Grundlagen

Mietrechtliche Regelungen nach BGB

Die Regelungen zur Mietzahlung finden sich insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), vor allem in den §§ 535 ff. BGB. § 556b Abs. 1 BGB regelt die Fälligkeit der Miete, nämlich spätestens bis zum dritten Werktag eines jeden Monats. Ob und in welchem Umfang Vorauszahlungen zulässig sind, ergibt sich jedoch größtenteils aus der Rechtsprechung und ergänzenden Vorschriften.

Zulässigkeit und Grenzen der Mietvorauszahlung

Gegenüber dem gesetzlichen Regelfall – monatliche Vorauszahlung zum Monatsbeginn – sind abweichende Vereinbarungen grundsätzlich zulässig. Eine wesentliche Grenze der Vertragsfreiheit bildet jedoch § 551 Abs. 4 BGB, der Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters über die Kautionsleistung für Wohnraummietverhältnisse für unwirksam erklärt. Auch § 307 BGB (AGB-Kontrolle) kann Mietvorauszahlungen betreffen, wenn diese den Mieter unangemessen benachteiligen.

Unterschied zwischen Wohnraummiete und Gewerberaummiete

Im Wohnraummietrecht besteht ein besonderer Schutz für Mieter. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind Vorauszahlungen von mehr als einer Monatsmiete, die zu Mietbeginn geleistet werden sollen, unzulässig, weil sie eine Umgehung des Kautionsschutzes (§ 551 BGB) darstellen. Im Gewerberaummietrecht ist hingegen eine größere Vertragsfreiheit gegeben, sodass auch längere Mietvorauszahlungen, etwa die Zahlung für mehrere Monate oder Jahre im Voraus, grundsätzlich zulässig sind, sofern keine sittenwidrigen oder treuwidrigen Vertragsgestaltungen vorliegen.

Vertragliche Vereinbarung und Formerfordernisse

Da Mietvorauszahlungen nicht die Regel sind, müssen sie im Mietvertrag ausdrücklich und transparent geregelt werden. Nach § 550 BGB ist bei Mietverträgen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr Schriftform erforderlich, sodass auch die Vereinbarung einer Mietvorauszahlung schriftlich festgehalten werden muss. Eine unklare oder fehlerhafte vertragliche Regelung kann zur Unwirksamkeit der Mietvorauszahlungsvereinbarung führen.

Rechtsfolgen bei Unzulässigkeit der Mietvorauszahlung

Ist eine Vereinbarung über eine Mietvorauszahlung unzulässig, weil sie etwa die Grenzen des § 551 BGB oder das AGB-Recht verletzt, so ist diese vertragliche Klausel unwirksam, der restliche Mietvertrag bleibt jedoch in Kraft (sog. Teilunwirksamkeit). Der Mieter kann dann eine bereits geleistete Vorauszahlung, soweit sie die zulässige Höhe übersteigt, zurückverlangen (§ 812 BGB – Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung).

Mietvorauszahlung und Kündigung des Mietverhältnisses

Kommt es während eines durch Mietvorauszahlung abgedeckten Zeitraums zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses, stellt sich die Frage nach einer (anteiligen) Rückzahlung der geleisteten Vorausmiete. Nach allgemeiner Rechtsauffassung ist der Vermieter verpflichtet, den nicht mehr durch Nutzung ausgleichbaren Zeitraum zu erstatten, da keine Gegenleistung mehr erfolgt. Im Zweifelsfall ist eine exakte Abrechnung mit Datum und Zeitraum erforderlich.

Steuerliche Implikationen von Mietvorauszahlungen

Umsatzsteuerliche Aspekte

Im gewerblichen Mietrecht unterliegt die geleistete Mietvorauszahlung grundsätzlich der Umsatzsteuer. Besteht eine Option zur Umsatzsteuerpflicht, muss der Vermieter eine entsprechende Rechnung ausstellen. Der relevante Leistungszeitraum ist maßgeblich für den Ausweis der Umsatzsteuer. Die Vorauszahlung kann sowohl bei Ist- als auch Soll-Versteuerung zu unterschiedlichen Zeitpunkten steuerlich wirksam werden.

Einkommensteuerliche Behandlung

Sowohl vermietende Privatpersonen als auch gewerblich tätige Vermieter müssen die erhaltene Mietvorauszahlung im Jahr des Zuflusses als Einnahme versteuern. Mieter, die zur gewerblichen Nutzung gemietete Objekte vorausbezahlen, können je nach Verwendungszusammenhang die Zahlung sofort oder zeitlich gestreckt als Betriebsausgabe geltend machen.

Mietvorauszahlung bei Insolvenz

Wird über das Vermögen des Vermieters das Insolvenzverfahren eröffnet, sind die Rechte des Mieters in Bezug auf die geleistete Mietvorauszahlung geschützt. Im Insolvenzfall kann der Mieter, soweit der Vorauszahlungszeitraum noch nicht abgelaufen ist, gemäß § 110 InsO die Rückerstattung bereits für die Zukunft geleisteter Zahlungen als sogenannte Aussonderungs- oder Absonderungsrechte geltend machen.

Unterschiede zur Staffelmiete und Indexmiete

Eine Mietvorauszahlung ist abzugrenzen von mietvertraglichen Regelungen wie Staffelmiete oder Indexmiete. Diese sehen variable Mietanpassungen auf Grundlage bestimmter Ereignisse oder Indizes vor, greifen aber nicht in die Fälligkeit oder Modalität der Mietzahlung ein.

Zusammenfassung

Die Mietvorauszahlung ist ein rechtlich vielschichtiges Instrument im Mietverhältnis, das abhängig von der Art der Miete (Wohnraum, Gewerbe) und der vertraglichen Ausgestaltung unterschiedlichen gesetzlichen Einschränkungen unterliegt. In der Wohnraummiete stehen die Interessen des Mieterschutzes im Vordergrund, während im gewerblichen Mietrecht größere Gestaltungsfreiheit vorherrscht. Eine klare, schriftliche und transparente Vereinbarung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist unerlässlich, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden und Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Quellenhinweis:
Die wichtigsten gesetzlichen Regelungen zum Thema Mietvorauszahlung finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 535 ff., 551, 556b, 550 und 307 BGB, sowie im Insolvenzrecht (§ 110 InsO). Ergänzend ist auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Instanzgerichte zu verweisen.

Häufig gestellte Fragen

Wann darf der Vermieter eine Mietvorauszahlung verlangen?

Eine Mietvorauszahlung kann nach deutschem Mietrecht grundsätzlich nur dann verlangt werden, wenn dies ausdrücklich im Mietvertrag geregelt ist. Fehlt eine solche Vereinbarung, ist der Mieter lediglich zur laufenden Zahlung der Miete zum vereinbarten Termin verpflichtet, in der Regel zum dritten Werktag eines Monats für den jeweiligen Monat (§ 556b Abs. 1 BGB). Eine Mietvorauszahlung, bei der beispielsweise mehrere Monatsmieten im Voraus zu leisten sind, ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Das Gesetz sieht in § 551 Abs. 4 BGB explizit eine Schutzvorschrift vor, die die freie Vereinbarung von Vorauszahlungen einschränkt: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Mietverträge, die eine Vorauszahlung von mehr als drei Monatsmieten (ohne Nebenkosten) verlangen, in diesem Punkt unwirksam sind. Eine Ausnahme ergibt sich nur, wenn berechtigte Gründe vorliegen, etwa bei besonderen Risiken für den Vermieter, die im Einzelfall rechtlich abgewogen werden müssen.

Müssen bei einer Mietvorauszahlung auch die Betriebskosten im Voraus gezahlt werden?

Die Pflicht zur Vorauszahlung der Betriebskosten (Nebenkosten) hängt maßgeblich von den Regelungen im Mietvertrag ab. Grundsätzlich ist die Miete, auf die sich eine eventuelle Vorauszahlung bezieht, die sogenannte „Nettokaltmiete“, also die Miete ohne Nebenkosten. Eine Anwendung der Vorauszahlungspflicht auf Betriebskosten ist nach § 556 Abs. 2 BGB nur dann möglich, wenn dies explizit im Vertrag vereinbart wurde. Ist eine solche Vereinbarung nicht vorhanden, bleibt es bei den üblichen monatlichen Vorauszahlungen für Betriebskosten oder bei der jährlichen Abrechnung. Es ist zudem darauf zu achten, dass im Falle einer vertraglichen Vereinbarung einer Nebenkostenvorauszahlung die Transparenz für den Mieter gewährleistet sein muss. Unklare oder überraschende Klauseln können nach § 305c BGB zur Unwirksamkeit führen.

Welche rechtlichen Folgen hat eine unzulässige Mietvorauszahlungsklausel im Vertrag?

Enthält ein Mietvertrag eine unzulässige Klausel, die den Mieter zu einer weitergehenden Mietvorauszahlung verpflichtet als gesetzlich zulässig (also mehr als drei Monatsmieten), ist diese Vertragsklausel entsprechend § 551 Abs. 4 BGB unwirksam. Die Folge ist, dass statt der vereinbarten Vorauszahlung nur die gesetzlich zulässige Vorauszahlung (maximal drei Monatsmieten) gilt. Der Mieter kann eine bereits geleistete überhöhte Vorauszahlung vom Vermieter zurückverlangen, da der Vermieter sich insoweit ohne Rechtsgrund bereichert hat (§ 812 BGB). Die restlichen Klauseln des Mietvertrags bleiben davon unberührt, solange sie für sich genommen rechtmäßig sind und nicht mit der unwirksamen Klausel so eng verbunden sind, dass sie ohne diese keinen Sinn ergeben würden.

Ist die Mietvorauszahlung mit einer Kaution kombinierbar?

Nach deutschem Mietrecht sind Mietvorauszahlung und Kaution rechtlich getrennte Sicherungsinstrumente. Während die Kaution gemäß § 551 BGB maximal drei Monatskaltmieten betragen darf und dafür gedacht ist, Schäden an der Wohnung oder ausstehende Forderungen nach Beendigung des Mietverhältnisses abzusichern, stellt die Mietvorauszahlung eine Vorleistung auf die Miete dar. Der Vermieter darf demnach nicht fordern, dass der Mieter neben einer dreimonatigen Mietvorauszahlung zusätzlich eine Kaution in gleicher Höhe zahlt, da dies gegen das sogenannte Umgehungsverbot des § 551 Abs. 4 BGB verstößt. Sollte eine Klausel dennoch eine übermäßige finanzielle Vorleistung des Mieters fordern, ist diese rechtlich nicht haltbar und im Zweifel unwirksam.

Was passiert bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses mit der Mietvorauszahlung?

Endet das Mietverhältnis vor Ablauf des Zeitraums, für den der Mieter eine Mietvorauszahlung geleistet hat, ist der Vermieter verpflichtet, die auf den Zeitraum nach Vertragsende entfallende Vorauszahlung unverzüglich zurückzuerstatten. Der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung basiert auf den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB). Dazu muss der Zeitraum exakt ermittelt werden, auf den die Vorauszahlung entfällt. Wichtig ist, dass der Mietvertrag die Rückzahlungsmodalitäten möglichst klar regelt, um Streitigkeiten zu vermeiden. Eine Verrechnung mit Ansprüchen des Vermieters, beispielsweise wegen ausstehender Nebenkostennachzahlungen oder Schäden, ist zulässig, soweit diese berechtigt und fällig sind.

Muss die Mietvorauszahlung bei Mieterwechsel übernommen werden?

Bei einem Mieterwechsel, der während einer laufenden Vorauszahlungsperiode erfolgt, ist grundsätzlich der ursprüngliche Mietvertrag maßgeblich. Der Mieter, der die Vorauszahlung geleistet hat, bleibt im Verhältnis zum Vermieter anspruchsberechtigt. Dies bedeutet, dass nur der ausscheidende Mieter, nicht aber der nachfolgende Mieter, einen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Vermieter wegen etwaiger überzahlter Miete hat. Es ist dem Mieter jedoch möglich, mit dem Nachmieter eine vertragliche Regelung über die interne Ausgleichspflicht zu treffen. Letztlich darf dem neuen Mieter kein Nachteil daraus entstehen, dass der Vorgänger eine Mietvorauszahlung geleistet hat.

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten bei Zeitmietverträgen bezüglich Mietvorauszahlungen?

Bei Zeitmietverträgen gelten grundsätzlich dieselben gesetzlichen Regelungen zur Mietvorauszahlung wie bei unbefristeten Mietverhältnissen. Die Vertragsparteien können eine Vorauszahlung in zulässigem Rahmen (maximal drei Monatsmieten) vereinbaren. Wird der Zeitmietvertrag jedoch vorzeitig – beispielsweise durch außerordentliche Kündigung wegen eines wichtigen Grundes – beendet, hat der Mieter Anspruch auf Rückzahlung des Anteils der vorausgezahlten Miete für die Zeit nach Vertragsende. Besonderheiten können sich ergeben, wenn der Zeitmietvertrag von vornherein für eine sehr kurze Dauer abgeschlossen und die gesamte Miete im Voraus verlangt wird. Hier halten Gerichte solche Vereinbarungen häufig für zulässig, sofern der Zeitraum als verhältnismäßig gilt und die Vorleistungspflicht den Mieter nicht unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB).