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Mietpreisüberhöhung


Definition und Begriffsklärung: Mietpreisüberhöhung

Unter dem Begriff Mietpreisüberhöhung versteht man im Mietrecht die unzulässige Vereinbarung oder Forderung eines überhöhten Mietzinses durch den Vermietenden, welche die gesetzlichen Höchstgrenzen überschreitet. Die zentrale rechtliche Grundlage hierfür bildet § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG), der zum Schutz der Mieter vor missbräuchlichen Preisforderungen dient. Mietpreisüberhöhung ist insbesondere im Kontext von angespannten Wohnungsmärkten relevant und stellt eine Maßnahme zur Begrenzung von Verdrängungsprozessen sowie zur Wahrung des sozialen Ausgleichs dar.


Gesetzliche Grundlagen der Mietpreisüberhöhung

§ 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG)

Die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zur Mietpreisüberhöhung finden sich in § 5 WiStG:

  • § 5 Abs. 1 WiStG regelt, dass eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, wenn eine zu Wohnzwecken vermietete Wohnung zu einer Miete überlassen oder weitervermietet wird, die die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent übersteigt.
  • Voraussetzung ist weiterhin, dass ein geringes Angebot an vergleichbaren Wohnungen vorliegt und die Überhöhung in Ausnutzung der Mangellage erfolgt.

Abgrenzung: Mietpreisüberhöhung vs. Mietwucher

Es ist zwischen Mietpreisüberhöhung (§ 5 WiStG) und Mietwucher (§ 291 Strafgesetzbuch, StGB) zu unterscheiden. Während bei Mietpreisüberhöhung der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit gegeben ist, handelt es sich beim Mietwucher um eine Straftat, die zusätzlich eine Ausnutzung der Zwangslage, Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche seitens des Mietenden voraussetzt. Der maßgebliche Grenzwert beim Wucher liegt bei einer Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete von mehr als 50 Prozent.


Voraussetzungen der Mietpreisüberhöhung

Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete

Zentraler Anknüpfungspunkt ist die ortsübliche Vergleichsmiete. Übersteigt die vereinbarte Miete diese um mehr als 20 Prozent, liegt grundsätzlich eine Mietpreisüberhöhung vor. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird regelmäßig anhand des Mietspiegels der jeweiligen Gemeinde oder Kommune ermittelt.

Geringes Angebot an Mietraum

Ein weiteres Tatbestandsmerkmal ist das Vorliegen eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum. Die Beurteilung konzentriert sich auf den örtlichen und zeitlichen Wohnungsmarkt und wird oftmals durch behördliche oder gerichtliche Wertungen anhand statistischer Daten vorgenommen.

Ausnutzung der Marktlage

Die Vermietenden müssen die Marktlage aktiv ausgenutzt haben. Dies ist dann der Fall, wenn sie bei Abschluss des Mietvertrags die Zwangslage des Mieters kannten und daraus wirtschaftlichen Vorteil gezogen haben. Eine bloße Überschreitung der Vergleichsmiete genügt nicht, wenn kein Missbrauch der Marktsituation vorliegt.


Rechtsfolgen der Mietpreisüberhöhung

Ordnungswidrigkeitenverfahren

Die Mietpreisüberhöhung stellt gemäß § 5 Abs. 1 WiStG eine Ordnungswidrigkeit dar und kann gemäß § 5 Abs. 3 WiStG mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Zuständig für die Verfolgung ist in der Regel die örtliche Verwaltungsbehörde.

Rückforderungsansprüche der Mieter

Mieter haben das Recht, überzahlte Beträge gemäß § 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (= ungerechtfertigte Bereicherung) zurückzufordern, sofern die Voraussetzungen des § 5 WiStG vorliegen. Die Rückforderung ist in der Regel auf den über den 20-Prozent-Schwellenwert hinausgehenden Teil beschränkt.

Anpassung der Miethöhe

Erweist sich die Miete als überhöht, kann der Mietende eine Anpassung der Miethöhe auf das zulässige Maß verlangen. Hier empfiehlt es sich, die Einwände schriftlich geltend zu machen und auf § 5 WiStG zu verweisen.


Abgrenzung zur Mietpreisbremse

Die Mietpreisbremse nach § 556d BGB ergänzt das Schutzniveau des § 5 WiStG, regelt aber inhaltlich andere Konstellationen. Während sich die Mietpreisbremse auf die Wiedervermietung von Wohnraum in angespannten Wohnungsmärkten bezieht und eine Überschreitung von maximal 10 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete gestattet, betrifft § 5 WiStG bereits bestehende Mietverhältnisse und stellt auf eine 20-Prozent-Grenze ab. Die beiden Instrumente stehen somit nebeneinander und ergänzen sich.


Prozessuale und praktische Bedeutung

Durchsetzung und Beweislast

Die Durchsetzung von Ansprüchen wegen Mietpreisüberhöhung liegt vorrangig beim Mietenden. Die Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale, insbesondere der Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete und der Marktausnutzung, obliegt dem Mietenden. In der Praxis kann dies durch Mietspegel, statistische Auswertungen der zuständigen Behörden und weitere nachweisbare Dokumente untermauert werden.

Rolle der Behörden

Die Anzeige einer Mietpreisüberhöhung bei der zuständigen Verwaltungsbehörde kann ein Ordnungswidrigkeitenverfahren auslösen. Behörden prüfen dabei sowohl die tatsächlichen Mietpreise als auch die örtlichen Wohnraummärkte.


Rechtsprechung und Literatur

Die Rechtsprechung differenziert im Einzelfall streng zwischen Mietpreisüberhöhung und Mietwucher. Insbesondere Gerichte wie das Landgericht Berlin oder das Bundesgerichtshof (BGH) liefern wegweisende Entscheidungen zur Auslegung von § 5 WiStG. Die einschlägige Fachliteratur bietet weiterführende Analysen zu den Voraussetzungen, zur Beweisführung und zu prozessualen Problemen.


Zusammenfassung

Die Mietpreisüberhöhung bildet einen wichtigen Baustein im deutschen Mietrecht, um den Schutz von Mietenden vor überzogenen Mietforderungen zu sichern. Mit § 5 WiStG besteht eine eigenständige Regelung, die eine Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent und die bewusste Ausnutzung der Marktlage durch den Vermietenden untersagt. Die gesetzlichen und tatsächlichen Voraussetzungen müssen im Einzelfall geprüft werden, wobei sowohl zivil- als auch ordnungsrechtliche Konsequenzen greifen. Im Zusammenspiel mit weiteren mietrechtlichen Instrumenten wie der Mietpreisbremse bietet die Mietpreisüberhöhung einen relevanten Beitrag zur Regulierung des Mietwohnungsmarkts.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG vorliegen?

Für eine Mietpreisüberhöhung im Sinne des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) ist zunächst erforderlich, dass Wohnraum in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt gegen Entgelt überlassen wird. Die ortsübliche Vergleichsmiete muss dabei um mehr als 20 Prozent überschritten sein. Zudem ist es notwendig, dass der Vermieter die Mietsituation ausnutzt, indem er die mangelnde Angebotsauswahl oder die Zwangslage des Mieters gezielt zur Gewinnmaximierung einsetzt. Entscheidend ist, dass die Überschreitung nicht durch gestiegene Betriebskosten, Modernisierungen oder besondere Wohnwertmerkmale gerechtfertigt ist. Schließlich kommt es darauf an, dass eine Anzeige durch den betroffenen Mieter oder einer zur Vertretung berufenen Stelle erfolgt, da Mietpreisüberhöhung kein Offizialdelikt ist, sondern die Verfolgung eines solchen Verstoßes in der Regel nur auf Antrag betrieben wird.

Welche rechtlichen Folgen hat eine festgestellte Mietpreisüberhöhung für den Vermieter?

Wird eine Mietpreisüberhöhung im Sinne von § 5 WiStG rechtskräftig festgestellt, drohen dem Vermieter erhebliche Konsequenzen. Zum einen kann der Mieter die zu viel gezahlte Miete zurückverlangen, und zwar für die letzten drei Jahre vor Geltendmachung des Anspruchs, weil der Anspruch der regelmäßigen zivilrechtlichen Verjährungsfrist unterliegt. Zudem handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann. Hinzu kommt, dass die zuständige Behörde die Rückführung der Miete auf das zulässige Maß verlangen kann. In gravierenden Fällen, insbesondere bei mehrfachen oder vorsätzlichen Verstößen, drohen weitere aufsichtsrechtliche Maßnahmen oder sogar strafrechtliche Folgen im Zusammenhang mit Mietwucher gemäß § 291 StGB.

Wie unterscheidet sich die Mietpreisüberhöhung vom Mietwucher nach § 291 StGB?

Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG und Mietwucher nach § 291 Strafgesetzbuch (StGB) sind zwei unterschiedliche Tatbestände im deutschen Mietrecht. Während Mietpreisüberhöhung bereits bei einer Miete, die mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und bei Ausnutzung der Wohnungsnot möglich ist, setzt Mietwucher eine krass überhöhte Miete (mindestens 50 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete) sowie eine besondere Ausnutzung einer Zwangslage oder Unerfahrenheit des Mieters voraus. Mietwucher ist ein Straftatbestand, der mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft wird, während Mietpreisüberhöhung als Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Die Beweisanforderungen sind beim Mietwucher deutlich strenger, insbesondere hinsichtlich der nachzuweisenden Ausbeutungslage.

Wer ist zuständig für die Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen?

Für die Bearbeitung und Ahndung von Mietpreisüberhöhungen sind die örtlich zuständigen Verwaltungsbehörden zuständig, meistens das Ordnungsamt oder das Wohnungsamt der jeweiligen Stadt beziehungsweise Gemeinde. Diese Behörden nehmen Anzeigen des Mieters oder Dritter entgegen, prüfen die Sachlage und können bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten. Die zivilrechtlichen Ansprüche – insbesondere Rückforderungsansprüche zu viel gezahlter Miete – müssen hingegen vom Mieter selbst vor dem Zivilgericht geltend gemacht werden.

In welchen Zeiträumen kann der Mieter überhöhte Miete zurückfordern?

Der Mieter kann die zu viel gezahlte Miete grundsätzlich für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren rückwirkend geltend machen. Dieser Zeitraum ergibt sich aus der regelmäßigen zivilrechtlichen Verjährungsfrist nach § 195 BGB. Für die Geltendmachung ist notwendig, dass der Mieter die Mietpreisüberhöhung konkret geltend macht, idealerweise schriftlich und unter Bezugnahme auf die ortsübliche Vergleichsmiete, sowie Nachweise für die gezahlten Mieten bereithält. Zu beachten ist, dass für die Ansprüche aus Ordnungswidrigkeiten ebenfalls eine Verjährung gilt, die sich nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG auf drei Jahre beläuft.

Müssen Mietspiegel oder andere Beweismittel vorgelegt werden?

Im Rahmen eines Verfahrens wegen Mietpreisüberhöhung ist es unerlässlich, die ortsübliche Vergleichsmiete detailliert und nachvollziehbar darzulegen. In der Praxis wird hierfür in aller Regel auf einen aktuellen Mietspiegel der entsprechenden Gemeinde Bezug genommen, welcher die Vergleichsmiete für vergleichbare Wohnungen nach Baujahr, Größe, Lage und Ausstattung ausweist. Sind solche Mietspiegel nicht vorhanden, können auch Sachverständigengutachten oder Vergleichsobjekte herangezogen werden. Der Mieter ist in der Beweispflicht, die zu hohe Miete und deren Überschreitung nachzuweisen sowie darzulegen, dass keine Rechtfertigungsgründe (z.B. Modernisierung, besondere Ausstattung) vorliegen.

Welche Folgen hat die Mietpreisüberhöhung für laufende Mietverhältnisse?

Wird eine Mietpreisüberhöhung festgestellt, hat dies in aller Regel keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Bestandshaftung des Mietverhältnisses, d.h., das Mietverhältnis bleibt grundsätzlich bestehen. Die Folge ist vielmehr, dass der Mieter einen Anspruch auf Anpassung der Miete auf die zulässige Höhe und auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Beträge hat. Der Vermieter ist verpflichtet, die Miete bis zur zulässigen Grenze zu senken und darf keinen Kündigungsgrund in der Geltendmachung der Mietpreisüberhöhung sehen; eine solche Kündigung wäre gemäß § 612a BGB unwirksam, da sie eine unzulässige Benachteiligung des Mieters nach der Ausübung von Rechten darstellen würde.