Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Mietrecht»Mietgericht

Mietgericht


Begriff und rechtliche Einordnung des Mietgerichts

Das Mietgericht ist eine gerichtliche Instanz, die für Streitigkeiten im Zusammenhang mit Mietverhältnissen zuständig ist. In Deutschland handelt es sich dabei primär um eine Zuständigkeitsbezeichnung innerhalb des Zivilgerichts, genauer des Amtsgerichts. Mietgerichte befassen sich vor allem mit Rechtsstreitigkeiten, die aus der Anmietung, Nutzung und Beendigung von Wohn- und Gewerberäumen hervorgehen. Die gerichtliche Zuständigkeit sowie das Verfahren sind durch das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und die Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.

Zuständigkeit und Organisation

Sachliche und örtliche Zuständigkeit

Die sachliche Zuständigkeit eines Mietgerichts ist im Wesentlichen in § 23 Nr. 2a GVG geregelt. Danach sind für Streitigkeiten aus Mietverhältnissen über Wohnraum regelmäßig die Amtsgerichte als erstinstanzliche Gerichte zuständig, unabhängig vom Streitwert. Dies bedeutet, dass für fast alle zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Mieterinnen und Mietern sowie Vermieterinnen und Vermietern das jeweilige Amtsgericht am Ort der belegenen Mietsache das Mietgericht darstellt (§ 29a ZPO – besondere örtliche Zuständigkeit).

Die sachliche Zuständigkeit umfasst insbesondere:

  • Wohnraum- und Gewerberaummietrecht
  • Pachtverträge, wenn sie Wohnraum betreffen
  • Räumungsklagen und Zahlungsforderungen aus Mietverhältnissen
  • Mietminderung, Mieterhöhung und Betriebskostenabrechnungen
  • Schadensersatzforderungen zwischen Mietparteien

Abgrenzung zu anderen Gerichtsbarkeiten

Streitigkeiten, die das Wohnungseigentumsrecht (WEG) betreffen, können ebenfalls vor dem Amtsgericht als Wohnungseigentumsgericht behandelt werden, unterscheiden sich jedoch vom klassischen Mietrecht. Arbeitsgerichte, Verwaltungsgerichte oder Sozialgerichte sind in mietrechtlichen Fragen grundsätzlich nicht zuständig.

Verfahren vor dem Mietgericht

Prozessuale Besonderheiten

Das Verfahren vor dem Mietgericht richtet sich nach den allgemeinen Regeln der Zivilprozessordnung. Grundsätzlich ist das Gericht nicht an den Streitwert gebunden, sofern es sich um Wohnraummietverhältnisse dreht, was das Verfahren gegenüber sonstigen Zivilprozessen vereinfacht. Entscheidungen werden durch Einzelrichter getroffen (§ 348 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

Mahn- und Klageverfahren

Die Parteien können ihre Ansprüche auf verschiedenen Wegen geltend machen:

  • Klageverfahren: Eine Klage ist insbesondere bei Räumungsansprüchen, Mieterhöhungen, Zahlungsverzug oder Schadenersatz üblich.
  • Mahnverfahren: Zahlungsforderungen, beispielsweise wegen Mietrückständen, können im Mahnverfahren geltend gemacht werden, welches ein vereinfachtes gerichtliches Verfahren zur Forderungsdurchsetzung vorsieht.

Vorgerichtliche Schritte

Vor dem Gang zum Mietgericht ist in einigen Bundesländern die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens (z. B. Güteverfahren oder Schiedsstelle) vorgeschrieben oder empfohlen, um eine einvernehmliche Lösung zu ermöglichen.

Rechtsmittel und Berufung

Gegen Urteile des Mietgerichts ist in der Regel das Rechtsmittel der Berufung an das Landgericht (§ 511 ff. ZPO) möglich, sofern der Streitwert von 600 Euro überschritten wird oder das Gericht die Berufung ausdrücklich zugelassen hat.

Typische Streitigkeiten vor dem Mietgericht

Das Mietgericht behandelt ein breites Spektrum unterschiedlicher mietrechtlicher Auseinandersetzungen, darunter insbesondere:

Räumungsklagen

Eine der häufigsten Streitigkeiten ist die Räumungsklage, durch die ein Vermieter die Herausgabe der Mietsache bei Vertragsverletzungen, insbesondere Zahlungsrückstand oder unerlaubter Gebrauchsüberlassung, erzwingen kann (vgl. § 546 BGB).

Zahlungsansprüche

Die Geltendmachung rückständiger Mieten, Betriebskosten oder anderer Entgeltforderungen ist regelmäßig Gegenstand der Verfahren.

Mietminderung und Mieterhöhung

Mietvertragsparteien streiten oft über die Berechtigung und Höhe von Mietminderung (z.B. bei Mängeln der Mietsache) sowie über Mieterhöhungen gemäß §§ 558 ff. BGB.

Modernisierungsmaßnahmen und Betriebskostenabrechnung

Weitere Verfahrensgegenstände sind die Umlage von Modernisierungskosten nach § 559 BGB sowie die Überprüfung oder Anfechtung der Betriebskostenabrechnung.

Kosten und Gebühren

Für das Verfahren vor dem Mietgericht fallen Gerichtskosten gemäß Gerichtskostengesetz (GKG) sowie gegebenenfalls Rechtsanwaltskosten an. Die Gebühren richten sich nach dem Streitwert und werden im Kostenfestsetzungsverfahren nach Abschluss des Rechtsstreits beziffert.

Rechtsgrundlagen

Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für die Tätigkeit der Mietgerichte bilden:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 535 ff. (Mietrecht)
  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), insbesondere § 23 Nr. 2a (Amtsgerichte als Mietgerichte)
  • Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere §§ 29a (besondere örtliche Zuständigkeit) und 511 (Berufung)
  • Kostenordnung (KostO) und Gerichtskostengesetz (GKG)

Bedeutung für den Mieterschutz und Vermieterschutz

Das Mietgericht ist eine tragende Säule des Mieterschutzes, indem es die Einhaltung der mietrechtlichen Vorschriften sowie des sozialen Mietrechts überwacht und durchsetzt. Gleichzeitig gewährleistet es auch den rechtlichen Schutz der Vermietenden, insbesondere im Hinblick auf die Sicherung des Eigentums und die Durchsetzung von Ansprüchen.

Internationale Einordnung und Begrifflichkeiten

Im internationalen Rechtsvergleich existiert kein eigenständiges „Mietgericht“ im deutschen Sinne. In anderen Ländern werden mietrechtliche Streitigkeiten häufig von allgemeinen Zivilgerichten oder spezialisierten Tribunalen entschieden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die gerichtliche Organisation können erheblich von der deutschen Ausgestaltung abweichen.

Zusammenfassung

Das Mietgericht bezeichnet in Deutschland jene Abteilung der erstinstanzlichen Zivilgerichte, die auf Mietrechtsstreitigkeiten spezialisiert ist. Es regelt auf Grundlage des BGB, der ZPO und des GVG sämtliche rechtlichen Konflikte aus Mietverhältnissen und erfüllt eine zentrale Aufgabe bei der Sicherung der Rechte von Mietenden und Vermietenden gleichermaßen. Das Verfahren zeichnet sich durch spezifische Zuständigkeitsvorschriften und prozessuale Besonderheiten aus, welche die rechtssichere und zügige Bearbeitung mietrechtlicher Auseinandersetzungen gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Wie läuft ein Verfahren vor dem Mietgericht ab?

Ein Verfahren vor dem Mietgericht beginnt in der Regel mit der Klageerhebung durch eine der Parteien, meist den Vermieter oder Mieter. Die Klageschrift muss beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden, das in Mietangelegenheiten als Mietgericht fungiert (§ 23 Nr. 2a GVG). Nach Einreichung prüft das Gericht die Schlüssigkeit und Zulässigkeit der Klage. Anschließend erhalten die Parteien eine Ladung zu einem ersten Termin, dem sogenannten Gütetermin (§ 278 ZPO), in dem vorrangig eine einvernehmliche Lösung angestrebt wird. Scheitert dieser, folgt die streitige Verhandlung, bei der die Parteien ihre Beweise und Argumente vorbringen. Das Gericht kann Zeugen vernehmen, Sachverständige bestellen oder die Wohnung persönlich besichtigen (Augenscheinseinnahme). Nach Abschluss der Beweisaufnahme fällt das Gericht ein Urteil. Gegen dieses können Rechtsmittel eingelegt werden, wobei in vielen Fällen die Berufung nur zugelassen wird, wenn der Streitwert über 600 Euro liegt oder das Amtsgericht sie ausdrücklich zulässt (§ 511 ZPO).

Welche typischen Streitfälle werden vom Mietgericht entschieden?

Vor dem Mietgericht werden insbesondere zivilrechtliche Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen entschieden. Typische Fälle sind Räumungsklagen bei Zahlungsverzug oder Eigenbedarf, Streitigkeiten über Mietminderungen wegen Mängeln, Rückforderungen der Kaution, Nachforderungen oder Rückforderungen aus Betriebskostenabrechnungen, sowie Ansprüche auf Duldung von Modernisierungsmaßnahmen. Auch Fragen der Mieterhöhung gemäß § 558 bis § 559b BGB, Schadensersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache oder die Wirksamkeit von Kündigungen werden regelmäßig vor dem Mietgericht verhandelt.

Besteht vor dem Mietgericht Anwaltszwang?

Beim Mietgericht, also vor dem Amtsgericht im Rahmen von Mietrechtsstreitigkeiten, besteht grundsätzlich kein Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO). Parteien können sich selbst vertreten, allerdings empfiehlt sich die Hinzuziehung eines Fachanwalts für Mietrecht, da mietrechtliche Auseinandersetzungen komplex sein können und falsches Vortragen die Erfolgschancen erheblich schmälern kann. Wird in die nächste Instanz, das Landgericht, gegangen (zum Beispiel im Berufungsverfahren), besteht dann Anwaltszwang.

Wer trägt die Kosten des Verfahrens vor dem Mietgericht?

Die Kosten des Verfahren richten sich nach der so genannten „Kostenentscheidung“ im Urteil. Grundsätzlich gilt gemäß § 91 ZPO: Die unterlegene Partei trägt die Kosten des Verfahrens, also sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten der Gegenseite. Bei teilweisem Unterliegen und Obsiegen werden die Kosten anteilig verteilt. Neben den eigenen Kosten können gegebenenfalls auch Zeugengelder und Sachverständigenkosten anfallen. Wohnraummieter können unter Umständen Prozesskostenhilfe beantragen, wenn sie die Kosten nicht selbst tragen können.

Welche Besonderheiten gelten bei Räumungsklagen?

Räumungsklagen unterliegen besonderen Anforderungen. So muss der Mieter vor der Klageerhebung bereits zur Räumung aufgefordert worden sein, zudem muss die Kündigung rechtswirksam und begründet sein. Ab Zugang der Klageschrift hat der Mieter Gelegenheit, sich schriftlich oder mündlich zu verteidigen. Im Räumungsprozess prüft das Gericht zunächst die Wirksamkeit der Kündigung, das Bestehen eines Mietverhältnisses und eventuelle Härtefallgründe (§ 574 BGB), die einen Räumungsaufschub rechtfertigen könnten. Im Urteil wird ein konkreter Räumungstermin bestimmt, der durch Zwangsvollstreckung mittels Gerichtsvollzieher durchgesetzt werden kann. Zu beachten ist zudem die sogenannte „Berliner Räumung“ als kostengünstigere Variante der Vollstreckung.

Gibt es vor dem Mietgericht spezielle Verfahrensvorschriften?

Ja, für das Verfahren vor dem Mietgericht gelten die besonderen Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO). Darüber hinaus existieren mietrechtsspezifische Vorschriften, etwa zur gerichtlichen Zuständigkeit (§ 23 Nr. 2a GVG) und zur schnellen Durchführung von Wohnraummietsachen (§ 272 ZPO). Das Gericht hat die Pflicht „auf eine gütliche Einigung der Parteien hinzuwirken“ (§ 278 ZPO), insbesondere im Rahmen des Güterichterverfahrens. Zudem kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen durch einen Einzelrichter entscheiden (§ 348 ZPO), und es herrscht ein beschleunigtes Verfahren über die Zulässigkeit der Berufung bei geringeren Streitwerten.

Welche Fristen sind im Verfahren vor dem Mietgericht unbedingt zu beachten?

Im Mietgerichtsverfahren gelten verschiedene gesetzliche Fristen. Besonders relevant ist die Klageerwiderungsfrist, die das Gericht im Regelfall unter Berücksichtigung des Einzelfalls festlegt, oft zwischen zwei und vier Wochen. Bei Berufung gegen ein Urteil muss die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils eingelegt werden (§ 517 ZPO) und innerhalb von zwei Monaten begründet werden (§ 520 ZPO). Für bestimmte Ansprüche, wie die Rückforderung der Kaution oder Mietminderungen, gelten Verjährungsfristen nach § 195 BGB von drei Jahren, wobei der Lauf der Frist jeweils zum Jahresende beginnt. Fristversäumnisse können dazu führen, dass Ansprüche endgültig verloren gehen.