Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Mietgericht

Mietgericht

Begriff und Stellung des Mietgerichts

Als „Mietgericht“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch das Gericht bezeichnet, das über Streitigkeiten aus Mietverhältnissen entscheidet. Es handelt sich dabei nicht um einen eigenen Gerichtstyp, sondern um die zivilrechtlich zuständigen Abteilungen der ordentlichen Gerichte. In größeren Gerichten existieren teilweise spezialisierte Kammern oder Abteilungen für Mietsachen.

Kein eigenständiger Gerichtstyp – gebräuchliche Bezeichnung

Der Ausdruck „Mietgericht“ ist eine Hilfsbezeichnung für die Spruchkörper, die Mietrechtsstreitigkeiten bearbeiten. Zuständig sind in erster Linie die Abteilungen der Zivilgerichte. Die Organisation folgt den allgemeinen Regeln der Gerichtsverfassung; Sondergerichte unter der Bezeichnung „Mietgericht“ bestehen in Deutschland nicht.

Zuständigkeit in Deutschland

Sachliche und örtliche Zuständigkeit

Für Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen ist in der ersten Instanz regelmäßig das Amtsgericht zuständig. Örtlich zuständig ist in der Regel das Gericht am Ort der belegenen Mietsache. Dies betrifft insbesondere Auseinandersetzungen über Miete, Betriebskosten, Mängel, Mieterhöhungen, Kündigungen und Räumungen.

Besonderheiten bei gewerblichen Mietverhältnissen

Bei gewerblichen Mietobjekten richtet sich die erstinstanzliche Zuständigkeit nach dem wirtschaftlichen Interesse des Rechtsstreits. Je nach Streitwert kann das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig sein. Örtlich kommt typischerweise ebenfalls der Belegenheitsort der Mietsache in Betracht.

Aufgaben und typische Streitgegenstände

Mietzahlung, Kaution, Betriebskosten

Das Mietgericht entscheidet über Forderungen aus laufender Miete, über Rückstände, Verzug und Verrechnungen. Häufig sind zudem Streitigkeiten um die Rückzahlung der Kaution sowie die formelle und materielle Richtigkeit von Betriebskostenabrechnungen.

Mängel, Minderung, Instandsetzung

Konflikte über Gebrauchsbeeinträchtigungen (zum Beispiel Feuchtigkeit, Heizungsausfälle, Lärm) betreffen Fragen der Mietminderung, Instandsetzungspflichten und Beweissicherung. Das Gericht klärt, ob ein Mangel vorliegt, wie erheblich er ist und welche Rechtsfolgen sich ergeben.

Kündigung und Räumung

Beendigungstatbestände wie ordentliche oder außerordentliche Kündigungen werden auf ihre Wirksamkeit geprüft. In Räumungsverfahren wird entschieden, ob ein Anspruch auf Herausgabe der Mietsache besteht. Nach Titelerlangung kann die Zwangsräumung betrieben werden.

Modernisierung, Mieterhöhung, Staffelmiete und Indexmiete

Das Gericht befasst sich mit der Wirksamkeit von Mieterhöhungsverlangen, mit Modernisierungen und deren Ankündigung, mit Umlagen sowie mit Vereinbarungen über Staffelmieten oder Indexmieten und deren Anpassung.

Verfahrensablauf

Einleitung des Verfahrens

Das Verfahren beginnt mit einer Klageeinreichung beim zuständigen Gericht. Nach Zustellung an die Gegenseite setzt das Gericht Fristen zur Stellungnahme und terminiert in der Regel eine mündliche Verhandlung. Häufig wird zunächst eine Erörterung zur Sachverhaltsaufklärung und gütlichen Einigung durchgeführt.

Beweisaufnahme

Erforderlichenfalls erhebt das Gericht Beweise, etwa durch Urkunden, Zeugen, Augenschein oder sachverständige Begutachtung. Die Beweislast richtet sich nach dem geltend gemachten Anspruch. Das Gericht würdigt die Ergebnisse im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung.

Entscheidungsformen

Das Verfahren endet regelmäßig durch Urteil. Möglich sind auch Beschlüsse in verfahrensleitenden Fragen sowie gerichtliche Vergleiche, durch die der Rechtsstreit einvernehmlich beendet wird und ein vollstreckbarer Titel entsteht.

Rechtsmittel

Berufung, Revision, Beschwerde

Gegen Urteile des Amtsgerichts ist unter gesetzlichen Voraussetzungen die Berufung zum Landgericht eröffnet. In bestimmten Konstellationen kann eine weitere Überprüfung durch die Revision erfolgen. Gegen einzelne Entscheidungen im Verfahrensverlauf kommen Beschwerdemöglichkeiten in Betracht. Alle Rechtsmittel sind frist- und formgebunden.

Kosten und Kostentragung

Gerichtskosten und Auslagen

Die Gerichtskosten werden nach dem wirtschaftlichen Interesse des Rechtsstreits berechnet. Hinzu treten Auslagen, etwa für Zustellungen, Sachverständige oder Zeugen. Die Einzahlung eines Vorschusses kann verfahrensrechtlich erforderlich sein.

Kostenverteilung

Die Kostenlast richtet sich nach dem Ausgang des Verfahrens. Regelmäßig trägt die unterliegende Partei die Gerichts- und die notwendigen Rechtsverfolgungskosten der Gegenseite. Bei teilweisem Obsiegen erfolgt eine anteilige Verteilung.

Vollstreckung von Entscheidungen

Geldforderungen

Zur Durchsetzung titulierten Zahlungsansprüchen stehen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung zur Verfügung, etwa Pfändungen in Vermögen oder Forderungen. Zuständig ist die Vollstreckungsbehörde beziehungsweise der Gerichtsvollzieher.

Räumungstitel

Bei Räumungstiteln erfolgt die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher. Art und Umfang der Räumung richten sich nach dem Titel und den gesetzlichen Vorgaben. Kosten und Risiken der Vollstreckung sind zu berücksichtigen und hängen vom Einzelfall ab.

Öffentlichkeit, Sprache, Barrierefreiheit, Datenschutz

Verhandlungen sind grundsätzlich öffentlich, mit gesetzlich geregelten Ausnahmen zum Schutz schutzwürdiger Interessen. Die Verfahrenssprache ist Deutsch; Dolmetscher werden bei Bedarf herangezogen. Barrierefreier Zugang ist vielerorts vorgesehen. Der Umgang mit personenbezogenen Daten folgt den einschlägigen Schutzvorgaben; Akteneinsicht erhalten in der Regel nur Verfahrensbeteiligte und deren Bevollmächtigte.

Digitale Aspekte und Akteneinsicht

Die elektronische Kommunikation mit Gerichten ist in wachsendem Umfang vorgesehen, insbesondere für professionelle Verfahrensbeteiligte. Für Privatpersonen bestehen weiterhin klassische Einreichungswege. Akteneinsicht wird auf Antrag gewährt; Form, Umfang und Modalitäten richten sich nach den prozessualen Regeln und der Gerichtsorganisation.

Vergleichende Einordnung im deutschsprachigen Raum

Deutschland

„Mietgericht“ bezeichnet faktisch die zuständigen Zivilabteilungen, überwiegend der Amtsgerichte, bei Wohnraummiete unabhängig vom Streitwert. In größeren Standorten bestehen mitunter spezialisierte Abteilungen für Mietsachen.

Österreich

Zuständig sind grundsätzlich die Bezirksgerichte. In einigen Städten bestehen behördliche Schlichtungsstellen für bestimmte wohnrechtliche Angelegenheiten. Die gerichtliche Zuständigkeit umfasst Wohn- und Geschäftsraummiete nach den jeweiligen gesetzlichen Grundlagen.

Schweiz

Vorgelagert ist regelmäßig die Schlichtungsbehörde in Mietsachen. In manchen Kantonen bestehen Mietgerichte oder spezialisierte Abteilungen. Nach erfolgloser Schlichtung entscheidet das sachlich zuständige Gericht im ordentlichen Verfahren.

Häufig gestellte Fragen zum Mietgericht

Ist das Mietgericht ein eigenes Gericht?

Nein. Es handelt sich um eine gebräuchliche Bezeichnung für die zivilrechtlich zuständigen Spruchkörper der ordentlichen Gerichte, die Mietstreitigkeiten bearbeiten. In Deutschland ist bei Wohnraummiete erstinstanzlich regelmäßig das Amtsgericht zuständig.

Welches Gericht ist örtlich zuständig?

In der Regel ist das Gericht am Ort der Mietsache zuständig. Das knüpft an die enge Verbindung mietrechtlicher Ansprüche zum Belegenheitsort der Wohnung oder Geschäftsräume an.

Welche Streitigkeiten verhandelt das Mietgericht typischerweise?

Häufige Themen sind Mietrückstände, Betriebskostenabrechnungen, Kautionsrückzahlung, Mängel und Mietminderung, Mieterhöhungen, Kündigungen sowie Räumungen. Auch Fragen zu Modernisierung, Untervermietung oder Übergabe-/Rückgabepflichten kommen vor.

Wie läuft ein Verfahren vor dem Mietgericht ab?

Das Verfahren beginnt mit einer Klage. Nach Zustellung an die Gegenseite setzt das Gericht Fristen, führt eine mündliche Verhandlung durch und erhebt bei Bedarf Beweise. Es endet mit Urteil oder durch einen gerichtlichen Vergleich. Rechtsmittel sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Wer trägt die Kosten eines Mietgerichtsverfahrens?

Die Kosten folgen dem Ausgang des Verfahrens. Regelmäßig trägt die unterliegende Seite die Gerichtsgebühren und die notwendigen Kosten der Gegenseite. Bei teilweisem Obsiegen erfolgt eine anteilige Verteilung.

Wie werden Urteile des Mietgerichts durchgesetzt?

Zahlungstitel werden mittels Zwangsvollstreckung durchgesetzt, etwa durch Pfändungsmaßnahmen. Räumungstitel vollstreckt der Gerichtsvollzieher nach Maßgabe des Titels und der gesetzlichen Vorgaben.

Gibt es Besonderheiten bei gewerblichen Mietverhältnissen?

Ja. Während Wohnraummietsachen erstinstanzlich regelmäßig zum Amtsgericht gehören, richtet sich die Zuständigkeit bei gewerblichen Mietverhältnissen nach dem wirtschaftlichen Wert des Streits; je nach Höhe kann das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig sein.