Definition und Begriff der Menschenrechte
Menschenrechte sind universelle, unveräußerliche und subjektive Rechte, die jedem Menschen allein aufgrund seines Menschseins zustehen. Sie dienen dem Schutz der Würde der Person und umfassen grundlegende Freiheits-, Gleichheits- und Teilhaberechte. Menschenrechte sind in internationalen, supranationalen und nationalen Rechtsquellen verankert und stehen im Rang über einfachen Gesetzen. Sie sind von Grundrechten zu unterscheiden, die regelmäßig die im jeweiligen Landesrecht verankerten Rechte bezeichnen; Begriffe werden im Alltag jedoch oftmals synonym verwendet.
Historische Entwicklung der Menschenrechte
Frühgeschichte und Aufklärung
Die ersten Ansätze menschenrechtlicher Garantien finden sich in antiken Gesellschaften und religiösen Texten. Prägende Dokumente der Neuzeit sind die „Magna Carta“ (1215), die „Bill of Rights“ (England, 1689), die „Virginia Declaration of Rights“ (1776) sowie die „Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen“ (Frankreich, 1789). Die codifizierte, universelle Geltung der Menschenrechte wurde entscheidend durch die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts geprägt.
Entwicklung im Völkerrecht
Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden Menschenrechte umfassend Einlass in das Völkerrecht, unter anderem durch die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ (AEMR) der Vereinten Nationen von 1948. Es folgten rechtsverbindliche Abkommen wie der „Internationale Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte“ (UN-Zivilpakt, 1966) sowie der „Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ (UN-Sozialpakt, 1966).
Rechtsquellen der Menschenrechte
Internationale Ebene
Zentrale Rechtsquellen sind:
- Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR, 1948): Sie ist als Resolution der UN-Generalversammlung zwar rechtlich nicht unmittelbar bindend, hat jedoch normativen Einfluss und stellt einen allgemeinen Konsens dar.
- UN-Menschenrechtspakte: Der Zivilpakt und der Sozialpakt sind multilaterale Verträge, die für die Vertragsstaaten verbindlich sind und durch Berichtspflichten und Beschwerdemechanismen flankiert werden.
- Weitere Übereinkommen: Etwa das „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung“ (ICERD), das „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau“ (CEDAW) sowie die „Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“ (CAT).
Regionale Systeme
Zusätzlich bestehen ausgeprägte regionale Menschenrechtsschutzsysteme:
- Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK): Der Europarat schuf mit der EMRK (1950) ein effektives Schutzsystem, dessen Umsetzung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) kontrolliert wird.
- Interamerikanische Menschenrechtskonvention (AMRK): In Lateinamerika garantiert die Organisation Amerikanischer Staaten mit der AMRK (1969) ebenfalls individuelle Beschwerderechte.
- Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker (Banjul-Charta, 1981): Sie berücksichtigt besonders kollektive, soziale und kulturelle Rechte.
Nationale Ebene
Viele Staaten integrieren internationale Menschenrechtsnormen auch in die eigene Rechtsordnung. In Deutschland beispielsweise finden Menschenrechte ihren Niederschlag im Grundgesetz (insbesondere Art. 1 bis 19).
Systematik der Menschenrechte
Einteilung nach Rechtsinhalt
Bürgerliche und politische Rechte (Erste Generation)
Diese Rechte schützen vor unzulässigen staatlichen Eingriffen und garantieren individuelle Grundfreiheiten (z. B. Recht auf Leben, Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Recht auf ein faires Verfahren).
Wirtschafts-, soziale und kulturelle Rechte (Zweite Generation)
Diese Rechte sichern Ansprüche auf staatliche Leistungen (z. B. Rechte auf Bildung, Arbeit, soziale Sicherheit, Wohnung, Gesundheit). Ihre Realisierung ist teilweise von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig.
Kollektive und Solidaritätsrechte (Dritte Generation)
Hierzu zählen Rechte, die Gemeinschaften als Ganze schützen, wie das Recht auf Entwicklung, Frieden, Umweltschutz oder das Recht auf Teilhabe an gemeinsamen Ressourcen („Gemeingüter“).
Allgemeingültigkeit und Unteilbarkeit
Menschenrechte sind universell gültig, gegenseitig miteinander verbunden und voneinander untrennbar. Ihre Durchsetzung und Gewährleistung ist Aufgabe sowohl des Staates als auch der internationalen Gemeinschaft.
Rechtsdurchsetzung und Schutzmechanismen
Individualbeschwerdeverfahren
Insbesondere internationale Verträge sehen die Möglichkeit vor, Verletzungen von Menschenrechten durch Einzelpersonen oder Gruppen vor internationalen Menschenrechtsgerichten oder Kontrollorganen geltend zu machen (z. B. EGMR, UN-Menschenrechtsausschuss).
Staatenberichtsverfahren
Staaten sind regelmäßig verpflichtet, über die Umsetzung menschenrechtlicher Verpflichtungen zu berichten. Diese Berichte werden von unabhängigen Gremien geprüft, die Empfehlungen und Kritik äußern können.
Staatenbeschwerde und Untersuchungsverfahren
Neben individuellen Beschwerden können auch Staaten Verletzungen durch andere Vertragsparteien rügen. Zudem bestehen Untersuchungsmechanismen (sog. „fact-finding missions“) bei mutmaßlichen systematischen Menschenrechtsverletzungen.
Verhältnis zu nationalem Recht
In vielen Staaten genießt das Völkerrecht, insbesondere bindende Menschenrechtsübereinkommen, Vorrang vor nationalen Gesetzen. Besteht ein Konflikt zwischen nationalem Recht und Menschenrechtsverpflichtungen, kann dies zur Unanwendbarkeit nationalen Rechts oder zur Notwendigkeit von Gesetzesänderungen führen.
Grenzen und Einschränkbarkeit von Menschenrechten
Allgemeine Legalitätsgrundsätze
Menschenrechte gelten grundsätzlich vorbehaltlos, viele Rechte können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden – etwa zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder zum Schutz der Rechte anderer.
Voraussetzungen für Einschränkungen
Einschränkungen sind nur zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen, erforderlich, angemessen sowie verhältnismäßig sind. Der Kerngehalt bestimmter Grundrechte – die sogenannte „Menschenwürde“ – darf jedoch niemals angetastet werden.
Vorbehalte und Ausnahmen
Internationale Menschenrechtsverträge erlauben einigen Staaten das Anbringen von Vorbehalten bei Unterzeichnung, sofern sie nicht mit dem Vertragszweck unvereinbar sind. In Notsituationen („Derogation“) können bestimmte Rechte zeitweise außer Kraft gesetzt werden – nicht aber absolute Rechte wie das Folterverbot.
Aktuelle Herausforderungen des Menschenrechtsschutzes
Die Universalität der Menschenrechte wird regelmäßig durch kulturelle, religiöse und politische Besonderheiten in Frage gestellt. Neue Herausforderungen ergeben sich zudem aus Digitalisierung, Überwachungstechnologien, globalen Migrationsbewegungen und Klimawandel, die neue menschenrechtliche Fragestellungen und Handlungspflichten aufwerfen.
Literatur und weiterführende Quellen
- Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948), Text und Hintergrund.
- Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966).
- Europäische Menschenrechtskonvention (1950).
- BVerfG, ständige Rechtsprechung zu grundrechtlichen Schutzpflichten.
- Handbücher zum internationalen Menschenrechtsschutz.
Zusammenfassung
Menschenrechte sind die zentrale Grundlage moderner Rechtsstaatlichkeit. Sie binden staatliche Gewalt, verleihen umfassende Abwehr-, Teilhabe- und Leistungsrechte und besitzen universelle Geltung. Ihre Gewährleistung ist Aufgabe nationaler wie internationaler Institutionen; ihre Umsetzung und Verteidigung zählen zu den wichtigsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.
Häufig gestellte Fragen
Wie werden Menschenrechte auf nationaler Ebene durchgesetzt?
Die Durchsetzung von Menschenrechten auf nationaler Ebene erfolgt in erster Linie durch die jeweiligen staatlichen Organe und Institutionen. In demokratischen Rechtsstaaten werden Menschenrechte meist in der Verfassung oder in speziellen Gesetzen garantiert, zum Beispiel im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Die Legislative erlässt Gesetze, die mit den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen in Einklang stehen müssen. Die Exekutive, also die Staatsverwaltung und Polizei, ist verpflichtet, diese Rechte im täglichen Verwaltungshandeln zu berücksichtigen und dafür zu sorgen, dass Menschenrechte weder im öffentlichen noch im privaten Sektor verletzt werden. Die Judikative überprüft, ob staatliches Handeln im Einklang mit den Menschenrechten steht. Bürgerinnen und Bürger können sich bei vermuteten Verletzungen von Menschenrechten an Gerichte wenden. Daneben existieren spezialisierte Institutionen wie Ombudsstellen oder Menschenrechtsbeauftragte, die Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen entgegennehmen und untersuchen. Nationale Menschenrechtsinstitutionen (NMRI), wie etwa das Deutsche Institut für Menschenrechte, überwachen die Einhaltung der Menschenrechte, beraten Regierung und Parlament und berichten öffentlich über Defizite und Fortschritte.
Welche internationalen Kontrollmechanismen existieren zur Überprüfung der Einhaltung von Menschenrechten?
Internationale Kontrollmechanismen sind vielfältig und werden entweder durch die Vereinten Nationen oder durch regionale Organisationen wie den Europarat oder die Afrikanische Union bereitgestellt. Das wichtigste Kontrollorgan auf globaler Ebene ist der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, der Staaten einem periodischen Überprüfungsverfahren (Universal Periodic Review, UPR) unterzieht. Vertragsgebundene Überwachungsorgane, wie das UN-Menschenrechtsausschuss (zuständig für den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte), nehmen Individualbeschwerden entgegen, sofern der betreffende Staat dies anerkannt hat. Auf europäischer Ebene ist insbesondere der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) für die Durchsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention zuständig; er kann Staaten bei festgestellten Menschenrechtsverletzungen zur Zahlung von Entschädigungen oder zur Änderung ihrer Gesetze verpflichten. Daneben gibt es Kommissare und Arbeitsgruppen, die Länderbesuche durchführen und themenbezogene Berichte erstellen.
Unterliegen Menschenrechte Einschränkungen, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
Bestimmte Menschenrechte, vor allem Freiheitsrechte wie die Meinungs- oder Versammlungsfreiheit, können eingeschränkt werden, allerdings nur unter eng definierten Voraussetzungen. Einschränkungen sind nur zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, einem legitimen Zweck dienen (z. B. Schutz der öffentlichen Ordnung, nationalen Sicherheit, Gesundheit oder Rechte Anderer) und verhältnismäßig sind. Dies bedeutet, dass ein Eingriff geeignet, erforderlich und angemessen sein muss; es darf kein milderes Mittel zur Verfügung stehen, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Absolut geschützt sind sog. Kern- oder Garantierrechte wie das Verbot der Folter oder Sklaverei, die auch unter keinen Umständen eingeschränkt werden dürfen (sog. „non-derogable rights“). Im Falle von Notständen können Staaten bestimmte Rechte im Ausnahmefall aussetzen, müssen dies jedoch anzeigen und dürfen dabei niemals die menschenrechtlichen Mindeststandards unterschreiten.
Können Unternehmen für Menschenrechtsverstöße haftbar gemacht werden?
Traditionell richten sich menschenrechtliche Verpflichtungen an Staaten. In den letzten Jahren hat sich jedoch die Rechtslage zunehmend dahingehend entwickelt, dass auch Unternehmen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten trifft. Auf internationaler Ebene gibt es die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die von Unternehmen verlangen, negative Auswirkungen auf Menschenrechte zu vermeiden und im Falle von Verstößen Wiedergutmachung zu leisten. In einigen Ländern, darunter Deutschland mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, sind Unternehmen verpflichtet, Risiken für Menschenrechte in ihren weltweiten Lieferketten zu identifizieren und zu minimieren. Sie haften sowohl zivilrechtlich (z. B. auf Schadensersatz) als auch verwaltungsrechtlich (Bußgelder). Rechtsprechung und Gesetzgebung entwickeln sich dynamisch, zunehmend auch mit Bezug auf transnationale Unternehmenspraktiken.
Welche Rolle spielen Gerichte bei der Durchsetzung der Menschenrechte?
Gerichte sind zentrale Instanzen für den Schutz und die Durchsetzung der Menschenrechte. Nationale Verfassungsgerichte und Verwaltungsgerichte prüfen, ob Gesetze und staatliches Handeln mit den Grund- und Menschenrechten vereinbar sind. Bürgerinnen und Bürger können Verfassungsbeschwerden oder Klagen einreichen, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt sehen. Übergeordnete Instanzen, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte oder der Gerichtshof der Europäischen Union, nehmen ebenfalls Beschwerden an, sofern der innerstaatliche Rechtsweg ausgeschöpft wurde. Sie können bindende Urteile erlassen, Staaten zu Entschädigungen verpflichten oder Änderungen von Gesetzen anfordern. Die effektive Durchsetzbarkeit von Menschenrechten hängt maßgeblich von der Unabhängigkeit und Zugänglichkeit der Gerichte sowie der Bindungswirkung ihrer Urteile ab.
Gibt es spezielle Schutzmechanismen für besonders gefährdete Gruppen im Menschenrechtsschutz?
Im internationalen Menschenrechtsschutz existieren spezielle Abkommen und Instrumentarien zum Schutz besonders gefährdeter oder diskriminierungsgefährdeter Gruppen, wie Kinder (UN-Kinderrechtskonvention), Frauen (CEDAW – Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau), Menschen mit Behinderung (UN-Behindertenrechtskonvention) oder Minderheiten. Diese Konventionen enthalten neben allgemeinen Menschenrechtsgarantien spezifische Schutzrechte und besondere Fördermaßnahmen. Die Überwachung der Einhaltung erfolgt durch jeweils spezialisierte Vertragsorgane, die Berichte der Staaten prüfen, Empfehlungen aussprechen und – zum Teil – Individualbeschwerden behandeln. Staaten sind verpflichtet, diese Gruppen vor Diskriminierung zu schützen und ihnen eine effektive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Welche Rechtsmittel stehen Personen offen, die eine Verletzung ihrer Menschenrechte geltend machen wollen?
Personen, die sich in ihren Menschenrechten verletzt sehen, können in der Regel den gesamten Instanzenzug der nationalen Gerichte durchlaufen. Erst wenn alle nationalen Rechtsmittel ausgeschöpft sind (Grundsatz der Subsidiarität), kann eine Individualbeschwerde an internationale Gerichte oder Ausschüsse erfolgen, beispielweise an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder an UN-Vertragsorgane. Flankierend dazu gibt es behördliche Beschwerdeverfahren, Petitionen oder die Möglichkeit, sich an nationale oder internationale Ombudsstellen zu wenden. In einigen Ländern können Menschenrechtsorganisationen auch kollektiv klagen oder Verbandsklagen einreichen. Die praktische Wirksamkeit dieser Rechtsmittel hängt maßgeblich von Zugangsvoraussetzungen, Verfahrensdauer sowie der Umsetzung der Entscheidungen ab.