Legal Lexikon

Meineid


Begriff und rechtliche Einordnung des Meineids

Der Begriff Meineid bezeichnet im deutschen Recht eine Straftat, die darin besteht, vor Gericht oder einer anderen zur Eidesabnahme befugten Stelle wissentlich falsch zu schwören. Der Meineid ist in § 154 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt und zählt zu den schwerwiegenden Straftaten gegen die Rechtspflege. Die Strafbarkeit dient dem Schutz der Wahrheitsfindung und der Funktionsfähigkeit der Rechtsprechung.


Voraussetzungen und Tatbestandsmerkmale

Eidesabgabe

Voraussetzung für einen Meineid ist stets die Abgabe eines Eides. Darunter versteht man im Sinne des § 154 StGB jede förmliche, durch eine dazu befugte Stelle abverlangte Versicherung an Eides statt, sei es als Eid oder als Versicherung an Eides statt nach § 156 StGB. Eine bloße falsche Zeugenaussage ohne Eidesleistung fällt nicht unter den Meineid, sondern ist regelmäßig nach § 153 StGB strafbar.

Täterschaft und Handlung

Täter eines Meineids kann jede Person sein, die vor Gericht oder einer gleichgestellten Stelle einen Eid ablegt, unabhängig von der jeweiligen Eigenschaft als Zeuge, Dolmetscher, Sachverständiger oder Partei im Zivilverfahren.

Objektiver Tatbestand

Für die Erfüllung des objektiven Tatbestands ist wesentlich:

  • Abgabe eines Eides vor einer zur Abnahme des Eides befugten Stelle,
  • Falschheit der Aussage im Zusammenhang mit dem Eidesinhalt,
  • Bezug auf eine erhebliche Tatsache.

Subjektiver Tatbestand

Im subjektiven Tatbestand erfordert § 154 StGB Vorsatz und Wissentlichkeit. Das bedeutet, die falsche Aussage muss absichtlich und in dem Bewusstsein erfolgen, dass die tatsächlichen Verhältnisse anders sind, als sie durch die eidesstattliche Versicherung dargestellt werden.


Rechtsfolgen und Strafrahmen

Nach § 154 StGB wird der Meineid mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. In minder schweren Fällen kann das Gericht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verhängen. Die Rechtsfolge verdeutlicht die erhebliche Bedeutung, die das Gesetz der Wahrheitspflicht im Zusammenhang mit einer Eidesleistung beimisst.

Versuchte Tat

Auch der Versuch des Meineids ist nach § 154 Abs. 2 StGB strafbar. Die Versuchsstrafbarkeit ermöglicht eine frühzeitige Intervention schon bei nicht vollendeter Tat.


Abgrenzung zu anderen Straftaten

Falsche uneidliche Aussage (§ 153 StGB)

Dem Meineid steht die falsche uneidliche Aussage nach § 153 StGB gegenüber, bei der zwar eine unwahre Aussage erfolgt, diese jedoch nicht unter Eid steht. Die Strafandrohung ist hier geringer, da keine Eidesleistung erfolgt.

Versicherung an Eides statt (§ 156 StGB)

Ein weiteres Abgrenzungskriterium bildet die falsche Versicherung an Eides statt nach § 156 StGB, die ebenfalls strafbar ist, jedoch weniger streng sanktioniert wird als der Meineid.


Prozessuale Besonderheiten

Aussage- und Eidesbelehrung

Vor der Eidesabnahme erfolgt regelmäßig eine umfassende Belehrung über die Wahrheitspflicht sowie die rechtlichen Konsequenzen einer Falschaussage, insbesondere die Strafbarkeit eines Meineides. Dies dient dem Schutz des Beschuldigten sowie der Rechtssicherheit des Verfahrens.

Rücktritt und tätige Reue

Das deutsche Strafrecht sieht besondere Regelungen zum Rücktritt bei einem begonnenen Versuch des Meineides vor. Nach § 158 StGB kann die Strafe gemildert oder von Strafe abgesehen werden, wenn der Täter vor Vollendung der falschen Aussage rechtzeitig zurücktritt oder diese berichtigt.

Aussageverweigerungsrechte

Für bestimmte Personen bestehen gesetzliche Aussageverweigerungsrechte, etwa wegen familiärer Nähe zum Beschuldigten oder zur Vermeidung der Selbstbelastung. Diese Rechte sind auch bei Eidesleistungen zu beachten.


Bedeutung in der Praxis und statistische Relevanz

Der Meineid ist in Deutschland eine seltene, aber schwerwiegende Straftat. Die Fallzahlen sind gering, was auf die abschreckende Wirkung drakonischer Strafandrohungen und die umfassende Belehrung der Beteiligten zurückzuführen ist. Gleichwohl kommt dem Tatbestand von Meineid eine hohe Bedeutung für das Funktionieren von Gerichtsverfahren, die Glaubwürdigkeit von Zeugen und die Sicherung des Rechtsfriedens zu.


Literaturhinweise und weiterführende Vorschriften

  • Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere §§ 153, 154, 156, 158
  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
  • Strafprozessordnung (StPO), insbesondere hinsichtlich der Belehrungspflichten und Zeugenaussage
  • Kommentar zum StGB (z.B. Fischer, StGB)

Zusammenfassung

Der Meineid stellt eine erhebliche Gefährdung der Rechtspflege dar und ist daher mit einem besonders strengen Strafrahmen versehen. Rechtsgrundlage ist § 154 StGB. Voraussetzung ist eine wissentlich falsche Eidesleistung vor einer dazu befugten Stelle. Die Strafandrohung verdeutlicht die essentielle Bedeutung der wahrheitsgemäßen Aussage unter Eid im deutschen Rechtssystem. Prozessuale Sicherungen, wie die umfassende Belehrung und Strafmilderungen bei rechtzeitigem Rücktritt, dienen der rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Tatbestands.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Strafbarkeit eines Meineids vorliegen?

Damit ein Meineid strafrechtlich relevant ist, müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst bedarf es einer vor Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle geleisteten Eidesaussage in einem förmlichen Verfahren. Es muss sich um eine bewusst falsche Aussage handeln, wobei der Täter zur Ablegung des Eides berechtigt oder verpflichtet gewesen sein muss. Der Vorsatz ist hier zwingend: Die eidleistende Person muss wissen und wollen, dass ihre Aussage unwahr ist und trotzdem den Eid leisten. Der Eidesbruch muss im Rahmen eines gerichtlichen oder vergleichbaren Verfahrens erfolgen – beispielsweise vor einem Gericht, Untersuchungsausschuss oder einer Notarstelle, die zur Entgegennahme von Eiden befugt ist. Unbeachtlich ist es dabei, ob die Aussage tatsächlich Einfluss auf die Entscheidung im Verfahren hatte; allein die Tatbestandsverwirklichung, also die bewusste Falschaussage unter Eid, ist maßgebend. Die Aussage muss zudem erheblich sein, d. h., sie muss sich auf einen wichtigen oder verfahrensrelevanten Gegenstand beziehen.

Was unterscheidet den Meineid von der einfachen Falschaussage?

Der wesentliche Unterschied zwischen Meineid und uneidlicher Falschaussage liegt in der Eidesleistung: Beim Meineid geht der Beschuldigte über die bloße unwahre Aussage hinaus und bestätigt die Unwahrheit zusätzlich durch einen förmlichen Eid. Während das Ablegen einer unwahren Aussage vor einem deutschen Gericht häufig bereits nach § 153 StGB (falsche uneidliche Aussage) strafbar ist, kommt § 154 StGB (Meineid) nur zur Anwendung, wenn die Unwahrheit durch einen wirklichen Eid bekräftigt wird – etwa durch die Formel „Ich schwöre…“. Die Strafrahmen unterscheiden sich erheblich: Während die falsche uneidliche Aussage mit Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren bedroht ist, sieht der Meineid einen Strafrahmen von mindestens einem Jahr bis zu maximal fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Damit erkennt der Gesetzgeber in der Eidesbruchstat einen besonders schweren Vertrauensbruch gegenüber der Rechtspflege.

Welche rechtlichen Folgen hat ein begangener Meineid?

Die strafrechtlichen Folgen eines begangenen Meineids sind gravierend. Nach deutschem Recht droht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren (§ 154 StGB). Angesichts dieser Mindeststrafe ist in der Regel keine Strafaussetzung zur Bewährung möglich, sofern nicht besondere Gründe für eine Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB vorliegen – etwa im Falle eines minder schweren Falles. Darüber hinaus kann ein rechtskräftig verurteilter Täter gemäß § 45 StGB bestimmte staatsbürgerliche Rechte verlieren, darunter das Recht zur Bekleidung öffentlicher Ämter oder zur Wählbarkeit. Berufliche und gesellschaftliche Konsequenzen, wie etwa der Verlust eines Beamtenstatus oder disziplinarrechtliche Maßnahmen, sind häufige Begleiterscheinungen. Der Eintrag einer solchen Verurteilung ins (erweiterte) Führungszeugnis kann erhebliche Auswirkung auf das berufliche und gesellschaftliche Leben des Verurteilten haben.

Kann ein Rücktritt oder ein strafbefreiender Widerruf beim Meineid erfolgen?

Das deutsche Strafrecht sieht im Fall des Meineids besondere Möglichkeiten für einen strafbefreienden Rücktritt vor. Nach § 158 StGB kann der Täter straffrei ausgehen, wenn er seine falsche Aussage rechtzeitig berichtigt, also vor Abschluss des Verfahrens, in dem der Meineid begangen wurde. Voraussetzung für die Straffreiheit ist, dass die Berichtigung freiwillig erfolgt und rechtzeitig geschieht, wobei die Grenze spätestens mit der Vernehmung des letzten Zeugen in der Tatsacheninstanz oder der Schließung der Beweisaufnahme im jeweiligen Rechtszug erreicht ist. Ein bloßes Zurückziehen einer Aussage reicht allerdings nicht aus; es bedarf vielmehr einer ausdrücklichen Berichtigung, die der zuständigen Stelle zur Kenntnis gebracht werden muss. Ist die Beweisaufnahme bereits abgeschlossen oder die Entscheidung gefallen, kommt eine Straffreiheit durch nachträgliche Berichtigung nicht mehr in Betracht.

Welche Rolle spielen Zeugnisverweigerungsrechte beim Meineid?

Zeugnisverweigerungsrechte schützen Zeugen unter bestimmten Voraussetzungen vor der Pflicht, Angaben zu einer Sache zu machen, die sie belasten oder Angehörige betreffen. Macht ein Zeuge von einem solchen Recht Gebrauch und verweigert die Aussage, kann er keinen Meineid begehen, da gar keine eidesstattliche Aussage erfolgt. Leistet der Zeuge jedoch trotz bestehender Zeugnisverweigerungsrechte einen Eid und macht eine Falschaussage, so ist ein etwaiger Meineid ebenso strafbar wie bei fehlenden Zeugnisverweigerungsrechten. Die Strafbarkeit entfällt lediglich dann, wenn der Eid gar nicht hätte abgenommen werden dürfen, etwa weil das Zeugnisverweigerungsrecht übersehen wurde, und der Zeuge darauf hingewiesen hätte werden müssen.

Ist ein Irrtum über die Wahrheit oder einen rechtlichen Umstand beim Meineid relevant?

Für die Strafbarkeit des Meineids ist von entscheidender Bedeutung, dass der Täter vorsätzlich handelt. Ein Irrtum über Tatsachen, also wenn sich der Aussagende objektiv irrt und seine Aussage in seinem Bewusstsein der Wahrheit entspricht, schließt den Vorsatz und somit die Strafbarkeit wegen Meineids aus. Dagegen ist ein Irrtum über die rechtliche Notwendigkeit zur Eidesleistung oder über die Tragweite des eigenen Eides (etwa Unwissenheit über den Straftatbestand selbst) grundsätzlich unbeachtlich. Wusste der Täter dagegen, dass er gerade eine unwahre Aussage macht, und nimmt billigend in Kauf, einen Meineid zu begehen, liegt der erforderliche Vorsatz vor.

In welchen Gerichtsverfahren ist eine Eidesleistung überhaupt möglich?

Die Eidesleistung und damit die Möglichkeit, einen strafbaren Meineid zu begehen, besteht grundsätzlich in straf-, zivil- sowie in bestimmten öffentlich-rechtlichen Verfahren, etwa vor Untersuchungsausschüssen oder Verwaltungsstellen mit entsprechender Zuständigkeit. Die Abnahme des Eides erfolgt typischerweise vor Gerichten bei Zeugen, Sachverständigen und Sachwaltern. In zivilgerichtlichen Verfahren kann der Parteieid eine Rolle spielen, im Strafprozess dagegen ist der Angeklagte seit 1950 nicht mehr zur Eidesleistung verpflichtet. Auch vor dem Notar, etwa im Grundbuchverfahren, oder vor parlamentarischen Untersuchungsausschüssen können Eide abgenommen werden. Voraussetzung ist jeweils, dass die betreffende Stelle zur Eidesabnahme rechtlich befugt ist.