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Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung


Begriff und rechtlicher Rahmen von Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung

Definition und Grundlagen

Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung (kurz: ABM, § 16 SGB III a.F., §§ 260 ff. SGB III n.F.) bezeichnen Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik, mit denen durch Schaffung zusätzlicher, in der Regel befristeter Beschäftigungsmöglichkeiten die Erwerbslosigkeit gemindert oder Arbeitslosigkeit vermieden werden soll. Im rechtlichen Kontext sind Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung Tätigkeiten, die nicht auf Dauer, sondern vorübergehend zur zusätzlichen Beschäftigung von Arbeitsuchenden eingerichtet werden und die über den normalen Arbeitsmarkt hinausgehen.

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtliche Regelung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen findet sich hauptsächlich im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) unter den §§ 260 ff., wobei weitere Normen auf Bundes- und Länderebene eine Rolle spielen können. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind ein zentrales Instrument der aktiven Arbeitsförderung.

Zweck der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen

Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung verfolgen den Zweck, die Vermittlung von Arbeitslosen in den regulären Arbeitsmarkt zu erleichtern, durch Erhalt oder Aktualisierung der Beschäftigungsfähigkeit. Zugleich dienen sie der Vermeidung von Dauerarbeitslosigkeit sowie der Abfederung konjunktureller Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt.

Abgrenzung zu anderen Maßnahmen

Von Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung zu unterscheiden sind insbesondere Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung, Eingliederungszuschüsse und andere Förderleistungen, die jeweils auf spezifische Zielgruppen und Zwecke ausgerichtet sind. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen unterscheiden sich darüber hinaus von regulären Beschäftigungsverhältnissen dadurch, dass sie zusätzlich und zeitlich befristet geschaffen werden.

Voraussetzungen für die Durchführung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen können grundsätzlich durchgeführt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (§§ 260 ff. SGB III):

  • Zusätzlichkeitskriterium: Die Arbeitsplätze müssen zusätzlich geschaffen werden und dürfen keine regulären Stellen verdrängen.
  • Gemeinnützigkeit: Die Tätigkeiten im Rahmen der Maßnahme müssen im öffentlichen Interesse liegen und gemeinnützigen Charakter tragen.
  • Befristung: Die Beschäftigung ist auf höchstens 12 Monate, in Ausnahmefällen bis zu 24 Monate zu befristen.
  • Integration in den Arbeitsmarkt: Die Maßnahme muss auf die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet sein, also die Chancen auf dauerhafte Beschäftigung durch Qualifizierung, Praxis oder Motivation fördern.
  • Förderungsbedürftigkeit: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen förderungsbedürftig im Sinne des SGB III sein.

Förderung und Finanzierung

Die Förderung von Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung erfolgt durch Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit (§ 261 SGB III). Förderbar sind insbesondere:

  • Arbeitsentgelt: Die Finanzierung erstreckt sich auf das zum Tariflohn vergleichbare Arbeitsentgelt.
  • Sozialversicherungsbeiträge: Zuschüsse können auch für Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung geleistet werden.
  • Sonstige Ausgaben: Kosten für Qualifizierungsbausteine, notwendige Arbeitsmittel oder Betreuung können unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich gefördert werden.

Die Höhe der Förderung richtet sich nach Art, Umfang und Dauer der Maßnahme sowie nach den individuellen Voraussetzungen der Teilnehmer.

Durchführung und Trägerschaft

Träger von Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung können öffentliche, gemeinnützige oder anerkannte private Einrichtungen sein, welche die Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme organisieren und die Beschäftigung der Teilnehmer ermöglichen. Die Auswahl der Träger erfolgt nach Prüfung der Zuverlässigkeit, Fachkunde sowie der Einhaltung gesetzlicher und tariflicher Bestimmungen (§ 263 SGB III).

Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Die Auswahl der Teilnehmer erfolgt durch die Agenturen für Arbeit unter Berücksichtigung von deren individuellen Integrationsbedürfnissen sowie ihrer Eignung für die betreffende Maßnahme. Vorrangig berücksichtigt werden arbeitslose Personen, bei denen andere Eingliederungsmaßnahmen nicht möglich oder erfolglos geblieben sind (§ 262 SGB III).

Rechte und Pflichten während der Maßnahme

Teilnehmende an Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung stehen in einem eigenständigen Beschäftigungsverhältnis zum Maßnahmeträger. Für die Dauer der Förderung gelten:

  • Anspruch auf Arbeitsentgelt: Anspruch besteht auf ein tarifgerechtes Arbeitsentgelt bzw. ein ortsübliches Entgelt, mindestens aber auf den gesetzlichen Mindestlohn.
  • Anspruch auf Urlaub und Sozialleistungen: Die üblichen arbeits- und sozialrechtlichen Schutzvorschriften finden grundsätzlich Anwendung.
  • Melde- und Mitwirkungspflichten: Teilnehmende müssen sich regelmäßig bei der Agentur für Arbeit melden und am Maßnahmeverlauf aktiv mitwirken.

Beendigung und Nachwirkung

Das Beschäftigungsverhältnis im Rahmen einer Maßnahme der Arbeitsbeschaffung erlischt automatisch mit Ablauf der vereinbarten Frist. Ein Anspruch auf Übernahme in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis besteht rechtlich nicht.

Während der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme besteht grundsätzlich die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 264 SGB III). Für Zeiten der Teilnahme an einer solchen Maßnahme werden entsprechende Versicherungszeiten in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erworben.

Evaluation und Kontrollen

Die Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen unterliegt regelmäßigen Kontrollen durch die Agenturen für Arbeit. Dabei wird unter anderem geprüft, ob die Zusätzlichkeit und Gemeinnützigkeit der geschaffenen Arbeitsplätze vorliegt, die Träger ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen und die Maßnahmen tatsächlich zur Verbesserung der Eingliederungschancen beitragen.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Kommt es während der Durchführung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu Verstößen – etwa durch Missachtung des Zusätzlichkeitskriteriums, Gesetzesverletzungen oder die missbräuchliche Inanspruchnahme von Fördermitteln – können die entsprechenden Zuwendungen ganz oder teilweise zurückgefordert werden (§ 266 SGB III). Auch das betriebliche Beschäftigungsverhältnis kann bei groben Pflichtverletzungen beendet werden.

Bedeutung im arbeitsmarktpolitischen Kontext

Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung spielen in der Arbeitsmarktpolitik eine besondere Rolle als Instrument zum kurzfristigen Abbau von Arbeitslosigkeit, insbesondere in konjunkturell oder strukturell benachteiligten Regionen. Ihre Bedeutung im Förderinstrumentarium der Bundesagentur für Arbeit ist jedoch rückläufig, insbesondere vor dem Hintergrund der Reformen des SGB III in Richtung nachhaltiger, individueller Integrationsmaßnahmen und aufgrund einer zunehmenden Fokussierung auf Weiterbildung und Qualifizierung.

Literatur und Quellen

  • Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) – Arbeitsförderung
  • Bundesagentur für Arbeit: Fachliche Weisungen zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
  • Federal Employment Agency: Evaluation Reports on Labor Market Instruments

Dieser Artikel bietet eine umfassende, rechtlich fundierte Darstellung der Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung und beleuchtet ihre Grundsätze, Voraussetzungen, Durchführung und rechtlichen Folgen detailliert.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Teilnahme an Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung erfüllt sein?

Die Teilnahme an Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung (ABM) setzt voraus, dass bestimmte rechtliche Bedingungen eingehalten werden. Zunächst muss eine Arbeitslosigkeit oder eine von Arbeitslosigkeit bedrohte Situation vorliegen. Das zuständige Jobcenter bzw. die Agentur für Arbeit prüft, ob für den Betroffenen alle anderen Integrationsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und ob die Teilnahme an einer Maßnahme zur Arbeitsförderung nach §§ 16, 16d SGB II bzw. § 45 SGB III zweckmäßig ist. Darüber hinaus darf es sich bei den angebotenen Tätigkeiten nicht um reguläre Arbeiten handeln, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichtet werden, da durch die ABM keine regulären Beschäftigungsverhältnisse verdrängt werden dürfen. Die Maßnahme muss also einen zusätzlichen, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erfüllen (Zusätzlichkeit, öffentliches Interesse, Wettbewerbsneutralität). Zudem ist eine vertragliche Grundlage zwischen Teilnehmer und Träger der Maßnahme notwendig, die Rechte und Pflichten regelt. Die Maßnahme muss durch die zuständige Arbeitsagentur genehmigt und gefördert werden.

Wie erfolgt die Auswahl der Teilnehmer durch die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter?

Die Auswahl der Teilnehmer an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen erfolgt durch eine sorgfältige Einzelfallprüfung. Die Arbeitsvermittler prüfen, ob der jeweilige Leistungsberechtigte für die Maßnahme in Frage kommt. Dabei wird insbesondere darauf geachtet, ob der Betroffene bereits andere Integrationsmaßnahmen wahrgenommen hat, ob seine Vermittlungsaussichten durch die Teilnahme an der Maßnahme verbessert werden können und ob eine entsprechende Motivation sowie die physische und psychische Eignung vorliegen. Die Entscheidung ist im Rahmen des verwaltungsrechtlichen Ermessens zu treffen und muss unter Beachtung von Gleichbehandlungsgrundsätzen und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Ablehnungen oder Zuweisungen müssen dem Betroffenen schriftlich und mit Begründung mitgeteilt werden; gegen diese Bescheide ist der Rechtsweg (Widerspruch, Klage beim Sozialgericht) eröffnet.

Wie gestaltet sich das Rechtsverhältnis zwischen dem Teilnehmer und dem Maßnahmeträger?

Das Verhältnis zwischen Teilnehmer und Träger der Maßnahme begründet in der Regel kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts. Teilnehmer erhalten keinen Lohn, sondern eine Mehraufwandsentschädigung bzw. Aufwandsentschädigung (gem. § 16d SGB II), die nicht als reguläres Arbeitsentgelt gilt. Sozialversicherungsrechtlich sind die Teilnehmer während der Maßnahme geschützt, insbesondere im Hinblick auf die Unfallversicherung. Die konkreten Rechte und Pflichten – etwa betreffend Arbeitszeiten, Anwesenheitspflicht und Verhalten – werden durch die Maßnahmeverträge geregelt. Kommt ein Teilnehmer unbegründet seinen Pflichten nicht nach, kann dies gemäß § 31 SGB II zu Sanktionen bei den Leistungen durch das Jobcenter führen.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für die Vergütung während der Teilnahme an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen?

Für die Teilnahme an Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung wird grundsätzlich keine reguläre Vergütung gezahlt, sondern eine sogenannte Mehraufwandsentschädigung. Diese richtet sich nach den Bestimmungen des SGB II bzw. SGB III und beträgt meistens zwischen 1,00 und 2,50 Euro pro Stunde. Diese Entschädigung ist von Sozialabgaben und Steuern befreit und wird zusätzlich zum Arbeitslosengeld II oder Arbeitslosengeld I gezahlt. Dabei gelten Höchstgrenzen im Hinblick auf die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit, die in der Regel nicht überschritten werden dürfen, um die Maßnahme weiterhin als förderfähig im Sinne der gesetzlichen Regelungen zu erhalten. Im Fall von Sanktionen kann die Aufwandsentschädigung ganz oder teilweise entfallen.

Wie ist die sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Teilnehmern während der Maßnahme geregelt?

Während der Teilnahme an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind die Teilnehmer grundsätzlich unfallversichert nach den Vorschriften des SGB VII (gesetzliche Unfallversicherung). Die Beiträge hierzu werden vom Träger der Maßnahme übernommen. Eine Renten-, Kranken-, Pflege- oder Arbeitslosenversicherungspflicht entsteht dagegen nicht durch die Teilnahme an einer ABM, da kein reguläres Beschäftigungsverhältnis besteht und keine sozialversicherungspflichtigen Beiträge gezahlt werden. Die Ansprüche auf Leistungen nach SGB II (z.B. ALG II, Kosten der Unterkunft) bleiben in der Regel während der Dauer der Maßnahme bestehen, sofern alle weiteren Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.

Welche rechtlichen Möglichkeiten der Sanktionierung bestehen bei Nichtteilnahme oder Pflichtverletzungen?

Kommt es zur Pflichtverletzung, etwa durch grundlose Nichtteilnahme, wiederholtes Fehlverhalten oder das Verlassen der Maßnahme ohne triftigen Grund, können rechtliche Sanktionen durch das Jobcenter verhängt werden. Gemäß § 31 SGB II kann dies zu einer Minderung der Regelleistungen führen, wobei stufenweise abgestufte Sanktionsregelungen beachtet werden. Im Wiederholungsfall kann die Leistung sogar ganz gestrichen werden. Die Sanktionierung erfolgt stets unter Beachtung der Mitwirkungspflichten und ist nur nach vorheriger schriftlicher Anhörung des Betroffenen zulässig. Gegen die Entscheidung kann Widerspruch eingelegt und notfalls Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden.

Inwiefern besteht ein Recht auf Teilnahme an einer ABM oder kann die Zuweisung rechtlich erzwungen werden?

Ein Rechtsanspruch auf die Teilnahme an einer bestimmten ABM besteht nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters. Der Leistungsträger prüft, ob die Maßnahme im konkreten Fall sinnvoll, notwendig und wirtschaftlich ist. Die Zuweisung zu einer Maßnahme kann zwar durch Verwaltungsakt erfolgen, dies geschieht jedoch auf Grundlage der individuellen Eingliederungsvereinbarung (§ 15 SGB II) und nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles. Die Entscheidung muss rechtmäßig und verhältnismäßig sein. Ein Zwang zur Teilnahme besteht lediglich im Rahmen der gesetzlichen Mitwirkungspflichten, wobei eine Weigerung leistungsrechtliche Konsequenzen haben kann.