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Marktordnung (Gewerberecht)


Begriff und Definition der Marktordnung im Gewerberecht

Die Marktordnung im Gewerberecht bezeichnet das rechtliche Regelwerk, durch das die Durchführung und Organisation von Märkten, Messen, Ausstellungen, Jahrmärkten sowie ähnlichen Veranstaltungen geregelt werden. Im Zentrum der Marktordnung steht dabei die Gewährleistung eines geordneten, fairen und sicheren Ablaufs des Marktbetriebs. Die Marktordnung umfasst öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Vorschriften, die unter anderem auf das Gewerberecht, das Ordnungsrecht und einschlägige kommunale Satzungen zurückgehen. Sie regelt sowohl die Rechte und Pflichten der Marktbetreibenden als auch der teilnehmenden Gewerbetreibenden, Besucher und Verwaltung.

Rechtsgrundlagen der Marktordnung (Gewerberecht)

Gewerbeordnung (GewO)

Das zentrale Bundesgesetz für die Marktordnung ist die Gewerbeordnung (GewO). Die §§ 64 bis 68 GewO befassen sich ausdrücklich mit Messen, Ausstellungen, Märkten und Volksfesten und definieren Voraussetzungen und Verfahren für die Durchführung solcher Veranstaltungen. Hier werden insbesondere folgende Markttypen unterschieden:

  • Wochenmärkte (§ 67 GewO)
  • Jahrmärkte (§ 68 GewO)
  • Spezialmärkte (§ 68a GewO)
  • Großmärkte (§ 69 GewO)
  • Volksfeste (§ 60b GewO)

Zusätzlich sieht die Gewerbeordnung bestimmte Erleichterungen für so genannte privilegierte Marktteilnehmer vor, darunter beispielsweise die Befreiung von der Reisegewerbekartenpflicht (§ 55 GewO).

Marktprivilegien und Marktfreiheiten

Marktveranstaltungen, die als öffentliche Märkte nach der Gewerbeordnung zugelassen sind, unterliegen besonderen rechtlichen Begünstigungen:

  • Marktfreiheiten: Beispielsweise dürfen gewerbliche Teilnehmer ohne Reisegewerbekarte Waren anbieten (§ 55a Abs. 1 Nr. 6 GewO).
  • Marktprivilegien: Erleichterungen hinsichtlich Ladenöffnungsgesetz, Befreiungen von Sonn- und Feiertagsregelungen (z.B. Öffnung an Sonn- und Feiertagen).

Kommunale Satzungen und Verordnungen

Kommunen haben das Recht, ergänzende Marktordnungen in Form von Satzungen oder Verordnungen zu erlassen. Diese regeln insbesondere Detailfragen wie Ort, Zeit, Dauer, Standgrößen, Sicherheitsvorgaben, Gebührenordnungen, Hygienestandards sowie das Zulassungsverfahren für Standbetreiber. Kommunale Marktordnungen ergänzen und konkretisieren die bundesrechtlichen Vorgaben und dienen der rechtskonformen Umsetzung auf lokaler Ebene.

Zulassungsverfahren und Marktfestsetzung

Antragstellung und Formalien

Die Durchführung eines Marktes bedarf einer behördlichen Genehmigung, der sogenannten Marktfestsetzung. Die zuständige Behörde (regelmäßig das Ordnungsamt oder Wirtschaftsamt) prüft auf Antrag, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Antrag muss Angaben enthalten zu:

  • Art und Umfang des Marktes
  • Veranstaltungsort und -zeit
  • Anzahl und Auswahl der Marktteilnehmer
  • Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Einhaltung öffentlicher Ordnung

Festsetzungsbescheid und Rechtswirkungen

Mit der Festsetzung nach § 69 GewO werden die Veranstaltungen rechtlich als Markt, Messe, Ausstellung o.Ä. anerkannt. Die Marktfestsetzung ist ein Verwaltungsakt und kann mit Nebenbestimmungen, insbesondere Auflagen zur Sicherheit, Hygiene oder Verkehrsregelung, versehen werden. Die Festsetzung bewirkt zudem die Anwendung von Marktprivilegien und entbindet die Teilnehmer teilweise von weiteren gewerberechtlichen Pflichten.

Ordnungsaspekte und Marktaufsicht

Sicherheits- und Ordnungsvorgaben

Im Rahmen der Marktordnung bestehen vielfältige Anforderungen an Sicherheit und Ordnung, beispielsweise:

  • Brandschutz- und Rettungswege
  • Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) bei Lebensmittelverkauf
  • Lärmschutzbestimmungen
  • Verkehrssicherungspflichten
  • Einhaltung von Jugendschutz und Nichtraucherschutz

Die Überwachung und Durchsetzung dieser Vorgaben obliegen den zuständigen Behörden, die regelmäßig Kontrollen während des Marktbetriebs durchführen.

Sanktionen bei Verstößen

Verstöße gegen die Marktordnung und gegen Marktfestsetzungen können mit Verwaltungszwang, Bußgeldern oder mit dem Ausschluss vom Marktbetrieb geahndet werden. Schwere oder wiederholte Verstöße können den Widerruf der Marktfestsetzung zur Folge haben.

Privatrechtliche und wettbewerbsrechtliche Dimensionen

Vertragsrecht zwischen Marktbetreiber und Standbetreiber

Die Beziehungen zwischen Marktbetreibenden und teilnehmenden Gewerbetreibenden werden in der Regel durch privatrechtliche Standmietverträge geregelt. Diese enthalten Regelungen zur Standgröße, Miete, Zahlungsmodalitäten, Haftung sowie zur Kündigung und zu den Pflichten während des Marktbetriebes.

Wettbewerbsrechtliche Aspekte

Der Zugang zu Märkten ist nach dem Gebot der Wettbewerbsneutralität zu gewähren. Unbillige Benachteiligungen oder willkürliche Ablehnungen bei der Standvergabe können nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie nach Wettbewerbsrecht unzulässig sein. Zudem sind die Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) auch auf Märkten zu beachten.

Besondere Markttypen und ihre rechtliche Besonderheiten

Wochenmärkte

Wochenmärkte dienen überwiegend der regelmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Blumen und anderen Waren des täglichen Bedarfs. Sie unterliegen besonderen Hygiene- und Verkehrsregelungen und genießen Marktfreiheiten gemäß § 67 GewO.

Spezialmärkte und Jahrmärkte

Spezialmärkte werden unregelmäßig abgehalten und sind auf spezielle Waren oder Dienstleistungen ausgerichtet. Jahrmärkte sind meist jahrweise wiederkehrende Veranstaltungen mit breitem Warenangebot. Die Zugangsvoraussetzungen und das Festsetzungsverfahren unterscheiden sich entsprechend.

Messen und Ausstellungen

Messen und Ausstellungen sind Veranstaltungen zur Präsentation und Förderung bestimmter Wirtschaftszweige und unterfallen ebenfalls der Festsetzung nach GewO. Hier gelten zusätzlich branchenspezifische Vorschriften (z. B. Messeaufsichtsrecht, ggf. Produktsicherheitsrecht).

Zusammenfassung und Bedeutung der Marktordnung im Gewerberecht

Die Marktordnung im Gewerberecht bildet ein umfassendes Geflecht aus Bundes- und Landesgesetzen, Verordnungen sowie kommunalen Satzungen, das die rechtskonforme Durchführung und Kontrolle von Märkten und ähnlichen Veranstaltungen gewährleistet. Sie bezweckt die Ausbalancierung wirtschaftlicher Interessen, die Sicherung von Wettbewerb, Verbraucher- und Gemeinwohlinteressen sowie die Einhaltung öffentlicher Ordnung und Sicherheit. Aufgrund ihrer Vielfalt und Komplexität ist die Marktordnung ein zentraler Bestandteil des gewerblichen Ordnungsrechts und trägt zur Funktionsfähigkeit und Rechtssicherheit im allgemeinen Marktwesen bei.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Erteilung und Überwachung der Marktordnung nach Gewerberecht verantwortlich?

Für die Erteilung und Überwachung der Marktordnung im gewerberechtlichen Sinne sind in Deutschland in der Regel die jeweils zuständigen kommunalen Ordnungsbehörden (z.B. Stadtverwaltung, Ordnungsamt) zuständig. Diese Behörden entscheiden über die Zulassung von Märkten, kontrollieren deren Einhaltung und achten darauf, dass die Vorschriften der Marktordnung sowie weitere gewerberechtliche Vorgaben – etwa bezüglich Standsicherheit, Hygiene, Verkehrssicherung und Lärmimmission – eingehalten werden. Bei Verstößen gegen die Marktordnung können sie ordnungsrechtliche Maßnahmen ergreifen, etwa Bußgelder verhängen oder im Wiederholungsfall auch Marktverweise bzw. den Entzug von Standgenehmigungen verfügen. Die Aufsichtspflicht umfasst dabei sowohl die präventive Prüfung der Voraussetzungen für die Teilnahme am Markt als auch die kontinuierliche Überwachung des laufenden Marktgeschehens.

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für Marktbeschicker im Rahmen der Marktordnung?

Marktbeschicker, also die gewerblichen Teilnehmer eines Marktes, haben gemäß Marktordnung zahlreiche Rechte und Pflichten. Zu den Rechten zählt insbesondere der Anspruch auf einen zugewiesenen Standplatz sowie die Teilnahme am Marktgeschehen gemäß den offenen und transparenten Kriterien der Marktordnung. Pflichten umfassen unter anderem die ordnungsgemäße Ausübung des Gewerbes, die Einhaltung von Aufbau- und Abbauzeiten, das Einhalten von Hygienevorschriften (z.B. nach Lebensmittelrecht), sowie die Beachtung von Sicherheitsauflagen, etwa hinsichtlich der Standsicherheit und des Brandschutzes. Darüber hinaus sind die Marktbeschicker oft verpflichtet, besondere Rücksicht auf die Anwohner zu nehmen (z.B. Lärmschutz), an der Müllvermeidung bzw. -entsorgung mitzuwirken und im Rahmen ihrer Tätigkeit alle weiteren gesetzlichen Vorgaben (z.B. aus dem Steuerrecht oder dem Produktsicherheitsgesetz) einzuhalten. Bei Zuwiderhandlungen riskieren sie je nach Schwere des Verstoßes Sanktionen bis hin zum Verlust des Standplatzes.

Welche rechtlichen Grundlagen bestimmen die Ausgestaltung von Marktordnungen?

Die Ausgestaltung von Marktordnungen stützt sich maßgeblich auf die Gewerbeordnung (GewO), insbesondere auf die §§ 66 ff. GewO, die den sogenannten „festgesetzten Markt“, etwa Wochenmärkte, Jahrmärkte und Spezialmärkte, regulieren. Ergänzend finden weitere bundesrechtliche Vorschriften Anwendung, beispielsweise das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) bei Lebensmittelfeilschern oder das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) hinsichtlich Lärmschutz. Darüber hinaus dürfen die Kommunen im Rahmen ihrer Satzungsautonomie Detailregelungen in Form von Marktordnungen und Platzordnungen erlassen, welche wesentliche Aspekte wie Standplatzvergabe, Gebühren, Sicherheitsauflagen sowie Öffnungs- und Betriebszeiten konkretisieren. Oftmals greifen verschiedene Rechtsbereiche ineinander, sodass Marktbeschicker neben der Marktordnung auch allgemeine gewerbe-, steuer-, hygienerechtliche und ordnungspolizeiliche Vorschriften beachten müssen.

Wie wird die Standplatzvergabe rechtskonform geregelt?

Die Standplatzvergabe muss nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung, Transparenz und Willkürfreiheit erfolgen. Dies bedeutet, dass die Vergabekriterien – etwa nach Eingang der Anmeldungen (Windhundprinzip), nach einem Rotationssystem oder auf Basis bestimmter Qualifikationen bzw. Sortimentvielfalt – in der Marktordnung klar geregelt und für alle Bewerber nachvollziehbar sein müssen. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze kann zur Rechtswidrigkeit der Vergabe führen und gegebenenfalls mit Widerspruch oder Klage vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden. Die Bevorzugung langjähriger Marktbeschicker ist grundsätzlich zulässig, solange sie sachlich begründet und zumutbare Zugangschancen für neue Anbieter bestehen. Standbetreiber haben das Recht auf Information zu den Auswahlkriterien und müssen bei Ablehnungen von Standplätzen eine nachvollziehbare, schriftlich begründete Entscheidung erhalten.

In welchen Fällen kann die Teilnahme an einem Markt rechtlich untersagt werden?

Eine Untersagung der Marktbeteiligung kann aus unterschiedlichen rechtlichen Gründen erfolgen. Nach § 70 GewO kann ein Ausschluss zwingend dann erfolgen, wenn der Bewerber oder Teilnehmer die gewerberechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, beispielsweise keine erforderlichen Genehmigungen vorliegen oder schwerwiegende Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten im Gewerbebereich vorliegen. Auch wiederholte Verstöße gegen die Marktordnung – wie etwa Missachtung von Hygienevorschriften, Überziehung der Marktzeiten oder erhebliche Ruhestörungen – können zum temporären oder dauerhaften Ausschluss führen. In Krisensituationen, wie bei Seuchen oder sonstigen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, kann ein Markt sogar vollständig abgesagt oder abgebrochen werden. Behörden sind dabei verpflichtet, den Grund für eine Untersagung oder Maßnahme detailliert schriftlich zu begründen und den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Welche Rechtsmittel stehen gegen Entscheidungen der Marktaufsichtsbehörde zur Verfügung?

Entscheidungen der zuständigen Marktaufsichtsbehörde, etwa bezüglich der Zulassung zum Markt, Standplatzvergabe oder eines Marktausschlusses, können mit den im Verwaltungsrecht vorgesehenen Rechtsmitteln angegriffen werden. Zunächst kann gegen einen ablehnenden Bescheid Widerspruch eingelegt werden. Führt auch der Widerspruch nicht zum Erfolg, besteht die Möglichkeit der verwaltungsgerichtlichen Klage. Es besteht zudem die Möglichkeit, Eilanträge zu stellen (z. B. in Form einer einstweiligen Anordnung), wenn ein Rechtsmittel nicht rechtzeitig beschieden wird und dadurch erhebliche Nachteile für den Marktbeschicker drohen. Dabei prüft das Gericht insbesondere, ob die gesetzlichen und satzungsrechtlichen Vorgaben ordnungsgemäß angewendet wurden und ob die Entscheidung der Behörde ermessensfehlerfrei ist. Die Fristen und Voraussetzungen für die jeweiligen Rechtsmittel ergeben sich aus den nationalen Verwaltungsverfahrensgesetzen und den jeweiligen Märkesatzungen.