Legal Lexikon

Mandatar


Mandatar: Begriff, rechtliche Grundlagen und Anwendungsbereiche

Definition des Mandatars

Der Begriff Mandatar stammt aus dem romanistischen Rechtskreis und bezeichnet eine Person, die aufgrund eines Mandats zur Besorgung eines bestimmten Geschäfts, regelmäßig im Namen und auf Rechnung einer anderen Person, des sogenannten Mandanten, verpflichtet ist. Während der Begriff im deutschen Recht nur selten offiziell verwendet wird, ist er im österreichischen und schweizerischen Recht ein zentraler Terminus insbesondere im Vertrags-, Gesellschafts- und Zivilrecht.

Rechtliche Grundlagen des Mandatsverhältnisses

Das Mandat in historischen und rechtsvergleichenden Kontexten

Ursprünglich entstammt das Mandatsverhältnis dem römischen Recht („mandatum“), in dem der Mandatar zur unentgeltlichen Vornahme eines Geschäfts verpflichtet war. In der rezipierten Form haben viele moderne Rechtsordnungen das Mandat als besonderen Vertragstypus in ihre Zivilrechtskodifikationen aufgenommen.

Mandat im österreichischen Recht

Nach dem österreichischen ABGB (§§ 1002 ff.) ist der Mandatar verpflichtet, für den Mandanten ein Geschäft oder eine Dienstleistung zu besorgen. Das Mandat kann entgeltlich oder unentgeltlich ausgestaltet sein. Der Mandatar handelt entweder im Namen des Mandanten (vertretungsbefugtes Mandat) oder im eigenen Namen für fremde Rechnung (indirektes Stellvertretungsverhältnis).

Rechte und Pflichten des Mandatars
  • Interessenwahrung: Der Mandatar ist verpflichtet, die Interessen des Mandanten sorgfältig und gewissenhaft zu wahren.
  • Befolgung von Weisungen: Er hat die vom Mandanten erteilten Weisungen zu beachten, sofern diese nicht gesetzwidrig sind.
  • Rechenschaftspflicht: Nach Ausführung des Mandats muss der Mandatar über die getätigten Handlungen und entstandenen Vermögenswerte Rechnung legen (§ 1012 ABGB).
  • Schadensersatzpflicht: Bei Pflichtverletzungen haftet der Mandatar für den daraus entstandenen Schaden, sofern ihm zumindest Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.
Beendigung des Mandats

Das Mandat endet regelmäßig durch

  • Erledigung der beauftragten Angelegenheit,
  • Ablauf einer vereinbarten Frist,
  • Widerruf durch den Mandanten oder
  • Niederlegung durch den Mandatar.

Teilweise sind Schutzvorschriften bei vorzeitiger Beendigung zu beachten, etwa, wenn berechtigte Interessen einer Vertragspartei betroffen sind.

Schweizer Recht

Im schweizerischen Obligationenrecht (Art. 394 ff. OR) ist der Mandatsvertrag („Auftrag“) geregelt. Der Mandatar übernimmt die Besorgung der ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste. Auch hier steht die sorgfältige Erfüllung der überbundenen Aufgaben im Vordergrund, jedoch mit moderat ausgestalteter Erfolgsverantwortung.

Haftung und Rechenschaftspflicht

Der Mandatar haftet für Verschulden bei der Mandatsführung, wobei Art. 398 Abs. 1 OR die Anwendung von Vorschriften über den Arbeitsvertrag auf das Mandatsverhältnis bestimmt. Er ist verpflichtet, dem Mandanten auf Verlangen jederzeit Auskunft zu geben und nach Erledigung des Mandats Rechnung abzulegen.

Beendigung und Widerruf

Der Auftrag kann grundsätzlich jederzeit widerrufen oder gekündigt werden (Art. 404 OR). Ein allfälliger Widerruf darf jedoch nicht zur Unzeit erfolgen, andernfalls besteht Schadenersatzpflicht.

Mandatar im Gesellschafts- und öffentlichen Recht

Mandatar in Organstellungen und kollektiven Vertretungen

In verschiedenen Gesellschaftsformen, etwa der Aktiengesellschaft, wird der Begriff Mandatar auch für Organmitglieder verwendet. Im Kontext öffentlicher oder kollektiver Organe finden sich Mandatare etwa im Verwaltungsrat (Schweiz) oder als Abgeordnete in politischen Gremien (Österreich).

Besonderheiten bei Organmandaten

Bei Bestellung zum Organmandatar gelten typischerweise über das Zivilrecht hinausgehende Sonderregelungen, beispielsweise Verschwiegenheit- und Treuepflichten, Compliance-Anforderungen oder strafrechtliche Verantwortlichkeiten.

Mandatar im internationalen und europäischen Recht

UNIDROIT Principles und internationale Harmonisierungsbestrebungen

Die UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC) sowie harmonisierende Bestrebungen im europäischen Recht richten sich häufig nach dem Vorbild des Mandatsrechts. Die Figur des Mandatars spielt dabei eine zentrale Rolle insbesondere bei grenzüberschreitenden Vollmachten, Handelsgeschäften oder internationaler Schiedsgerichtsbarkeit.

Unterschied zum Bevollmächtigten

Nicht jeder Mandatar ist stets bevollmächtigt im Sinne einer rechtlichen Vertretung. Während das Mandatsverhältnis auf die Geschäftsbesorgung abzielt, kann die Vertretungsmacht (Bevollmächtigung) gesondert bestehen oder fehlen. Die Reichweite der Vertretungsmacht ist im Einzelfall anhand des zugrundeliegenden Mandatsvertrags und etwaiger gesetzlicher Regelungen zu bestimmen.

Zusammenfassung

Der Mandatar ist eine im Vertragsrecht und in Organstellungen zentrale Person, deren Rechte und Pflichten maßgeblich durch den jeweiligen Mandatsvertrag, gesetzliche Vorschriften und ergänzend durch richterliche Rechtsfortbildung bestimmt werden. Die rechtliche Bedeutung des Mandatars reicht von alltäglichen zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungen bis hin zu komplexen gesellschafts- und öffentlichrechtlichen Mandaten. Integraler Bestandteil der Stellung des Mandatars ist die sorgfältige, weisungsgemäße und treue Wahrnehmung fremder Interessen. Unterschiede zwischen verschiedenen nationalen Rechtssystemen betreffen vor allem Umfang und Ausgestaltung der Rechte und Pflichten sowie die zulässigen Beendigungsmodalitäten des Mandatsverhältnisses.

Häufig gestellte Fragen

Welche Pflichten und Rechte hat ein Mandatar im Rahmen seines Mandatsverhältnisses?

Der Mandatar ist im Rahmen eines Mandatsvertrags (Auftragsverhältnis gemäß §§ 1002 ff ABGB bzw. §§ 662 ff BGB) zur sorgsamen und ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben verpflichtet. Zu den Hauptpflichten zählen insbesondere die persönliche Ausführung der übernommenen Geschäfte, Treue- und Interessenwahrungspflicht gegenüber dem Mandanten, sowie die unverzügliche Information über alle wesentlichen Entwicklungen oder Umstände, die für den Mandanten von Bedeutung sind. Der Mandatar ist verpflichtet, Weisungen des Mandanten zu befolgen, soweit diese nicht sittenwidrig oder rechtswidrig sind, und haftet für die ordnungsgemäße Geschäftsbesorgung nach den Maßstäben eines ordentlichen Geschäftsführers. Neben den Pflichten stehen dem Mandatar auch Rechte zu, etwa der Anspruch auf Ersatz der für die Durchführung des Mandats erforderlichen Auslagen sowie – sofern vereinbart oder üblich – auf eine Vergütung für die erbrachten Leistungen. Wird das Mandat ordnungsgemäß und im Einverständnis mit dem Mandanten erledigt, entbindet ihn dies grundsätzlich von weiterer Haftung, sofern kein Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt.

Wie unterscheidet sich die Haftung des Mandatars von der eines gewöhnlichen Dienstleisters?

Die Haftung des Mandatars besteht insbesondere darin, dass er dem Mandanten für schuldhafte Pflichtverletzungen einzustehen hat, wobei ein Verschulden gemäß den für Auftragsverhältnisse geltenden Vorschriften erforderlich ist. Anders als beim Werkvertrag schuldet ein Mandatar in der Regel keinen bestimmten Erfolg, sondern lediglich ein sorgfältiges Tätigwerden. Kommt der Mandatar seinen Pflichten nicht nach, etwa durch Missachtung von Weisungen oder unzureichender Sorgfalt, so haftet er dem Mandanten auf Schadensersatz. Die Haftungsschranken folgen der subjektiven Sorgfaltspflicht und orientieren sich am Berufsstand sowie etwaigen vertraglichen oder gesetzlichen Besonderheiten. Die Möglichkeit, sich durch leichte Fahrlässigkeit zu exkulpieren, besteht nur in Ausnahmefällen und kann durch vertragliche Regelungen beeinflusst werden.

Kann der Mandatar das Mandat jederzeit niederlegen oder kündigen?

Grundsätzlich steht es dem Mandatar zu, das Mandat jederzeit zu kündigen, sofern nicht durch vertragliche Vereinbarungen oder besondere Umstände (z. B. Treuepflicht bei besonderem Vertrauensverhältnis) Einschränkungen bestehen. Die sofortige Beendigung ist möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, etwa eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses oder ein Konflikt mit den eigenen Interessen des Mandatars. Bei fehlendem wichtigem Grund trifft den Mandatar allerdings die Pflicht zur Vermeidung eines Schadens für den Mandanten; dies kann bedeuten, dass er das Mandat nicht zu einem für den Mandanten ungünstigen Zeitpunkt niederlegen darf oder zumindest eine Übergangsphase zur geordneten Übergabe einhalten muss. Verstöße gegen diese Pflichten können unter Umständen zu Schadenersatzansprüchen des Mandanten führen.

Inwieweit haftet der Mandatar für Erfüllungsgehilfen oder Substituten?

Beauftragt der Mandatar zur Durchführung des Mandats Substituten oder Erfüllungsgehilfen, so haftet er grundsätzlich für deren Handlungen und Unterlassungen nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Die Auswahlpflicht, Instruktionspflicht und Überwachungspflicht liegt beim Mandatar, was bedeutet, dass er nur dann von der Haftung befreit werden kann, wenn er bei Auswahl und Unterweisung der eingesetzten Personen die gebotene Sorgfalt walten ließ. In einigen Berufsgruppen (z. B. bei Rechtsanwälten) ist die Hinzuziehung von Substituten gesetzlich geregelt und kann vertraglich beschränkt oder erweitert werden. Die Abgrenzung zwischen Substitut (vollwertiger Stellvertreter) und bloßem Erfüllungsgehilfen ist für die Haftungsfrage entscheidend.

Welche Informations- und Rechenschaftspflichten bestehen gegenüber dem Mandanten?

Der Mandatar ist verpflichtet, dem Mandanten laufend über den Fortgang und wesentliche Zwischenfälle des Mandats zu unterrichten, insbesondere dann, wenn Entscheidungen des Mandanten erforderlich werden oder persönliche Weisungen zu erwarten sind. Überdies besteht eine umfassende Rechenschaftspflicht, die sowohl während des Mandats als auch im Zuge der Mandatsbeendigung zur Offenlegung aller Handlungen, Abrechnungen und der Herausgabe von erhaltenen Dokumenten oder Werten verpflichten kann. Die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht dient der Kontrolle des Mandanten über die ordnungsgemäße Mandatsausführung und ist essenzieller Bestandteil des Rechtsverhältnisses.

Welche Voraussetzungen gelten für die Beendigung des Mandats und welche Rechtsfolgen sind daran geknüpft?

Ein Mandatsverhältnis endet durch Zeitablauf, Erreichung des Mandatszwecks, Widerruf durch den Mandanten, Kündigung durch den Mandatar oder durch Tod einer der Parteien, wobei bei juristischen Personen deren Auflösung maßgeblich ist. Mit der Beendigung des Mandats enden die Verpflichtungen des Mandatars zur Besorgung weiterer Geschäfte, jedoch bleiben Nachwirkungspflichten – wie die Rechenschaftslegung, Herausgabe von Gegenständen oder Unterlagen sowie Verschwiegenheitspflichten – bestehen. Je nach Art des Mandats bestehen auch gesetzliche Aufbewahrungspflichten und Verjährungsfristen für eventuelle Ersatzansprüche.

Kann der Mandatar im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig werden?

Der Mandatar ist grundsätzlich zur Wahrnehmung der Interessen des Mandanten im fremden Namen und auf fremde Rechnung verpflichtet. Eine Tätigkeit im eigenen Namen ist nur bei ausdrücklicher Ermächtigung oder im Rahmen von sogenannten indirekten Stellvertretungsmodellen zulässig. Überschreitet der Mandatar seine Befugnisse oder tritt er unbefugt im eigenen Namen auf, kann dies zu Haftungs- und Schadensersatzansprüchen des Mandanten führen. Ein Handeln auf eigene Rechnung ist nur insoweit zulässig, als dies mit dem Mandanten abgestimmt wurde oder objektive Notwendigkeiten (z. B. zur Abwehr eines Schadens) dies rechtfertigen.

Wie ist das Verhältnis zur Verschwiegenheitspflicht geregelt?

Der Mandatar unterliegt je nach Art des Geschäfts einer gesetzlichen oder vertraglichen Verschwiegenheitspflicht. In bestimmten Berufen (z. B. Rechtsanwalt, Steuerberater) ist diese besonders streng ausgestaltet und schützt sämtliche dem Mandatar im Rahmen der Mandatsausübung anvertraute oder bekannt gewordene Informationen vor unbefugter Offenlegung. Die Verschwiegenheitspflicht gilt grundsätzlich auch über das Ende des Mandats hinaus und kann nur durch ausdrückliche Einwilligung des Mandanten oder durch gesetzliche Offenbarungspflichten (z. B. im Rahmen einer Aussage vor Gericht) durchbrochen werden. Verstöße sind nicht nur zivilrechtlich relevant, sondern können je nach Berufsgruppe auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.