Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verkehrsrecht»Luftsicherheitsgesetz

Luftsicherheitsgesetz


Begriff und Einordnung des Luftsicherheitsgesetzes

Das Luftsicherheitsgesetz (Abkürzung: LuftSiG) ist ein zentrales Gesetz der Bundesrepublik Deutschland, das die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs gegen Angriffe und sonstige widerrechtliche Eingriffe regelt. Ziel des Gesetzes ist es, durch verschiedene präventive und repressive Maßnahmen sowohl den Flugbetrieb als auch die in Luftverkehrsanlagen und an Bord von Luftfahrzeugen befindlichen Personen, Güter und Anlagen vor Gefahren zu schützen.

Das Luftsicherheitsgesetz steht im Kontext nationaler sowie internationaler Regelungen zur Luftsicherheit und dient der Umsetzung und Konkretisierung von Standards, wie sie unter anderem in diversen Abkommen und Richtlinien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), der Europäischen Union und anderer supranationaler Institutionen festgelegt werden.


Historische Entwicklung des Luftsicherheitsgesetzes

Das Luftsicherheitsgesetz trat am 11. Januar 2005 in Kraft. Anlass für die Schaffung eines umfassenden Gesetzes zur Luftsicherheit waren die Anschläge des 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten, die zu einem verstärkten Bedürfnis nach rechtlicher Absicherung und verbesserten Schutzmaßnahmen im zivilen Luftverkehr führten. Die rechtliche Regelung sollte bestehende Lücken schließen und sowohl internationale als auch europäische Anforderungen an die Luftsicherheit in deutsches Recht umsetzen.


Ziele und Geltungsbereich des Luftsicherheitsgesetzes

Schutzziele

Das Luftsicherheitsgesetz verfolgt vorrangig folgende Ziele:

  • Schutz vor Angriffen und Sabotageakten gegen den zivilen Luftverkehr
  • Verhinderung des unbefugten Zugangs zu Sicherheitsbereichen von Flughäfen und Luftfahrzeugen
  • Sicherstellung eines sicheren Flugbetriebs für Passagiere, Crew und Dritte

Sachlicher Geltungsbereich

Das Gesetz gilt für alle zivilen Luftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sowie für sämtliche deutschen Luftfahrzeuge im Ausland, sofern keine weitergehenden oder abweichenden ausländischen Regelungen Anwendung finden.

Persönlicher Geltungsbereich

Es erfasst die Verantwortlichen und Betreiber von Luftverkehrsanlagen, Luftfahrtunternehmen, Beschäftigte mit Zugang zu sicherheitsrelevanten Bereichen sowie sämtliche Personen, die mit Sicherheitsmaßnahmen im Bereich des Luftverkehrs betraut sind.


Aufbau und Regelungsinhalt des Luftsicherheitsgesetzes

Sicherheitsmaßnahmen (§§ 5-9 LuftSiG)

Die zentralen Sicherheitsmaßnahmen des Gesetzes beinhalten unter anderem:

  • Zugangskontrollen: Sicherstellung, dass nur berechtigte Personen Zutritt zu Sicherheitsbereichen erhalten (§ 8 LuftSiG).
  • Kontrolle von Passagieren und Gepäck: Umfangreiche Kontrolle von Fluggästen, Hand- und Aufgabegepäck auf verbotene Gegenstände und gefährliche Stoffe (§ 5 LuftSiG).
  • Fracht- und Postkontrolle: Überprüfung von Luftfracht, Luftpost sowie Bordvorräten und Flughafenlieferungen auf Bedrohungen (§ 9 LuftSiG).
  • Zuverlässigkeitsüberprüfung des Personals: Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit von Beschäftigten, die Zugang zu Sicherheitsbereichen benötigen (§ 7 LuftSiG).

Anordnungsbefugnisse der Luftsicherheitsbehörden (§§ 16-18 LuftSiG)

Das Gesetz sieht umfassende Befugnisse der zuständigen Behörden vor, beispielsweise:

  • Anordnung zusätzlicher Schutzmaßnahmen bei konkreten Gefahrenlagen
  • Erteilung von Weisungen an Betreiber von Luftfahrtunternehmen und Flughafenbetreiber

Luftsicherheitsbehörden (§§ 15-19 LuftSiG)

Zuständig für die Durchführung der Maßnahmen sind nach § 16 LuftSiG die vom Bund eingesetzten Luftsicherheitsbehörden. In Deutschland ist dies in der Regel das Bundesministerium des Innern und für Heimat bzw. die von ihm beauftragten Behörden. Aufgaben umfassen unter anderem die Überwachung der Einhaltung von Sicherheitsrichtlinien, Organisation und Durchführung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen sowie Koordination der Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Stellen.


Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG

Einen wichtigen Bestandteil stellt die Zuverlässigkeitsüberprüfung von Personen dar, die sicherheitsrelevante Tätigkeiten oder Zugang zu Sicherheitsbereichen ausüben. Die Zuverlässigkeit wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes geprüft. Kriterien sind insbesondere

  • Vorstrafen
  • Hinweise aus Sicherheitsüberprüfungen und polizeilichen Erkenntnissen
  • Hinweise auf Kontakte zu verfassungsfeindlichen oder extremistischen Vereinigungen

Bei fehlender Zuverlässigkeit kann der Zugang zu sicherheitsrelevanten Bereichen verweigert werden.


Polizeilicher Luftsicherheitsdienst und Luftsicherheitsassistenten

Das Luftsicherheitsgesetz sieht die Einsetzung eines polizeilichen Luftsicherheitsdienstes vor, dessen Aufgaben insbesondere in der Durchführung von Zugangskontrollen, Überprüfung von Personen und Gepäck sowie im Streifendienst auf Flughäfen bestehen. Daneben werden auch private Luftsicherheitsassistenten eingesetzt, deren Tätigkeit durch das Gesetz und nachfolgende Verordnungen klar geregelt ist.


Eingriffsbefugnisse und besondere Bestimmungen

Einsatz unmittelbaren Zwangs (§ 15 LuftSiG)

Den Luftsicherheitsbehörden und bestimmten Beauftragten ist der Einsatz von unmittelbarem Zwang gestattet, sofern dies zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die Luftsicherheit erforderlich ist.

Einsatz der Bundeswehr (§ 14 Abs. 3 LuftSiG)

Das Luftsicherheitsgesetz ermächtigte ursprünglich die Bundeswehr zum Abschuss entführter ziviler Luftfahrzeuge, falls diese als Tatwaffe zur Begehung von Straftaten missbraucht werden sollten. Diese Regelung wurde jedoch im Februar 2006 vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urteil vom 15.02.2006, Az. 1 BvR 357/05) für verfassungswidrig und nichtig erklärt, da sie gegen das Grundrecht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 GG) und die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verstößt.


Rechtsschutz und Rechtspflege

Verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Maßnahmen auf Grundlage des Luftsicherheitsgesetzes unterliegen dem rechtsstaatlichen Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes. Entscheidungen der Luftsicherheitsbehörden können im Verwaltungsverfahren und vor den Verwaltungsgerichten überprüft werden. In besonders eilbedürftigen Fällen kann auch im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgegangen werden.


Internationale und europarechtliche Bezüge

Das deutsche Luftsicherheitsgesetz setzt eine Vielzahl internationaler und europäischer Vorgaben um, insbesondere:

  • ICAO-Anhang 17 zum Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt, in dem Mindeststandards zur Sicherheit der Zivilluftfahrt geregelt werden
  • Europäische Verordnungen (z. B. EG Nr. 300/2008) zu gemeinsamen Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt

Somit steht das LuftSiG auch im engen funktionalen Zusammenhang mit dem internationalen Recht und den maßgeblichen Vorgaben der EU.


Straf- und Bußgeldvorschriften

Das Luftsicherheitsgesetz enthält eine Reihe von Straf- und Bußgeldvorschriften, die Verstöße gegen sicherheitsrelevante Pflichten sanktionieren. Beispielhaft sind:

  • Geldbußen für das unbefugte Betreten von Sicherheitsbereichen
  • Strafrechtliche Sanktionen bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Sicherheit des Luftverkehrs

Bedeutung in der Praxis und aktuelle Entwicklungen

Das Luftsicherheitsgesetz ist ein zentrales Instrument zur Gewährleistung der Sicherheit des zivilen Luftverkehrs in Deutschland. Es unterliegt regelmäßigen Aktualisierungen, um auf neue Bedrohungsszenarien, technische Innovationen und internationale Vorgaben reagieren zu können. Die praktische Relevanz zeigt sich insbesondere bei Großflughäfen sowie im internationalen Luftverkehr in der engen Zusammenarbeit deutscher Behörden mit europäischen und internationalen Partnerorganisationen.


Literaturhinweise und weiterführende Regelungen

Zusätzlich zum Luftsicherheitsgesetz gelten weitere relevante Regelungswerke, darunter

  • das Luftverkehrsgesetz (LuftVG)
  • verschiedene Luftsicherheitsverordnungen auf nationaler und europäischer Ebene

Aktuelle Gesetzestexte und weitere Informationen sind über die Seiten des Bundesministeriums des Innern und für Heimat sowie des Luftfahrt-Bundesamtes erhältlich.


Zusammenfassung

Das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) stellt das zentrale Regelwerk zur Gewährleistung der Sicherheit im zivilen Luftverkehr in Deutschland dar. Es umfasst umfangreiche Vorschriften zur Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen, zur Kontrolle des Zugangs zu Flughäfen und Luftfahrzeugen, zur Überprüfung von Personal sowie zur Zusammenarbeit der Behörden in nationalen und internationalen Kontexten. Das Gesetz ist eingebettet in ein komplexes Netz nationaler, europäischer und internationaler Regelungen und wird laufend fortentwickelt, um neuen Gefahrenlagen Rechnung zu tragen und die Sicherheit im Luftverkehr dauerhaft zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist nach dem Luftsicherheitsgesetz für die Durchführung von Zuverlässigkeitsüberprüfungen verantwortlich?

Für die Durchführung von Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) sind die jeweils zuständigen Landesbehörden verantwortlich. In Deutschland handelt es sich hierbei regelmäßig um die Luftsicherheitsbehörden der Bundesländer. Nach § 7 LuftSiG erfolgt die Überprüfung von Personen, die im Bereich eines Flughafens tätig sind oder Zugang zu sensiblen Bereichen benötigen – darunter z. B. Bodenabfertigungspersonal, Technikpersonal, Flugzeugbesatzungen oder Personen mit Einfluss auf Fracht und Gepäck. Die jeweiligen Behörden prüfen, ob bei den betroffenen Personen Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit im Sinne des Gesetzes begründen könnten. Hierzu werden in der Regel vielseitige Datenquellen genutzt, u. a. polizeiliche Führungszeugnisse, Daten des Bundeszentralregisters, Auskünfte der Sicherheitsbehörden und ggf. auch ausländische Behörden. Die Zuverlässigkeitsüberprüfung ist Voraussetzung für die Ausstellung einer sogenannten Zutrittsberechtigung zu Sicherheitsbereichen in Luftfahrtanlagen und muss in der Regel in regelmäßigen Abständen wiederholt werden.

Welche Maßnahmen sieht das Luftsicherheitsgesetz zur Abwehr innerer Gefahren vor?

Das Luftsicherheitsgesetz sieht eine Vielzahl von Maßnahmen zur Abwehr innerer Gefahren für die Luftsicherheit vor, die insbesondere in den §§ 5 ff. LuftSiG geregelt sind. Zu den wichtigsten zählen die Durchführung von Sicherheitskontrollen an Passagieren, deren Gepäck sowie anderem mitgeführten Material, um das Einschleusen verbotener Gegenstände zu verhindern. Des Weiteren regelt das LuftSiG Maßnahmen wie das Kontrollieren von Personal, Waren und Fracht, die Zugang zu sicherheitsrelevanten Bereichen erhalten sollen. Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf der Überwachung der Zugangskontrollen zu Luftfahrzeugen und kritischen Flughafenbereichen. Die Betreiber von Flughäfen sind verpflichtet, entsprechende organisatorische und technische Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung dieser Vorschriften sicherzustellen. Neben den Regelungen zur Verhinderung von Angriffen durch Unbefugte stellt das LuftSiG auch explizite Regelungen für die Abwehr von Angriffen aus den Reihen des eigenen Personals (sog. „Insider Threat“) bereit.

Welche Rechte und Pflichten haben Luftfahrtunternehmen nach dem Luftsicherheitsgesetz?

Luftfahrtunternehmen haben nach dem Luftsicherheitsgesetz sowohl umfassende Pflichten als auch bestimmte Rechte. Zu ihren wichtigsten Pflichten zählt die Sicherstellung, dass durch organisatorische, technische und personelle Maßnahmen die Beförderung von Passagieren und Fracht nach den Vorgaben des LuftSiG und der zugehörigen Rechtsverordnungen sicher erfolgt (§§ 8-10 LuftSiG). Sie müssen sicherstellen, dass nur überprüftes und zuverlässiges Personal beschäftigt wird und dass keine unberechtigten Personen Zugang zu sicherheitsrelevanten Bereichen oder Luftfahrzeugen erhalten. Sie sind zudem verpflichtet, bei Gefahrenerkennung unmittelbar die zuständigen Behörden zu informieren und mit diesen umfassend zu kooperieren. Im Rahmen ihrer Rechte dürfen Luftfahrtunternehmen im begrenzten Umfang auch eigene Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Überprüfung implementieren, soweit dies mit den gesetzlichen Vorgaben konform geht. Darüber hinaus haben sie einen Anspruch auf Unterstützung und Schutz durch die staatlichen Sicherheitsorgane.

Welche Bedeutung hat das Luftsicherheitsgesetz bei internationalen Flügen?

Das Luftsicherheitsgesetz hat auch im internationalen Kontext erhebliche Bedeutung, denn viele seiner Vorschriften dienen der Umsetzung internationaler und europäischer Standards (u. a. ICAO Annex 17, EU-Verordnungen im Bereich Luftsicherheit). Dies betrifft insbesondere die Harmonisierung und gegenseitige Anerkennung von Sicherheitsstandards und -kontrollen. Luftfahrtunternehmen und Flughafenbetreiber müssen sicherstellen, dass deutsche Vorgaben auch bei der Abfertigung und Kontrolle von internationalen Flügen eingehalten werden, etwa beim Transfer von Passagieren und Gepäck zwischen in- und ausländischen Strecken. Das LuftSiG stellt sicher, dass Deutschland seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen im Luftverkehrsrecht nachkommt und die Sicherheit sowohl im nationalen als auch internationalen Luftverkehr gewährleistet wird.

Unterliegt die Ausübung hoheitlicher Sicherheitskontrollen nach dem Luftsicherheitsgesetz einem staatlichen Vorbehalt?

Ja, wesentliche Sicherheitskontrollen nach dem Luftsicherheitsgesetz unterliegen grundsätzlich dem sogenannten staatlichen Vorbehalt. Dies bedeutet, dass bestimmte hoheitliche Maßnahmen – insbesondere die Kontrolle von Passagieren und Gepäck sowie die Durchsetzung von Zutrittsbeschränkungen – ausschließlich von staatlichen Organen oder von diesen beliehenen Dritten durchgeführt werden dürfen (§ 5 Abs. 1 LuftSiG). Private Sicherheitsdienste können nur dann mit der Durchführung von Kontrollen betraut werden, wenn diese vorher staatlich zugelassen und überwacht werden. Die Letztverantwortung verbleibt jedoch stets bei den staatlichen Stellen, insbesondere bei den Luftsicherheitsbehörden des Bundes beziehungsweise der Länder. Der staatliche Vorbehalt dient dem Schutz besonders sensibler Bereiche der öffentlichen Sicherheit und ist mehrfach durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt worden.

Wie geht das Luftsicherheitsgesetz mit Datenschutz und dem Schutz personenbezogener Daten um?

Das Luftsicherheitsgesetz enthält detaillierte Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten, insbesondere im Zusammenhang mit der Zuverlässigkeitsüberprüfung und sicherheitsrelevanten Kontrollmaßnahmen (§§ 7, 8, 29 LuftSiG). Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten richtet sich streng nach den Vorgaben des Datenschutzrechts, insbesondere der DSGVO und des Bundesdatenschutzgesetzes. Die Daten dürfen grundsätzlich nur zu Zwecken der Luftsicherheit erhoben und verarbeitet werden, eine Weitergabe an Dritte ist nur in engen gesetzlichen Grenzen zulässig. Betroffene Personen haben umfangreiche Auskunfts- und Widerspruchsrechte. Die Speicher- und Löschfristen sind gesetzlich definiert und erfolgen nach Ablauf der Überprüfungsfristen beziehungsweise mit Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses. Die Einhaltung dieser datenschutzrechtlichen Vorgaben unterliegt zusätzlich der Kontrolle durch Datenschutzbeauftragte der zuständigen Behörden.