Definition und rechtliche Grundlagen des Lohnsteuerjahresausgleichs
Der Lohnsteuerjahresausgleich ist ein steuerrechtlicher Begriff im deutschen Einkommensteuerrecht und bezeichnet eine Berechnung, durch die die während des Kalenderjahres vom Arbeitgeber einbehaltene Lohnsteuer mit der tatsächlich für das Jahr geschuldeten Einkommensteuer abgeglichen wird. Hauptziel des Lohnsteuerjahresausgleichs ist es, etwaige Überzahlungen oder Unterzahlungen der Lohnsteuer für Arbeitnehmerinnen am Jahresende auszugleichen.
Gesetzliche Grundlagen
Die rechtliche Grundlage für den Lohnsteuerjahresausgleich findet sich insbesondere in § 42b Einkommensteuergesetz (EStG) sowie in der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV). Im deutschen Steuerrecht handelt es sich beim Lohnsteuerjahresausgleich um ein Verfahren, das ausschließlich gegenüber Arbeitnehmerinnen Anwendung findet, deren Einkünfte im Wesentlichen aus nichtselbständiger Arbeit stammen.
Zweck und Funktion des Lohnsteuerjahresausgleichs
Der Lohnsteuerjahresausgleich dient dazu, korrekte Verhältnisse zwischen der vom Arbeitgeber einbehaltenen Lohnsteuer und der tatsächlich zu entrichtenden Einkommenssteuer des Arbeitnehmers herzustellen. Im Laufe eines Kalenderjahres können sich steuerrelevante Änderungen ergeben (z. B. Änderung der Steuerklasse oder Freibeträge), die zu Überzahlung oder Unterzahlung führen. Durch den Lohnsteuerjahresausgleich werden diese Abweichungen bereinigt.
Unterschied zur Einkommensteuerveranlagung
Der Lohnsteuerjahresausgleich durch den Arbeitgeber ist abzugrenzen von der Einkommensteuerveranlagung, bei der der Arbeitnehmer eine Einkommensteuererklärung beim zuständigen Finanzamt einreicht. Der Jahresausgleich ist im Regelfall ein automatisiertes Verfahren, das der Arbeitgeber am Ende des Jahres für bestimmte Arbeitnehmerinnen durchführt. Die Einkommensteuerveranlagung hingegen wird individuell beantragt und kann eine weitergehende Steuererstattung oder -nachzahlung zur Folge haben.
Voraussetzungen, Durchführung und Ausschlussgründe
Voraussetzungen für den Lohnsteuerjahresausgleich
Der Arbeitgeber ist gemäß § 42b EStG verpflichtet, den Lohnsteuerjahresausgleich für Arbeitnehmerinnen durchzuführen, sofern diese im Ausgleichszeitraum durchgängig im selben Arbeitsverhältnis beschäftigt wurden und ausschließlich steuerpflichtigen Arbeitslohn bezogen haben. Dabei sind folgende Voraussetzungen maßgeblich:
- Das Dienstverhältnis besteht ununterbrochen vom 1. Januar bis zum 31. Dezember des Ausgleichsjahres.
- Es werden keine weiteren Arbeitslöhne von anderen Arbeitgebern bezogen.
- Es liegen keine Besonderheiten wie Steuerklassenwechsel oder mehrfacher Bezug von Lohnersatzleistungen im Ausgleichszeitraum vor.
Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleichs
Der Lohnsteuerjahresausgleich ist in der Regel im Februar des Folgejahres durch den Arbeitgeber vorzunehmen. Er berechnet mittels der Jahrestabelle, welche Lohnsteuer unter Anwendung der steuerlichen Merkmale (z. B. Steuerklasse, Kinderfreibeträge) des Gesamtjahres angefallen wäre und gleicht diese mit der einbehaltenen Lohnsteuer ab. Dies kann zu einer Rückerstattung an den Arbeitnehmer oder zu einer Nachzahlung führen.
Berechnungsgrundlage
Die Berechnung erfolgt auf Basis des laufenden Arbeitslohns inklusive steuerpflichtiger Sachbezüge. Unregelmäßige Bezüge wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld werden, soweit sie auf das Kalenderjahr anfallen, einbezogen.
Ausschlussgründe und Ausnahmen
Ein Lohnsteuerjahresausgleich durch den Arbeitgeber ist auszuschließen, wenn:
- Der Arbeitnehmer im Kalenderjahr den Arbeitgeber wechselt.
- Nebenverdienste, wie ein weiteres Arbeitsverhältnis, bestehen.
- Der Arbeitnehmer in Steuerklasse II, III, IV oder V beim Splittingtarif geführt wurde und nicht beide Ehegatten im selben Arbeitsverhältnis beschäftigt sind.
- Lohnersatzleistungen (z. B. Krankengeld, Elterngeld) mit Progressionsvorbehalt bezogen wurden.
- Freibeträge (z. B. für Behinderung oder Werbungskosten) eingetragen wurden.
In diesen Fällen sind die betroffenen Arbeitnehmerinnen verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung (Pflichtveranlagung) beim zuständigen Finanzamt einzureichen.
Rechtsfolgen und steuerliche Auswirkungen
Steuerrückerstattung und Nachzahlung
Ergibt die Berechnung im Lohnsteuerjahresausgleich, dass zu viel Lohnsteuer einbehalten wurde, erstattet der Arbeitgeber den zu viel einbehaltenen Betrag im Rahmen der nächsten Gehaltszahlung. Ergibt sich eine Nachzahlung, kann diese ebenfalls mit dem Gehalt verrechnet werden. Eine Nachforderung durch den Arbeitgeber ist allerdings nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer daraufhin nicht schlechter gestellt wird als bei einer späteren Einkommensteuerveranlagung.
Kein Ersatz für die Einkommensteuererklärung
Eine freiwillige Abgabe einer Einkommensteuererklärung (Antragsveranlagung) steht Arbeitnehmerinnen trotz durchgeführtem Lohnsteuerjahresausgleich weiterhin offen. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung können zusätzliche Ausgaben wie Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder Werbungskosten geltend gemacht werden, die im Lohnsteuerabzugsverfahren keine Berücksichtigung fanden.
Abgrenzung zu ähnlichen Verfahren
Lohnsteuerermäßigungsverfahren
Im Gegensatz zum Lohnsteuerjahresausgleich können Arbeitnehmerinnen bereits unterjährig Freibeträge durch das sog. Lohnsteuerermäßigungsverfahren beantragen, wenn mit erhöhten Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen zu rechnen ist. Diese Freibeträge wirken sich steuermindernd auf den laufenden Lohnsteuerabzug aus.
Pflichterklärung und Antragsveranlagung
Der Lohnsteuerjahresausgleich ist nicht mit der Pflicht zur Einkommenssteuererklärung für Arbeitnehmerinnen gleichzusetzen. Eine Pflicht zur Veranlagung besteht insbesondere bei Bezug von Nebeneinnahmen, mehrfachen Arbeitgebern, Steuerklassenkombinationen III/V und IV/IV mit Faktor sowie bei eingetragenen Freibeträgen oder kirchensteuerpflichtigen Zweitjobs.
Bedeutung in der steuerlichen Praxis
Der Lohnsteuerjahresausgleich stellt ein Bindeglied zwischen dem monatlichen Lohnsteuerabzug und der Jahressteuerbelastung dar. Für viele Arbeitnehmerinnen kann er die Steuerlast verringern, sofern während des Jahres zu hohe Lohnsteuer einbehalten wurde. Das Verfahren sorgt somit für steuerliche Gerechtigkeit und wirkt unrichtigen Vorauszahlungen entgegen.
Rechtsentwicklung und aktuelle Tendenzen
Mit der Reform des Lohnsteuerabzugsverfahrens im Zuge der Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) wurden die Voraussetzungen und der Ablauf des Lohnsteuerjahresausgleichs vereinfacht und digitalisiert. Weitere Änderungen ergeben sich aus der fortlaufenden Veränderung des Steuerrechts, mit Anpassungen der Freibeträge und Tarife, sodass die genaue Anwendung des Lohnsteuerjahresausgleichs einer regelmäßigen Überprüfung bedarf.
Siehe auch:
- Lohnsteuerkarte
- Lohnsteuerjahresausgleich
- BMF Schreiben und Verwaltungsanweisungen
Dieser Artikel bietet eine umfassende Erläuterung des Begriffs „Lohnsteuerjahresausgleich“ unter Berücksichtigung aktueller steuerrechtlicher Vorgaben und Entwicklungen.*
Häufig gestellte Fragen
Wann besteht aus rechtlicher Sicht eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung für einen Lohnsteuerjahresausgleich?
Eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs besteht nach § 46 Absatz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) insbesondere in bestimmten Konstellationen. Diese greifen etwa dann, wenn nebeneinander mehrere Arbeitsverhältnisse bestanden und daher von mehreren Arbeitgebern gleichzeitig Lohnsteuerkarten genutzt wurden (sogenannte „Mehrfachbeschäftigung“). Ebenfalls besteht eine Abgabepflicht, wenn außerhalb des Arbeitsverhältnisses weitere Einkünfte von mehr als 410 Euro jährlich erzielt wurden, beispielsweise aus privaten Vermietungseinkünften, selbstständiger Tätigkeit oder Rentenbezug. Außerdem greift die Verpflichtung, wenn bestimmte Freibeträge – etwa für den Behindertenpauschbetrag oder erhöhte Werbungskosten – auf der Lohnsteuerkarte eingetragen worden sind und diese im betreffenden Jahr genutzt wurden. Weiterhin gilt sie für Arbeitnehmer, bei denen der Ehegatten-Arbeitnehmer nach Steuerklasse V oder VI abgerechnet wurde oder die die Kombination der Steuerklassen III/V gewählt haben. Auch im Scheidungsfall, bei Trennung von Ehegatten oder bei Anwendung des Faktorverfahrens in Steuerklasse IV mit Faktor tritt regelmäßig eine Abgabepflicht ein. Abschließend besteht auch eine Erklärungspflicht, wenn das Finanzamt zur Abgabe einer Steuererklärung auffordert, unabhängig von den vorgenannten Voraussetzungen.
Welche Fristen gelten rechtlich für die Abgabe einer Steuererklärung im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs?
Die regulären Fristen für die Abgabe einer verpflichtenden Einkommensteuererklärung, zu der auch der Lohnsteuerjahresausgleich zählt, sind im § 149 AO (Abgabenordnung) geregelt. So ist die Steuererklärung grundsätzlich bis zum 31. Juli des Folgejahres beim Finanzamt einzureichen. Wird die Steuererklärung durch einen steuerlichen Berater bzw. Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein erstellt, verlängert sich die Frist in der Regel bis zum letzten Februartag des übernächsten Jahres. Zu beachten ist, dass bei Versäumen der Frist das Finanzamt einen Verspätungszuschlag nach § 152 AO festsetzen kann. Gibt das Finanzamt jedoch ausdrücklich einen anderen Termin vor, ist dieser verbindlich. Bei freiwilliger Abgabe (Antragsveranlagung) ohne gesetzliche Verpflichtung (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) beträgt die Frist rückwirkend 4 Jahre; die Abgabe ist in diesem Zeitraum möglich, solange noch kein Steuerbescheid oder keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
Welche rechtlichen Korrekturmöglichkeiten bestehen, wenn der Steuerbescheid aufgrund des Lohnsteuerjahresausgleichs fehlerhaft ist?
Sollte der Steuerbescheid nach Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleichs fehlerhaft sein, können Steuerpflichtige innerhalb der Einspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheids einen Rechtsbehelf (Einspruch) gemäß § 355 AO einlegen. Nach Ablauf der Einspruchsfrist ist eine Änderung nur noch unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Nach § 172 AO kann der Steuerbescheid beispielsweise geändert werden, wenn er zugunsten des Steuerpflichtigen erfolgt. Daneben besteht die Möglichkeit einer Änderung nach § 173 AO, etwa bei nachträglich bekannt werdenden Tatsachen oder Beweismitteln. Ferner kann bei offenbaren Unrichtigkeiten, etwa Schreib- oder Rechenfehlern, eine Korrektur nach § 129 AO erfolgen. Ist die Steuer bereits bestandskräftig festgesetzt, bleibt dennoch ein Antrag auf schlichte Änderung oder ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, falls die Frist unverschuldet versäumt wurde.
Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann eine freiwillige Steuererklärung (Antragsveranlagung) erfolgen?
Wer gesetzlich nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist, kann dennoch eine freiwillige Steuererklärung nach § 46 Absatz 2 Nr. 8 EStG (sogenannte Antragsveranlagung) abgeben. Diese Möglichkeit besteht typischerweise für Arbeitnehmer, die ausschließlich Arbeitslohn bezogen haben und keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte erzielen. Eine Antragsveranlagung kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn Lohnersatzleistungen (z.B. Krankengeld, Elterngeld) bezogen, Aufwendungen für Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen entstanden sind, die zu einer Steuererstattung führen könnten. Die Voraussetzungen sind außerdem, dass keine der Bedingungen zur verpflichtenden Abgabe (insbesondere keine Steuerklassenkombination III/V oder VI, keine eingetragenen Freibeträge) vorliegen. Zu beachten ist, dass für die freiwillige Abgabe eine Frist von vier Jahren besteht, gerechnet ab dem Ende des betreffenden Steuerjahres.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Nichtabgabe einer verpflichtenden Steuererklärung?
Wird eine gesetzlich verpflichtende Steuererklärung, etwa bei Vorliegen der in § 46 Abs. 2 EStG benannten Konstellationen, nicht oder verspätet abgegeben, kann das Finanzamt zunächst eine Erinnerung oder eine Aufforderung zur Abgabe aussprechen. Erfolgt auch dann keine Einreichung, ist das Finanzamt nach § 162 AO zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt. Zudem kann ein Verspätungszuschlag nach § 152 AO festgesetzt werden. Im Falle einer Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung, beispielweise durch unterlassene Angaben von Nebeneinkünften, drohen strafrechtliche Konsequenzen nach §§ 369 ff. AO (Finanzordnungswidrigkeit bis Steuerhinterziehung). Im Falle einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ist neben Nachzahlungsforderungen mit weiteren Sanktionen, ggf. auch Freiheitsstrafe zu rechnen.
Wie ist die Rechtslage bei Korrekturen bereits eingereichter Steuererklärungen?
Sollten sich nachträglich Fehler oder Irrtümer in einer bereits eingereichten Steuererklärung herausstellen, können Steuerpflichtige diese bis zur Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids aktiv korrigieren. Auch nach Erlass eines Bescheids kann durch Abgabe einer berichtigten Erklärung oder durch Einspruch (§ 347 AO in Verbindung mit § 172 AO) der Bescheid überprüft werden. Zudem besteht regelmäßig eine Pflicht zur Anzeige nachträglich bekannt gewordener steuerrelevanter Tatsachen (§ 153 AO), wenn diese zu einer höheren Steuer führen würden. Erfolgt die Korrektur zur eigenen Entlastung, sollte sie rechtzeitig vor Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist erfolgen; andernfalls sind die Korrekturmöglichkeiten auf die in der Abgabenordnung vorgegebenen Ausnahmefälle nach Eintritt der Bestandskraft beschränkt.
Welche rechtlichen Mitwirkungspflichten bestehen während der Bearbeitung des Lohnsteuerjahresausgleichs durch das Finanzamt?
Steuerpflichtige sind nach den Vorschriften der Abgabenordnung (insbesondere § 90 AO) verpflichtet, bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mitzuwirken. Dies umfasst insbesondere die vollständige und wahrheitsgemäße Angabe aller steuerrelevanten Daten sowie das unverzügliche Nachreichen angeforderter Unterlagen. Kommen Steuerpflichtige diesen Pflichten nicht nach, kann das Finanzamt nach § 162 AO eine Schätzung vornehmen. Im Zuge verfahrensrechtlicher Maßnahmen besteht zudem die Verpflichtung, auf Anforderung etwaige Nachweise – wie Lohnbescheinigungen, Nachweise zu Sonderausgaben, Belege für außergewöhnliche Belastungen – vorzulegen. Wird die Mitwirkung verweigert oder werden Unterlagen nicht erbracht, können Zwangsmittel nach § 328 AO festgesetzt werden.