Begriff und rechtliche Einordnung des Lohnsteuerhilfevereins
Ein Lohnsteuerhilfeverein ist eine besondere Form der Selbsthilfeeinrichtung, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie weiteren definierten Personen Hilfestellung im Zusammenhang mit der Einkommensteuer und verwandten Steuerangelegenheiten bietet. Die rechtlichen Grundlagen eines Lohnsteuerhilfevereins sind umfassend im Einkommensteuergesetz (EStG) sowie in der Steuerberatervergütungsverordnung (StBV) und insbesondere im Steuerberatungsgesetz (StBerG) geregelt. Lohnsteuerhilfevereine übernehmen in einem gesetzlich fest umrissenen Rahmen Beratungsleistungen, ohne selbst Teil der Steuerberatungsberufe zu sein.
Rechtliche Grundlagen
Gesetzliche Grundlage
Die wesentliche rechtliche Grundlage findet sich im § 4 Nr. 11 StBerG. Demnach darf ein Lohnsteuerhilfeverein ausschließlich im Rahmen der Befugnisse nach dem Steuerberatungsgesetz tätig werden. Dies betrifft insbesondere Beschränkungen im Hinblick auf Umfang, Personenkreis sowie Art der Steuerhilfe.
Staatliche Aufsicht
Lohnsteuerhilfevereine unterliegen gemäß § 13 StBerG der Aufsicht der jeweils zuständigen Landesfinanzbehörde. Diese übt Überwachungsrechte im Zusammenhang mit der Gründung, Registrierung und ordnungsgemäßen Geschäftsführung der Vereine aus.
Anerkennung und Registrierung
Ein Lohnsteuerhilfeverein bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit einer staatlichen Anerkennung. Mit der Anerkennung werden Name, Satzung sowie die Geschäftsführung des Vereins geprüft. Voraussetzungen für die Anerkennung sind unter anderem:
- Gemeinnützige Ausrichtung gemäß § 4 Nr. 11 StBerG
- Führung eines Verzeichnisses der Mitglieder
- Nachweis geordneter Vermögensverhältnisse
- Nachweis einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung
Zulässige Tätigkeiten
Umfang der Beratung
Die Tätigkeit eines Lohnsteuerhilfevereins ist in § 4 Nr. 11 StBerG auf die Hilfeleistung in Steuersachen für Mitglieder in beschränktem Umfang beschränkt. Dies umfasst insbesondere:
- Erstellung der Einkommensteuererklärung
- Prüfung von Einkommensteuerbescheiden
- Einlegen von Rechtsbehelfen gegen solche Bescheide
- Beratung in lohnsteuerlichen Fragen
Ein Lohnsteuerhilfeverein darf ausschließlich für Mitglieder tätig werden und diese nur im Rahmen ihrer Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit einschließlich etwaiger sonstiger Einkünfte beraten, solange keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbstständiger oder freiberuflicher Tätigkeit vorliegen.
Abgrenzung zu anderen Steuerberatungstätigkeiten
Lohnsteuerhilfevereine dürfen keine Tätigkeiten ausüben, die nach § 4 StBerG ausschließlich Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten oder Wirtschaftsprüfern gestattet sind. Dies schließt insbesondere die steuerliche Beratung von Unternehmen, Gewerbetreibenden und Selbstständigen aus.
Mitgliedschaft und Beitragspflicht
Erwerb der Mitgliedschaft
Die Inanspruchnahme der Leistungen ist an eine Mitgliedschaft gebunden. Dem Lohnsteuerhilfeverein ist es vorbehalten, über die Aufnahme neuer Mitglieder zu entscheiden. Mitglieder müssen eine jährliche Mitgliedsgebühr entrichten, deren Höhe nach sozialer Staffelung erfolgen kann.
Vergütung
Die erbrachten Leistungen werden durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Eine darüberhinausgehende Honorierung der Beratungsleistung ist gesetzlich untersagt. Die Gebührengestaltung muss sozialverträglich und transparent erfolgen.
Organisation und interne Struktur
Vereinsinterne Organisation
Lohnsteuerhilfevereine sind rechtsfähige Vereine im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Sie unterliegen satzungsmäßigen Bestimmungen, die insbesondere die Willensbildung in der Mitgliederversammlung, die Besetzung des Vorstands und die interne Überwachung (z.B. durch Kassenprüfer) regeln.
Geschäftsführung und Verantwortlichkeiten
Die Geschäftsführung muss über die fachliche Eignung und Erfahrung zur ordnungsgemäßen Leitung eines Lohnsteuerhilfevereins verfügen. Die Verantwortlichkeiten ergeben sich aus der Satzung und den gesetzlichen Regelungen. Nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung kann zur Entziehung der Anerkennung führen.
Haftung und Aufsicht
Haftung
Lohnsteuerhilfevereine sind zur Unterhaltung einer angemessenen Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet. Im Schadensfall haften die Vereine für Fehler im Rahmen ihrer Beratungsleistung.
Aufsicht und Sanktionen
Die Landesfinanzbehörden führen regelmäßig Prüfungen durch. Bei Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften drohen Sanktionen bis hin zum Entzug der Anerkennung, Löschung aus dem Register und vereinsrechtlichen Maßnahmen.
Berufsrechtliche Vorschriften
Verschwiegenheitspflicht
Lohnsteuerhilfevereine unterliegen der Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich personenbezogener Daten und steuerlicher Informationen ihrer Mitglieder nach den einschlägigen Vorschriften des Datenschutz- und Steuerrechts.
Werbung und Außendarstellung
Erlaubt ist sachliche Werbung für die eigenen Leistungen im Rahmen von § 8 StBerG. Irreführende oder überhöhte Werbeaussagen sind untersagt.
Abgrenzung zu anderen Steuerberatungsformen
Lohnsteuerhilfevereine grenzen sich durch die Beschränkung des Tätigkeitsbereichs, den Personenkreis und die gemeinnützige Ausrichtung klar von anderen steuerberatenden Berufen ab. Sie erfüllen eine Brückenfunktion für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die steuerliche Beratung benötigen, jedoch nicht unternehmensbezogene oder vollumfängliche Steuerberatung in Anspruch nehmen müssen.
Literatur und weiterführende Links
- Steuerberatungsgesetz (StBerG)
- Einkommensteuergesetz (EStG)
- Landesrechtliche Vorschriften zur Überwachung und Anerkennung von Lohnsteuerhilfevereinen
- Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine e.V.
Lohnsteuerhilfevereine stellen damit eine gesetzlich klar geregelte und überwachte Selbsthilfeeinrichtung im deutschen Steuerrecht dar, deren Tätigkeit, Organisation sowie Rechte und Pflichten detailliert normiert sind.
Häufig gestellte Fragen
Wer darf Mitglied in einem Lohnsteuerhilfeverein werden?
Mitglied in einem Lohnsteuerhilfeverein dürfen grundsätzlich nur Arbeitnehmer, Rentner, Pensionäre und Unterhaltsempfänger werden, soweit sie ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wiederkehrende Bezüge (wie Versorgungsbezüge oder Renten) und/oder bestimmte steuerfreie Einkünfte erzielen (§ 4 Nr. 11 StBerG). Selbständige, Gewerbetreibende und Freiberufler sind von der Mitgliedschaft ausgeschlossen, sofern sie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit haben. Außerdem dürfen bestimmte steuerbezogene Nebeneinkünfte nicht über den Lohnsteuerhilfeverein abgerechnet werden, etwa wenn die Einkünfte insgesamt eine bestimmte Höhe überschreiten oder Einkünfte, die nicht im Zusammenhang mit der Arbeitnehmereigenschaft stehen, erzielt werden. Diese Einschränkung zielt darauf ab, den Tätigkeitsbereich von Lohnsteuerhilfevereinen im Einklang mit der gesetzlich definierten Beratungsbefugnis zu halten. Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen ist zudem stets eine aktive Mitgliedschaft im jeweiligen Verein.
Welche Beratungsbefugnisse haben Lohnsteuerhilfevereine nach dem Steuerberatungsgesetz?
Die Beratungsbefugnisse von Lohnsteuerhilfevereinen sind im § 4 Nr. 11 StBerG (Steuerberatungsgesetz) geregelt. Lohnsteuerhilfevereine dürfen nur in bestimmten, klar abgesteckten Steuerangelegenheiten beraten, nämlich ausschließlich hinsichtlich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Renten und Versorgungsbezügen, wiederkehrenden Bezügen sowie bestimmter steuerfreier Einkünfte. Hierzu zählt auch die Erstellung der Einkommensteuererklärung und die Beratung zu den zugehörigen Anträgen (z. B. Kindergeld, Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Freibeträge). Die Beratung in Zusammenhang mit selbständiger oder gewerblicher Tätigkeit, Vermietung, Kapitalvermögen oder Land- und Forstwirtschaft ist hingegen grundsätzlich ausgeschlossen. Darüber hinaus dürfen Lohnsteuerhilfevereine Beratungsleistungen nur gegenüber ihren Mitgliedern und im Rahmen ihrer Satzung erbringen und dürfen keine Rechtsbehelfe auf dem Rechtsweg für ihre Mitglieder führen, also zum Beispiel keine Klagen vor Finanzgerichten erheben.
Wie ist die Haftung eines Lohnsteuerhilfevereins gegenüber seinen Mitgliedern geregelt?
Ein Lohnsteuerhilfeverein haftet nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (§§ 280 ff. BGB) für Schäden, die einem Mitglied durch fehlerhafte Beratung oder fehlerhafte Erstellung der Steuererklärung entstehen. Voraussetzung für die Haftung ist das Vorliegen einer Pflichtverletzung, beispielsweise durch mangelnde Sorgfalt, fehlende Sachkenntnis oder das Überschreiten der gesetzlich zulässigen Beratungsbefugnisse. Im Falle der Haftung besteht für Lohnsteuerhilfevereine die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gemäß § 27 StBerG, um eine angemessene Erfüllung etwaiger Schadenersatzansprüche zu gewährleisten. Die Haftungsansprüche können sich auf direkte Vermögensschäden durch Steuernachzahlungen, Versäumniszuschläge oder Zinsen erstrecken, sofern diese auf eine fehlerhafte Beratung zurückzuführen sind.
Welche Aufsicht und Kontrolle unterliegen Lohnsteuerhilfevereine?
Lohnsteuerhilfevereine unterliegen der Aufsicht der jeweils zuständigen Oberfinanzdirektion bzw. Landesfinanzbehörde (§ 32 StBerG). Die Aufsichtsbehörden überprüfen regelmäßig die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung der Satzung, die Rechtmäßigkeit der Mitgliedschaft, die ordnungsgemäße Durchführung der Beratungstätigkeit und die Einhaltung der Beschränkungen der Beratungsbefugnis. Zu diesem Zweck kann die Aufsichtsbehörde Prüfungen in den Beratungsstellen durchführen, Vereinsunterlagen einsehen und gegebenenfalls Anweisungen zur Behebung von Mängeln erteilen. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen kann die Behörde Bußgelder verhängen oder im schlimmsten Fall die Erlaubnis zum Betreiben des Vereins widerrufen.
Wie wird der Datenschutz in Lohnsteuerhilfevereinen geregelt?
Lohnsteuerhilfevereine sind verpflichtet, die datenschutzrechtlichen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) einzuhalten. Sie dürfen personenbezogene Daten der Mitglieder nur insoweit erheben, verarbeiten und nutzen, wie dies für die Erfüllung der steuerlichen Beratungs- und Vertretungsaufgaben zwingend erforderlich ist. Eine Weitergabe von Mitgliederdaten an Dritte ist – mit Ausnahme gesetzlicher Verpflichtungen oder ausdrücklicher Einwilligung des Mitglieds – untersagt. Zudem müssen Lohnsteuerhilfevereine technische und organisatorische Maßnahmen treffen, um die Vertraulichkeit und Sicherheit der Daten zu gewährleisten, einschließlich einer sicheren Aufbewahrung und Kontrolle der Zugriffsrechte. Verstöße gegen Datenschutzpflichten können zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen sowie zu Schadensersatzansprüchen der Mitglieder führen.
Welche gesetzlichen Anforderungen gelten an die Qualifikation der Beratungsstellenleiter?
Die Qualifikation der Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins ist in § 23 StBerG geregelt. Demnach müssen Beratungsstellenleiter über eine fachliche Eignung verfügen, die durch eine abgeschlossene Ausbildung im steuerlichen Bereich (z.B. Steuerfachangestellter, Steuerfachwirt, Bilanzbuchhalter) und eine mehrjährige praktische Berufserfahrung nachgewiesen werden muss. Zusätzlich fordert das Gesetz eine fortlaufende berufliche Weiterbildung, um die Qualität der steuerlichen Beratung sicherzustellen. Der Verein ist verpflichtet, die Qualifikationsnachweise der Beratungsstellenleiter regelmäßig der Aufsichtsbehörde vorzulegen und etwaige Veränderungen im Personalbestand unverzüglich zu melden.
Welche Mitgliedsbeiträge dürfen Lohnsteuerhilfevereine erheben und wie werden sie festgelegt?
Lohnsteuerhilfevereine finanzieren sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge (§ 21 Abs. 1 StBerG). Die Höhe der Beiträge wird grundsätzlich von der Mitgliederversammlung des Vereins in einer Beitragsordnung festgelegt. Diese Beiträge müssen sozial gestaffelt sein, das heißt, sie sind nach den wirtschaftlichen Verhältnissen (z. B. Einkommenshöhe) der Mitglieder zu differenzieren, um eine unzulässige Benachteiligung sozial schwächerer Gruppen zu vermeiden. Die Erhebung von zusätzlichen Gebühren für einzelne Beratungsleistungen oder die Abrechnung nach Zeitaufwand ist unzulässig; Sämtliche Leistungen müssen im Rahmen des Jahresbeitrags erbracht werden. Verstöße gegen diese Sozialstaffelung oder gegen das Gebot der Einmaligkeit des Beitragsmodells können zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen führen.