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Liquidation (Abwicklung)


Begriff und rechtliche Einordnung der Liquidation (Abwicklung)

Die Liquidation (auch: Abwicklung) bezeichnet im rechtlichen Kontext die geordnete Beendigung einer Gesellschaft, Vermögensmasse oder Körperschaft durch die Verwertung ihrer Vermögensgegenstände und die Verteilung des Erlöses an die Gläubiger sowie, nach deren vollständiger Befriedigung, an die Gesellschafter oder Mitglieder. Sie stellt einen eigenständigen Rechtsprozess dar, der regelmäßig auf die Auflösung bestimmter Rechtsträger folgt und durch gesetzliche Vorschriften detailliert geregelt ist. Ziel der Liquidation ist die vollständige Abwicklung der laufenden Geschäfte, die Realisierung des Gesellschaftsvermögens sowie die Tilgung von Schulden und abschließende Verteilung eventueller Restbeträge.


Die Abgrenzung der Liquidation von verwandten Begriffen

Die Liquidation ist deutlich abzugrenzen von anderen Formen der Gesellschaftsbeendigung, insbesondere der Insolvenz. Während bei der Liquidation grundsätzlich ausreichend Gesellschaftsvermögen zur Bedienung aller Verbindlichkeiten vorhanden ist, liegt bei der Insolvenz Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor. Die Liquidation kann zudem nicht nur bei Kapitalgesellschaften, sondern auch bei Personengesellschaften, Vereinen oder Stiftungen relevant werden.


Rechtsgrundlagen der Liquidation

Gesellschaftsrechtliche Vorschriften

Die wichtigsten Rechtsgrundlagen finden sich sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) als auch in speziellen gesellschaftsrechtlichen Regelungen. Für das deutsche Recht sind insbesondere folgende Vorschriften von Relevanz:

  • §§ 145 ff. HGB: Regelungen zur Liquidation von Offenen Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG)
  • §§ 60 ff. GmbHG: Vorschriften zur Auflösung und Abwicklung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH)
  • §§ 264 ff. AktG: Liquidation von Aktiengesellschaften (AG)
  • §§ 47 ff. BGB: Liquidation eingetragener Vereine

Daneben bestehen für Genossenschaften, Stiftungen und besondere Rechtsformen eigene Abwicklungsvorschriften.

Grundsätzlicher Ablauf der Liquidation

Die Liquidation ist regelmäßig durch bestimmte Schritte gekennzeichnet:

  1. Auflösung der Gesellschaft
  2. Bekanntmachung der Auflösung sowie der Liquidation
  3. Abwicklung der laufenden Geschäfte
  4. Verwertung des Gesellschaftsvermögens
  5. Befriedigung der Gläubiger
  6. Verteilung eines etwaigen Restvermögens
  7. Löschung der Gesellschaft im Handels- bzw. Vereinsregister

Ablauf der Liquidation

1. Auflösung als Voraussetzung

Die Liquidation setzt die vorherige Auflösung des Rechtsträgers voraus. Diese kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen, etwa durch Gesellschafterbeschluss, Fristablauf, Erreichen oder Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks, durch gerichtliche Entscheidung oder in gesetzlich geregelten Sonderfällen.

2. Bestellung der Liquidatoren

Nach Auflösung der Gesellschaft werden die sogenannten Liquidatoren bestellt, die die Aufgaben der Geschäftsführung übernehmen und die Gesellschaft als solche abwickeln. Sie repräsentieren die Gesellschaft nach außen und sind für die rechtmäßige Durchführung der Liquidation verantwortlich.

Rechte und Pflichten der Liquidatoren

Die Liquidatoren haben die Verpflichtung, das Gesellschaftsvermögen zu sichern, laufende Geschäfte zu beenden, Vermögenswerte zu veräußern und offene Forderungen einzuziehen. Überdies müssen sie die Gesellschafts- und Handelsbücher führen und Nachforderungen der Gläubiger abwickeln.

3. Bekanntmachung

Die Einleitung der Liquidation ist öffentlich bekannt zu machen. Hierbei ist insbesondere die sogenannte Gläubigeraufrufpflicht (§ 65 Absatz 2 GmbHG, § 273 Absatz 2 AktG) zu beachten, wonach die Gläubiger der Gesellschaft zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufgefordert werden.

4. Befriedigung der Gläubiger und Verwertung des Vermögens

Nach Ablauf gesetzlicher Sperrfristen und erfolgter Gläubigerbefriedigung wird das verbliebene Vermögen an die Gesellschafter verteilt. Die Verwertung des Gesellschaftsvermögens erfolgt regelmäßig durch Einzelveräußerung, kann aber auch im Ganzen oder unter Zustimmung der Gesellschafter stattfinden.

5. Schlussrechnung und Löschung

Mit Abschluss der Liquidation ist eine Schlussrechnung zu erstellen, deren Prüfung teilweise gesetzlichen Vorgaben unterliegt. Abschließend erfolgt die Löschung der Gesellschaft aus dem Register; erst dadurch erlischt der Rechtsträger endgültig.


Sonderfälle der Liquidation

Liquidation in der Insolvenz

Wenn bei Auflösung der Gesellschaft Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit festgestellt wird, greift die Insolvenzzwangsabwicklung. Die gesellschaftsrechtliche Liquidation wird durch das Insolvenzverfahren abgelöst, bei welchem die Insolvenzordnung (InsO) Anwendung findet und ein Insolvenzverwalter statt eines Liquidators zuständig ist.

Liquidation von Vereinen, Stiftungen und Genossenschaften

Für eingetragene Vereine und Stiftungen existieren spezielle Regelungen:

  • Vereine: §§ 47 ff. BGB regeln die Abwicklung, Bestellung der Liquidatoren und die Verteilung des Vereinsvermögens.
  • Stiftungen: Hier bestehen besondere steuerliche und aufsichtsrechtliche Anforderungen, häufig unter Einbindung der Stiftungsaufsicht.
  • Genossenschaften: Auch für sie sind Abwicklungsverfahren im Genossenschaftsgesetz (GenG) detailliert geregelt.

Steuerliche Aspekte der Liquidation

Die Liquidation kann steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen, insbesondere im Bereich der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Im Zuge der Liquidationsschlussbilanz sind steuerliche Pflichten zu erfüllen und etwaige Liquidationsgewinne zu versteuern. In der Regel kann die zuständige Finanzbehörde die Verteilung des Restvermögens untersagen, bis alle steuerlichen Verpflichtungen erfüllt sind.


Bedeutung der Liquidation im internationalen und europäischen Recht

Im internationalen sowie im europäischen Kontext gelten teilweise abweichende Vorschriften über Unternehmensliquidationen und deren Registerpublizität. Die grenzüberschreitende Verschmelzung, Sitzverlagerung und Liquidation unterliegen zum Teil EU-einheitlichen Regelungen nach der EU-Gesellschaftsrechtsrichtlinie. Eine spezifische Rolle spielt zudem das Insolvenzrecht, dessen Vorschriften im Rahmen der EU-Insolvenzverordnung entsprechend zu beachten sind.


Beendigung der Liquidation und Nachtragsliquidation

Mit der Löschung der Gesellschaft endet grundsätzlich ihre Rechtsfähigkeit. Sollten nach der Löschung noch Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sein, etwa das Auftauchen unbekannten Vermögens oder das Auftauchen von Nachforderungen, kommt eine sogenannte Nachtragsliquidation in Betracht, die durch gerichtlichen Beschluss wieder eingeleitet werden kann.


Zusammenfassung

Die Liquidation (Abwicklung) ist ein gesetzlich normierter Vorgang zur ordnungsgemäßen Beendigung eines Rechtsträgers. Charakteristisch sind die Verwertung des Gesellschaftsvermögens, Befriedigung der Gläubiger und Verteilung des verbleibenden Vermögens. Die Liquidation unterscheidet sich grundlegend von der Insolvenz und ist von umfangreichen gesetzlichen Vorgaben geprägt, die je nach Rechtsform, Anlass und individueller Ausgangslage variieren. Zudem sind steuerliche Pflichten und internationale Regelungen zu beachten, wobei die endgültige Beendigung erst mit der Registerlöschung und gegebenenfalls nach einer Nachtragsliquidation erfolgt.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Schritte sind bei der Einleitung einer Liquidation zu beachten?

Die Einleitung einer Liquidation – auch als Abwicklung bezeichnet – ist im Gesellschaftsrecht klar geregelt und erfolgt grundsätzlich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie nach den einschlägigen Bestimmungen des jeweiligen Gesellschaftsvertrages und ggf. des GmbH-Gesetzes oder Aktiengesetzes. Zunächst ist ein wirksamer Auflösungsbeschluss der Gesellschafterversammlung oder Hauptversammlung zu fassen, dessen Form (meist notariell beurkundet) und Mehrheitserfordernisse sich aus der jeweiligen Gesellschaftsform und dem Gesellschaftsvertrag ergeben. Anschließend erfolgt die Anmeldung der Auflösung zur Eintragung ins Handelsregister, wobei die Liquidatoren, die das Unternehmen abwickeln, ebenfalls zu benennen und einzutragen sind. Die Abwicklungstätigkeit beginnt mit der Veröffentlichung der Auflösung und der Aufforderung an Gläubiger, sich zu melden (Gläubigeraufruf). Es sind gesetzlich zwingende Fristen einzuhalten, innerhalb derer Ansprüche geltend gemacht werden können. Zudem müssen steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte beachtet werden, unter anderem die Erstellung einer sogenannten Liquidationsschlussbilanz und etwaiger Zwischenbilanzen. Erst wenn sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft beglichen, die Vermögensverteilung vorgenommen und die Vorschriften vollständig erfüllt sind, kann die Gesellschaft endgültig aus dem Handelsregister gelöscht werden.

Welche gesetzlichen Fristen gelten während des Liquidationsverfahrens?

Während des Liquidationsverfahrens sind mehrere gesetzliche Fristen zu beachten, deren Nichteinhaltung rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Ein zentrales Element ist die sog. Sperrjahrfrist, die bei Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH oder AG) mindestens ein Jahr nach der Bekanntmachung der Auflösung beträgt (§ 73 GmbHG, § 272 AktG). Innerhalb dieses Sperrjahres darf keine Vermögensverteilung an Gesellschafter erfolgen; zunächst müssen alle bekannten und unbekannten Gläubiger Gelegenheit haben, ihre Ansprüche anzumelden. Der Gläubigeraufruf selbst ist unverzüglich nach Beginn der Liquidation im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und stellt den Fristbeginn dar. Des Weiteren bestehen steuerliche Fristen im Zusammenhang mit der Abgabe von Steuererklärungen und Anmeldung der Liquidation beim Finanzamt (§ 16 UStG, § 11 KStG). Nach Abschluss der Liquidation muss die Löschung aus dem Handelsregister unverzüglich beantragt werden. Verstöße gegen Fristvorgaben, insbesondere bei der Gläubigerbefriedigung, können Schadensersatzansprüche gegen Liquidatoren oder Gesellschafter begründen.

Wer kann zum Liquidator bestellt werden und welche rechtlichen Pflichten hat er?

Zur Liquidatorin oder zum Liquidator können entweder bereits bestellte Geschäftsführer, Vorstände oder Dritte durch Beschluss der Gesellschafterversammlung (bei einer GmbH) oder Hauptversammlung (bei einer AG) gewählt werden. In Ausnahmefällen bestellt das Registergericht die Liquidatoren, etwa wenn die Gesellschaft keine Organe mehr hat. Die Bestellung und Abberufung bedürfen jeweils der Anmeldung und Eintragung in das Handelsregister. Liquidatoren haben die gesetzliche Pflicht, alle Gläubiger zu befriedigen sowie das Vermögen der Gesellschaft zu verwerten und zu verteilen (§ 70 ff. GmbHG, § 265 ff. AktG). Sie sind verpflichtet, ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Abwicklungsverfahren durchzuführen, ein besonderes Liquidationskonto zu führen, regelmäßige (Jahres-) Abschlüsse zu erstellen und u.a. steuerlich relevante Unterlagen zu archivieren. Zudem haften sie zivilrechtlich für Pflichtverletzungen sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber Dritten.

Wie erfolgt die Behandlung von bestehenden Gesellschaftsverträgen und Dauerschuldverhältnissen während der Liquidation?

Alle laufenden Verträge, insbesondere Dauerschuldverhältnisse, bleiben grundsätzlich auch nach Einleitung der Liquidation wirksam, sofern sie nicht ausdrücklich gekündigt oder im Gesellschaftsvertrag eine automatische Beendigung bei Auflösung vorgesehen ist. Das primäre Ziel während der Liquidation ist jedoch, diese Verhältnisse zu beenden oder zu erfüllen, um sämtliche Vermögenswerte verfügbar zu machen. Bestehende Dauerschuldverhältnisse (wie Miet-, Leasing-, Arbeits- oder Lieferverträge) können unter den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen gekündigt werden. Wechselwirkungen mit insolvenzrechtlichen Vorschriften, insbesondere bei Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, sind zu beachten. Besondere Bedeutung kommt der rechtssicheren Kündigung und der vollständigen Abrechnung zu, um spätere Haftungsansprüche gegen die Gesellschaft oder die Liquidatoren zu vermeiden.

Welche Ansprüche können Gläubiger und Gesellschafter während und nach der Liquidation geltend machen?

Gläubiger haben während der Liquidation einen unmittelbaren Anspruch auf Befriedigung ihrer offenen Forderungen gegen die Gesellschaft. Sie müssen sich auf den Gläubigeraufruf hin melden und ihre Ansprüche anmelden. Gesellschafter erhalten etwaige Vermögensüberschüsse erst nach vollständiger Befriedigung aller Gläubiger (Grundsatz des Nachrangs). Wichtig ist, dass auch unbekannte oder später gemeldete Gläubiger während der Sperrjahrfrist zu berücksichtigen sind. Nach Abschluss der Liquidation und Löschung aus dem Handelsregister können Ansprüche grundsätzlich nur noch gegen die ehemaligen Gesellschafter geltend gemacht werden, jedoch beschränkt sich deren Haftung üblicherweise auf den Liquidationserlös, soweit dieser ausbezahlt wurde. Ansprüche aus Pflichtverletzungen der Liquidatoren sind gesondert durchsetzbar und unterliegen den jeweiligen Haftungsregelungen.

Gibt es besondere steuerrechtliche Vorschriften im Zusammenhang mit der Liquidation?

Im steuerlichen Kontext sind für die Liquidation mehrere spezielle Vorschriften zu beachten. Die Liquidatoren müssen für jeden Zeitraum bis zur endgültigen Beendigung Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und ggf. andere Steuererklärungen abgeben und etwaige Steuerschulden aus Gesellschaftsmitteln zahlen (§ 11 KStG, § 16 UStG). Die handels- und steuerrechtliche Aufbewahrungsfrist für Geschäftsunterlagen beträgt nach §§ 257 HGB, 147 AO regelmäßig zehn Jahre nach Beendigung der Liquidation. Der steuerliche Abschluss umfasst regelmäßig Zwischen- und Schlussbilanzen, wobei die Bewertung des Vermögens den Liquidationswerten entspricht. Außerdem können durch die Liquidation steuerliche Folgen bei den Gesellschaftern eintreten (z.B. Realisierung von Veräußerungsgewinnen, Besteuerung von Liquidationserlösen).

Was ist bei der Schlussverteilung des verbliebenen Vermögens rechtlich zu beachten?

Die Schlussverteilung des Vermögens erfolgt erst nach Ablauf des Sperrjahrs und der vollständigen Befriedigung aller bekannten und angemeldeten Gläubiger. Der verfügbare Überschuss wird entsprechend den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Regeln unter den Gesellschaftern verteilt. Die Liquidatoren müssen die Schlussbilanz und den Verteilungsplan aufstellen und beides den Gesellschaftern vorlegen. Zuvor sind sämtliche Verbindlichkeiten zu begleichen, Rückstellungen für ungewisse Schulden zu bilden und schwebende Geschäfte abzuwickeln. Die Vermögensverteilung kann sonst zur persönlichen Haftung der Liquidatoren und ggf. der Gesellschafter für nicht befriedigte Gläubiger führen (§§ 73-75 GmbHG, § 273 AktG). Ein etwaiges Restvermögen wird – im Falle fehlender Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag – nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen verteilt.