Lineare Abschreibung: Begriff und Grundprinzip
Die lineare Abschreibung ist eine Methode zur planmäßigen Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines abnutzbaren Wirtschaftsguts gleichmäßig auf dessen voraussichtliche Nutzungsdauer. Der Aufwand fällt dabei periodisch in konstanten Beträgen an. Ziel ist die periodengerechte Abbildung des Werteverzehrs, der durch die Nutzung, den technischen Fortschritt oder die wirtschaftliche Entwertung entsteht.
Im Ergebnis mindert die lineare Abschreibung den buchhalterischen Wert des Vermögensgegenstands (Buchwert) über die Jahre und beeinflusst damit Gewinnermittlung, Bilanzansatz und steuerliche Bemessungsgrundlagen.
Rechtliche Einordnung und Anwendungsbereich
Handelsrechtliche und steuerliche Betrachtung
Die lineare Abschreibung ist in der Rechnungslegung eine zulässige und verbreitete Methode der planmäßigen Abschreibung. In der Steuerbilanz bildet sie regelmäßig den Ausgangspunkt für die Absetzung für Abnutzung. Handelsrechtliche und steuerliche Vorgaben können dabei unterschiedlich akzentuiert sein; maßgeblich sind Ansatz- und Bewertungsgrundsätze, die den tatsächlichen Werteverzehr abbilden und zugleich das Vorsichts- sowie das Stetigkeitsprinzip berücksichtigen.
Anwendungsbereich nach Art des Wirtschaftsguts
Die lineare Abschreibung kommt für abnutzbare, selbstständig nutzbare materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter mit begrenzter Nutzungsdauer in Betracht (z. B. Maschinen, Fahrzeuge, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Software mit befristeter Nutzbarkeit). Nicht abschreibbar sind insbesondere nicht abnutzbare Güter wie Grund und Boden. Für geringwertige Wirtschaftsgüter und bestimmte Sammelposten bestehen Sonderregelungen, die von der linearen Verteilung abweichen können. Finanzanlagen mit unbestimmter Nutzungsdauer werden nicht planmäßig linear abgeschrieben; bei dauerhaften Wertminderungen kommen außerplanmäßige Abschreibungen in Betracht.
Ermittlung der Abschreibungsbasis und der Nutzungsdauer
Anschaffungs- und Herstellungskosten
Bemessungsgrundlage der linearen Abschreibung sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Hierzu zählen regelmäßig der Kaufpreis beziehungsweise die Herstellungskosten sowie unmittelbar zuordenbare Neben- und Folgekosten, die anfallen, um das Wirtschaftsgut in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Preisnachlässe und Zuschüsse mindern die Basis. Nicht aktivierungsfähige laufende Aufwendungen sind nicht Bestandteil der Abschreibungsbasis.
Nutzungsdauer
Die Nutzungsdauer ist der Zeitraum, in dem das Wirtschaftsgut voraussichtlich wirtschaftlich genutzt werden kann. Sie ergibt sich aus der betrieblichen Erfahrung, technischen Gegebenheiten und wirtschaftlichen Entwicklungen. Als Orientierung können veröffentlichte Tabellen und branchenübliche Erfahrungswerte dienen. Die Festlegung der Nutzungsdauer ist zu dokumentieren und bei veränderten Verhältnissen überprüfbar.
Restwerte, Instandhaltung und nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Übliche Instandhaltungen sind laufender Aufwand. Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die die Gebrauchsfähigkeit erweitern oder wesentlich verlängern, erhöhen den Buchwert und werden über die verbleibende Nutzungsdauer verteilt. Ein gesonderter Restwert wird in der Steuerbilanz regelmäßig nicht angesetzt; handelsrechtlich kann ein realistischer Rest- oder Schrottwert berücksichtigt werden, sofern er erheblich und verlässlich bestimmbar ist.
Beginn, Verlauf und Ende der linearen Abschreibung
Beginn der Abschreibung
Die planmäßige Abschreibung beginnt mit der Aufnahme der Nutzung oder der Betriebsbereitschaft des Wirtschaftsguts. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung erfolgt die Verteilung zeitanteilig. Vorbereitende Maßnahmen ohne Nutzung lösen noch keine planmäßige Abschreibung aus.
Planmäßiger Verlauf und Stetigkeit
Der jährliche Abschreibungsbetrag bleibt über die Nutzungsdauer konstant. Die einmal gewählte Methode ist grundsätzlich beizubehalten (Stetigkeit). Ein Methodenwechsel oder eine Anpassung der Nutzungsdauer ist nur bei sachlicher Begründung zulässig und bedarf transparenter Darstellung.
Außerplanmäßige Abschreibungen und Wertaufholungen
Kommt es zu einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung (z. B. durch Beschädigung oder nachhaltige Marktveränderungen), ist eine außerplanmäßige Abschreibung bis zum niedrigeren beizulegenden Wert vorzunehmen. Entfallen die Gründe für die Wertminderung, ist eine Wertaufholung bis maximal zum fortgeführten planmäßigen Buchwert möglich, soweit dies die maßgeblichen Vorschriften zulassen.
Sonderfragen
Gebäude sowie Trennung von Grund und Boden
Bei Grundstücken ist zwischen nicht abnutzbarem Grund und Boden und abnutzbaren Gebäuden zu unterscheiden. Der Boden wird nicht abgeschrieben. Gebäude werden regelmäßig linear über lange Nutzungszeiträume abgeschrieben. Modernisierungen können als nachträgliche Herstellungskosten über die Restnutzungsdauer verteilt werden.
Geringwertige Wirtschaftsgüter und Sammelposten
Für geringwertige Wirtschaftsgüter bestehen steuerliche Vereinfachungen, die die lineare Verteilung ersetzen oder ergänzen können. Ebenso kann für bestimmte Anschaffungsjahre die Bildung von Sammelposten vorgesehen sein, die über festgelegte Zeiträume aufzulösen sind.
Gemischt genutzte Wirtschaftsgüter
Wirtschaftsgüter, die sowohl betrieblich als auch privat genutzt werden, sind im steuerlichen Kontext anteilig der betrieblichen Sphäre zuzuordnen. Die lineare Abschreibung erfasst dann nur den betrieblichen Nutzungsanteil. Die Zuordnung und der Nutzungsumfang sind nachvollziehbar zu dokumentieren.
Komponenten und wesentliche Teile
Besteht ein Vermögenswert aus wesentlichen, unterschiedlich alternden Komponenten (z. B. bei komplexen Anlagen), kann eine getrennte Abschreibung nach Komponenten angezeigt sein, sofern dies zur zutreffenden Abbildung des Werteverzehrs erforderlich ist. Die lineare Methode wird dann komponentenbezogen angewandt.
Leasing, Miete und Investitionen in fremde Wirtschaftsgüter
Ob die lineare Abschreibung beim Nutzenden oder beim Überlassenden erfolgt, hängt von der wirtschaftlichen Zurechnung des Wirtschaftsguts ab. Investitionen in fremde Wirtschaftsgüter (z. B. Mietereinbauten) werden grundsätzlich über den Zeitraum der voraussichtlichen Nutzung verteilt, der häufig an der Vertragslaufzeit orientiert ist.
Veräußerung, Entnahme und Verschrottung
Bei vorzeitiger Veräußerung, Entnahme oder Verschrottung ist der Restbuchwert auszubuchen. Ein entstehender Unterschiedsbetrag zwischen Erlös und Buchwert führt zu einem Gewinn oder Verlust. Zeitanteilige Abschreibung ist bis zum Abgangszeitpunkt vorzunehmen.
Dokumentations- und Nachweispflichten
Die Anwendung der linearen Abschreibung setzt eine ordnungsgemäße Dokumentation voraus. Hierzu gehören ein Anlagenverzeichnis mit Angaben zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten, Nutzungsbeginn, Methode, Nutzungsdauer, nachträglichen Kosten sowie Abgängen. Belege sind aufzubewahren. Die Nachvollziehbarkeit ist insbesondere im Rahmen von Prüfungen von Bedeutung.
Auswirkungen auf Abschluss und steuerliche Bemessung
Die lineare Abschreibung reduziert den Periodengewinn über die Nutzungsdauer gleichmäßig und mindert den Bilanzansatz des Vermögensgegenstands. Abweichungen zwischen handelsrechtlicher und steuerlicher Abschreibung können zu temporären Differenzen führen. Die Wahl konsistenter, sachgerechter Nutzungsdauern beeinflusst die Ergebnisausweis- und Kennzahlenentwicklung.
Häufig gestellte Fragen zur linearen Abschreibung
Was kennzeichnet die lineare Abschreibung im Unterschied zu anderen Methoden?
Die lineare Abschreibung verteilt die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig auf die Nutzungsdauer. Im Gegensatz dazu stellen andere Methoden den Werteverzehr degressiv oder leistungsabhängig dar und führen zu anfangs höheren oder nutzungsintensitätsbezogenen Abschreibungsbeträgen.
Ab wann beginnt die lineare Abschreibung und wie erfolgt die zeitanteilige Verteilung?
Die Abschreibung beginnt, sobald das Wirtschaftsgut betriebsbereit ist oder genutzt wird. Im Anschaffungs- oder Herstellungsjahr erfolgt eine zeitanteilige Erfassung, sodass nur der Zeitraum ab Nutzungsbeginn berücksichtigt wird.
Welche Wirtschaftsgüter sind nicht linear abschreibbar?
Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter, insbesondere Grund und Boden, werden nicht planmäßig abgeschrieben. Ebenfalls nicht linear abgeschrieben werden Vermögenswerte mit unbestimmter Nutzungsdauer; hier kommen nur außerplanmäßige Abschreibungen bei dauerhaften Wertminderungen in Betracht.
Wie wird die Nutzungsdauer rechtlich eingeordnet und bestimmt?
Die Nutzungsdauer richtet sich nach der voraussichtlichen wirtschaftlichen Gebrauchsmöglichkeit im Betrieb. Maßgeblich sind betriebliche Erfahrungen, technische Gegebenheiten und wirtschaftliche Entwicklungen. Veröffentlichte Tabellen können als Orientierung dienen; die Festlegung ist zu begründen und zu dokumentieren.
Darf während der Laufzeit die Abschreibungsmethode gewechselt werden?
Die Stetigkeit der Bilanzierung verlangt grundsätzlich die Beibehaltung der einmal gewählten Methode. Ein Wechsel ist nur bei sachlicher Rechtfertigung zulässig und bedarf einer nachvollziehbaren Darstellung der Gründe.
Wie sind nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu behandeln?
Erhöhen Maßnahmen die Nutzungsdauer oder die Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftsguts wesentlich, werden sie dem Buchwert zugerechnet und über die verbleibende Nutzungsdauer linear verteilt. Laufende Instandhaltungen bleiben als Aufwand erfolgswirksam.
Welche Folgen hat eine Veräußerung vor Ablauf der Nutzungsdauer?
Beim Abgang ist der Restbuchwert auszubuchen. Der Unterschied zwischen Veräußerungserlös und Restbuchwert führt zu einem Gewinn oder Verlust. Bis zum Abgangszeitpunkt ist eine zeitanteilige Abschreibung vorzunehmen.