Begriff und Definition der Liegenschaft
Als Liegenschaft wird im deutschen Recht eine unbewegliche Sache im Sinne von § 94 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bezeichnet. Häufig werden die Begriffe Grundstück, Immobilie und Liegenschaft synonym verwendet, wobei sich im rechtlichen Kontext spezifische Unterschiede ergeben. Überwiegend versteht man unter einer Liegenschaft ein Grundstück einschließlich sämtlicher wesentlicher Bestandteile, wie zum Beispiel Gebäuden und sonstigen aufstehenden Bauwerken.
Rechtliche Grundlagen der Liegenschaft
Gesetzliche Regelungen
Die zentrale Rechtsgrundlage für die Liegenschaft als Rechtsobjekt ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Die §§ 94 bis 1093 BGB enthalten Vorschriften zu Sachen im Allgemeinen, zu Grundstücken, zu deren Bestandteilen sowie zu Rechten an Grundstücken (wie Grunddienstbarkeiten, Nießbrauch und Grundpfandrechten). Im öffentlichen Recht sowie im Steuerrecht finden sich ebenfalls zahlreiche Regelungen, die den Begriff der Liegenschaft betreffen (z.B. Baugesetzbuch, Grundsteuergesetz).
Begriffsabgrenzung
Im rechtlichen Sinne ist die Liegenschaft ein durch das Grundbuch eindeutig (mittels Flurstückskennzeichen und Grundbuchblatt) identifiziertes Grundstück einschließlich der aufstehenden beziehungsweise untrennbar verbundenen Gebäude und Anlagen. Ein Grundstück ist dabei ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als selbständiges Grundstück geführt wird (§ 873 BGB, § 119 Abs. 1 BauGB). Die Liegenschaft umfasst regelmäßig die rechtliche Einheit des Grundstücks einschließlich sämtlicher Zubehörteile im Sinne von § 97 BGB.
Liegenschaft im Sachenrecht
Liegenschaft als unbewegliche Sache
Liegenschaften zählen zu den unbeweglichen Sachen (§ 94 BGB). Hierzu gehören neben der Bodenfläche auch alle fest mit dem Boden verbundenen Bestandteile. Insbesondere Gebäude, die mit Grund und Boden fest verbunden wurden, sind wesentliche Bestandteile der Liegenschaft und teilen deren rechtliches Schicksal. Zubehör, das dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks dauerhaft dient, ist nach § 97 BGB rechtlich dem Grundstück zugeordnet, ohne jedoch wesentlicher Bestandteil zu werden.
Besonderheiten bei Wohnungseigentum und Erbbaurecht
Im Rahmen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) erhält der Begriff Liegenschaft eine besondere Relevanz: Hier wird das Grundstück aufgeteilt in Sondereigentum an Wohnungen und Miteigentumsanteilen am gemeinschaftlichen Eigentum. Ebenso kann für eine Liegenschaft ein Erbbaurecht begründet werden (§§ 1 ff. Erbbaurechtsgesetz, ErbbauRG), wodurch eine vom Grundstückseigentum abgespaltene, eigenständige Rechtsposition entsteht.
Rechte an Liegenschaften
An Liegenschaften können verschiedene dingliche Rechte entstehen, wie etwa Grunddienstbarkeiten, beschränkt persönliche Dienstbarkeiten, Nießbrauchrechte und Grundpfandrechte (Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld). Die Belastung einer Liegenschaft ist im Grundbuch abteilungsbezogen eintragungsfähig (§§ 873, 925 BGB).
Erwerb und Veräußerung von Liegenschaften
Liegenschaftskauf
Der Erwerb beziehungsweise die Veräußerung einer Liegenschaft setzt nach §§ 873, 925 BGB die notarielle Beurkundung des Kaufvertrages sowie die Eintragung in das Grundbuch voraus. Der Erwerbsvorgang wird rechtlich durch die Einigung (Auflassung) und die anschließende Grundbuchumschreibung vollzogen.
Belastung von Liegenschaften
Liegenschaften können mit Grundpfandrechten, Dienstbarkeiten oder Reallasten belastet werden. Diese Rechte sind ebenfalls grundbuchpflichtig. Die öffentlich-rechtliche Belastung einer Liegenschaft – beispielsweise mittels Baulast – ergibt sich aus landesrechtlichen Vorschriften (z.B. Bauordnung der Länder).
Beleihung und Finanzierung
Die Liegenschaft dient im Rahmen der Immobilienfinanzierung regelmäßig als Sicherungsobjekt. Banken und Kreditinstitute nehmen mittels Hypothek oder Grundschuld Eintragungen im Grundbuch vor, um sich gegen das Ausfallrisiko bei Immobilienkrediten abzusichern. Die Bewertung der Liegenschaft erfolgt gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV).
Liegenschaft im öffentlichen Recht
Kataster- und Grundbuchwesen
Die Liegenschaft ist sowohl im Liegenschaftskataster (vermessungstechnische Erfassung) als auch im Grundbuch (rechtliche Zuordnung) erfasst. Das Liegenschaftskataster weist die Lage, Größe und Nutzung des Grundstücks aus, während das Grundbuch die rechtlichen Verhältnisse dokumentiert.
Baugenehmigungsrecht und Bauleitplanung
Im öffentlichen Baurecht ist die Liegenschaft Gegenstand der planungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Beurteilung. Die Nutzung einer Liegenschaft richtet sich nach dem geltenden Bebauungsplan und den Vorschriften der Bauordnung.
Liegenschaftsteuerliche Aspekte
Im Grundsteuergesetz (GrStG) und Bewertungsgesetz (BewG) bildet die Liegenschaft die Steuerbemessungsgrundlage. Die Grundsteuer wird auf das Eigentum an einer Liegenschaft erhoben. Daneben existieren Regelungen zur Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung im Zusammenhang mit Liegenschaftsvermögen.
Liegenschaftsverwaltung und Liegenschaftsregister
Die Verwaltung von Liegenschaften betrifft sowohl private als auch öffentliche Grundstückseigentümer. Hierzu gehören Bewirtschaftung, Vermietung, Verpachtung und Pflege der Bestandsverhältnisse. Öffentliche Register wie das Grundbuch und das Liegenschaftskataster gewährleisten Rechtssicherheit bei Verkehr und Belastung von Liegenschaften.
Zusammenfassung
Die Liegenschaft ist ein zentraler Begriff im deutschen Sachenrecht und erfasst das Grundstück als unbewegliche Sache samt seiner wesentlichen Bestandteile. Sie unterliegt einer komplexen rechtlichen Regelung, die sowohl das Zivilrecht als auch das öffentliche Recht sowie steuerliche Aspekte umfasst. Die rechtssichere Eintragung im Grundbuch und die eindeutige Katastererfassung gewährleisten Eigentumsschutz, Veräußerbarkeit und Belastbarkeit der Liegenschaft. Somit bildet die Liegenschaft eine der wichtigsten Vermögens- und Rechtsgrundlagen im deutschen Rechtssystem.
Häufig gestellte Fragen
Wie erfolgt die Übertragung einer Liegenschaft rechtlich einwandfrei?
Die rechtlich wirksame Übertragung einer Liegenschaft setzt in der Regel den Abschluss eines notariell beurkundeten Kaufvertrages voraus (§ 311b BGB). Neben dem formgerecht abgeschlossenen Vertrag ist für den Eigentumsübergang die Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch erforderlich (§ 873 BGB). Dazu muss dem Grundbuchamt eine sogenannte Auflassungserklärung vorgelegt werden, in der Käufer und Verkäufer erklären, dass das Eigentum an der Liegenschaft übergehen soll (§ 925 BGB). Erst mit erfolgter Grundbuchumschreibung ist der Eigentumswechsel vollzogen. Zwingend erforderlich sind zudem die Beteiligung sämtlicher im Grundbuch eingetragenen Beteiligten und die Anhörung oder Zustimmung etwaiger Vorkaufsberechtigter. Darüber hinaus setzt die Übertragung die Einhaltung steuerlicher Mitwirkungspflichten voraus, insbesondere im Bereich der Grunderwerbsteuer (§ 16 GrEStG).
Welche rechtlichen Besonderheiten gelten beim Kauf einer Liegenschaft mit bestehenden Mietverhältnissen?
Beim Kauf einer vermieteten Liegenschaft gilt gemäß § 566 BGB („Kauf bricht nicht Miete“), dass bestehende Mietverhältnisse auf den Erwerber übergehen. Der Käufer tritt automatisch in sämtliche Rechte und Pflichten aus den bestehenden Mietverträgen ein. Veränderungen am Mietvertrag können nicht einseitig durch den neuen Eigentümer vorgenommen werden; Kündigungen oder Mietanpassungen unterliegen weiterhin den gesetzlichen und vertraglichen Beschränkungen. Etwaige Mietrückstände, die vor dem Eigentumsübergang entstanden sind, bleiben im Verhältnis zum Alt-Eigentümer bestehen, sofern im Kaufvertrag keine abweichenden Regelungen getroffen werden. Die Mitteilung an die Mieter über den Eigentümerwechsel dient der Rechtssicherheit, ist aber nicht ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben.
Welche Bedeutung hat das Grundbuch bei Liegenschaften?
Das Grundbuch ist das öffentliche Register, das sämtliche Eigentumsverhältnisse sowie Belastungen (wie Hypotheken oder Grundschulden) an Liegenschaften dokumentiert. Gemäß § 892 BGB gilt der öffentliche Glaube des Grundbuchs, das heißt, gutgläubige Erwerber können sich auf die Richtigkeit der eingetragenen Rechte verlassen. Sämtliche Veränderungen hinsichtlich des Eigentümers oder Belastungen müssen zur Wirksamkeit in das Grundbuch eingetragen werden. Es besteht ein Antragsprinzip (§ 13 GBO), d.h. Änderungen erfolgen nur auf Antrag und unter Vorlage der erforderlichen Nachweise. Einsicht in das Grundbuch erhalten grundsätzlich nur Personen mit einem sogenannten „berechtigten Interesse“.
Wie werden Rechte Dritter, wie z.B. Dienstbarkeiten, auf einer Liegenschaft rechtlich behandelt?
Dienstbarkeiten und andere beschränkte dingliche Rechte (wie Nießbrauch oder Wohnrechte) müssen ebenfalls im Grundbuch eingetragen werden, um gegenüber jedem Dritten wirksam zu sein (§§ 1018 ff. BGB). Solche Rechte entstehen in der Regel durch vertragliche Vereinbarung zwischen dem Eigentümer der Liegenschaft und dem Berechtigten und werden in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen. Bei einer Eigentumsübertragung bleiben eingetragene Rechte grundsätzlich bestehen und der Erwerber übernimmt die Liegenschaft einschließlich dieser Belastungen. Die Löschung oder Änderung solcher Rechte bedarf der Mitwirkung aller Beteiligten sowie der formellen Grundbuchänderung.
Welche Rolle spielt die Grunderwerbsteuer bei Liegenschaftstransaktionen?
Die Grunderwerbsteuer wird bei jedem entgeltlichen Erwerb einer Liegenschaft in Deutschland fällig. Die Steuerpflicht entsteht mit dem Abschluss eines notariellen Kaufvertrages (§ 38 GrEStG), wobei der Steuersatz je nach Bundesland variiert (3,5 % bis 6,5 % des Kaufpreises). Zuständig für die Festsetzung und Erhebung ist das Finanzamt. Die Zahlung der Grunderwerbsteuer ist Voraussetzung für die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung, die wiederum für die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zwingend erforderlich ist (§ 22 GrEStG). Im Regelfall regelt der Kaufvertrag, dass der Käufer die Steuer zu tragen hat.
Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Vererbung einer Liegenschaft?
Wird eine Liegenschaft vererbt, so geht das Eigentum mit dem Tod des Erblassers automatisch auf den oder die Erben über (§ 1922 BGB). Die Erben müssen sich jedoch als neue Eigentümer im Grundbuch eintragen lassen, wofür der Nachweis der Erbfolge (Testament, Erbvertrag oder Erbschein) vorzulegen ist (§ 35 GBO). Für die Grundbuchberichtigung nach einem Erbfall ist innerhalb von zwei Jahren keine Grunderwerbsteuer fällig, Gleiches gilt für die Überschreibung auf Pflichtteilsberechtigte. Im Falle einer Erbengemeinschaft muss die Eintragung aller Erben oder deren Vertreter erfolgen, bis zur etwaigen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft.
Welche rechtlichen Risiken bestehen bei Altlasten auf einer Liegenschaft?
Altlasten, also umweltgefährdende Stoffe oder Rückstände auf einer Liegenschaft, stellen ein erhebliches rechtliches Risiko dar. Nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) haftet grundsätzlich der Eigentümer einer Liegenschaft für die Sanierung von Altlasten, unabhängig davon, ob er diese selbst verursacht hat (§ 4 BBodSchG). Im Kaufvertrag kann die Haftung geregelt werden, jedoch haften Erwerber auch dann gegenüber den Behörden, sofern diese keine abweichende Regelung anerkennen. Zudem hat der Verkäufer eine gesetzliche Aufklärungspflicht über bekannte Altlasten (vorvertragliche Nebenpflicht nach § 311 Abs. 2 BGB); eine Verletzung kann zu Schadensersatzansprüchen führen. Vor dem Kauf empfiehlt sich daher die Einsicht in das Altlastenkataster der zuständigen Behörde.