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Lehrbefugnis

Lehrbefugnis – Begriff und Einordnung

Die Lehrbefugnis bezeichnet das formelle Recht, an einer Hochschule in einem festgelegten Fachgebiet eigenverantwortlich zu lehren und gewöhnlich auch Prüfungen abzunehmen. Sie ist in der Regel an eine fortgeschrittene wissenschaftliche Qualifikation gebunden und wird nach einem geregelten Verfahren durch die zuständigen Organe der Hochschule verliehen. In der akademischen Tradition wird die Lehrbefugnis häufig mit der Bezeichnung „venia legendi“ gleichgesetzt. Von der Lehrbefugnis zu unterscheiden ist die Lehrbefähigung: Diese meint die nachgewiesene fachliche und didaktische Eignung, die der Verleihung der Lehrbefugnis zugrunde liegt.

Rechtsnatur und Einordnung im Hochschulsystem

Die Lehrbefugnis ist ein hochschulrechtlicher Statusakt. Sie begründet ein personenbezogenes, fachgebietsbezogenes Recht zur akademischen Lehre, ohne selbst ein Beschäftigungsverhältnis zu schaffen. Grundlage sind das anwendbare Landesrecht sowie hochschulinterne Ordnungen, insbesondere Habilitations-, Berufungs- und Promotionsordnungen. Inhalt und Umfang der Lehrbefugnis können zwischen Ländern und Hochschulen variieren. Üblich ist die Zuordnung zu einem konkreten Fachgebiet innerhalb einer Fakultät oder eines Fachbereichs.

Voraussetzungen der Lehrbefugnis

Wissenschaftliche Qualifikation

Voraussetzung ist regelmäßig der Nachweis besonderer wissenschaftlicher Leistungen, die das Niveau nach der Promotion deutlich überschreiten. Dies geschieht traditionell durch eine Habilitation. Gleichwertige Leistungen können je nach Regelwerk u. a. durch eine erfolgreich evaluierte Juniorprofessur, eine Tenure-Evaluation oder eine in Umfang und Qualität habilitationsäquivalente Publikationstätigkeit anerkannt werden.

Fachliche Zuordnung

Die Lehrbefugnis wird für ein genau bestimmtes Fach oder Teilfach verliehen. Die Abgrenzung erfolgt anhand des wissenschaftlichen Profils, der Publikationen und der Lehr- und Forschungserfahrung. Erweiterungen oder Präzisierungen des Fachgebiets sind möglich, bedürfen aber eines gesonderten hochschulrechtlichen Verfahrens.

Persönliche Eignung und wissenschaftliche Redlichkeit

Neben der fachlichen Qualifikation werden persönliche Eignung und die Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis vorausgesetzt. Hierzu zählt insbesondere die Verlässlichkeit im Lehrbetrieb, die Integrität im Umgang mit Forschungsergebnissen sowie die pädagogisch-didaktische Eignung.

Verfahren und Gremien

Das Verleihungsverfahren ist hochschulintern geregelt. Typischerweise wirken eine Fakultät oder ein Fachbereich, eine Habilitations- oder Berufungskommission sowie zentrale Organe der Hochschule mit. Das Verfahren umfasst die Begutachtung der wissenschaftlichen Leistungen, Lehrnachweise und ggf. öffentliche Vorträge oder Lehrproben. Der abschließende Verleihungsakt erfolgt durch die hierfür zuständigen Hochschulorgane.

Umfang und Inhalte der Lehrbefugnis

Lehr- und Prüfungsrecht

Die Lehrbefugnis umfasst das Recht, Lehrveranstaltungen im zugewiesenen Fachgebiet anzubieten und Prüfungen abzunehmen, soweit die hochschulrechtlichen Ordnungen dies vorsehen. Die Teilnahme am Prüfungswesen richtet sich nach den einschlägigen Studien- und Prüfungsordnungen sowie den Regelungen der Fakultät.

Betreuungs- und Promotionsrecht

In vielen Regelungen ist mit der Lehrbefugnis auch das Recht verbunden, Abschlussarbeiten zu betreuen und in Promotionsverfahren mitzuwirken. Der genaue Umfang (z. B. Betreuungsrecht, Erst- oder Zweitgutachten) bestimmt sich nach den Promotionsordnungen der jeweiligen Fachbereiche.

Titel- und Statusfragen

Mit der Lehrbefugnis ist häufig das Recht verbunden, die Bezeichnung „Privatdozentin“ oder „Privatdozent“ zu führen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann später eine Ernennung zur außerplanmäßigen Professur in Betracht kommen. Diese Bezeichnungen sind an hochschulrechtliche Voraussetzungen und Verleihungsverfahren gebunden.

Nutzungs- und Mitwirkungsrechte

Inhaberinnen und Inhaber der Lehrbefugnis sind regelmäßig in die akademische Selbstverwaltung eingebunden. Hierzu können Mitwirkungsrechte in Gremien und das Recht zur Nutzung hochschulischer Infrastruktur gehören, jeweils im Rahmen der geltenden Ordnungen und vorhandener Kapazitäten.

Pflichten und Grenzen

Mindestlehrleistung und Qualitätssicherung

Die Lehrbefugnis ist häufig mit einer Mindestlehrleistung verbunden. Lehrveranstaltungen unterliegen der Qualitätssicherung, etwa durch Evaluationen. Die Einhaltung von Studien- und Prüfungsordnungen sowie guter wissenschaftlicher und lehrbezogener Praxis ist verpflichtend.

Fachliche und organisatorische Begrenzung

Die Lehrbefugnis ist auf das verliehene Fachgebiet und in der Regel auf die verleihende Hochschule bezogen. Abweichungen, fachliche Erweiterungen oder interdisziplinäre Lehre richten sich nach den hochschulischen Zuständigkeiten und Freigaben.

Vergütung und Beschäftigungsstatus

Die Lehrbefugnis begründet kein Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis. Eine Vergütung erfolgt nur, wenn daneben eine Anstellung, ein Lehrauftrag oder andere vertragliche Vereinbarungen bestehen. Reisekosten, Sachmittel und Raumzuweisungen folgen den jeweiligen hochschulinternen Regelungen.

Dauer, Ruhen, Übertragung und Erlöschen

Befristung und Verlängerung

Die Lehrbefugnis kann unbefristet oder befristet verliehen werden. Befristungen sind häufig an regelmäßige Nachweise der Lehrtätigkeit geknüpft. Verlängerungen oder Bestätigungen orientieren sich an den einschlägigen Ordnungen und Leistungsnachweisen.

Umhabilitation und Erweiterung

Die Übertragung der Lehrbefugnis auf eine andere Hochschule („Umhabilitation“) ist möglich, setzt aber ein erneutes Verfahren am aufnehmenden Standort voraus. Fachliche Erweiterungen oder Veränderungen bedürfen einer entsprechenden Prüfung und Entscheidung durch die zuständigen Gremien.

Ruhen, Entziehung und Widerruf

Das Ruhen der Lehrbefugnis kann etwa bei längerer Unterbrechung der Lehrtätigkeit angeordnet werden. Ein Entzug oder Widerruf kommt insbesondere bei Wegfall der Voraussetzungen, bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen oder Verstößen gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis in Betracht. Die Hochschule trifft hierüber eine Entscheidung nach Anhörung und auf Basis ihrer Ordnungen.

Abgrenzungen zu verwandten Begriffen

Lehrbefähigung

Die Lehrbefähigung bezeichnet die Qualifikation zur Lehre. Im Hochschulkontext ist dies meist die Habilitation oder eine gleichwertig anerkannte Leistung. In der schulischen Ausbildung steht Lehrbefähigung für die Qualifikation zum Lehramt. Die Lehrbefugnis hingegen ist das formelle Recht zur Lehre, das auf der Lehrbefähigung aufbaut.

Lehrauftrag

Der Lehrauftrag ist eine befristete Vereinbarung zur Durchführung einzelner Lehrveranstaltungen. Er vermittelt keine umfassende Lehrbefugnis und begründet inhaltlich und statusrechtlich ein anderes, engeres Rechtsverhältnis.

Prüfungsberechtigung ohne Lehrbefugnis

In bestimmten Konstellationen kann eine Prüfungsberechtigung auch unabhängig von einer Lehrbefugnis eingeräumt werden, etwa zur Mitwirkung in Prüfungsausschüssen. Umfang und Dauer richten sich nach den jeweiligen Prüfungsordnungen.

Schul- und berufliche Bildung

Im Schul- und Berufsbildungssystem wird häufig von Lehramtsbefähigung, Unterrichtserlaubnis oder Ausbildungsberechtigung gesprochen. Diese Begriffe regeln eigene Bereiche und sind von der hochschulischen Lehrbefugnis zu unterscheiden.

Internationale Bezüge und Anerkennung

Die Lehrbefugnis hat im deutschsprachigen Raum eine besondere Tradition. In anderen Ländern bestehen funktionale Entsprechungen, die jedoch anders ausgestaltet sein können (z. B. tenure-Systeme). Die Anerkennung ausländischer Qualifikationen oder Statusrechte erfolgt durch Verfahren der jeweiligen Hochschulen und richtet sich nach deren Ordnungen.

Dokumentation und Nachweis

Die Lehrbefugnis wird durch eine Urkunde dokumentiert, die das Fachgebiet und ggf. Nebenbestimmungen ausweist. Hochschulen führen häufig Verzeichnisse über Personen mit Lehrbefugnis. Für interne Verfahren dienen Lehr- und Prüfungsnachweise, Evaluationen und wissenschaftliche Leistungen als fortlaufende Dokumentation.

Häufig gestellte Fragen zur Lehrbefugnis

Was ist der Unterschied zwischen Lehrbefähigung und Lehrbefugnis?

Die Lehrbefähigung bezeichnet die Qualifikation zur Lehre, etwa durch Habilitation oder gleichwertige Leistungen. Die Lehrbefugnis ist der darauf aufbauende formelle Rechtsakt der Hochschule, der das Recht verleiht, im festgelegten Fachgebiet zu lehren und regelmäßig auch zu prüfen.

Verleiht die Lehrbefugnis ein Anstellungsverhältnis?

Nein. Die Lehrbefugnis begründet kein Anstellungs- oder Dienstverhältnis. Eine Vergütung setzt eine gesonderte vertragliche Grundlage voraus, etwa eine Anstellung oder einen Lehrauftrag.

Wer erteilt die Lehrbefugnis und auf welcher Grundlage?

Die Lehrbefugnis wird durch die zuständigen Organe der Hochschule verliehen. Grundlage sind das anwendbare Landesrecht sowie hochschulinterne Ordnungen, insbesondere Habilitations-, Berufungs- und Promotionsordnungen.

Welche Rechte umfasst die Lehrbefugnis typischerweise?

Typischerweise umfasst sie das Recht, Lehrveranstaltungen im verliehenen Fachgebiet anzubieten, Prüfungen durchzuführen und in Promotionsverfahren mitzuwirken. Der genaue Umfang richtet sich nach den Ordnungen der jeweiligen Hochschule.

Kann die Lehrbefugnis befristet sein?

Ja. Je nach Ordnung kann die Lehrbefugnis befristet verliehen werden. Befristungen sind häufig mit Nachweisen zur Lehrtätigkeit und Qualitätssicherung verknüpft.

Unter welchen Umständen kann die Lehrbefugnis entzogen werden?

Ein Entzug oder Widerruf kommt in Betracht, wenn Voraussetzungen entfallen, wiederholt Pflichten nicht erfüllt werden oder schwerwiegende Verstöße gegen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis vorliegen. Das Verfahren richtet sich nach den einschlägigen Ordnungen der Hochschule.

Gilt eine an einer Universität verliehene Lehrbefugnis automatisch an anderen Hochschulen?

Nein. Die Lehrbefugnis ist in der Regel hochschulbezogen. Ein Wechsel erfordert meist ein Verfahren zur Übertragung oder Anerkennung an der aufnehmenden Hochschule.

Welche Bedeutung hat die Lehrbefugnis für die Bezeichnung Privatdozentin oder Privatdozent?

Mit der Lehrbefugnis ist häufig das Recht verbunden, die Bezeichnung Privatdozentin oder Privatdozent zu führen. Die Führung der Bezeichnung richtet sich nach den jeweiligen hochschulrechtlichen Regelungen.