Lehrbeauftragte: Begriff, Stellung und rechtlicher Rahmen
Definition und Einordnung
Lehrbeauftragte sind Personen, die von Hochschulen oder anderen Bildungseinrichtungen befristet mit der Durchführung einzelner Lehrveranstaltungen betraut werden. Der Lehrauftrag dient der Ergänzung des regulären Lehrangebots, etwa durch Praxisnähe oder besondere fachliche Vertiefung. Lehrbeauftragte gehören in der Regel nicht zum hauptberuflichen Personal der Einrichtung, sind nicht in die regulären Personalstrukturen eingebunden und üben ihre Tätigkeit typischerweise nebenberuflich aus.
Abgrenzung zu anderen Lehrrollen
Im Unterschied zu Professorinnen und Professoren, wissenschaftlichem Personal oder Lehrkräften für besondere Aufgaben verfügen Lehrbeauftragte typischerweise nicht über ein Beschäftigungs- oder Dienstverhältnis zur Hochschule. Ihre Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte in der akademischen Selbstverwaltung sind meist eingeschränkt. Inhalt und Umfang des Lehrauftrags werden gesondert festgelegt und sind auf die konkrete Lehrveranstaltung bezogen.
Rechtsnatur des Lehrauftrags
Ausgestaltung und Status
Lehraufträge werden je nach Einrichtung und Trägerschaft entweder in Form eines öffentlich-rechtlichen Lehrauftrags oder auf Grundlage eines privatrechtlichen Honorarvertrags erteilt. In beiden Ausgestaltungen ist der Auftrag inhaltlich und zeitlich begrenzt und auf die Erfüllung bestimmter Lehrleistungen gerichtet. Ein Anspruch auf Verlängerung besteht in der Regel nicht.
Befristung, Umfang und Widerruf
Lehraufträge sind befristet und beziehen sich meist auf ein Semester oder Trimester. Der Umfang wird häufig in Lehrveranstaltungsstunden festgelegt. Ein Widerruf ist grundsätzlich möglich, insbesondere bei Wegfall der Voraussetzungen, organisatorischen Änderungen oder Pflichtverletzungen. Die Voraussetzungen für Widerruf oder Anpassung ergeben sich aus dem jeweiligen Auftrag oder den einschlägigen Regelungen der Einrichtung.
Aufsicht und Mitwirkung
Lehrbeauftragte unterliegen der fachlichen und organisatorischen Aufsicht der Hochschule. Sie arbeiten innerhalb der Studien- und Prüfungsordnungen und stimmen sich mit den zuständigen Gremien und Studiengangsleitungen ab. Regelmäßige Mitwirkungsrechte in Gremien bestehen meist nicht; punktuelle Einbindungen können vorgesehen sein.
Aufgaben und Rechte in der Lehre
Lehrfreiheit und Curriculumeinbindung
Lehrbeauftragte gestalten ihre Lehrveranstaltungen grundsätzlich eigenverantwortlich im Rahmen des erteilten Auftrags und der curricularen Vorgaben. Die Freiheit in der Lehre besteht insoweit, als sie mit Studienzielen, Modulhandbüchern, Prüfungs- und Qualitätsstandards vereinbar ist.
Prüfungsbefugnisse und Bewertung
Die Abnahme von Prüfungen durch Lehrbeauftragte setzt eine ausdrückliche Bestellung oder Beauftragung durch die Hochschule beziehungsweise die zuständigen Prüfungsgremien voraus. Ohne eine solche Bestellung sind sie auf die Durchführung von Lehrveranstaltungen beschränkt. Bewertungs- und Prüfungsentscheidungen müssen im Rahmen der geltenden Prüfungsordnungen getroffen und dokumentiert werden.
Unterrichtsmaterialien und geistiges Eigentum
Von Lehrbeauftragten erstellte Lehrmaterialien unterliegen grundsätzlich deren Urheberrecht. Einrichtungen erhalten häufig einfache Nutzungsrechte zur Durchführung der Lehrveranstaltung. Bei der Verwendung fremder Werke gelten gesetzliche Schranken für Unterricht und Wissenschaft sowie vertragliche Regelungen der Einrichtung.
Vergütung und Arbeitszeit
Honorar pro Lehrveranstaltungsstunde
Die Vergütung erfolgt typischerweise als Honorar pro Lehrveranstaltungsstunde (oft 45 Minuten). Die Höhe variiert je nach Einrichtung, Fach und Bundesland sowie nach Haushaltslage. Ein Anspruch auf regelmäßige Anpassungen besteht üblicherweise nicht.
Vor- und Nachbereitungszeiten
Vorbereitung, Nachbereitung und Prüfungsaufwand sind regelmäßig mit der Lehrvergütung abgegolten, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist. Eine gesonderte Vergütung ist nur vorgesehen, wenn der Auftrag dies ausdrücklich vorsieht.
Reisekosten und Sachmittel
Erstattungen für Reise- und Sachkosten richten sich nach den Regelungen der jeweiligen Einrichtung. Ohne entsprechende Vereinbarung gilt in der Regel, dass das Honorar die entstehenden Aufwendungen abdeckt.
Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Einordnung
Statusfrage: Selbstständigkeit oder Beschäftigung
Die sozialversicherungsrechtliche Einstufung hängt von der konkreten Ausgestaltung ab. Lehrbeauftragte sind häufig selbstständig tätig (Honorartätigkeit). Bei persönlicher Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation kann jedoch eine Beschäftigung vorliegen. Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse.
Altersvorsorge
Selbstständig Lehrende unterliegen regelmäßig der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, sofern sie ohne eigenes Personal unterrichten. Beiträge richten sich grundsätzlich nach der Höhe des Arbeitseinkommens. Bei abhängiger Beschäftigung greifen die allgemeinen Regeln zur Versicherungspflicht.
Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung
Bei selbstständiger Tätigkeit erfolgt die Absicherung in Kranken- und Pflegeversicherung eigenständig, etwa in der gesetzlichen oder privaten Absicherung. Eine Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung besteht für Selbstständige typischerweise nicht. Bei Einstufung als Beschäftigte greifen die allgemeinen Versicherungspflichten über die Hochschule.
Steuerliche Behandlung und Umsatzsteuer
Honorare aus Lehraufträgen sind in der Regel Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit und einkommensteuerpflichtig. Bestimmte Unterrichtsleistungen können von der Umsatzsteuer befreit sein; die Voraussetzungen hängen von Art der Lehrleistung und Trägerschaft ab. Die konkrete steuerliche Einordnung richtet sich nach den tatsächlichen Umständen.
Arbeitsschutz, Mutterschutz und Gleichstellung
Arbeitsschutz und Unfallversicherung
Lehrveranstaltungen unterliegen den Arbeitsschutz- und Sicherheitsvorgaben der Einrichtung. Während der Durchführung von Lehrveranstaltungen kann ein Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung über die Träger oder Einrichtungen bestehen; Umfang und Zuständigkeit richten sich nach der konkreten Einbindung.
Mutterschutz und Elternzeit
Bei Fehlen eines Beschäftigungsverhältnisses gelten die Schutzmechanismen nicht uneingeschränkt. Einrichtungen berücksichtigen regelmäßig Schutzbedarfe in der Lehrorganisation. Leistungs- oder Entgeltausfälle werden nicht automatisch kompensiert, sofern keine entsprechende vertragliche Grundlage oder anderweitige Absicherung besteht.
Gleichbehandlung und Zugang
Bei der Vergabe von Lehraufträgen sind die Vorgaben zur Gleichbehandlung, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit zu beachten. Ausschreibungs- und Auswahlverfahren orientieren sich an Qualifikation, Eignung und fachlicher Passung.
Haftung und Verantwortlichkeit
Haftung gegenüber Studierenden und Dritten
Handeln Lehrbeauftragte im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben für eine staatliche Einrichtung, können Haftungsansprüche grundsätzlich die Einrichtung treffen. Eine persönliche Haftung kommt insbesondere bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen in Betracht. Bei privater Trägerschaft gelten entsprechende zivilrechtliche Grundsätze.
Prüfungsrechtliche Verantwortung
Bei bestellter Prüfungsbefugnis müssen Lehrbeauftragte die Verfahrensvorgaben der Prüfungsordnungen einhalten. Dies betrifft Ankündigungen, Bewertungsmaßstäbe, Dokumentation, Fristen und den Umgang mit Täuschungsfällen.
Datenschutz und Geheimhaltung
Lehrbeauftragte verarbeiten personenbezogene Daten von Studierenden nur im Rahmen ihres Auftrags. Verantwortliche Stelle ist in der Regel die Einrichtung. Es gelten deren Datenschutzvorgaben, insbesondere zu Datensparsamkeit, Aufbewahrung und Nutzung von E-Learning-Plattformen.
Vertragsbeendigung und Rechtsfolgen
Ablauf und Nichtverlängerung
Mit Fristablauf endet der Lehrauftrag ohne weiteres. Ein Anspruch auf Wiederbeauftragung besteht in der Regel nicht. Ausstehende Leistungen sind nach Maßgabe des Vertrags abzurechnen.
Widerruf und Abberufung
Ein vorzeitiger Widerruf kann möglich sein, etwa bei Wegfall von Lehrbedarf, organisatorischen Gründen oder Pflichtverletzungen. Ob ein Ausgleich vorgesehen ist, ergibt sich aus den Regelungen des Auftrags und den einschlägigen Bestimmungen der Einrichtung.
Rechtsschutz
Gegen belastende Maßnahmen kommen je nach Ausgestaltung des Lehrauftrags verschiedene Rechtswege in Betracht. Maßgeblich sind die Rechtsnatur des Auftrags, der Träger und die konkrete Maßnahme.
Besonderheiten je nach Einrichtung
Unterschiede nach Landesrecht und Trägerschaft
Öffentliche Hochschulen, Fachhochschulen und künstlerische Hochschulen unterliegen jeweils spezifischen Rahmenbedingungen. Inhalt, Umfang und Vergütung von Lehraufträgen können sich daher unterscheiden. An Einrichtungen in Trägerschaft von Ländern, Kommunen oder Religionsgemeinschaften bestehen teils abweichende Vorgaben.
Private Hochschulen
An privaten Trägern sind Lehraufträge häufig privatrechtlich ausgestaltet. Vergütungssätze, Lehrverpflichtungen und Prüfungsbefugnisse richten sich nach den internen Regelungen und Akkreditierungsanforderungen. Die Grundprinzipien zu Status, Haftung, Datenschutz und Bewertung gelten entsprechend der jeweiligen Ausgestaltung.
Häufig gestellte Fragen
Sind Lehrbeauftragte Angestellte der Hochschule?
In der Regel nicht. Lehraufträge werden meist als befristete, auf einzelne Lehrveranstaltungen bezogene Honorartätigkeit vergeben. Nur wenn die tatsächliche Ausgestaltung einer Beschäftigung entspricht, liegt ein Arbeitsverhältnis vor.
Dürfen Lehrbeauftragte Prüfungen abnehmen?
Nur bei ausdrücklicher Bestellung oder Beauftragung durch die zuständigen Prüfungsgremien. Ohne diese Bestellung beschränkt sich die Tätigkeit auf die Lehre.
Wie werden Lehrbeauftragte sozialversicherungsrechtlich eingestuft?
Häufig als selbstständig Tätige. Maßgeblich ist, ob eine persönliche Abhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation vorliegt. Je nach Einstufung gelten unterschiedliche Versicherungspflichten.
Haben Lehrbeauftragte Anspruch auf Urlaub oder Lohnfortzahlung?
Ein eigenständiger Urlaubsanspruch oder eine Lohnfortzahlung bestehen typischerweise nicht, da die Vergütung als Honorar für konkrete Lehrleistungen erfolgt. Abweichungen können sich nur aus individuellen Vereinbarungen ergeben.
Wem gehören die von Lehrbeauftragten erstellten Lehrmaterialien?
Grundsätzlich verbleiben die Urheberrechte bei den Lehrbeauftragten. Einrichtungen erhalten meist einfache Nutzungsrechte für die Durchführung der Lehrveranstaltung.
Können Lehrbeauftragte an Gremien teilnehmen?
Regelmäßige Stimm- oder Mitwirkungsrechte bestehen üblicherweise nicht. Eine punktuelle Beteiligung kann über Einladungen oder projektbezogene Einbindung erfolgen.
Können Lehraufträge kurzfristig widerrufen werden?
Ein Widerruf ist möglich, wenn dies vorgesehen ist und sachliche Gründe vorliegen, etwa organisatorische Änderungen oder Pflichtverletzungen. Einzelheiten ergeben sich aus dem jeweiligen Auftrag und den Regelungen der Einrichtung.