Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verwaltungsrecht»Lehrbeauftragte

Lehrbeauftragte


Begriff und rechtlicher Status der Lehrbeauftragten

Lehrbeauftragte sind Personen, die an deutschen Hochschulen eigenständig Lehrveranstaltungen übernehmen, ohne ein reguläres hauptberufliches Mitglied der Hochschullehrerschaft zu sein. Ihr rechtlicher Status unterscheidet sich maßgeblich von festangestellten Professorinnen und Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitenden sowie sonstigem Hochschulpersonal. Der Einsatz von Lehrbeauftragten dient insbesondere der Ergänzung und Erweiterung des Lehrangebots durch praxisorientierte oder spezialisierte Veranstaltungen.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Regelungen

Die rechtliche Stellung der Lehrbeauftragten ist bundesweit nicht einheitlich geregelt, sondern fällt in den Kompetenzbereich der einzelnen Bundesländer. Die Grundlagen ergeben sich aus den jeweiligen Hochschulgesetzen (z. B. Landeshochschulgesetze) und deren Ausführungsverordnungen.

Hochschulgesetze

In den Hochschulgesetzen der Länder werden die Rechte und Pflichten der Lehrbeauftragten meist nur grundlegend umrissen. Typischerweise ist darin festgelegt:

  • Voraussetzungen für die Vergabe von Lehraufträgen
  • Umfang und Inhalt von Lehraufträgen
  • Vergütung und sozialversicherungsrechtliche Einstufung
  • Dauer und Modalitäten der Beauftragung

Beispielhaft bestimmt etwa § 34 Abs. 3 Hochschulrahmengesetz (HRG), dass Hochschulen fähigen Personen, die nicht Mitglieder der Hochschule sind, Lehraufträge erteilen können.

Vertragsverhältnis

Lehrbeauftragte stehen in keinem Arbeitsverhältnis mit der Hochschule, sondern es handelt sich um ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis sui generis. Die Rechtsbeziehung wird meist durch einen schriftlichen Lehrauftrag begründet, der Inhalt, Umfang und Vergütung der Lehrveranstaltung festhält.

Abgrenzung zu anderen Rechtsverhältnissen

  • Lehrende im Arbeitsverhältnis: Professorinnen und Professoren, wissenschaftliche Mitarbeitende oder festangestellte Lehrkräfte sind Arbeitnehmer der Hochschule, während Lehrbeauftragte selbständig tätig werden.
  • Freie Mitarbeit: Lehrbeauftragte üben eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) aus, ohne sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein.

Rechte und Pflichten

Aufgaben und Lehrverpflichtung

Der Lehrauftrag umfasst in der Regel die eigenverantwortliche Durchführung von Lehrveranstaltungen in einem abgegrenzten Umfang, oft befristet auf ein Semester. Dazu zählen typischerweise:

  • Veranstaltungsvorbereitung und -durchführung
  • Erstellung von Prüfungsleistungen und Bewertung derselben, soweit dies im Auftrag ausdrücklich vorgesehen ist
  • Teilnahme an vereinbarten Besprechungen oder Sitzungen

Eine Mitwirkung an Hochschulgremien oder die Wahrnehmung administrativer Aufgaben ist für Lehrbeauftragte grundsätzlich nicht vorgesehen.

Vergütung und Sozialversicherung

Die Vergütung erfolgt auf Honorarbasis und bemisst sich nach der Anzahl der tatsächlich gehaltenen (Lehr-)Stunden. Die Höhe der Vergütung ist jeweils durch das Bundesland oder die Hochschule festgelegt.

Sozialversicherungsstatus

Lehrbeauftragte sind in der Regel nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Es besteht weder eine Pflicht zur Renten-, Kranken- noch zur Arbeitslosenversicherung über die Hochschule. Ausnahmen bestehen unter bestimmten Bedingungen im Rahmen der Künstlersozialkasse oder bei Überschreitung definierter Einkommensgrenzen.

Steuerrechtliche Einordnung

Das Honorar unterliegt der Einkommensteuer und ist bei der jährlichen Steuererklärung als freiberufliche Einkünfte zu erklären. Die Umsatzsteuerpflicht kann bestehen, sofern die Vergütung bestimmte Freibeträge überschreitet und keine Steuerbefreiung anwendbar ist.

Haftungsfragen

Lehrbeauftragte unterliegen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gewissen Amtspflichten und können im Falle von Pflichtverletzungen haftbar gemacht werden. Im Regelfall ist eine Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen, sofern die Hochschule eine entsprechende Amtshaftung übernimmt. In schwerwiegenden Fällen kann ein Regress gegenüber der verantwortlichen Person erfolgen.

Ernennung, Auswahl und Beendigung

Bestellung und Auswahlverfahren

Die Auswahl und Bestellung erfolgt durch das jeweilige Fachgebiet oder die Fakultät bzw. das Dekanat. Voraussetzung ist in der Regel eine besondere fachliche Qualifikation, meist belegt durch einschlägige Berufserfahrung oder wissenschaftliche Leistungen. Vielfach ist – insbesondere für künstlerisch-praktische Lehrveranstaltungen – neben einem Hochschulabschluss auch ein Nachweis praktischer Tätigkeit erforderlich.

Dauer des Lehrauftrags

Lehraufträge sind befristet und gelten meist für ein oder zwei Semester. Eine automatische Verlängerung besteht nicht, jedoch ist die Wiedereinberufung möglich. Eine frühzeitige Abberufung kann bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen oder widerruflichen Lehraufträgen erfolgen.

Sozial- und arbeitsrechtliche Problematiken

Die Beschäftigung von Lehrbeauftragten ist regelmäßig Gegenstand arbeits- und sozialpolitischer Diskussionen, insbesondere im Hinblick auf:

  • die häufig geringe und unregelmäßige Vergütung
  • fehlende soziale Absicherung
  • eingeschränkte Mitwirkungsrechte in Hochschulgremien

Der Deutsche Hochschulverband und Interessenvertretungen setzen sich für eine Besserstellung hinsichtlich Vergütungs- und Sozialstandards ein.

Lehrbeauftragte im internationalen Kontext

Im internationalen Vergleich finden sich vergleichbare Konstruktionen etwa in Österreich (Lektor*innen) oder der Schweiz (Lehrauftragsdozierende). Die rechtlichen Ausgestaltungen unterscheiden sich, doch sind die grundsätzlichen Merkmale als nebenberuflich beauftragte Lehrpersonen mit befristeten Vertragsverhältnissen auch dort vorherrschend.

Zusammenfassung

Lehrbeauftragte nehmen eine wichtige Funktion im Wissenschaftsbetrieb der deutschen Hochschulen ein. Ihr rechtlicher Status ist durch eine eigenständige öffentlich-rechtliche Beziehung geprägt, die sich klar von klassischen Arbeitsverhältnissen abgrenzt. Trotz wachsender Bedeutung im Bereich der Hochschulbildung unterliegt die Tätigkeit zahlreichen gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Besonderheiten, deren genaue Kenntnis für die Ausübung von Lehraufträgen ebenso wie für die Organisation durch Hochschulen erforderlich ist.

Häufig gestellte Fragen

Unterliegen Lehrbeauftragte dem Arbeitsrecht oder dem Dienstvertragsrecht?

Lehrbeauftragte an Hochschulen werden in aller Regel nicht als Arbeitnehmer:innen beschäftigt, sondern auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen oder zivilrechtlichen Dienstvertrags (häufig Honorarvertrag) eingesetzt. Die maßgeblichen Regelungen hierzu finden sich je nach Bundesland in den jeweiligen Hochschulgesetzen und ergänzend im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 611 ff. BGB). Ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Tarifvertragsgesetzes oder Betriebsverfassungsgesetzes entsteht nicht, was bedeutet, dass Kündigungsschutzregelungen und die Tarifbindung für Lehrbeauftragte in der Regel nicht greifen. Ihnen steht zudem kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder auf Erholungsurlaub zu. Vielmehr handelt es sich um eine selbstständige Tätigkeit, wodurch auch sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten zu beachten sind.

Besteht für Lehrbeauftragte eine Sozialversicherungspflicht?

Die Tätigkeit als Lehrbeauftragte/r ist regelmäßig eine selbstständige, nicht-versicherungspflichtige Tätigkeit in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Allerdings sind Lehrbeauftragte grundsätzlich rentenversicherungspflichtig nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, sofern sie auf Honorarbasis im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (z. B. Hochschule) Unterricht erteilen und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. Die Rentenversicherungspflicht greift insbesondere dann, wenn keine Arbeitnehmer:innen beschäftigt werden und die Einkünfte aus der Lehrtätigkeit die Geringfügigkeitsgrenze regelmäßig überschreiten. Die Abgabepflicht sowie Höhe der Beiträge richten sich nach den aktuellen Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung.

Haben Lehrbeauftragte einen Anspruch auf Mutterschutz und Elternzeit?

Für Lehrbeauftragte gelten die Regelungen des Mutterschutzgesetzes nur eingeschränkt. Da sie nicht im klassischen Arbeitnehmerverhältnis stehen, haben sie grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen wie Mutterschutzlohn oder bezahlte Freistellung vor und nach der Geburt des Kindes. Auch das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) findet in der Regel keine Anwendung, da sich der Anspruch auf Elternzeit und Elterngeld überwiegend an Arbeitnehmer:innen richtet. Lehrbeauftragte können jedoch unter bestimmten Umständen Anspruch auf Mutterschafts- oder Elterngeldleistungen als selbstständig Erwerbstätige haben, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden.

Unterliegen Lehrbeauftragte dem Weisungsrecht der Hochschule?

Lehrbeauftragte sind aufgrund ihres Vertragsstatus grundsätzlich nicht in die betriebliche Organisation der Hochschule eingegliedert und unterliegen nicht dem vollen arbeitgeberseitigen Weisungsrecht. Ihre vertraglichen Verpflichtungen beschränken sich typischerweise auf Art, Umfang und Zeit der Lehrveranstaltung einschließlich der Durchführung und gelegentlich der Prüfungstätigkeit. Im Unterschied zu angestellten Lehrkräften sind sie bei der Gestaltung ihrer Lehrveranstaltungen weitgehend frei, unterliegen jedoch hochschulrechtlichen Vorgaben wie Lehrinhalten und Prüfungsordnungen. Eine faktische Weisungsgebundenheit besteht also nur insoweit, wie sie sich aus der vertraglichen Bindung und den hochschulinternen Vorschriften ergibt.

Haben Lehrbeauftragte einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?

Lehrbeauftragte haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz, da dieses explizit ein Arbeitsverhältnis voraussetzt. Das Honorar für entfallene Lehrveranstaltungen wird in der Regel nicht gezahlt, sofern der Dienstvertrag keine anderweitigen Regelungen vorsieht. Lehrbeauftragte tragen damit das wirtschaftliche Risiko des krankheitsbedingten Ausfalls selbst. Einige Hochschulen bieten jedoch in Einzelfällen vertraglich abweichende Regelungen an, etwa eine anteilige Vergütung bei längerer Erkrankung.

Welche Regelungen gelten für die Kündigung des Vertrags eines Lehrbeauftragten?

Die Beendigung des Vertragsverhältnisses eines Lehrbeauftragten richtet sich in erster Linie nach den vertraglichen Vereinbarungen sowie den hochschulrechtlichen Vorgaben. Eine ordentliche Kündigung während des laufenden Semesters ist üblicherweise ausgeschlossen, vielmehr endet das Vertragsverhältnis regelmäßig automatisch mit Semester- oder Kursende. Außerordentliche Kündigungen können vor allem aus wichtigem Grund erfolgen, beispielsweise bei grobem Verstoß gegen die Vertragspflichten oder der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung. Einen allgemeinen Kündigungsschutz wie im Arbeitsrecht gibt es für Lehrbeauftragte nicht, es sei denn, die vertraglichen Bestimmungen sehen ausdrücklich etwas anderes vor.

Steht Lehrbeauftragten ein Mitbestimmungsrecht in Hochschulgremien zu?

Lehrbeauftragte sind in den meisten Bundesländern und nach der überwiegenden hochschulrechtlichen Praxis nicht Mitglied der regulären Hochschulorgane mit vollem Stimmrecht. Sie sind in der Regel von Wahlrechten und Mitbestimmungsrechten, die feste Mitarbeiter:innen oder Professor:innen betreffen, ausgeschlossen. Partizipationsmöglichkeiten existieren lediglich auf beratender Ebene und meist auf Einladung oder im Rahmen projektbezogener Arbeitsgruppen. Ausnahmen sind vereinzelt in einzelnen Landeshochschulgesetzen vorgesehen, haben aber lediglich informellen Charakter. Eine gesetzlich verankerte Teilhabe am hochschulpolitischen Willensbildungsprozess fehlt regelmäßig.

Unterliegen Lehrbeauftragte dem Urheberrecht an ihren Lehrmaterialien?

Lehrbeauftragte bleiben in der Regel selbst Urheber:innen der von ihnen erstellten Lehrmaterialien (z. B. Skripte, Präsentationen), auch wenn sie diese im Rahmen ihrer Lehraufträge an die Hochschule weitergeben. Das Urheberrecht gewährt ihnen den Schutz und die Nutzungsrechte an diesen Werken. Hochschulen erwerben üblicherweise lediglich ein einfaches oder beschränktes Nutzungsrecht, das in den Honorarverträgen oder den Nutzungsbedingungen zu regeln ist. Eine vollständige Übertragung der Urheberrechte an die Hochschule erfordert eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung, die nicht als Standard gilt. Lehrbeauftragte können daher über die weitere Verwendung ihrer Werke grundsätzlich selbst bestimmen, sofern keine abweichenden vertraglichen Regelungen bestehen.