Legislative: Begriff und Grundlagen
Die Legislative ist die staatliche Gewalt, die allgemein verbindliche Regeln (Gesetze) beschließt. Sie schafft den rechtlichen Rahmen, in dem sich das staatliche Handeln und das Zusammenleben der Gesellschaft entfalten. Typischerweise wird die Legislative durch ein Parlament oder mehrere Kammern wahrgenommen, deren Mitglieder in freien Wahlen legitimiert sind. Gesetze definieren Rechte und Pflichten, ordnen Zuständigkeiten und setzen Leitplanken für Verwaltung und Gerichte.
Stellung im Staat und Gewaltenteilung
Abgrenzung zu Exekutive und Judikative
Die Gewaltenteilung unterscheidet drei Funktionen: Die Legislative erlässt Gesetze, die Exekutive führt die Gesetze aus, und die Judikative entscheidet Streitfragen und überprüft die Einhaltung der Rechtsordnung. Durch diese Aufgabentrennung sollen Machtkonzentrationen verhindert und Freiheitsrechte geschützt werden.
Ausbalancierung und Kontrolle
Die Gewalten kontrollieren sich gegenseitig. Die Legislative überwacht die Regierung, genehmigt den Haushalt und kann Untersuchungsausschüsse einsetzen. Gerichte prüfen Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit. Umgekehrt unterliegt die Gesetzgebung verfassungsrechtlichen Grenzen und prozeduralen Anforderungen.
Aufgaben und Funktionen der Legislative
Gesetzgebung und Normsetzung
Kernaufgabe ist die Beschlussfassung über Gesetze. Dazu gehören auch Grundsatzentscheidungen in zentralen Politikfeldern, die Gestaltung staatlicher Organisation sowie Rahmengesetzgebung, die Details der Ausführung der Verwaltung überlässt.
Normenhierarchie und Rangordnung
Die Verfassung steht an der Spitze der Rechtsordnung und bindet die Legislative. Gesetze setzen den Rahmen und regeln wesentliche Fragen. Untergesetzliche Normen wie Rechtsverordnungen und Satzungen konkretisieren Gesetze, dürfen ihnen aber nicht widersprechen. Die Legislative bestimmt Inhalt, Ziel und Grenzen solcher untergesetzlichen Regelungen.
Budgetrecht und Haushaltskontrolle
Die Legislative beschließt den Staatshaushalt. Damit entscheidet sie über Einnahmen und Ausgaben und kontrolliert die finanzielle Handlungsfähigkeit der Exekutive.
Wahl-, Bestätigungs- und Mitwirkungsfunktionen
In vielen Systemen wählt oder bestätigt die Legislative bestimmte Amtsträger, wirkt bei der Regierungsbildung mit und nimmt an der Bestellung unabhängiger Institutionen teil.
Öffentlichkeit, Transparenz und Minderheitenschutz
Parlamentarische Arbeit erfolgt weitgehend öffentlich. Geschäftsordnungen sichern Rede- und Beteiligungsrechte, insbesondere für Minderheiten, und regeln Transparenzanforderungen, z. B. bei Interessenvertretung.
Aufbau der Legislative
Ein- und Zweikammersysteme
Ein-Kammer-Parlamente bündeln die Gesetzgebung in einem Gremium. Zwei-Kammer-Systeme teilen sie auf: Eine erste Kammer repräsentiert häufig die Bevölkerung, eine zweite Kammer kann Regionen, Gliedstaaten oder besondere Interessen repräsentieren. Beide Kammern wirken je nach Materie unterschiedlich an der Gesetzgebung mit.
Abgeordnete, Mandat und Fraktionen
Abgeordnete üben ihr Mandat frei aus. Fraktionen bündeln Positionen, organisieren Debatten und erleichtern Mehrheitsbildung. Unabhängigkeit, Indemnität und Immunität dienen der Funktionsfähigkeit des Parlaments und schützen vor unzulässigem Druck.
Ausschüsse und Arbeitsweise
Fachausschüsse bereiten Entscheidungen vor, hören Sachverständige an und erarbeiten Beschlussempfehlungen. Untersuchungsausschüsse klären komplexe Sachverhalte von erheblichem öffentlichen Interesse.
Legislaturperiode, Auflösung und Kontinuität
Die Legislaturperiode ist die Amtszeit eines Parlaments. Unter bestimmten verfassungsrechtlichen Voraussetzungen kann eine Auflösung erfolgen. Nicht abgeschlossene Vorhaben können je nach Ordnung fortgeführt oder müssen neu eingebracht werden.
Gesetzgebungsverfahren im Überblick
Initiativrecht und Entwurf
Das Initiativrecht legt fest, wer Gesetzesentwürfe einbringen darf (z. B. Abgeordnete, Fraktionen, Regierung oder zweite Kammer). Entwürfe enthalten Begründungen, Wirkungsanalysen und Regelungstext.
Beratung in Lesungen und Ausschüssen
Entwürfe werden in mehreren Lesungen debattiert. Ausschüsse beraten fachlich, nehmen Stellungnahmen entgegen und erarbeiten Änderungen. Öffentlichkeit und Protokollierung dienen Nachvollziehbarkeit.
Vermittlung und Einigung zwischen Kammern
In Zweikammersystemen existieren Verfahren zur Einigung, etwa Vermittlungsgremien. Für bestimmte Materien ist die Zustimmung beider Kammern nötig, bei anderen reicht Widerspruchsrecht oder Anhörung.
Ausfertigung und Verkündung
Nach Parlamentsbeschluss wird ein Gesetz ausgefertigt und verkündet. Erst mit der Verkündung wird es Teil der Rechtsordnung. Ein späteres Inkrafttreten ist möglich, um Umsetzung zu erleichtern.
Inkrafttreten, Übergangsrecht und Evaluation
Übergangsbestimmungen sichern Rechtsklarheit. Evaluationsklauseln oder begleitende Folgenabschätzungen unterstützen die Überprüfung der Wirksamkeit eines Gesetzes.
Gesetzgebungskompetenzen
Föderale und unitäre Systeme
In föderalen Staaten ist die Gesetzgebung auf mehrere Ebenen verteilt. Die Verfassung legt fest, welche Materien der Zentralstaat, die Gliedstaaten oder beide regeln. In unitären Staaten liegt die Kompetenz überwiegend auf nationaler Ebene, mit möglichen autonomen Befugnissen für Regionen oder Kommunen.
Materielle Zuständigkeiten und Kollisionen
Kompetenzkataloge vermeiden Überschneidungen. Bei Kollisionen gelten Vorrangregeln, etwa der Vorrang der höheren oder spezielleren Norm. Zuständigkeiten können ausschließend, konkurrierend oder rahmensetzend sein.
Delegation an die Exekutive
Die Legislative kann Befugnisse zur Erlassung untergesetzlicher Normen übertragen. Voraussetzung ist eine hinreichend bestimmte Ermächtigung mit klaren Zielen und Grenzen. Wesentliche Fragen bleiben der Gesetzgebung vorbehalten.
Verfassungsrechtliche Grenzen der Legislative
Grundrechtebindung und Gleichbehandlung
Gesetze müssen Grundrechte achten und Gleiches gleich sowie Ungleiches entsprechend seiner Unterschiede behandeln. Differenzierungen bedürfen eines sachlichen Grundes.
Bestimmtheit und Normenklarheit
Regelungen müssen verständlich, widerspruchsfrei und vorhersehbar sein. Adressaten sollen erkennen können, was erlaubt ist und welche Folgen ein Verhalten hat.
Rückwirkungsverbot und Vertrauensschutz
Belastende Rückwirkung ist nur in engen Grenzen zulässig. Der Vertrauensschutz bewahrt berechtigte Erwartungen vor abrupten Veränderungen.
Verhältnismäßigkeit
Eingriffe in Rechte müssen einem legitimen Ziel dienen, geeignet und erforderlich sein sowie in angemessenem Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen.
Kontrolle und Rechtsschutz
Parlamentarische Kontrolle der Regierung
Instrumente sind unter anderem Fragerechte, Debatten, Aktenanforderungen, Untersuchungsausschüsse und Haushaltskontrolle. Ziel ist die Sicherung der Gesetzesbefolgung und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns.
Gerichtliche Kontrolle von Gesetzen
Gerichte prüfen Gesetze auf Vereinbarkeit mit der Verfassung. Unvereinbare Normen können für unanwendbar erklärt oder aufgehoben werden. Dadurch wird die Bindung der Legislative an die Verfassung gesichert.
Petitions- und Beteiligungsrechte der Bevölkerung
Petitionen ermöglichen es, Anliegen direkt an die Legislative zu richten. In manchen Systemen bestehen zusätzlich Instrumente direkter Mitwirkung wie Volksinitiativen oder Referenden.
Integrität: Unvereinbarkeiten, Immunität und Indemnität
Regeln zu Nebentätigkeiten, Offenlegung und Inkompatibilitäten dienen Interessenkollisionen vorzubeugen. Indemnität schützt parlamentarische Äußerungen in der Mandatsausübung, Immunität sichert das Parlament vor unberechtigten Eingriffen.
Besondere Formen der Rechtsetzung
Notstands- und Eilgesetzgebung
In Ausnahmesituationen existieren beschleunigte Verfahren oder besondere Zuständigkeiten. Sie sind zeitlich, sachlich und prozedural begrenzt, um Missbrauch vorzubeugen.
Volksgesetzgebung und direkte Demokratie
Einige Rechtsordnungen erlauben Gesetzgebung durch Volksentscheid. Diese Verfahren sind an klare formale Anforderungen, Themenbeschränkungen und Quoren gebunden.
Internationale und supranationale Einflüsse
Verpflichtungen aus internationalen Verträgen oder supranationalen Rechtsordnungen prägen nationale Gesetzgebung. Die Legislative setzt Vorgaben um und berücksichtigt Vorrangs- und Anwendungsvorschriften der übergeordneten Ebene.
Häufig gestellte Fragen zur Legislative
Was bedeutet der Begriff Legislative?
Die Legislative ist die staatliche Gewalt, die Gesetze beschließt. Sie legt die allgemeinen Regeln fest, nach denen Verwaltung handelt und Gerichte entscheiden, und bildet damit den rechtlichen Rahmen des Gemeinwesens.
Wie unterscheidet sich die Legislative von Exekutive und Judikative?
Die Legislative erlässt Gesetze, die Exekutive setzt sie um, und die Judikative entscheidet Rechtsstreitigkeiten und überprüft die Einhaltung der Rechtsordnung. Diese Trennung dient der Machtbegrenzung und dem Schutz von Rechten.
Wie entsteht ein Gesetz typischerweise?
Ein Gesetz entsteht durch Einbringung eines Entwurfs, Beratungen in Lesungen und Ausschüssen, gegebenenfalls Einigung zwischen Kammern, Beschlussfassung, Ausfertigung, Verkündung und Inkrafttreten. Details variieren je nach Rechtsordnung.
Welche Grenzen hat die Legislative bei der Gesetzgebung?
Gesetze müssen mit der Verfassung vereinbar sein. Grenzen ergeben sich aus Grundrechten, Zuständigkeitsregeln, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, dem Bestimmtheitsgebot, Gleichbehandlung sowie aus Verboten belastender Rückwirkung.
Was ist der Unterschied zwischen Ein- und Zweikammersystem?
Im Einkammersystem beschließt ein Parlament Gesetze. Im Zweikammersystem wirken zwei Kammern mit, die unterschiedliche Legitimationen und Aufgaben haben können, etwa die Repräsentation von Bevölkerung und Gliedstaaten. Je nach Materie sind Zustimmung, Mitwirkung oder Widerspruchsrechte unterschiedlich ausgestaltet.
Darf die Legislative Befugnisse an die Exekutive übertragen?
Ja, die Legislative kann untergesetzliche Regelungskompetenzen übertragen, muss dabei aber Ziele, Inhalte und Grenzen klar bestimmen. Wesentliche Entscheidungen verbleiben bei der Gesetzgebung.
Welche Rolle spielen internationale und supranationale Normen?
Internationale und supranationale Vorgaben beeinflussen nationale Gesetzgebung. Die Legislative setzt diese Vorgaben um und beachtet bestehende Vorrangs- und Anwendungsvorschriften der übergeordneten Ordnung.