Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Erbrecht»Legat(um)

Legat(um)


Begriff und rechtshistorischer Hintergrund des Legats

Das Legat (Plural: Legate; lateinisch: legatum) ist ein zentraler Begriff im Erbrecht und bezeichnet eine letztwillig verfügte Zuwendung zugunsten einer bestimmten Person (dem Legatar), ohne dass dieser Erbe wird. Im deutschen Erbrecht wird das Legat auch als Vermächtnis bezeichnet. Das Instrument des Legats spielt sowohl in der modernen als auch in der historischen Rechtsordnung eine essenzielle Rolle bei der individuellen Nachlassgestaltung.

Entwicklungsgeschichte des Legats

Der Ursprung des Legats liegt im römischen Recht, wo legatum zunächst als testamentarische Zuwendung zwischen Erbeinsetzung und Schenkung fungierte. Während die Erbeinsetzung zur Gesamtrechtsnachfolge führte, ermöglichte das Legat eine punktuelle Zuwendung von Vermögensgegenständen an einzelne Personen. Über die Jahrhunderte wurde das Konzept an verschiedene nationale Rechtsordnungen angepasst und präzisiert.

Das Legat im deutschen Recht

Definition und rechtliche Einordnung

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist das Legat unter dem Begriff „Vermächtnis“ geregelt (§§ 1939 ff. BGB). Ein Legat ist die Zuwendung eines Vermögensvorteils durch Testament oder Erbvertrag an eine Person (Legatar), ohne dass dieser Person die Erbenstellung eingeräumt wird. Der Vermächtnisnehmer erhält demnach eine schuldrechtliche Forderung gegen den oder die Erben auf Verschaffung des zugewendeten Gegenstandes, der Rechte oder des Geldbetrages.

Abgrenzung: Erbschaft und Vermächtnis

Während der Erbe Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers wird und in die gesamte Rechtsstellung des Verstorbenen eintritt, begründet das Legat lediglich einen Einzelanspruch auf Herausgabe oder Übertragung des vermachten Gegenstandes, Geldbetrages oder Rechts. Ein Legatar ist somit grundsätzlich nicht Teil der Erbengemeinschaft.

Anordnung und Rechtsnatur des Legats

Ein Legat kann im Rahmen einer letztwilligen Verfügung (Testament, §§ 1937, 2064 BGB oder Erbvertrag, §§ 1941, 2274 BGB) angeordnet werden. Die Rechtsnatur des Legats ist grundsätzlich schuldrechtlich; der Nachlassverwalter oder die Erben sind verpflichtet, das Begehrte zu übereignen oder zu verschaffen.

Arten von Legaten

Stückvermächtnis (Spezieslegat)

Ein bestimmter, individualisierter Gegenstand wird vermacht (z. B. ein Schmuckstück, ein Kunstwerk).

Gattungsvermächtnis (Genuslegat)

Nur die Art des zu vermachenden Gegenstandes wird bestimmt (z. B. „100 Aktien der Gesellschaft XY“).

Wahllegat

Der Erblasser kann dem Beschwerten (meist dem Erben) oder dem Begünstigten das Recht einräumen, innerhalb einer bestimmten Auswahl einen Gegenstand zu bestimmen (§ 2154 BGB).

Verschaffungsvermächtnis

Der Vermächtnisnehmer soll nicht einen zum Nachlass gehörenden, sondern einen außerhalb befindlichen Gegenstand oder Recht erhalten (§ 2170 BGB).

Zweckvermächtnis

Hier wird dem Bedachten eine Leistung mit einer bestimmten Zweckbindung zugewendet (§ 2156 BGB).

Entstehung und Wirkung des Legats

Das Legat entsteht mit dem Erbfall (Tod des Erblassers) und ist unmittelbar wirksam. Dem Legatar steht nach Annahme des Nachlasses durch den oder die Erben ein schuldrechtlicher Anspruch auf Erfüllung des Legats zu (§ 2174 BGB). Er kann die Herausgabe, Übertragung oder Leistung einklagen.

Belastung mit Auflagen und Nachvermächtnis

Ein Legat kann mit Auflagen (sog. Modus) oder einem nachfolgenden Legat (Nachvermächtnis) belastet werden. Hierbei entsteht eine Verpflichtung des Legatars, eine bestimmte Handlung vorzunehmen oder einen Anteil weiterzugeben.

Ausschlagung, Verzicht und Erlöschen

Der Legatar kann sein Legat ausschlagen (§ 2180 BGB) oder darauf verzichten. Das Legat erlischt, wenn der Bedachte vor dem Erbfall verstirbt oder das vermachte Objekt nicht mehr existiert beziehungsweise der Zweck unmöglich geworden ist.

Legat im internationalen Vergleich

Österreich

Im österreichischen Recht entspricht das „Vermächtnis“ weitgehend dem deutschen Legat. Geregelt ist es in den §§ 647 ff. Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB). Hier wie dort begründet das Legat nur einen Anspruch gegen den Erben und keine Erbenstellung.

Schweiz

Das schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) kennt das Legat als „Vermächtnis“ (Art. 484-487 ZGB). Das Legat begründet einen schuldrechtlichen Anspruch des Begünstigten gegen den Erben auf Herausgabe der Zuwendung.

Römisch-katholisches Kirchenrecht

Auch das kanonische Recht kennt das Legat mit abweichender begrifflicher und inhaltlicher Ausgestaltung, primär im Hinblick auf Schenkungen zugunsten der Kirche.

Bedeutung und Funktion des Legats in der Nachlassplanung

Legate bieten eine flexible Möglichkeit, einzelne Gegenstände, Vermögenswerte oder Geldbeträge zielgenau bestimmten Personen zuwenden zu können. Sie eignen sich insbesondere für die Begünstigung von Personen, die ausdrücklich nicht Erben sein sollen, oder für wohltätige Zwecke im Rahmen testamentarischer Verfügungen.

Praktische Gestaltungsmöglichkeiten

Mit Hilfe von Legaten können besondere Konstellationen bedarfsgerecht gestaltet werden, beispielsweise bei Patchworkfamilien, zur Sicherstellung von Pflichtteilsansprüchen, zur Berücksichtigung von Lebensgefährten oder zur Förderung von gemeinnützigen Organisationen.

Steuerrechtliche Implikationen

Legate unterliegen in Deutschland der Erbschaftsteuer. Der Legatar wird wie ein Erbe nach den erbschaftsteuerlichen Vorschriften behandelt. Einzelheiten regeln das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG).

Zusammenfassung und rechtliche Relevanz

Das Legat ist ein vielseitiges, schuldrechtlich ausgestaltetes Gestaltungsinstrument im Erbrecht, mit dem einzelne Nachlassgegenstände oder Rechte gezielt Personen zugewendet werden können, ohne diesen eine Erbenstellung einzuräumen. Die praktische Bedeutung liegt insbesondere in der individuellen Nachlassplanung, der Realisierung philanthropischer Ziele und der differenzierten Behandlung von Pflichtteils- und Erbeninteressen.

Literaturhinweise:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 1939 ff.
  • Palandt, Kommentar zum BGB, Band Erbrecht
  • Münchener Kommentar zum BGB, Band Erbrecht
  • Brox/Walker, Erbrecht

Diese ausführliche Darstellung des Begriffs Legat(um) dient als umfassende Informationsquelle für das Rechtslexikon und trägt zur Optimierung der Nachlassplanung durch fundiertes Wissen um das erbrechtliche Instrument des Legats bei.

Häufig gestellte Fragen

Welche formellen Anforderungen muss ein Legat in einem Testament erfüllen?

Ein Legat muss nach deutschem Recht durch eine letztwillige Verfügung, also in einem Testament oder Erbvertrag, wirksam angeordnet werden (§ 1939 BGB). Die Formvorschriften für das Testament sind strikt: Das Testament muss entweder vollständig eigenhändig geschrieben und unterschrieben oder notariell beurkundet werden (§§ 2231 ff. BGB). Das Legat muss im Wortlaut so gefasst sein, dass eindeutig erkennbar ist, welche Leistung aus dem Nachlass und zugunsten welcher Person oder Institution (Vermächtnisnehmer) erfolgen soll. Es empfiehlt sich, möglichst genaue Bezeichnungen zu verwenden, zum Beispiel Grundstücksbezeichnung, Kontonummer oder genaue Beschreibung des Gegenstandes, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Auch sollte klar differenziert werden, ob es sich um ein Vorauslegat zugunsten eines Miterben handelt oder um ein Legat zugunsten Dritter außerhalb der Erbengemeinschaft. Unklarheiten können dazu führen, dass das Legat als nichtig oder unverbindlich gilt, insbesondere wenn der Gegenstand des Vermächtnisses unbestimmt bleibt oder die begünstigte Person nicht eindeutig identifizierbar ist.

Welche Rechte und Pflichten hat ein Vermächtnisnehmer nach Annahme des Legats?

Mit Annahme des Legats erwirbt der Vermächtnisnehmer zunächst einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den oder die Erben (§ 2174 BGB). Das bedeutet, der Vermächtnisnehmer kann die Herausgabe des vermachten Gegenstands, die Übereignung eines Grundstücks oder die Zahlung einer Geldsumme vom Erben verlangen, wird jedoch selbst kein „gesetzlicher“ Miteigentümer am Nachlass. Seine Stellung ist rein forderungsrechtlich und er ist nicht Teil der Erbengemeinschaft. Der Erbe wiederum ist verpflichtet, das Vermächtnis zu erfüllen, sofern keine Ausschluss- oder Anfechtungsgründe vorliegen. Der Vermächtnisnehmer trägt die Beweislast dafür, dass ihm das Legat tatsächlich zusteht und muss gegebenenfalls selbst für die Durchsetzung seines Anspruchs sorgen, was auch die gerichtliche Geltendmachung umfassen kann. Im Falle eines Verschaffungsvermächtnisses ist der Erbe sogar verpflichtet, einen genannten Gegenstand notfalls durch Erwerb zu beschaffen. Die Erfüllung eines Legats kann ggf. mit Kosten und Steuern verbunden sein, für deren Begleichung die Nachlassmasse haftet.

Wie unterscheidet sich ein Legat von einer Erbeinsetzung im rechtlichen Sinne?

Rechtlich wird zwischen einem Erben und einem Vermächtnisnehmer unterschieden: Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein (§ 1922 BGB). Seine Haftung betrifft nicht nur das Vermögen, sondern auch die Schulden des Verstorbenen. Ein Vermächtnisnehmer hingegen erwirbt nur einen Anspruch auf das konkret vermachte Vermögensrecht, nicht aber eine Gesamtrechtsnachfolge. Er ist am Nachlassverfahren nicht unmittelbar beteiligt, hat kein Mitspracherecht über die Verwaltung oder Teilung des Nachlasses und haftet insbesondere nicht für Nachlassverbindlichkeiten. Auch steuerrechtlich bestehen Unterschiede hinsichtlich Freibeträgen und Steuersätzen. Der Wille des Erblassers muss daher klar erkennen lassen, ob eine Erbeinsetzung oder ein Legat gewollt ist, da sich daraus weitreichende Rechtsfolgen für alle Beteiligten ergeben.

Kann ein Legat nachträglich geändert oder widerrufen werden?

Ein Legat ist Teil der letztwilligen Verfügung und unterliegt daher denselben Änderungs- und Widerrufsmöglichkeiten wie ein Testament insgesamt. Solange der Erblasser lebt und im Vollbesitz seiner Testierfähigkeit ist, kann er das Legat jederzeit durch Errichtung eines neuen Testaments, eines Zusatztestaments (Kodizill) oder durch ausdrücklichen Widerruf (§ 2253 BGB) ändern oder aufheben. Ein Schweigen im erneuten Testament hebt ein früher bestehendes Legat jedoch nicht automatisch auf, es sei denn, ein ausdrücklicher Widerruf ist enthalten oder das neue Testament ist mit dem alten nicht vereinbar. Im Erbvertrag sind Abänderungen oder ein Widerruf in der Regel nur mit Zustimmung aller Vertragsbeteiligten möglich. Nach dem Tod des Erblassers ist eine Änderung oder ein Widerruf eines Legats ausgeschlossen.

Welche Konsequenzen hat es, wenn der vermachte Gegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr vorhanden ist?

Ist der vermachte Gegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr im Nachlass vorhanden oder existiert er überhaupt nicht mehr (z.B. weil er verkauft oder verbraucht wurde), fällt das Legat grundsätzlich ersatzlos weg (§ 2169 BGB). Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa wenn der Erblasser ausdrücklich einen Ersatzanspruch oder ein sogenanntes Verschaffungsvermächtnis angeordnet hat (§ 2170 BGB). In diesem Fall muss der Erbe den gleichwertigen oder einen anderen bestimmten Gegenstand beschaffen und herausgeben. Weiterhin kommt ein Anspruch des Vermächtnisnehmers auf Wertersatz nur dann in Betracht, wenn dies im Testament angeordnet ist oder sich aus den Umständen eindeutig ergibt. Fehlt eine derartige Regelung, kann das Legat ins Leere laufen und der Vermächtnisnehmer geht leer aus.

Wie erfolgt die Durchsetzung und Einforderung eines Legats rechtlich?

Rechtlich gesehen steht dem Vermächtnisnehmer gegen den Erben ein Anspruch auf Erfüllung des Legats zu (§ 2174 BGB). Wird das Legat nicht freiwillig erfüllt, muss der Vermächtnisnehmer zunächst den Erben zur Leistung auffordern und eine angemessene Frist setzen. Kommt der Erbe seiner Pflicht nicht nach, kann der Anspruch gerichtlich im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden. Bei Grundstücken bedarf es zusätzlich der Auflassung und Eintragung ins Grundbuch. Der Erbe ist zur Herausgabe bzw. Übertragung verpflichtet; verweigert er dies, kann dies vollstreckt werden. Der Vermächtnisnehmer sollte daher das Schriftstück (Testament/Erbvertrag) als Anspruchsgrundlage vorlegen können. Im Falle von Unsicherheiten über die Auslegung oder Wirksamkeit eines Legats kann ein Nachlassgericht hinzugezogen werden, wobei die Kosten bis zur Entscheidung zu beachten sind. Auch kann ein Testamentsvollstrecker mit der Erfüllung von Legaten betraut sein. Die letztliche Geltendmachung hängt jedoch vom aktiven Handeln des Begünstigten ab.

Unterliegt ein Legat erbschaftsteuerrechtlichen Regelungen?

Ja, auch ein Legat löst grundsätzlich Erbschaftsteuer aus, da es sich um einen Erwerb von Todes wegen handelt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Der Vermächtnisnehmer ist steuerpflichtig und hat entsprechend seiner Steuerklasse und dem Wert des erhaltenen Vermögens die steuerlichen Pflichten zu beachten. Die Freibeträge, Steuersätze und Meldefristen betragen dabei dieselben wie für Erben. Ebenso haftet der mit der Auszahlung oder Übereignung beauftragte Erbe für die ordnungsgemäße Abführung der Steuer aus der Vermächtniserfüllung. Das Finanzamt prüft anhand des Testaments oder Erbvertrags, wem welche Werte zugeflossen sind, und kann Auskünfte bzw. Nachweise verlangen. In einigen Fällen (z.B. bei vermachten Sachwerten mit erheblichem ideellen Wert) kann eine Wertermittlung durch einen Gutachter notwendig werden. Eine rechtzeitige steuerliche Beratung wird empfohlen, um Fehler und Nachzahlungen zu vermeiden.